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Metal Factory since 1999
Nach sieben Jahren Funkstille kehren die Proggies mit einem grossen Paukenschlag zurück. Man ist ja immer gespannt, was Ryo Okumoto, Alan Morse, Dave Meros und Ted Leonard und neu Drummer Nick Potters wieder ausgeheckt haben.
Eins vorweg, «The Archaeoptimist» ist ein sehr starkes Stück Progressive geworden, SB in fast alter Frische, verspielt wie schon länger nicht mehr. Und Ted legt hier wirklich eine grosse gesangliche Leistung hin. Nicht nur durch die vielen spannenden Gesangsmelodien und Chöre. Ich starte gleich mit dem knapp 21 Minuten langen Titeltrack. Hier toben sich die Bärte in der wundervollen Welt des Progressive so richtig aus. Verspielte Frickeleien, Tempowechsel, tolle Chöre und reihenweise Ausuferungen von Ryo und Alan.
Kann sich noch jemand an das grandiose «Thoughts» von «Beware Of Darkness»-Album erinnern? Das seine Fortführung fand in «V» mit «Thoughts Part II» und «Afterthoughts» in «Brief Nocturnes And Dreamless Sleep»? Nun wird diese Nummer mit «Afourthoutghts» fortgesetzt, ebenso spannend wie die anderen Nummern. Das Abschliessende, elf Minuten lange «Next Step», erinnert mich oft an das geniale «The Light». Es ist schon fast überirdisch, wenn man dem Zusammenspiel von Meros, Morse und Okumoto lauscht. Nach dreissig Jahren verstehen sich die Herren eben blind. Und Leonard hat sich ebenfalls klasse eingefügt.
Auch Drummer Potters braucht sich nicht hinter Nick D`Virgilio oder Jimmi Keegan zu verstecken. Ich bin positiv überrascht, zu was für einer Spielfreude die Proggies wieder zurückgefunden haben. Komplexe, meist längere Songs mit Tiefe, viel Melodie und spannenden, filigranen Gitarren-Soli und Ryos überirdischen Synthie- und Keyboard-Spielereien, plus den immer wieder grossen Chören prägen das neue Werk der Superproggies.
Crazy Beat
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Nach dem überwältigenden Erfolg ihres zweiten Studio-Albums «March Of The Unheard», das im Januar 2025 erschien, und ihrer ersten europäischen Headliner-Tournee mit den Labelkollegen von Pain möchten THE HALO EFFCT ihre wachsende Fangemeinde mit neuer Musik bei der Stange halten.
So melden sie sich kurz vor Weihnachten lautstark und mit atemberaubenden Coverversionen wieder. Die brandneue EP «We Are Shadows» ist ein ziemlich persönliches Werk, und bietet einen vielfältigen Einblick in die Einflüsse der Band, da es von jedem Bandmitglied einen ausgewählten Track enthält. «How The Gods Kill» ist ein Danzig-Cover, das von Mikael Stanne ausgewählt wurde, weil Glenns Gesang und seine Texte einen unglaublichen Einfluss auf den Sänger hatten.
Eher ungewöhnlich ist die Coverversion der Pop- und Synthie-Akteure Kent. Ihr «If You Were Here» hat besonders Peter Iwers (b) geprägt und ihm war wichtig, dass sich die eigene Version nicht zu weit vom Geist des Originals entfernt. Jesper Strömblads (g) Version ist ganz klassischer Natur, denn mit W.A.S.P.’s «I Wanna Be Somebody» schippert man in sicheren Gewässern. «Dance With The Devil» ist im Original von Phenomena, einer britischen Rocktruppe, die Niclas Engelin (g) besonders beeindruckt hat.
