Das Album, das nach einem persönlichen Verlust geschrieben wurde, wirkt wie ein Ritual, ein Akt der Hingabe und Erneuerung. Faber Horbach schrieb es, nachdem er innerhalb kurzer Zeit sowohl seinen Vater, als auch seinen Stiefvater verloren hatte. Dieser "doppelte Verlust" wird als emotionaler Prüfstein hinter dem Album beschrieben. Er brachte ihn auf das Thema «Niht» als Ort der Trauer, der Stille und der Verwandlung.
Er erwähnt, dass er bewusst zerbrochene Instrumente verwendet habe, um ein Gefühl der Zerrissenheit und Trauer widerzuspiegeln, was ich persönlich als eine coole Idee empfinde. Die in Altenglisch verfassten Texte ("Stirb, bevor du stirbst, und wisse, dass der Tod nicht das Ende ist") sind als spirituelle Lehre formuliert, die er während seines Trauer-Prozesses für sich entdeckt hat. «Niht» ist also nicht nur konzeptionell, sondern auch persönlich motiviert, was es von Sowulos früheren, eher archetypischen, beziehungsweise philosophischen Werken unterscheidet.
Die Texte, in angelsächsischer Sprache, haben eine beinah Beowulf-artige Kadenz. Zeilen wie "Go deep, go inwards, go down, go backwards" ("Geh tief, geh hinein, geh hinunter, geh zurück") beeindrucken durch ihre schlichte Einfachheit und erinnern an alte Sprachen und zeitlose Wahrheiten. Während die Formen (‘Lât, ēower’, ‘weorþan’, ‘Hwât’) an die altenglische Grammatik erinnern, neigt die Syntax zur modernen Poetik. Dadurch werden die Texte zugänglich, ohne dass sie ihre Geheimnis-Krämerei verlieren.
Instrumental ist «Niht» immersiv wie taktil und durchaus episch. Die traurige Nyckelharpa, die alte Carnyx, Schamanentrommeln und Harfen verweben sich mit ursprünglichen Gesängen, respektive schaffen einen Klang, der sowohl cineastisch als auch intim ist. Tracks wie «Āsteorfan» ("To Die") und «Sōl ond Māni» ("Sun And Moon") spannen den Bogen von der Trauer zur Transzendenz, während «Mōnaþblōd» ("Moonblood"), angeführt von Micky Huijsmans, wilde weibliche Weisheit kanalisiert.
Was dieses Album auszeichnet, ist seine rohe Authentizität. Der Einsatz zerbrochener Instrumente und die ungeschliffene Kraft ritueller Gesänge machen «Niht» weniger zu einem polierten Kunstwerk, sondern vielmehr zu einem lebendigen Zeugnis. Fans von Wardruna, Heilung oder Danheim finden in Sowulo einen eigenen Weg, der sich nicht vor der Dunkelheit scheut, sondern uns lehrt, in ihr zu verweilen. Idealer Soundtrack für Euer nächstes LARP (Live action role playing).
Lukas R.