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"...Ich fand mich überraschend leicht in diese Rolle ein..."
The New Roses sind eine Band, die sich in den letzten siebzehn Jahren durch kontinuierliche Arbeit Schritt für Schritt nach oben gearbeitet haben. Heute gehören sie zu den wenigen Formationen, die das Flair und die Erhabenheit der grossen Rock-Bands beerben und nach aussen tragen können, dabei jedoch immer eine gehörige Portion Eigenständigkeit bewahren. Der kernige und erdige Hard Rock der Wiesbadener strahlt eine Magie aus, der sich Musikfans nur schwer entziehen können.
Neben Drummer Urban Berz, Bassist Hardy und den beiden Gitarristen Norman Bites sowie Dizzy Daniels ist es vor allem die markante Reibeisen-Stimme von Timmy Rough, die für den besonderen Ton sorgt. Timmy, der früher auch Gitarrist der Truppe war, gründete The New Roses 2007, zusammen mit Urban.
Mit mittlerweile sechs full-lenght Alben im Gepäck haben die Jungs einiges vorzuweisen. War schon der Vorgänger «Sweet Poison» ein Werk für die Götter des Hard Rock, so überzeugt «Attracted To Danger» mit einer etwas härteren Gangart und katapultiert die Band noch ein paar Stufen weiter nach oben. Timmy stand Rede und Antwort zum neuen Album sowie dem Legenden-Status alter Bands.
MF: Was steht bei dir zuerst, wenn du neues Material schreibst? Der Text oder die Musik?
Timmy: Dafür gibt es keine pauschale Antwort. Bei «Attracted To Danger» war es ein bisschen anders als sonst. Dizzy und Norman spielen beide Gitarre, da war mir klar, dass die Songs mehr Gitarren-Last brauchen (grinst). Bei vielen Liedern stand zuerst die E-Gitarre. Ich suchte nach einem coolen Riff und baute darauf den Song auf, wie bei «Four Wheels», «Bring The Thunder» und «Whisky In The Backseat», bei denen die Gitarre im Zentrum steht. «Natural Born Vagabonds», «This Heart» und «Hold Me Up» sind hingegen Tracks, die zuerst auf der Akustik-Gitarre entstanden sind.
Bei «Natural Born Vagabonds» hatte ich zuerst den Refrain im Kopf: "We break rules, we break hearts, but we never break apart." Den Titel trug ich schon lange mit mir herum. Bei «This Heart» summte ich als erstes die Melodie. Deshalb kann ich dir nicht sagen, dass ich einer festen Methode folge. Dieses Mal kam ich eher von der E-Gitarre auch, um Dizzy und Norman einen Gefallen zu tun (grinst).
MF: Wie schwer ist es für dich, auf der Bühne die Gitarre beiseitezulegen und nur noch zu singen?
Timmy: Ja, das war eine Umstellung. Nicht, weil ich nicht wüsste, wie ich mich auf der Bühne bewegen soll. Ich fand mich überraschend leicht in dieser Rolle ein, aber mir fehlt die Gitarre. Das ist wie ein guter Freund, den du ewig nicht gesehen hast. Immer wenn der vorbeikommt, ist das auf eine bestimmte Weise einfach geil…
MF: …und vertraut…
Timmy: …genau, weil du mit ihm über Dinge sprichst, über die du sonst mit niemandem sprichst (grinst). So geht es mir mit der Gitarre. Es geht auch ohne, ganz klar, aber ich merke schon, dass das dieser Kumpel ist, dem man noch ein bisschen mehr erzählt als den anderen Freunden (lacht).
MF: Juckt es dich, auf der Bühne die Gitarre wieder in die Hand zu nehmen?
Timmy: Dazu hätte ich schon Lust.
MF: «The Veins Of This Town» erzählt diese schöne Geschichte von Paris. Gibt es ähnliche Storys zum neuen Album «Attracted To Danger»?
Timmy: Ich würde schon sagen, dass fast alle Lieder "based on a true story" sind. Das muss nicht immer brandaktuell sein; es kann auch vorkommen, dass man über etwas schreibt, das schon zwanzig Jahre zurückliegt. «Natural Born Vagabonds» wurde von einem Freund inspiriert, der eine komplizierte Zeit in seinem Leben hatte. Hey, aber egal, was passiert: Wir haben immer noch die Strasse und uns. Im schlimmsten Fall bist du allein, aber frei! Das ist die Message des Songs.
