Das Set beginnt mit den bedrohlichen Klängen von «Tungstnio» und «Em Nome do Medo», in denen sich Orchester und Chor wie Rauch und Stein miteinander verflechten. Der metallische Klang tritt allmählich hervor, wobei jedes Riff mit ritueller Präzision die Erhabenheit durchschneidet. Wenn schliesslich das gesamte Ensemble in «1755» ausbricht, wirkt die Musik tektonisch: Das historische Erdbeben von Lissabon wird akustisch wiedergeboren. Doch inmitten der Ruinen bringt das Orchester Licht: Die Celli klagen wie ferne Trauerchöre, die Blechbläser erheben sich trotzig und Fernando Ribeiros Bariton trägt sowohl Predigt als auch Schrei.
Tracks wie «In Tremor Dei» und «Extinct» erreichen eine seltene Alchemie. Sie klingen nicht mehr wie Metal-Songs mit Streicher-Arrangements, sondern wie orchestrale Werke aus Eisen. Ribeiro findet in diesen Arrangements eine neue Dimension für seinen Gesang, der abwechselnd giftig und verletzlich ist, wie eine Mischung aus Fado-Klagelied und gotischem Donner. «Everything Invaded» schwillt mit opernhafter Spannung an und wenn «Alma Mater» und «Full Moon Madness» das Ritual beenden, ist das Gefühl der Vollendung beinah liturgisch. Jaime Gomez Arellano widersteht bei der Produktion der Versuchung, die Wildheit zu glätten.
Die Aufnahme atmet, unvollkommen, menschlich, roh und ist dennoch so ausgewogen, dass jeder Bogenstrich und jeder Beckenschlag deutlich zu hören ist. Dies ist keine höfliche Verbindung von Orchester und Rock, sondern ein Bund, der mit Feuer besiegelt wurde. Nach 35 Jahren klingen Moonspell durch diese höllische Symphonie wie neu geboren. «Opus Diabolicum» erscheint als Vermächtnis, ein Requiem für die Sterblichkeit und eine Feier der Beharrlichkeit. Das Album erinnert uns daran, dass Metal, wenn er sich ohne Angst und Kompromisse seiner klassischen Herkunft stellt, zu nichts Geringerem als Erhabenheit führen kann.
Lukas R.