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Mittwoch, 09 April 2025 21:12

Avantasia in Zürich-Dübendorf Empfehlung

09. April 2025, Dübendorf - The Hall
By Tinu

"Das Einzige was ihr heute Abend zu tun habt, ist laut zu schreien, wenn ich "Zürich!" oder "Schweiz!" sage". Mit dieser Ansage hatte Sänger Tobias Sammet The Hall von Beginn weg im Griff und diktierte die knapp 2'000 Fans nach Belieben. Der Deutsche machte erneut Halt mit seinem Avantasia Ensemble und verzauberte die Besucher mit seinen melodischen, symphonischen wie harten Momenten. Dies während nicht ganz den eigentlich drei angekündigten Stunden, aber immerhin zwei Stunden und 45 Minuten lang, währenddem sich der Sympathikus immer wieder von seinen Gastsängern und Gastsängerinnen unterstützen liess. Dass dieses Mal (leider) Bob Catley, Jorn Lande und Geoff Tate fehlten, war der wirklich einzige "Kritikpunkt", dem man Mister Sammet ankreiden kann. Das Charisma dieser Shouter konnten die neu dazugewonnen Kenny Leckremo (H.e.a.t., sieht wie eine jüngere Version von Bruce Dickinson aus, kleidet sich ähnlich und bewegt sich auch gleich) und Tommy Karevik (Kamelot) nicht erreichen, auch wenn sie stimmlich und wild gestikulierend (Kenny) einiges zu bieten hatten.

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Wir sind schon inmitten des Konzertes (ohne grosse Einleitung), welches pünktlich um 19:30 Uhr begann. Die Bühne präsentierte "Tobis Graveyard", wie dies Eric Martin (Mr. Big) mit einem charmanten Grinsen sagte. Auf der linken Seite standen Gitarrist Sascha Paeth und Bassist Andre Neygenfind, sowie hinter den beiden Schlagzeuger Felix Bohnke, der einmal mehr "barbarisch mit Holzstöcken auf Tierfelle einschlägt" (Zitat Tobi). Auf der rechten Seiten standen Gitarrist Arne Wiegand und Keyboarder Miro Rodenberg, der seinen 84. Geburtstag feierte (Zitat Tobi, in Tat und Wahrheit wurde er 55 Jahre jung). Hinter ihm die Backing-Sängerinnen Adrienne Cowan (Seven Spires) und Chiara Tricarico (Moonlight Haze) sowie Herbie Langhans (Firewind, Radiant). Dahinter zog sich ein langer, alter Friedhofszaun quer über die Bühne, bestückt mit einem grossen Eingangstor in der Mitte. Hinter diesem gruseligen, dreidimensionalen Szenario schossen immer wieder Nebel-Fontänen, Feuerkegel und Feuersäulen in die Höhe. Es war optisch angerichtet, speziell mit den jeweils dem Track angepassten Backdrops, die visuell animiert wurden und so, zum Beispiel, der Drachen des neuen Covers zum Leben erweckt wurde, wie auch die aufgerissenen Augen bei «Twisted Mind», die die Besucher furchteinflössend anstarrten.

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Tobi überliess nichts dem Zufall und es war schwer, einen der vielen spannenden Momente auf der Bühne nicht zu verpassen. Waren es die Sänger, Felix mit seinem grandiosen Spiel, die solierenden Gitarristen, oder die schauspielerischen Fähigkeiten, welche Adrienne, Chiara und Herbie immer wieder unter Beweis stellten. Dass Tobi zu den besten Entertainern gehört, dabei immer wieder in Plauderlaune ist und das Publikum bestens zu unterhalten weiss, ist seit seiner Zeit bei Edguy hinlänglich bekannt. "Das kann heute Abend etwas ganz Grosses werden!" meinte der Sympatikus nach «The Witch», bei dem er Tommy zum ersten Mal auf der Bühne begrüssen konnte. "Ich bin kein Mann grosser Worte", liess Toby verlauten und erntete grosses Gelächter der Anwesenden.

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"Was ich noch sagen will, wir haben ein neues Album". Da die Reaktionen darauf sehr verhalten waren, fügte der Sänger an: "Ich weiss, wenn ein neues Iron Maiden Werk rauskommt und ich mir die Band ansehe, will ich auch nur «The Trooper» hören. Aber wenn Ihr wollt, dass eure Bands auch noch in dreissig Jahren auf der Bühne stehen, dann müsst Ihr das neue Album kaufen. Das war jetzt gerade ein bisschen verhalten. Darum nochmals. Wir haben ein neues Album! (lautes Geschrei der Fans), darum spielen wir einen neuen Song daraus, denn der Kunde ist König!" Er hatte seine Fans im Griff, der quirlige Shouter. "Ihr seid total begeistert und in einer völligen Schockstarre, weil das neue Werk so geil geworden ist". Aber auch die anderen Sänger liessen sich nicht lumpen, wie Pretty Maids Shouter Ronnie Atkins, der trotz seiner Krebserkrankung einen sensationellen Job ablieferte und mit einer Hingabe sang, dass dem geneigten Zuhörer die Tränen kamen. Seine perfekten, deutschen Ansagen wie "Dankeschön! Bis später" kamen mit einer liebeswürdigen Art über seine Lippen, die er mit einer kleinen Verneigung vor dem Publikum unterstrich. Mit seinem "toxic twin" Eric Martin intonierte er «Twisted Mind» und «Promised Land». Was bei den beiden auffiel, war, dass sie ein andere Art von Sängern (gesanglich) sind als Kenny und Tommy und speziell Eric konnte mit seinem Schalk die (weiblichen) Fans immer wieder zusätzlich begeistern.

