In unserem Livereview-Archiv finden sich zwei Einträge zu Vanden Plas. Einer stammt von 2011 (Basel, Casino) und einer von 2012 (Pratteln, Galery). Beide Rezis wurden damals von der ehemaligen MF-Kollegin Liane Paasila verfasst, und ob da meine Wenigkeit ebenfalls zugegen war, geben meine Synapsen aktuell nicht mehr her. Fakt ist, dass die deutschen Prog-Metaller in ihrer Frühphase, also zwischen 1994 («Colour Temple») und 2002 («Far Off Grace») bei mir oft gespielt wurden. Danach riss der Faden, und trotz weiteren, beileibe nicht schlechten Alben, verschwand die Truppe von meinem Radar. Spätestens mit dem letztjährigen Album «The Empyrean Equation Of The Long Lost Things» kehrte die Wahrnehmung zurück. Deshalb war die Freude auf den heutigen Abend, trotz "nur" Mini-Z7", gross und wurde durch den Support Ivanhoe, die ich seit dem kultigen Debüt «Visions And Reality» (1994) und seinerzeit noch mit Andy B. Franck (Ex-Symphorce, Brainstorm) als Lead-Sänger kenne, weiter angeheizt.
Ivanhoe
Was die livehaftige Vergangenheit in der Schweiz angeht, inklusive meiner Anwesenheit, steht nur ein Datum im Zentrum: 16. April 2010, Worblaufen - Tibi's Downstairs! Wie bitte? Schon so lange ist das her, und die Location längst Geschichte! Tja Freunde..., so wird einem das fortschreitende Alter gewahr. Gut möglich, dass die Baden-Württemberger Progger in den folgenden Jahren womöglich noch einen Auftritt bei uns absolvierten, aber hierzu kann erstens nichts Geschriebenes ausgemacht werden, und zweitens lässt mich die Erinnerung erneut im Stich. Ein Grund mehr also, diesen Abend keinesfalls auszulassen!
Was das Line-up angeht, ist von früher her nur noch Bassist Giovanni Soulas übriggeblieben, und Tastenmann Richie Seibel (Front Row Warriors) bringt es immerhin auf zwei Dekaden Bandzugehörigkeit, heisst ist seit «Walk In Mindfields» (2005) mit an Bord. Der aktuelle Frontmann Alexander Koch, der die letzten drei Studio-Alben, inklusive das aktuelle Werk «Healed By The Sun» (2024) eingesungen hat, folgte auf Mischa Mang, der auf den drei Alben davor zu hören ist und seines Zeichens Andy B. Franck nach seinen drei Alben abgelöst hat. Seis drum, aber der Alex hat ja auch bereits eine Dekade hinter sich gebracht.
Seine Stimme klingt allerdings etwas anders als die von Mischa und ist damit noch weiter weg von Andy. Als Fan der ersten Stunde muss ich damit klarkommen, was jedoch nicht immer gleich gelingt. Das kam vor allem dann zum Vorschein, wenn, respektive weil fast die Hälfte des Sets zur "Ära Franck" gehörte, und mitunter «Deeper Ground» zu einem Kraftakt werden liess. Nichtsdestotrotz rissen Soulas & Co. einen sauberen Set herunter, wirkten kompakt und liessen sich durch die kleine Bühne nicht beirren. Das Publikum goutierte den Auftritt sichtlich und antizipierte immer mehr während dem gut 45-minütigen Konzert.
Die Performance war dabei mehr als ansprechend, und das Liedgut aus den 90ern ergänzte sich nach wie vor prima mit dem neueren Material. Es wäre der sympathischen Truppe deshalb mehr als nur zu gönnen, dass sie entsprechend wahrgenommen werden. Sicherlich ein frommer Wunsch nach all den Jahren, aber es zählt nur die Tatsache, dass Ivanhoe erstens noch existieren und zweitens die Ambitionen mit dem aktuellen Studio-Album gewahrt wurden. Zudem war das Wiedersehen mit Giovanni sehr herzlich und die aufgefrischte Erinnerung an das geniale Projekt Charisma mit der Hammer-CD «Karma» rundete den Abend ab.