Last but not least, Daniel Svensson (d) hat sich für das Broder Daniel-Cover «Shoreline» entschieden. Diese Band hatte zum Ende der 90er Jahre die Indie Pop-Szene in Göteborg stark geprägt. Das Jahr 2026 beginnt mit der Teilnahme an der «Heimat Over Europe Tour» der produktiven deutschen Formation Heaven Shall Burn, zusammen mit The Black Dahlia Murder und Frozen Soul, um das Profil von The Halo Effect als einer der faszinierendsten neuen Acts des melodischen Death Metal weiter auszubauen.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/ap6pCKo5ZZU
Die Australierin Cassidy Paris rockt sich mit einer starken Stimme durch ihren Melodic Rock und hinterlässt einen mehr als nur ansprechenden Ansatz.
Auch wenn sie dabei immer wieder mit leicht moderneren Parts («Nothing Left To Lose») aufblitzt, merkt man den Tracks an, dass Paul Laine (The Defiants, Danger Danger) mit seinem Gespür für eingängigen Melodien einen nicht unerheblichen Teil zum Gelingen beigetragen hat. «Finished What We Started», «Getting Better», «Give Me Your Love» (Alannah Myles lässt grüssen) und «Sucker For Your Love» machen Laune und gehen mit ihren Refrains sofort ins Melodic Herz. Vielleicht ist man ab und zu eine Spur zu «sweet» unterwegs, oder klopft an die Türe von Shania Twain an, aber wer auf den nächsten Soundtrack für die "heisse" Cabrio Fahrt wartet, der findet mit «Bittersweet» was er sucht.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/bQw1qcHAdeA
Aufgenommen während drei glühenden Nächten im Kultur-Bahnhof in Jena, präsentiert «Made in KuBa» die schwedischen Root-Rock-Reisenden SIENA ROOT in voller Fahrt.
Die 1997 gegründete Gruppe hat sich schon immer für den analogen Weg entschieden und auch hier wieder die Bandmaschine mitgebracht, um den Schweiss, das Schimmern und die Schatten ohne jede Beschönigung einzufangen. Keine KI, keine sonstigen Tricks, kein Studio-Patchwork – nur das Summen der Bühnenbeleuchtung und der Atem einer Menge, die nah genug ist, um zu spüren, wie der Bass ihre Knochen zum Vibrieren bringt.
Das Kernquartett – Sam Riffer am Bass, Love Forsberg am Schlagzeug, Johan Borgström mit seiner immer wieder stechenden Gitarre und Zubaida Solids beeindruckende Stimme und Keyboards – entfaltet zwölf Songs, die den langen Weg der Band nachzeichnen, ohne die Schritte ihres früheren Albums «Root Jam» zu wiederholen. Stattdessen taucht dieses neue Doppelalbum tiefer in den Katalog ein und verwebt Blues-Grit, psychedelische Wirbel und schwere Prog-Texturen zu einer lebendigen, atmenden Performance.
Die Gäste Erik Petersson (Orgel, Clavinet) und Lisa Isaksson (Flöte, Gesang) verleihen dem Ganzen zusätzliche Farbe und verwandeln Passagen in Klang-Kaleidoskope, in denen ein Hammond-Drone oder ein Flötenhauch den Dunst durchbrechen. Gemeinsam bringen sie das improvisatorische Herz von Siena Root zum Vorschein: Jams, die sich wie geschmolzenes Glas ausdehnen und zusammenziehen und von leisen Beschwörungen zu tosendem Donner übergehen.
Wichtig: «Made in KuBa» wurde für Vinyl mit halber Geschwindigkeit gemastert und ist weit mehr als nur ein weiteres Live-Album – es ist eine klingende Zeitkapsel, ein lebendiges Dokument jener Tage, in denen Rock noch roh eingefangen wurde, als jede Note zwischen Risiko und Freiheit balancierte. Für alle, die bereit sind, sich auf dieses Werk einzulassen, entfaltet sich hier eine doppelte Reise durch den Root Rock in seiner dynamischsten und unverfälschtesten Form.