«This Heart» ist eine Nummer…, ich glaube, ich habe noch nie so viele Nachrichten über die sozialen Medien erhalten wie zu diesem Track. Viele Leute schrieben, dass sie selbst gerade in einer schwierigen Phase stecken. Die Beziehung ist auseinandergegangen, Menschen sind gestorben oder sie haben ihren Job verloren. "Mir gehts gerade richtig scheisse, aber das Lied packt mich." Jede Nummer hat ihre eigene Geschichte. Das ist bei The New Roses essenziell.
"...Du willst mit einem Formel-1 Auto nicht über Autos springen oder mit dem Monstertruck auf der Formel-1 Strecke fahren..."
MF: Siehst du dich selbst auch als Geschichten-Erzähler?
Timmy: Nicht so sehr, wie ich es gerne würde (grinst). Im Rock'n' Roll hat das seine Grenzen. Die muss man auch respektieren. Ich habe es immer wieder versucht, mich dabei aber nicht wohlgefühlt, noch hatte ich den Eindruck, dass das bei den Leuten ankommt. Das Transportmittel, die Art, wie wir unsere Musik spielen, ist dafür einfach nicht gemacht. Das muss man anerkennen. Du willst mit einem Formel-1-Auto nicht über Autos springen oder mit dem Monstertruck auf der Formel-1-Strecke fahren. Das bringt nichts.
Man muss wissen, was man gut kann, mit den Umständen, die gegeben sind. Darauf muss man sich konzentrieren. Wir sind nicht die Truppe, die grosse Geschichten erzählt oder tief in die Psyche des Universums eindringt (grinst). Wir haben unsere Songs, die nah am Leben dran sind. Es geht dabei viel ums Unterwegssein, darum, zusammen oder allein zu sein. Ums Gewinnen und Verlieren, all die Ups and Downs. Wir sind nicht in einer Fantasy-Welt unterwegs, und wir sind auch keine reine Sauf-Lieder-Combo. Aber so richtig tief dringt es nicht ein, was aber völlig okay ist.
MF: Wie schwer ist es, genügend von dir selbst preiszugeben und gleichzeitig nicht zu viel?
Timmy: Die Band reguliert das von selbst. Zu Beginn habe ich Dinge ausprobiert, da meinten die anderen Jungs, dass sie sich damit unwohl fühlen. Nach sechs Alben weiss man, wo der Punkt ist. In vielen Songs steckt mehr, als die Leute vermuten (grinst). Ich schleuse ihnen viele Geheimnisse ein, die nur ich kenne – nicht mal die Band hat eine Ahnung davon (lacht). Das sind dann Textzeilen, die gehen nur mich etwas an. Ich halte sie allgemein, sodass sich alle damit identifizieren können. Aber manche Dinge stammen tief aus meinem Leben und meinen Gedanken. Ich geniesse es auch vor vielen Leuten zu stehen, ihnen mein Herz auszuschütten, und sie merken es nicht (lacht).
"...Das Schöne an der Gefahr, das süsse Gift, dieses Wechselspiel aus Gut und Böse..."
MF: Was willst du mit dem Albumtitel «Attracted To Danger» sagen, respektive von welcher Gefahr fühlst du dich angezogen?
Timmy: Erstens ist das Album härter geworden. Deswegen hat der Titel so eine Indikation dazu, was auf der Scheibe zu hören ist. Wir wurden zu einer Band, die eine längere Brücke schlägt – von «Nothing But Wild» zu «Sweet Poison» und jetzt zu «Attracted To Danger». Das sind diese direkten Kontraste: das Schöne an der Gefahr, das süsse Gift, dieses Wechselspiel aus Gut und Böse.
Das Artwork ist im selben Stil gehalten, mit diesen Signalfarben. Es war unser Fokus, dieses Stilmittel weiterzuführen. Durch die härtere Gangart durfte auch der Titel härter ausfallen. Auf dem Album sind viele Lieder zu hören, die sich mit der rebellischen Art auseinandersetzen – mit der Selbstbestimmung im Leben. Als Kind, als Erwachsener. «Natural Born Vagabonds» ist die erwachsene Version von «Bring The Thunder». Als Kind willst du dir nicht viel sagen lassen – weder von deinen Eltern noch von deinen Lehrern.
