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Diese Livescheibe hat eine grosse Bedeutung für mich. Das Konzert dieser Tour in der Samsung Hall in Zürich war mein zweitletztes Grosses, bevor die Welt in den «langen Schlaf» für Grossveranstaltungen gegangen ist.
Das Live-Album wurde eine Woche später an zwei Abenden im Londoner Apollo Hammersmith aufgenommen und zeigt fast die gleiche Setliste wie in Zürich. Einzig «Paralized» wurde anstelle von «Fall Into The Light» gespielt. Ersteres wird jetzt aber als Bonus am Schluss präsentiert. Der Konzertabend war für mich bereits damals speziell, hat die Band doch mein absolutes Dream Theater-Lieblingsalbum «Metropolis Part II, Scenes From A Memory» in voller Länger aufgeführt. Dieses Werk feiert heuer seinen 20-jährigen Geburtstag. Besonders von der damals nachgereichten Live-Aufnahme «Live Scenes From New York» kenne ich jeden einzelnen Ton. Etwas, was ich nur von ganz wenigen Alben behaupten kann. Diese Tatsache fiel mir bereits in der Samsung Hall auf. Allerdings damals neutral, weil zwischen beiden Auftritten viele Jahre vergangen sind, und man da kleinste Änderungen in Kauf nimmt. Zumal es hier ja um ein Live-Album geht, die auch wirklich live klingt. So erwische mich mit bei der neuen Scheibe immer wieder, wie ich gewisse Phrasierungen im Sound vermisse oder als «schräg» oder «falsch» empfinde. Insgesamt überwiegt aber die Freude, dass Dream Theater nicht nur dieses Album nochmals in der ganzen Länge live aufgeführt haben, sondern jetzt auch dieses Live-Werk raushauen. Die Band spielt hier euphorisch, was das Publikum dankbar annimmt. Zumal Dream Theater mit einem rund 55 Minütigen «Vorspiel» auf «Metropolis Part II, Scenes From A Memory» einstimmen. Hier stammen vier von sechs Lieder vom aktuellen Studioalbum "Distance Over Time". Mit dem Konzertabschliessenden «At Wits End» sind es auf diesem Live-Album gar total sieben. Und genau diese Lieder alleine rechtfertigen den Kauf dieser 2 Stunden und 40 Minuten umfassenden Live-Auslese. Kommt hinzu, dass sich mit «A Nightmare To Remember» und «In The Presence Of Enemies Pt. 1» zwei weitere grossartige Lieder eingeschlichen haben. Einmal mehr darf man also mit offenem Mund bewundern, wie John Petrucci seine Gitarre «singen» lässt, wie er dabei geschmackvoll von Keyboarder Jodan Rudess, Bassist John Myung und Schlagzeuger Mike Mangini unterstützt wird und wie Sänger James LaBrie den Liedern Leben einhaucht. Zu letzterem noch folgendes: Ja, er ist musikalisch das schwächste Bandmitglied, was man auf dieser Live-Scheibe durch wohl ungewollt schräge Töne immer wieder hört. ABER er ist neben Petruccis Gitarre DAS Element, das hier Gefühle vermittelt. Und natürlich trommelt Mike Mangini nicht gleich, wie sein Vorgänger. Diese beiden Tatsachen sollte man beim Hören der drei Scheiben akzeptieren. Ich rechne Dream Theater hoch an, dass sie hier ein authentisches Live-Album veröffentlichen und damit auch kleine Fehler und Unreinheiten beibehalten haben. Wenn das eine Band mit diesem Ruf wagt, sollten das eigentlich auch alle anderen können. Gerade deshalb ist "Distant Memories – Live in London" ein Live-Werk, an dem sich künftig viele Live-Alben messen sollten; nicht, weil es perfekt ist, sondern ehrlich.