Und vielleicht gilt noch mehr: Sollte die Menschheit je wieder eine Informations-Disk ins Weltall senden, wäre «Made in KuBa» ein würdiger Botschafter – ein Zeugnis echter Handarbeit, aufgenommen in einer Zeit unmittelbar vor der alles verändernden Ära der künstlichen Intelligenz. Besorgt Euch das Vinyl, falls Ihr einen Plattenspieler besitzt. Es lohnt sich.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/H29ZbonnFHg
Der Bonfire Gitarrist Frank Pané geht mit dem fünften SAINTED SINNERS Album ins Rennen. Erneut ist Tygers Of Pan Tang Shouter Jack Meille mit von der Partie und verleiht dem Album (s)einen kernigen Gesang.
Daneben sind es erneut die leichten Whitesnake und dieses Mal stärkeren Deep Purple Sounds, welche «High On Fire» ausmachen, sowie das geniale Gitarren-Spiel von Frank. Vielleicht hört sich die neue Scheibe etwas verspielter an als sein Vorgänger, lässt aber bestimmt die Fans der Truppe vor Freude wieder aufheulen. Lieder wie «Night After Night» und «World’s On Fire» stehen in grosser Freundschaft zu Hendrix inspiriertem Material («Sunshine»). Sicher ist der neuste Streich das abwechslungsreichste Werk geworden. Mit dem an Joe Satriani erinnernden «Lost In A Storm», das mit ganz viel Hammond Orgel auch die Purple-Fans beglücken wird, können Frank und seine Mannschaft auf «High On Fire» kaum was falsch machen.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/med8AcXIlQQ
Es ist immer erfrischend, wenn eine Band mehr als nur die üblichen Marketingfloskeln von sich gibt – genau das tun OUR OCEANS. Tymon Kruidenier spricht offen über jeden Song, über Achtsamkeit, Verletzlichkeit und die einfache Idee, die Dinge einfach geschehen zu lassen. Diese Ehrlichkeit verleiht «Right Here, Right Now» einen nachdenklichen, beinah meditativen Kontext, noch bevor eine einzige Note gespielt wird.
Das Album fliesst tatsächlich – sanft, friedlich, manchmal hypnotisch. Vom schimmernden Opener «Golden Rain» bis zum vielschichtigen Finale «Abloom» (mein Anspieltipp!) ist diese Musik eher zum Atmen als zum Mitsummen gedacht. Der Sound ist raffiniert, die Produktion makellos und die Musikalität einwandfrei. Robin Zielhorsts Bass und Yuma van Eekelens Schlagzeugspiel sind subtil und dennoch flüssig. Sie formen eine Klanglandschaft, die wie ruhige Gezeiten dahinfliesst. Tracks wie «Leave Me Be» oder «Sun Stained Waters» offenbaren Momente tieferer Emotionen und das Duett «If Only...» bringt eine zerbrechliche Wärme mit sich, die endlich auch mal nachhallt. Doch so sehr das Album die Zuhörer auch in seine Gelassenheit einlädt, so selten fesselt es.
Trotz aller lyrischen Aufrichtigkeit und ausgefeilten Arrangements fehlt dem Album der gewisse Funke, die besondere Grossartigkeit oder die eingängige Hookline. Die Stimme ist ernsthaft, zieht aber nie ganz die Aufmerksamkeit auf sich, und die Songs verschmelzen trotz ihrer Achtsamkeit zu einem langen Strom. Letztendlich wird «Right Here, Right Now» seinem Titel gerecht – präsent, fliessend, selbstbewusst, aber auch vergänglich. Es ist ein Ozean ohne Stürme, schön in seiner Stille, aber ohne die Wellen, die einen bewegen. Nachdenklich und aufrichtig ist es zwar, aber zu oft treibt es einfach nur dahin. Für Fans von sanftem Prog und reflektierendem Artrock – denke an It Bites, aber mit ruhigeren Gewässern.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/HW1QB9nu840"
Mittlerweile dürfte jeder Death Metal-Fan die australische Combo WEREWOLVES und ihre verrückte Mission kennen, jährlich ein Album zu veröffentlichen. Das Trio um Sam Bean (v/b), Matt Wilcock (g) und David Haley (d) ist auf dem besten Weg, denn ihr sechstes Album «The Ugliest Of All» ist eine zunehmende Flut an wahrhaft grausamer Musik.
