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Metal Factory since 1999
Von Lukas O. Ritzel, 2025 für Metal Factory
Coverbild bei Sepide Donne (2025)
Vorbemerkung
Was hat ein Sprachwissenschaftler und Fantasie-Autor aus dem frühen 20. Jahrhundert mit donnernden Gitarren-Riffs und epischen Metal-Hymnen zu tun? Auf den ersten Blick: wenig. Doch wer tiefer in die Welt von J.R.R. Tolkien eintaucht, merkt schnell, dass seine Geschichten seit Jahrzehnten nicht nur Leser und Leserinnen, sondern auch Musiker und Musikerinnen inspirieren, besonders in der Rock-, Prog- und Metal-Szene.
Tolkien schuf mit Mittelerde eine Welt, in der Musik nicht nur Beiwerk, sondern schöpferische Urkraft ist. Schon im Silmarillion beginnt die Geschichte der Welt mit einem Lied – einer kosmischen Symphonie, aus der alles entsteht. Auch wenn Tolkien selbst kein Musiker war, verlieh er seinen Figuren durch Gesang, Dichtung und Klang Tiefe, Seele und Identität. Diese künstlerische Durchdringung von Mythos und Melodie hat über Generationen hinweg Künstler wie Künstlerinnen berührt.
Der folgende Artikel beleuchtet, wie Musik in Tolkiens Werk als Ausdruck von Emotion, Geschichte und Identität wirkt und wie heutige Rock-Bands, von epischem Black Metal bis hin zu atmosphärischem Prog-Rock, diesen Funken aufgreifen. Warum singen hunderte Bands noch heute über Schatten, Schlachten und verlorene Königreiche? Welche Antworten bietet die Rock-Musik auf Tolkiens Fragen nach Macht, Verlust und Hoffnung?
Es geht nicht darum, sämtliche Bands und Songs vollständig aufzulisten. Ich möchte lediglich einige wichtige Punkte darlegen, gute Beispiele aufführen und vor allem weitere Diskussionen anregen. Ich hoffe, dass es noch viele Jahre Tolkien-inspirierte Musik geben wird.
Eine Reise beginnt – zwischen Legende und Lautstärke.
Am 29. Februar 2004 wurde im Kodak Theater in Los Angeles Filmgeschichte geschrieben. Bei der 76. Oscar-Verleihung gewann Peter Jackson mit "Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs" (2003), dem dritten Teil seiner monumentalen Trilogie, in allen elf Kategorien, für die er nominiert war. Zuvor war dies nur "Ben Hur" (1959) und "Titanic" (1997) gelungen. Tolkiens Werk war damit auf dem Zenit seines Erfolges angekommen.
Posthum eroberte der Fantasy-Gigant Tolkien die Popkultur weit mehr als zu Lebzeiten. Nahezu jede Sprache und Kultur kennt heute Tolkiens Werk. Was einst in erster Linie als Stütze für die von ihm konstruierten Sprachen gedacht war, hat sich zum grössten Phänomen einer ganzen Literatur-Gattung entwickelt. Sein Epos "Der Herr der Ringe" (1954-1955) und dessen Vorgeschichte "Der Hobbit" (1937) revolutionierten das Fantasy-Genre. Tolkiens Einfluss schlug sich auch in verschiedenen Rock-, Prog- und Metal-Genres nieder.
Tolkien sprach einst von einem "majestic whole", das zwar durch seine Geschichten grundiert sei, aber ausdrücklich Raum für andere "Hände" und "Stimmen" lasse. In einem Brief an den Verleger Milton Waldman (circa 1951) formulierte er den Wunsch, dass seine Mythologie anderen Ausdrucks-Formen offenstehen solle, etwa durch "Farben, Musik und Drama". Diese Offenheit prägt das musikalische Echo seines Werkes bis heute, ob in choralen Umsetzungen der Ainulindalë, in düsteren Klangwelten à la Summoning oder in feministisch-fantastischen Gegen-Entwürfen wie bei Feminazgul.
“...In a loud, echoing room, there lived a riff...”