Setliste: «Intro» - «Healed By The Sun» - «Symbols Of Time» - «Lonelies» - «Deeper Ground» - «Whipping The Flies» - «Moments In Time» - «One Ticket To Paradise» - «Lifeline»
Vanden Plas
Manchmal hilft einem die Band gleich selber, wenn es um entsprechende Daten geht. So erleichterte mir Leadsänger Andy Kuntz die Recherche, indem er mitteilte, dass man vor sieben Jahren das letzte Mal im Z7 aufgetreten ist, und da war ich mit absoluter Sicherheit nicht dabei, warum auch immer. Am heutigen Abend wurde die vierte Show der erweiterten Tour gespielt, und man sei von Verona her angereist, liess der Frontmann die Anwesenden weiter wissen. Dabei habe man innert kurzer Zeit über 2'300 km zurückgelegt und sehr wenig geschlafen. Dies merkte man dem Headliner aber zu keiner Zeit an, im Gegenteil!
Andy zeigte sich stattdessen sehr agil auf der Bühne und war immer in Bewegung, was mir in der ersten Reihe zum Fotographieren (da es keinen Fotograben gab) natürlich weniger passte. Gitarrist Stephan Lill konnte ich dagegen besser ablichten, da er meistens am gleichen Ort stand. Das Stichwort von wegen gleich gilt, bis auf eine Ausnahme, auch für das Line-up, da die Rhythm-Section mit Torsten Reichert (b) und Stephan Lill (d) auch immer noch mit an Bord ist. An den Keyboards wurde Günter Werno 2023, heisst nach 33 Jahren, durch Zampano Alessandro del Vecchio ersetzt, der gefühlt in jeder dritten Combo auftaucht.
Wie schon Ivanhoe mit «Healed By The Sun», brachten auch Vanden Plas letztes Jahr und wie bereits eingangs erwähnt, ein neues Studio-Album heraus, das wiederum opulenten Progressive Metal der Sonderklasse bietet. Da erstaunt es nicht dass, nebst dem Titeltrack, noch drei weitere, neue Songs die Setliste zieren. Die bewährte Rezeptur vermag auch über drei Jahrzehnte nach dem genialen Debüt zu bestehen, denn fast alle Protagonisten von früher könnens immer noch. Mit dem prägnanten Gesang von Andy ist erneut melodiebetontes Songwriting auszumachen, das nach wie vor sämtliche, liebgewonnenen Trademarks vereint.
Ich habe nach dem brillanten Start Mitte der 90er vor gut einem Vierteljahrhundert schon nicht verstanden, warum so eine talentierte Band nicht à la Dream Theater durch die Decke zu schiessen vermochte! Dass Vanden Plas echt das Zeug dazu haben, respektive hätten, müssen sie eigentlich niemandem mehr beweisen. Dennoch blieb der grosse Erfolg bisher aus, aber Dank der Beteiligung an verschiedenen Theater-Projekten und Rock-Musicals sowie eigenen Projekten («Abydos» und «Christ 0») blieben Kuntz & Co. weiterhin aktiv und haben vor allem in den 2000ern einige Alben, darunter auch weitere Live-Werke, veröffentlicht.
Am heutigen Abend war jedoch weder zu überhören, noch zu übersehen, dass die Luft hier zweifellos nicht raus ist. Aus den gegebenen Umständen, und leider muss man da sagen, muss jedoch auch künftig wohl mit weiterhin eher kleineren Brötchen Vorlieb genommen werden. An der Qualität der Songs liegt es definitiv nicht, aber da früher auf der Karriere-Autobahn nicht die entscheidende Ausfahrt genommen werden konnte, verhindert der Zeitgeist den entscheidenden Exploit. Doch was jammere ich hier herum? Vanden Plas sind sich ihrer Stärken sichtlich bewusst, und das kam bei der guten Stimmung unter den Besuchern voll rüber.
Setliste: «Intro» - «Push» - «Holes In The Sky» - «The Sacrilegious Mind Machine» - «Far Off Grace» - «Drum-Solo Andreas Lill» - «Vision 3hree: Godmaker» - «Soul Survives» - «Cold December Night» - «Sanctimonarium» - «They Call Me God» - «Vision 13teen: Stone Roses Edge» - «My Icarian Flight» -- «Postcard To God»