Die Platte beginnt mit «Fools Of The Trade», dem Opener, der gewalttätig, temporeich und vehement überrollend ist, während brutale Growls die Stille zerreissen. Doublebass-Drums, Blastbeats und Stakkato-Riffs gehen im Wechsel, bevor es für eine eingängige Passage langsamer wird. Die Wut kehrt jedoch mit «I Want To Be Offended» schnell zurück, das weitgehend dem gleichen Rezept folgt und durchdringende Harmonien hinzufügt. Die aggressive Basis bleibt weitestgehend konstant, wie bei «Skullbattering», das vom ersten Augenblick an entfesselt losdrischt.
Der Track verfügt zwar über ein paar seltene und kurze Pausen, die Aggression bleibt aber konstant. Mit «The Enshittification», das zunächst in einem fast ruhigen Tempo beginnt, bahnt sich der nächste Feuersturm an. «Logorrea» startet mit Vollgas durch, und reisst die Zuhörerschaft in einen dröhnenden Strom, der besonders durch einen martialischen Abschnitt auffällt, bevor «Rats Versus Snakes» alles daransetzt, die Ohren bluten zu lassen. Der Dreier lässt einem keine Zeit zum Verschnaufen, und greift mit «Slaves To The Blast» ein zweitletztes Mal an. Der Song ist ganz offensichtlich auf Zerstörung aus, doch «The Ugliest Of All», die letzte Komposition des Albums, zeigt absolut keine Gnade mehr.
Der Longplayer ist ein vernichtendes Album mit neun gnadenlosen Songs, ein unangenehmer Angriff mit geballten Fäusten, der dem Zuhörer kein Vergnügen bereitet. Mix und Mastering wurden wie immer von Joe Haley (Psycroptic) übernommen. Das Artwork stammt von Mitchell Nolte, dem hart umtriebigen Künstler der vorherigen Alben, der eine unerschöpfliche Quelle des Grauens in seiner Seele hat. Frühere Veröffentlichungen hatten eine gewisse Eingängigkeit und Leichtigkeit, aber «The Ugliest Of All» ist düster, bösartig und hasserfüllt.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/G04iiIz9q0A
Kaum zu glauben, dass dies das erste Live-Album einer der dienstältesten deutschen Rockbands ist. FARGO haben doch mit «Wishing Well» bereits 1979 ihr Debüt veröffentlicht, bevor Anfang der Achtziger-Jahre vorläufig Schluss war. Erst 2018 kehrte man mit «Constellation» wieder zurück.
Aufgenommen wurde das Live-Teil an diversen Orten ihrer 2024er-Tour, und es macht jede Menge Spass, die alten Songs anzuhören. Natürlich wurden auch neuere Tracks ins Set eingebaut, und der ehemalige Thunderhead Gitarrist Henry Wolter bringt ordentlich Dampf in die Songs. Songs wie «Gimme That Bone» klingen wuchtig und einprägsam. Dasselbe gilt für «Leave It». Eigentlich ist es egal, welchen Track man sich anhört, denn alle fünfzehn Songs rocken durchwegs. Die beiden Ur-Fargos Peter Knorn und Peter Ladwig haben nichts von ihrer Magie verloren.
Die Neulinge Henry Wolter und Nikolas Fritz fügen sich derweil bestens in die Band ein. Hört sich man Songs wie «I'm A Loser» mit den tollen Twin-Guitar-Soli an, wird man ganz klar an Thin Lizzy erinnert. Das sind echt coole Einflüsse, die an die guten alten Zeiten erinnern. Auch das ruhigere «Little Miss Mystery» versprüht jede Menge Classic/Hard Rock-Feeling. Wie schon erwähnt, bereitet «Live In '25» jede Menge Spass beim Anhören. Schön, dass noch solch coole Rock-Bands existieren.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/pYRYHaPPllQ
«Endgame», das letzte Album der Schweden TREAT, war eine Götterscheibe vor dem Herrn. Dass die Jungs um Gitarrist Anders Wikström mit dem Nachfolger "verlieren" werden, war somit zu befürchten.