Doch in Wirklichkeit fing alles schon viel früher an, nämlich als Märchen-Onkel wider Willen. Nach dem Überraschungs-Erfolg vom Buch "Der Hobbit" drängte der Verleger George Allen & Unwin auf einen Nachfolger, und Tolkien begann ab 1938 "Der Herr der Ringe" zu Papier zu bringen. Und obwohl die Resonanz auf die Geschichte um einen Ring, der die Macht des Bösen manifestiert, respektive den es zu vernichten gilt und ab 1954 endlich publiziert, durchweg positiv, in Teilen sogar enthusiastisch war, liess der grosse Ruhm auf sich warten. Kurz nach seinem Erscheinen wurde das Buch zunächst in akademischen Kreisen diskutiert. Eine breite Rezeption erfuhr Tolkien erst mit einem Raubdruck auf dem amerikanischen Markt Ende der 1960er Jahre, der vor allem ein jüngeres Publikum anzog.
Während die Hippie-Kultur nach dem Woodstock-Festival 1969 im Niedergang begriffen war, suchten Musiker ihr Seelenheil zunehmend in mythologischen Träumereien und phantastischen Welten statt in Utopien. In London entstand 1967 die Untergrund-Zeitschrift "Gandalf’s Garden", benannt nach einer Figur aus "Der Hobbit" und "Der Herr der Ringe", die sich Themen wie östlicher Philosophie oder Meditation widmete. Ein gleichnamiges Lokal diente dabei als Treffpunkt der "Love and Peace" Bewegung. Der im selben Jahr gegründete "Club Middle-Earth", benannt nach dem fiktiven Kontinent, auf dem Tolkiens Werke spielen, bot auch aufstrebenden Bands wie Led Zeppelin oder Pink Floyd eine Bühne.
Von Tolkien bis Marihuana
Auch die Selbstinszenierungen einschlägiger Musiker blieben von dieser Entwicklung nicht unberührt. Deep Purple Gitarrist Ritchie Blackmore trat oft mit grossem Schlapphut auf und präsentierte sich als Zauberer. T. Rex-Frontmann Marc Bolan begeisterte sich für Sagen und Fabelwesen und sein Bandkollege Steve Peregrin Took lehnte derweil seinen Zweitnamen an eine Figur aus Tolkiens Welt an.
Tyrannosaurus Rex ' - Middle Earth Club 1967
Der Doors-Sänger Jim Morrison heiratete nach keltischem Ritus die Musik-Journalistin Patricia Kennely (später Kennealy-Morrison), und The Beatles versuchten sogar, die Filmrechte an "Der Herr der Ringe" zu erwerben, um ihn als psychedelisches Epos zu verfilmen. Tolkien verbot dies, denn er konnte mit Hippies und Rock-Musik eher wenig anfangen. Das hinderte die Künstler freilich nicht daran, sich aus seinem literarischen Kosmos rege zu bedienen.
Led Zeppelin vertonten mit «Ramble On» (Led Zeppelin II, 1969) eine dem "Herr der Ringe" Universum hinzugefügte Geschichte, in der der Protagonist seine Gefährtin an den korrupten Hobbit Gollum verliert, thematisierten in «The Battle Of Evermore» (vom inoffiziell als Led Zeppelin IV betitelten, unbenannten Album, 1971) die vom Bösen besessenen Ringgeister. «The Misty Mountain Hop» spielt inhaltlich auf eine Bergregion in Tolkiens Welt an, proklamiert aber tatsächlich die Legalisierung von Marihuana.
Led Zeppelin singen in «Ramble On»
…in the darkest depths of Mordor
I met a girl so fair
But Gollum, and the evil one
Crept up and slipped away with her,,,
Led Zeppelin – «Ramble On»
Camel – «Nimrodel» (Live 1976, London)
Rush – «Rivendell» Produced in 2006 for RushCon 2112
Bo Hansson – «The Black Riders»
Der Einfluss von J. R. R. Tolkiens Werken auf die Metal-Musik lässt sich bis zu den Pionier-Bands der späten 1960er Jahre zurückverfolgen und ist insbesondere seit den 2000er Jahren deutlich spürbar. Die psychadelische Pop-Band The Hobbits waren wohl die Ersten, die sich in Tolkiens Mittelerde wagten.
The Hobbits - Down To Middle Earth (1967) (US, Psychedelic Pop)
Doch danach folgten schon bald Bo Hansson und die legendären Led Zeppelin. Da es noch keinen vorherigen Rahmen oder eine etablierte Grundlage gab, auf der sie aufbauen konnten, war dies ein grosser Schritt. Sie begannen, Elemente aus Tolkiens Legendarium in den Hard Rock und Heavy Metal einzuführen, und legten damit den Grundstein für zukünftige Entwicklungen. Dies war noch zu Tolkiens Lebzeiten, obwohl er in 1970 schon 78 Jahre alt war und dann im Jahr 1973 starb.