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"Das ist ein geiler Abend, vielen Dank Zürich!" liess Tobi das Publikum immer wieder wissen, welches ihm das mit lauten "Tobi, Tobi" Rufen dankte. Seien wir ehrlich. Wie anspruchsvoll ist es bei einer fast drei Stunden andauernden Show, die Stimmung immer hochzuhalten? Verdammt schwierig, aber Mister Sammet und seine Begleiter schienen damit überhaupt keine Mühe zu haben. Nicht nur, dass die Shouter an ihre Grenzen gingen, sondern auch was die Instrumentalisten boten, war absolutes Top-Niveau. Bei «The Toy Master» sass Tobi auf einem Thron, aus dem immer wieder Feuersäulen emporschossen und der von grossen Flügeln flankiert wurde. Die Mischung aus Musik, Text und deren optische Umsetzung befand sich auf einem absoluten Top-Level! Wie auch die Inszenierung, als Tobi am Flügel sass und «Lucifer» mit dem schwarz/weissen Tasten spielerisch locker präsentierte, bis der Flügel in Flammen aufzugehen schien. Seine Ansage dazu "Wir bauen nicht auf künstliche Intelligenz, sondern auf menschliches Versagen" zog die Lacher einmal mehr auf seine Seite. Auch dass er sich lieber selbst überschätzt, als Angst zu haben am Klavier abzukacken, zeigt, mit welchem Humor er noch immer auf der Bühne steht.

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"Zürich! Das spür ich!" war einer seiner spontanen, fast schon poetischen Ansagen, bei denen er sich immer wieder für die wirklich sensationelle Stimmung in The Hall bedankte. Musikalisch wurde ein schöner Querschnitt der vergangenen 25 Jahre geboten, bei denen verständlicherweise das neue Album «Here Be Dragons» im Zentrum stand. Von den 22 Songs (!!!) wurden deren sechs vom neusten Werk gespielt. Mister Sammet verliess sich dabei auch auf seine alten Hits wie «Dying For An Angel», «The Wicked Symphony», dem Medley aus «Sign Of The Cross / The Seven Angels» sowie «Lost In Space», dem in meinen Augen Überhit von Avantasia, der aus jeder Kehle laut mitgesungen wurde. Das ganze Spektakel in Worte zu fassen, ist sehr schwierig. Eine Show von Avantasia ist mehr als nur einfach ein Konzert. Es ist eine Inszenierung mit unterschiedlichen Gesangs-Stimmen, welche die Charakteren und Persönlichkeiten der Songs wiedergeben.

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Eine optische Verbindung zwischen Liedern und Texten und mittendrin der weltbeste Entertainer, der sich selbst immer wieder auf die Schippe nimmt und trotzdem mahnend (betreffend dem Kauf des neuen Albums) mit einem Augenzwinkern auf die Zukunft verweist. "Solange es die Band gibt, werden wir in die wunderschöne Schweiz zurückkommen" waren die Abschlussworte eines gigantischen Ereignisses. Mit den auf der Leinwand projizierten Dankesworten "Schweiz!!! Unfassbar!!! Danke!!!" verabschiedeten sich die Protagonisten von ihrem lautstarken Publikum. Ein letztes "Zürich!" und "Schweiz!" wurde mit tosendem Applaus und lautem Gejohle beantwortet. Strahlende Gesichter verliessen darauf The Hall mit dem Bewusstsein: "Grandios! Danke Tobi! Danke Avantasia!"

Setliste: «Creepshow» - «Reach Out For The Light (with Adrienne Cowan)» - «The Witch (with Tommy Karevik)» - «Devil In The Belfry (with Herbie Langhans)» - «Phantasmagoria (with Ronnie Atkins)» - «What's Left On Me (with Eric Martin)» - «Dying For An Angel (with Kenny Leckremo)» - «Against The Wind (with Kenny)» - «Here Be Dragons (with Tommy)» - «Avalon (with Adrienne)» - «Let The Storm Descend Upon You (with Ronnie and Herbie)» - «Promised Land (with Ronnie and Eric, without Tobi)» - «The Toy Master» - «Twisted Mind (with Ronnie and Eric, without Tobi)» - «The Wicked Symphony (with Tommy and Kenny, without Tobi)» - «Shelter From The Rain (with Herbie and Kenny, without Tobi)» - «Farewell (with with Chiara Tricarico)» - «The Scarecrow (with Ronnie)» - «Death Is Just A Feeling» -- «Lucifer» - «Lost In Space» - «Sign Of The Cross / The Seven Angels (all on stage)»

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