Wie ist nun «The Wild Card» ausgefallen, das Werk, welches drei Jahre nach dem letzten Studio-Album erscheint? Wie ein Treat Album, das eben nicht wie sein Vorgänger klingt und trotzdem typisch Treat geblieben ist. Mit der Rhythmus-Achse Jamie Borger (Drums) und Nalle Pahlsson (Bass) kann schon mal nichts schief gehen. Wie auch nicht mit dem kongenialen Zusammenspiel von Anders und Patrick Appelgren (Keyboards). Dazwischen präsentiert Robert Ernlund (Gesang) das passenden Puzzleteil, um einen Track wie «1985» zu einem weiteren Hit werden zu lassen.
Schmissig auch «Endeavour», das schnellere «Hand On Heart» oder die Hymne «Adam Evil». Mit «Heavens Waiting» schliesst man ausserdem nahtlos an die Halb-Ballade «We Own The Night» («Coup De Grace») an, beendet das neue Album mit zwei Hits («In The Blink Of An Eye», «One Minute To Breath») und veröffentlicht mit «The Wild Card» erneut ein Klasse-Album, das aber nicht den Sprung unter die Top drei Scheiben der Schweden schafft. Trotzdem werden die Treat Fans ihre helle Freude an «The Wild Card» haben.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/jMlXCBvF84s
Gilt die Maxime eigentlich noch, dass das dritte Album einer Band wegweisend ist? Nun, ich hielt nie allzu viel von dieser These und darum können FROZEN LAND zumindest bei mir aufatmen.
Ich kenne von den Finnen nur das Debüt von 2018, welches mir als ordentliches Power Metal Werk in Erinnerung geblieben ist. Den Zweitling habe ich allerdings verpasst, was ich nach Genuss des aktuellen Werkes wohl nachholen sollte. Gemeint ist finnischer Power Metal, der das Wort Power noch verdient. Etwa so lässt sich die Mucke des Quintetts beschreiben.
Natürlich ist irgendwo immer Stratovarius oder Helloween präsent, aber die Burschen kehren irgendwo auch ihre eigene Identität nach aussen, wie der Opener «The Carrier» beweist. Die Vocals von Tony Meloni verleihen den Songs eine einzigartige Note, während die Keyboards von Antti Sorsa nicht alles zupflastern, sondern die typisch finnisch-melancholische Atmosphäre zusteuern.
Diese gefühlsvollen Melodien sind ein Merkmal beim stärksten Song, der «Dream Away» benannt wurde und mit furiosen Riffs und einem mitreissendem Aufbau glänzt. Komischerweise finde ich den Titeltrack dafür nicht ganz so prickelnd, da Sänger Tony hier irgendwie an seine stimmlichen Grenzen stösst. Trotz diesem Patzer ist der "Eisschmelzer" eine lohnende Angelegenheit für Power Metal Fans. Mit 36 Minuten ist das Ganze allerdings etwas gar kurz geraten.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/2iXr0NL_ikw
Portugal..., ja doch, da kommt immer wieder was Ordentliches her, seien es nun Moonspell oder auch Heavenwood. INHUMAN sind seit 1992 unterwegs, haben zwischendurch Pausen eingelegt (2002 bis 2008 und 2011 bis 2017) und veröffentlichen nun den vierten Output.
Die Mucke erinnert stark an erwähnte Truppen, inklusive Einsprengsel von Memory Driven, Amorphis wie auch etwas Katatonia und kommt auch ordentlich daher. Man weiss was man tut und vermag dies auch überzeugend darzubieten. Es gibt meiner Meinung nach nur zwei Schwachstellen: Einerseits bewegen sich die Melodien immer in einem überschaubaren Rahmen, grossartige Ausreisser über längere Zeiten sind leider nicht vorhanden, andererseits ist zwar der Sänger vielseitig unterwegs und growlt sich auch gerne mal durch die Songs, aber die cleanen Vocals sind wie zu verhalten, zu zurückhaltend.