In den 1980er Jahren profitierten Metal-Bands davon, dass sie auf dem Fundament aufbauen konnten, das die Bands der 1970er Jahre geschaffen hatten. Bis dahin hatten sich die Genres erheblich weiterentwickelt, und auch der Einfluss Tolkiens nahm zu, da viele Bands Aspekte aus seiner Welt in ihre Musik einfliessen liessen oder sich darauf bezogen. Dies war eine Zeit des grossen Wachstums und der Diversifizierung im Heavy Metal, in der Bands verschiedene Möglichkeiten ausprobierten, Tolkiens Themen, Figuren und Schauplätze in ihre Songs zu integrieren.
Die 1990er Jahre markierten einen bedeutenden Wandel. Zu diesem Zeitpunkt waren nicht nur die Musikgenres etabliert, sondern auch der Zugang zu Informationen hatte sich erheblich verbessert. Das Internet ermöglichte einen leichteren Zugang zu Tolkiens Werken und zu Diskussionen darüber. Dadurch konnten Metal-Musiker detailliertere und obskurere Elemente aus dem Legendarium leichter in ihre Musik einfliessen lassen. In dieser Zeit entstand das Subgenre "Tolkien Metal", in dem sich Bands intensiver mit den Texten, Themen und der Überlieferung befassten und eine Explosion von Tolkien-inspirierter Musik auslösten.
Der Punkt, an dem es kein Zurück mehr gab
Dieser Wendepunkt kam in den frühen 2000er Jahren, insbesondere mit der Veröffentlichung von Peter Jacksons "Der Herr der Ringe" Filmen im Jahr 2001: Die Filme brachten Tolkiens Welt auf die globale Bühne und machten seine Werke einem breiteren Publikum zugänglich. Tolkiens einstige Nischen-Fangemeinde, die zuvor mit engagierten "Nerds" und "Geeks" in Verbindung gebracht wurde, fand zunehmend Anerkennung. Der Erfolg der Filme führte dazu, dass nach Fertigstellung der Trilogie das Wissen darüber, wer Tolkien war, was Mittelerde war und was die verschiedenen Rassen, Charaktere und Orte darstellten, für eine ganz neue Generation, insbesondere für diejenigen, die um die Jahrtausendwende geboren wurden, zum Allgemeinwissen gehörte.
Parallel dazu erlebten Heavy Metal und seine Subgenres eine Renaissance, und die Popularität von Bands mit Tolkien-Thematik stieg sprunghaft an. Metal, der bereits in den vorangegangenen Jahrzehnten von Tolkien beeinflusst worden war, integrierte Tolkiens Werk nun noch stärker. Bands begannen, Tolkiens Geschichten, Figuren und Themen in ihren Texten aufzunehmen. Dies beschränkte sich nicht nur auf Black Metal oder Power Metal, die Genres, die zuvor am stärksten mit Tolkiens Einfluss in Verbindung gebracht wurden. Nun begannen alle Metal-Subgenres, von Thrash Metal über Symphonic Metal und Stoner Metal bis hin zu Doom Metal, Tolkien-bezogene Elemente zu integrieren. Dies markierte die vollständige Integration von Tolkiens Welt in die vielfältige Landschaft der Metal-Genres. Doch war Tolkien auch nach wie vor in den Genres Progressive Rock und mehr und mehr auch in verschiedenen Folk Rock Bereichen.
Darüber hinaus verbreiteten sich Tolkien-bezogene Bands geografisch stark. Während frühere von Tolkien beeinflusste Bands hauptsächlich aus Europa und den Vereinigten Staaten stammten, begannen in den 2000er Jahren auch Metal-Bands aus Lateinamerika, Asien, Afrika und dem Nahen Osten, Tolkiens Werke zu übernehmen und eine globale Bewegung des Tolkien-Metal zu schaffen.
Angesichts des zunehmenden Einflusses Tolkiens auf so viele verschiedene Metal & Rock-Subgenres und der geografischen Ausbreitung dieser Bands wäre es nahezu unmöglich, alle Bands zu nennen und ihren Einfluss vollständig zu katalogisieren. Das Genre ist so gross und weit verbreitet, dass es eine gewaltige Aufgabe wäre, den individuellen Beitrag oder Einfluss jeder einzelnen Band zu dokumentieren. Es ist jedoch klar, dass Tolkiens Einfluss auf die Metal-Szene zu den nachhaltigsten und weitreichendsten kulturellen Phänomenen in der Geschichte des Genres geworden ist.
