Es fällt jedoch schnell auf, dass diese Zeilen wohl einen hohen Wahrheitsgehalt aufweisen, denn auf dem neuen Album durchbricht die grenzüberschreitende Besetzung die festgefahrenen Grenzen ihrer vier vorherigen Veröffentlichungen. Wretched haben ihre Umgebung erkundet und sich Raum und Zeit gelassen, um verschiedene Dinge auszuprobieren. So mangelt es «Decay» nicht an Groove, Härte, Geschwindigkeit, Melodik, Schönheit und Tragik.
Der Titeltrack ist der erste Song und beginnt mit viel Gewicht sowie feierlichen Tönen inmitten tiefer Aggression. Der Gesang variiert von tiefen Kehlkopflauten bis hin zu gequälten Schreien. Einige der Gitarren-Parts sind knifflig, was den Zuhörer auf Trab hält. «The Royal Body» und «The Crimson Sky» sind weitere Doom Death Metal Songs, die bisher nicht weit von der Formel abweichen, die sie auf dem Album verfolgen. «Clairvoyance» ist deutlich kürzer und bietet klangliche Vielfalt, indem die cleanen Gitarren und der Gesang sehr feierlich sind, die vorherige Intensität aber aufzulockern vermögen.
«The Mortal Line» schlägt mit der Art Gesang zu Buche, die man beim Betreten einer Kirche hören könnte. Der Rest der Platte wäre allerdings weniger willkommen. Die Chöre sind zwar sehr feierlich, und dennoch hat man das Gefühl, dass ständig jemand weint. «Lights» ist wieder viel heavier und emotionaler und «The Golden Tide» hat tatsächlich eine Melodie, die sich mit dem intensiven Sound verbindet. Das sind genau jene Songs, die es Wretched erlauben, ein wenig zu experimentieren, ohne den Kern ihres Sounds zu verleugnen.
«Blackout» ist, wie der Titel schon vermuten lässt, eine düstere Angelegenheit. Die Gitarren erzeugen eine dichte, harte Klangwand, und der Gesang klingt absolut gequält. «The Golden Skyway» beschliesst die düstere Reise, die etwas einseitig beginnt, mit fortschreitender Spieldauer und etwas Abwechslung jedoch die Kurve kriegt. «Decay» ist ein schweres und manchmal grooviges Album, mit einer gewissen Traurigkeit und durchaus frischen Melodien, dennoch hätte der Fünfer noch ein paar musikalische Risiken mehr eingehen können.
Oliver H.