Das bewirkt einen Spannungs-Abfall im Gesamtbild, welcher so nicht nötig wäre. Ich denke mir, dass Inhuman trotzdem eine gute Zukunft im darbenden Dark Metal Sektor haben, wenn gewisse Dinge noch weiter ausgefeilt werden. Aber versteht mich nicht falsch, alles in allem ist «Gloriæ» sehr gut geworden, es fehlt einfach noch an Kleinigkeiten und dann mischt man mit den sogenannt Grossen mit. Antesten!
Toby S.
https://www.youtube.com/embed/IHH0ttr7YH4
CENTINEX, die schwedischen Death Metal Legenden, sind mit ihrem bisher wildesten und kompromisslosesten Album aus der Stille zurückgekehrt. «With Guts And Glory», das irgendwie klingt, wie der Titel eines Wildwestfilms, ist ein rohes, energiegeladenes Album, das auf alles Überflüssige verzichtet und sich bloss auf das Wesentliche konzentriert: unerbittliche Riffs, D-Beats und thrashige Aggression mit einem Schuss Death ‘n’ Roll.
Martin Schulman (b), Jörgen Kristensen (g), Henrik Andersson (v) und Florian Rehn (d) verzichten auf jegliche atmosphärischen Schnörkel oder eine ausgefeilte Produktion, und kehren mit einem Sound zu ihren Wurzeln zurück, der die Rohheit des frühen Death Metal mit der Dringlichkeit des Punk verbindet. Ob es nun die gnadenlosen Riffs oder die rasanten D-Beat-Drum-Parts sind, dieses Album ist ein regelrechter Klangangriff, der ebenso schnell wie brutal ist und keine Zeit zum Verschnaufen lässt. Centinex liefern auf ihrem zwölften Album weiterhin das, was sie am besten können.
Die Rede ist von schnellem, brutalem Death Metal mit der Energie des Punks und des Rock'n'Rolls, der wie eine Bombe einschlägt. Der Vierer setzt sich dabei selber Grenzen, und in diesem Rahmen geben die Jungs aber alles für den richtigen Sound. So sind die acht Tracks gespickt mit unerbittlichem, reduziertem Death Metal, der von der ersten bis zur letzten Note zündet. Nein, schön sind die Songs nicht, aber ansteckend, und so soll es auch sein! «With Guts And Glory» ist ein Cocktail aus purer, roher Aggression, der in der Underground-Szene bestens aufgehoben ist.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/tVAULgQwp5Y
Dass STRYPER irgendwann ein Weihnachts-Album veröffentlichen werden, war so klar, wie das Weihwasser in der Kirche. Die ehemaligen White Metaller, welche den Konzertgängern gerne auch mal eine Bibel von der Bühne aus zuwarfen, machen aber auch hier eine gute Falle und überzeugen mit der Stimme von Michael Sweet, den Chor-Gesängen und den Gitarren-Parts (Michael und Oz Fox) sowie den knackigen Rhythmus-Parts (Robert Sweet und Perry Richardson).
Dass damit aber auch wieder die Metaller-Polizei aus dem Schlaf gerissen wird, ist ebenso klar. Denn wer böse ist, darf sich eine solche Scheibe nicht anhören. So nebenbei entgeht dann aber genau diesen Herren eine wirklich coole Scheibe, die man sich geben sollte. Wie bei «Little Drummer Boy», also einer Nummer, die nun wirklich jeder kennt. Oder «Silent Night» und «Winter Wonderland». Zu den letzten, härter ausgerichteten Scheiben von Stryper weist diese Platte nicht viel Vergleichsmöglichkeiten auf. Trotzdem wird hier ein Album geboten, das man sich nicht nur zum Schmücken des Weihnachtsbaums anhören kann. Zumindest wenn «On This Holy Night» ziemlich fett aus den Boxen dröhnt, wie auch das rockige «Reason For The Season».