Black Sabbath («The Wizard»), Led Zeppelin («Ramble On», «Battle Of Evermore», «Misty Mountain Hop») oder Bo Hansson («Sagan om ringen, 1970») werden fast immer genannt, wenn es um von Tolkien inspirierte Musik geht. Es gibt jedoch noch viele weitere, oft vergessene klassische Bands die sich tolkienesken Themen annahmen.
Rush («Rivendell», «The Necromancer»), Barclay James Harvest («Galadriel»), Camel («Nimrodel»), Pink Floyd («The Gome), Bob Catley («Middle Earth Album), Sally Oldfield, die Schwester von Mike Oldfield (Water Bearer), Uriah Heep («The Wizard», «Tales», «Traveller In Time») oder auch Styx' Song «Lord Of The Rings».
Auch hier einige Beispiele:
Barclay James Harvest - Galadriel (1974 Live Version)
Sally Oldfield - Night Theme (Songs Of The Quendi)
Uriah Heep - Tales (2017 Remaster, official Audio)
Styx Lords Of The Ring 2011
Ausschnitt aus den lyrics:
All hail to the Lords of the Ring
To the magic and mystery they bring
To the music in their story
All hail to the Lords of the Ring
To the magic and mystery it brings
May we someday wear its glory
Es existieren mehrere Compilations zum Thema Tolkien auf CD, empfehlenswert ist vor allem diese «Various – Wizards And Demons (Music Inspired By The Writings Of J.R.R. Tolkien)». Da gibt es dann auch wirklich einige Bands und Songs die man heute wohl schon fast ganz vergessen hat, wie Man, Fire The Journey, Skip Bifferty, Trader Horne, Fat Mattress and Decameron. Das Booklet enthält dann noch zusätzliche Information zu den Songs und Bands.https://shorturl.at/2l6Ti
In den Tolkien-Tunnel geraten
Als Schweizer fand ich es natürlich besonders interessant, dass ich eine Schweizer Band entdeckt habe, die in ihren Anfängen stark von Tolkien beeinflusst war. Die Schweizer Progressive Rock Band PLAMP mit Jazz-Einflüssen verwendete in ihrem 1978 erschienenen Song «Arwen» vom «Album Side A 03» eine bemerkenswerte literarische Referenz. Der Titel des Songs bezieht sich direkt auf Arwen, eine zentrale Figur in J. R. R. Tolkiens Werk. Arwen, eine Elfe, die eine entscheidende Rolle in der Geschichte spielt, symbolisiert Themen wie Liebe, Gut gegen Böse und ein heroisches Schicksal. Diese Themen stimmen mit den tiefgründigen, komplexen Motiven überein, die oft in der Musik von Plamp zu finden sind.
Auch wenn der Song nicht die gesamte Geschichte von Arwens Charakter erzählt, dient der Name wahrscheinlich als symbolische Anspielung auf diese Themen. Die Band war dafür bekannt, literarische und mythologische Referenzen in ihre Texte einzubauen, was die Verbindung zu Tolkiens Werk plausibel und passend macht. «Side A 03» ist für seine musikalische Komplexität bekannt, die von verschiedenen literarischen Quellen, darunter Fantasy und Mythologie, beeinflusst ist und mit den Themen aus Tolkiens Universum im Einklang steht. Der Track «Arwen» kann somit als musikalische Reflexion von Tolkiens Auseinandersetzung mit Liebe, Opferbereitschaft und dem ewigen Kampf zwischen Gut und Böse gesehen werden.
PLAMP 1978 Side A 03 Arwen
Frölich erinnert sich daran, wie er "Der Herr der Ringe" und "Das Silmarillion" während seiner Bergwanderungen gelesen hat. Er fand Tolkiens Schöpfung einer ganzen Welt, von ihrer Entstehung bis zu ihrem endgültigen Untergang, wirklich beeindruckend. Besonders bewegt ihn die Darstellung von Macht in Tolkiens Werk. Er hält es für eine der tiefgründigsten Analysen über das Wesen der Macht. Frölich sagt dazu: "Tolkien zeigt die Macht in seiner Geschichte in allen ihren Ausgestaltungen: Als Kraft (Potenza) und Fähigkeit, wie sie Aragorn und Gandalf verkörpern, die ihre Macht für eine alle Menschen einbeziehende Gemeinschaft einsetzen.