Und als Erwachsener bist du immer noch viel unterwegs. Der Lifestyle des Unbekannten – für viele Leute ist das schwer vorstellbar. Meine beiden Brüder arbeiten bei der Polizei. Die kämen mit einem solchen Leben überhaupt nicht klar (grinst): Heute hier, morgen dort. Dafür muss man gemacht sein. Das heisst aber nicht, dass man ohne Motorradhelm mit 300 Sachen über die Autobahn donnert oder ohne Fallschirm aus einem Flugzeug springt (lacht).
Es geht vielmehr um das Gefühl, dass wir auf unsere Weise leben und dabei gewisse Risiken in Kauf nehmen. Der Titelsong ist eine Beziehungsnummer: Du verliebst dich unglücklich, es funktioniert nie wirklich, aber du kommst nicht davon los, weil das Chaos und der Wahnsinn in dieser Liebe dich mehr triggert, als es eine gute, sichere und einfache Beziehung jemals könnte.
MF: Welches Album war das schwierigste für dich zu komponieren?
Timmy: Das ist eine gute Frage (überlegt). Am meisten Streit hatten wir bei «Nothing But Wild». Urban und ich teilten uns die Arbeit bei der Produktionen auf. Bei dieser Scheibe wusste jeder was er wollte, aber das war nicht deckungsgleich (grinst). Das Album war für mich nicht schwer zu komponieren, aber die Umsetzung war sehr energetisch. Es gab viele Diskussionen.
Ich weiss noch, dass ich für «Sweet Poison» die meisten Songs komponiert habe. Das waren fast 65 bis 70 Tracks und Ideen. Bei «Attracted To Danger» hatte ich eine Blockade. Das liegt daran, dass es schon das sechste Album ist, das man schreibt, und dass man Lücken finden und füllen muss. Das ist bei uns etwas schwieriger als bei AC/DC. Da weiss man, dass es diese eine Sparte gibt. Der Rahmen ist klein, und die Herausforderung besteht darin, wieder das Gleiche, aber gut zu machen.
"...Deswegen müssen wir immer Lücken suchen, in denen man uns erkennt, die man aber in dieser Form von uns noch nicht gehört hat...“
Es gibt Bands, die sich sehr viel erlauben, wie Ben Harper oder die Foo Fighters. Die können richtig exotische Elemente verarbeiten. Bei uns ist das schwieriger. Schreiben wir einen AC/DC-Track, der genau wie «Down By The River» klingt, dann sagen die Leute: "Das kennen wir doch schon von The New Roses – das ist «Down By The River»". Bei AC/DC ist es nicht schlimm, wenn eine Nummer genau wie «Back In Black» klingt. Wir sind zu straight, um etwas völlig anderes zu machen – das würden uns die Leute nicht abkaufen. Deswegen müssen wir immer Lücken suchen, in denen man uns erkennt, die man aber in dieser Form noch nicht gehört hat.
Das wird immer schwieriger. Ich erinnere mich, dass ich bei «Attracted To Danger» zuerst drei bis vier Monate nichts Vernünftiges hinbekommen habe, ausser «This Heart». Das war der erste Song, der aber in der damaligen Version niemanden überzeugt hat. Der kam erst später wieder auf den Zettel. Jedes Album hat seine Herausforderungen: Bei «Nothing But Wild» war es die Produktions-Dynamik, bei «Sweet Poison» die Unmengen an Liedern und jetzt bei «Attracted To Danger» diese Art von Schreibblockade.
MF: Wie schwer ist es, mit seinem eigenen Ego und dem der anderen umzugehen?
Timmy (lachend): Schon schwer (lacht). Mehr kann ich dazu nicht sagen (lachend).
MF: Ist es heute einfacher, Musik zu machen?
Timmy: Nein. Es ist ein laufendes Geschäft, weil viele Leute involviert sind: die Musiker, der Booker, der Manager, die Merch-Firma und die Plattenfirma, die zufrieden gestellt werden wollen. Viele investieren Zeit und Geld. Du musst abliefern und Zyklen einhalten. Man kann heute nicht mehr sagen: "Ich mache jetzt fünf oder sechs Jahre etwas anderes". Die Zeiten, in denen du in zehn Jahren zwei Alben veröffentlicht hast, sind vorbei.