Er zeigt Macht aber auch in der Form von Sauron und seinen abgerichteten Schergen, als egoistisch eingesetzte Macht, die (Allein-) Herrschaft anstrebt und für dieses Ziel vor keiner noch so grausamen Methode zurückschreckt. Leider finden wir diese Art von Machtausübung auch heute noch im realen Leben. Und wir finden bei Tolkien auch die Beschreibung der grössten Macht, der wir uns alle nicht entziehen können – der Macht der Naturgesetze. Dieser Naturmacht fällt Sarumans Burg zum Opfer und auch der «alles knechtende» Ring schmilzt schlussendlich im Feuer des Erdinnern. Diese höchste Macht der Natur ist aber unparteiisch, sie macht keinen Unterschied vor niemandem.
Sowohl Freund wie Feind müssen die Naturgesetze berücksichtigen, Freund und Feind können die Naturgesetze aber auch zum eigenen Nutzen anwenden. Die Natur nährt, die Natur tötet. Die unbeugbare Macht der Natur behandelt Freund und Feind gleichermassen wenn sie ihre Gesetze vollzieht. In Tolkiens Ring-Geschichte wird diese Wertefreiheit in der Figur von Tom Bombadill ausgestaltet. Eine Figur, der meines Erachtens allgemein zu wenig Beachtung geschenkt wird. Sie kommt zum Beispiel auch im Film von Peter Jackson nicht vor. Als Fortunat Frölich über das Lied «Arwen» spricht, merkt er an, dass er zum Zeitpunkt des Schreibens nicht damit gerechnet habe, professioneller Komponist zu werden.
Das Lied steht für ihn für seine Jugendjahre, eine Zeit des Idealismus und des Glaubens an die eigenen Werte. Frölich ist überzeugt, dass Tolkiens Einfluss auf die Musik auch künftige Generationen inspirieren wird. Er betont, dass Tolkiens Werk nicht nur Fantasie ist, sondern durchdacht konstruiert, emotional tiefgründig und damit ein hoher Standard für jede kreative Ausdrucksform, sei es in der Musik, der Literatur oder der Kunst, ist. Für Frölich sollte gute Musik, ähnlich wie Tolkiens Werk, unabhängig vom Genre, tiefgründig und authentisch sein.
Das aktuelle Schaffen von Fortunat Frölich kann auf seiner Webseite – www.fortunatfroelich.com eingehört werden.
Mögliche Gründe für Tolkiens Einfluss auf die Musik:
Es gibt viele Gründe, warum Tolkien in der Vergangenheit Einfluss hatte und bis heute viele Musiker inspiriert, Musik basierend auf seinem Legendarium zu schaffen. Ich möchte an dieser Stelle Sepide Donne, eine japanisch/iranische Tolkien Illustratorin zitieren: "Diese immersive Erfahrung Tolkien in Musik, Illustration und Film zu erfahren’) hat meine Weltanschauung geprägt und Mittelerde zu mehr als nur einer fiktiven Kulisse gemacht – es wurde zu einer Linse, durch die ich Kultur und Geschichtenerzählen wahrnehme. Im Wesentlichen geht Tolkiens Werk über reine Literatur hinaus, denn es bietet eine umfassende Weltanschauung, einen Lebensstil und eine Kultur, die weiterhin unzählige Menschen weltweit inspirieren und beeinflussen."
Für mich enthält diese Aussage das Essentielle darüber, warum Tolkien nach wie vor so inspirierend für alle Künste und insbesondere für die aktuelle Musik ist. Im Gegensatz dazu haben "Game Of Thrones" und "Harry Potter" möglicherweise nicht so viel populäre Musik inspiriert, weil ihnen die mythische Tiefe und Tradition fehlt, die Tolkiens Welt auszeichnen. Ihre Schauplätze sind zwar ebenso reichhaltig, rufen aber nicht dieselben poetischen, legendären Qualitäten hervor, die Komponisten und Musiker inspirieren. Der intensive kommerzielle Erfolg von "Game Of Thrones" und später "Harry Potter" oder auch "Dune" konzentrierte sich mehr auf die visuellen und narrativen Aspekte, während die direkt aus der literarischen Welt stammende Musik weniger im Vordergrund stand. Warum hatte Tolkiens "Legendarium" also einen so nachhaltigen und weitreichenden Einfluss auf die Popmusik und hebt sich in dieser Hinsicht der anderen Fantasie Werken ab?