Wenn ich lese, dass Aerosmith drei bis vier Jahre an einem Album herumdoktern, in L.A. aufnehmen, merken, dass es ihnen nicht gefällt, und dann nach New York gehen, um alles komplett neu aufzunehmen …, das kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Man muss alles ein bisschen schneller machen. Die Aufmerksamkeitsdauer auf Instagram beträgt 1,6 Sekunden. Erreichst du die Leute in dieser Zeit nicht, schieben sie dich einfach zur Seite.
Wenn du nicht permanent den Leuten etwas von dir zeigst, vergessen sie dich. Deswegen kann ich nicht einfach dann etwas machen, wenn ich gerade Lust habe. Man findet immer einen Weg, Lust zu haben, weil man sich selbst kennt. Wir waren letzte Woche in München und haben im Backstage gespielt. Die grosse Halle war quasi ausverkauft. Da fiel mir auf, dass wir zum ersten Mal vor acht Leuten in der Garage gespielt haben. Das spornt an.
Wenn man sieht, wie glücklich die Musik die Leute macht, dass du ab und zu ein Leben richtig berührst, wird dir klar, dass du in manchen Leben stattfindest – als Bereicherung mit deinem Song. So findet sich immer ein Weg, alles wertzuschätzen. Wenn man 80 bis 100 Konzerte pro Jahr spielt, dann ist das Kribbeln von früher nicht immer gleich gross. Verdammte Scheisse, ich spiele in Berlin! Heute sagst du vielleicht eher: "Woah, Berlin, das ist aber wieder ein Ritt da hochzufahren!" (lacht).
Aber ich finde immer meinen Weg, selbst wenn ich mal keinen Bock mehr habe. Spätestens wenn ich auf die Bühne gehe, die Gesichter sehe und diesen "Woah, da passiert was" Effekt erlebe, dann packt es mich wieder. Wenn ich mich zurückerinnere, wie ich damals auf meinen Lieblingskonzerten war. Die ganze Zeit habe ich mir die Musik bei der Arbeit oder auf Partys angehört, und dann stehen sie da!
Du weisst genau, welches Gefühl ich meine! Wenn ich dieses Gefühl hervorrufen kann und ich derjenige bin, auf den andere gewartet haben, dann hat man immer Bock und will sein Bestes geben. Die Zeit vergeht dann wie im Fluge. Die Zeit vor dem Konzert schlägt man tot, denn die verstreicht endlos langsam. Aber sobald du auf die Bühne gehst, denkst du: "Wir haben doch gerade erst angefangen"! (grinst).
MF: Glaubst du, dass die Fans noch auf eine Band oder ein Album warten, wie damals in den Achtzigern, oder ist alles zu einer austauschbaren Angelegenheit geworden?
Timmy: Es ist anders als früher. Dieses religionsartige Gefühl kannst du heute nicht mehr erzeugen, aus vielerlei Gründen. Erstens, weil die Pionier-Arbeit geleistet wurde und niemand das Rad neu erfindet. Wenn ich mir überlege wie es war, als Led Zeppelin, AC/DC, Black Sabbath oder KISS herauskamen. Du standest da und hast dich gefragt: "Was zur Hölle ist das?" Das war bei Elvis genauso. Es gibt Aufnahmen, da fällt dem erwachsenen Publikum alles aus dem Gesicht.
Bill Haley 1954 erzeugte die gleichen Reaktionen, als dem Publikum ins Gesicht geschrieben stand: "Das müssen Aliens sein"! und sie fassungslos auf ihren Sitzen sassen. Heute kannst du niemanden mehr mit irgendwas schocken, alles war schon mal da. Rammstein siehst du heute im Fernsehen, das überrascht niemanden mehr. Punkt zwei ist, dass du permanent mit allem Möglichen vollgeschüttet wirst. Nicht nur durch die Musik, sondern auch von den Artisten. Damals war es cool, wenn du überhaupt nichts von deinen Lieblings-Bands wusstest.