1. Epische, zeitlose Themen
Universelle Anziehungskraft: Die Themen in Tolkiens Werk, wie der Kampf zwischen Gut und Böse, Freundschaft, Mut, Opferbereitschaft und Schicksal, sind zutiefst universell und zeitlos. Sie finden bei einer Vielzahl von Menschen und über Generationen hinweg Anklang. Musiker, insbesondere aus Genres wie Rock, Metal und Folk, suchen oft nach Themen, mit denen sie tiefe Emotionen hervorrufen können. Tolkiens Erzählungen, wie die epische Reise der Gemeinschaft des Rings oder die Selbstfindung von Frodo, bieten eine reiche emotionale Tiefe, die sich leicht in kraftvolle Musik umsetzen lässt.
Inspiration für episches Geschichten-Erzählen in der Musik: Viele Musiker, insbesondere aus Genres wie Progressive Rock und Metal, fühlen sich von der Grösse und dem epischen Ausmass von Tolkiens Werken angezogen. Aus dem gleichen Grund wird klassische Musik oft verwendet, um grosse Erzählungen widerzuspiegeln. Der Umfang der Geschichte sorgt für emotional beeindruckende Kompositionen. So wurden beispielsweise Songs von Led Zeppelin wie «The Battle Of Evermore» und «Ramble On» direkt von Tolkiens "Der Herr der Ringe" inspiriert.
Ein frühes episches Beispiel habe ich hier mit der Band Man finden können. Der Stil von Man kombinierte Elemente aus Psychedelia, Space Rock und progressiver Musik und passt da hervorragend, um epische Stories musikalisch zu erzählen.
Man - Prelude - The Storm (1969)
2. Mythische und weltbildende Elemente
Tiefgründige Mythologie: Tolkiens Schöpfung von Mittelerde ist in ihrer Tiefe und Komplexität beispiellos. Seine erfundenen Sprachen (wie Elbisch), die komplexen Geschichten seiner Völker und die Einbeziehung mythologischer Wesen (Elfen, Zwerge, Ents und so weiter) erschaffen eine glaubwürdige und reichhaltige Welt. Diese Elemente haben Musiker inspiriert, die die Grösse und Tiefe von Tolkiens Welt einfangen wollen. Im Gegensatz zu "Game Of Thrones", das eher in einer mittelalterlich anmutenden Realität verankert ist, ist Tolkiens Welt von einer mythologischen und fantastischen Atmosphäre durchdrungen, die sich leicht musikalisch interpretieren lässt.
Einzigartige kulturelle Elemente: Die Lieder, Gedichte und Überlieferungen, die sich durch Tolkiens Werk ziehen, wie die Elbensprachen oder das «Lied von Leithian», sind eine natürliche Inspirationsquelle für Musiker wie Musikerinnen. Diese Lieder innerhalb der Erzählung zeigen nicht nur, wie Tolkien über Musik in seiner Welt dachte, sondern veranschaulichen auch die Idee, dass Musik tief in die Kultur Mittelerdes integriert ist. Bands wie Summoning und Blind Guardian haben Tolkiens Figuren und Orte direkt in ihre Musik integriert und schaffen so eine narrative und emotionale Resonanz, die in einem moderneren Setting wie "Game Of Thrones" nur schwer zu erreichen wäre.
Auch wenn der Titel «Journey's End» der Band Decameron aus dem Jahr 1975 nicht explizit auf Tolkiens Schriften basiert, erinnern sein Titel und sein Ton an eine Sensibilität, die Fans von Mittelerde vertraut sein dürfte. Der Ausdruck «Journey's End» schwingt mit der stillen Melancholie und der reflektierenden Endgültigkeit mit, die Tolkiens Welt insbesondere in Geschichten über lange Reisen, untergehende Zeitalter und die bittersüsse Schönheit der Heimkehr prägen. Obwohl es sich nicht um eine direkte Adaption handelt, spiegeln die Stimmung und die lyrische Wärme des Songs die emotionale Erzählweise wider, die Tolkiens Legendarium so stark prägt. Es überrascht nicht, dass der Titel auf Compilations zu finden ist, die von Tolkiens Werk inspiriert sind. Dies deutet darauf hin, dass er, wenn nicht thematisch, so doch zumindest vom Geist her derselben Welt der Mythen, Erinnerungen und stillen Heldentaten angehört.
Decameron - Journey's End (1975)
Anhänge und Referenzen – hier.
Nächste Woche geht es weiter mit Teil 2