Dann las man das exklusive Interview mit KISS. Heute musst du jeden Tag sieben Instagram-Stories veröffentlichen, damit du nicht in Vergessenheit gerätst. Du musst dein Privatleben teilen, was völlig normal ist. Das muss nicht schlimm sein, aber es verliert dieses Mysteriöse. Der dritte Punkt ist, dass die Budgets von damals nicht mehr existieren. Das «Born To Run» Album von Bruce Springsteen wurde angeblich dreimal aufgenommen.
Allein für das Fotoshooting wurden 600'000 Dollar auf den Tisch gelegt. Das geht heute nicht mehr. Die Budgets der Plattenfirmen sind nicht mehr da. "Hier habt ihr Geld für vier bis fünf Jahre. Macht was daraus, und wir sehen uns danach wieder. Dazwischen mietet ihr euch in eine Villa ein, in ein Schloss oder eine Ritterburg ein und schreibt mal. Wenn was ist, meldet euch"! Das ist heute alles nicht mehr möglich. Das sind Aspekte, bei denen ich glaube, dass du dieses Religionsartige nicht mehr reproduzieren kannst.
Bands wie die Foo Fighters kannst du nicht mit KISS oder Led Zeppelin vergleichen. Da würden sie sicherlich auch zustimmen. Auch wenn sie am Ende vielleicht viel mehr Geld verdienen als KISS, weil sie ein anderes Businessmodell haben. Oder Adele und Robbie Williams. Die haben sehr viel Geld verdient. Taylor Swift ist das beste Beispiel. Mehr Geld kannst du nicht verdienen – da ist wahrscheinlich selbst Paul McCartney neidisch, aber trotzdem würde Taylor zustimmen, dass man sie nicht mit den Beatles, den Stones oder Elvis vergleichen kann.
Wenn sie mal fünfzig Jahre alt ist, will keiner mehr etwas von ihr wissen, und es wird sie auch keiner mehr kennen, aber die Leute werden immer noch wissen, wer Michael Jackson ist. Es wird immer gute Musik geben, Musiker, die sich dafür den Arsch aufreissen und ein grosses Publikum bewegen. Aber diesen Legenden-Status…, ich glaube nicht, dass man sich aus verschiedenen Gründen da noch einreihen kann.
"...Man will wahrgenommen werden, wie man es gerne möchte...“
MF: Was war dir früher wichtig, und was ist es heute?
Timmy: Das ist eine gute Frage…, früher war mir meine Kunstfigur und meine Erscheinung sehr wichtig. Das ist aber auch normal, denke ich. Man will wahrgenommen werden, wie man es gerne möchte. Das ist besonders spannend, wenn du noch gar nicht weisst, wer du eigentlich bist. Wenn du die verschiedenen Ecken deiner Persönlichkeit auslotest und merkst, in welcher du dich wohlfühlst.
Viele Leute fragten mich: "Sag mal, was ist denn eigentlich mit dir los? Du bist mal so und mal so, ist das alles gespielt?" Ich habe dies nie so empfunden. Es gab die wilde, die ruhige, die intellektuelle, die stumpfe, die maskuline oder die mitfühlende Seite. Ich hatte immer das Bedürfnis, diese Ecken zu besuchen, um zu schauen, wo ich mich am wohlsten fühle.
Ich hatte nie das Gefühl, jemanden oder mich selbst anzulügen. Alles, was ich gemacht und gesagt habe, war ein Teil von mir. Diese Erkundung war mir immer sehr wichtig. Heute ist man selbst ein ganzes Stück weiter. Deswegen muss ich aber keine grossen Sprünge machen, weil ich noch immer auf der Suche nach meinem perfekten Mass bin. Im Leben sucht man nach Ruhe und Frieden, nach dem Gefühl, dem Leben den Kurs vorzugeben.
Der Mann am Steuerrad und am Kompass zu sein. Das hatte ich über viele Jahre nicht. Ich war am Reagieren und bin hinterhergelaufen. So viel kann ich sagen, aber ich will ja keine Therapie-Sitzung daraus machen (lacht). Deswegen musst du dich mit zwei Anekdötchen begnügen (lacht).
MF: Ich sage auf jeden Fall vielen herzlichen Dank für das erneut sehr spannende Gespräch, es hat Riesenspass gemacht.
Timmy: Das freut mich sehr (grinst). Danke, dass du wieder da warst. Pass auf dich auf, und bis bald.