Tinu
https://www.youtube.com/embed/FjpTk9evrwU
Die Finnen ruhen sich scheinbar nicht so schnell aus und verbringen augenscheinlich mehr Zeit im Studio als in der Sauna. Erst vor fünf Jahren veröffentlichten Kalle Pöysko (Gitarre) und Niko Hienonen (Gesang, Drums) ihre erste EP, letztes Jahr kam das erste Studio-Album und nun haben KARU bereits den Nachfolger fertig, wobei sie dem Zuhörer einiges abverlangen und gleichzeitig auch unendlich viel bieten.
Drei Intros und vier überlange Songs gilt es zu erkunden. «Shadow War» macht den Anfang und legt los, als gebe es kein Morgen. Hyperschnell, brutaler Gesang, cineastische Keyboards, groovende Riffs, ruhiges Zwischenspiel, leichte Ausflüge ins Progressive und atemberaubende Solos. Uff, da haben die Finnen aber so ziemlich alles was geht in einen Song verpackt. «Alone In The Forest» beginnt dagegen fast schon besinnlich und melancholisch und nimmt erst ab der Mitte an Härte zu.
Mit 7 Minuten und 25 Sekunden ist «Trail Of Fire» das kürzeste Stück, was nicht heisst, dass hier nicht so einiges passiert. Neoklassische Gitarren treffen auf bombastisch-symphonische Keys, die im Gegensatz zu den brutalen Growls von Mister Hienonen stehen. Der Titeltrack ist mit über zwölf Minuten Spiellänge so etwas wie das Herzstück des Werkes. Hier packen die Finnen nochmal das ganze Repertoire aus. Die ruhigen Töne sorgen für die richtige Atmosphäre im Herbst und die Melodien laden zum Träumen ein.
Es braucht einige Durchgänge um alle Details zu hören und wahrscheinlich werden mit jedem Durchlauf Neue dazukommen. Karu spielen keinen Melodic Death à la Dark Tranquillity, sondern sind deutlich komplexer, was sie aber interessant macht. Wer zum Beispiel auch die neue Aephanemer aufregend findet oder Gefallen an Bands wie Fleshgod Apocalypse findet, sollte sich «Perdition» dringend auf die Einkaufsliste setzen.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/HM5R6YroUhw
Es ist fünf Jahre her, als sich MEMORIES OF OLD mit ihrem Debüt auf der Metal Landkarte ihren Platz sicherten. Das Album ist mir noch in guter Erinnerung und bot symphonischen Power Metal der besseren Sorte, auch wenn die Songs etwas zu sehr in die Länge gezogen wurden.
Es scheint, als hätten sich die Engländer ebenfalls Gedanken gemacht, denn die neuen Songs sind kürzer und so ist das gesamte Anhören des gesamten Albums flüssiger. Wer düstere Metal-Songs sucht, braucht übrigens nicht weiter zu lesen. Der rasante Opener «Never Stop Believing», der nach einem Intro loslegt, dürfte hingegen alle Fans von Freedom Call oder Twilight Force aufhorchen lassen. Allerdings stören mich die etwas komischen Dance Effekte nach zwei Drittel des Songs, zum Glück verzichtet man danach auf solche Experimente.
Dass die Band aber nicht nur Up-Tempo Hymnen schreibt, beweisen sie mit «Guardians Of The Kingdom», wo man dezent an HammerFall erinnert wird. Mögt Ihr «The Final Countdown» von Europe? Dann ist «After The Storm» Eure erste Wahl, denn hier standen die einstigen Teenie-Helden aus Schweden definitiv Pate.
Das zweite Album ist für Genre-Fans ein Pflichtkauf.
Die Keyboards sind perfekt arrangiert und pflastern nicht alles zu, die Gitarren braten schön ordentlich und ein gewisser Hang zu epischem Songwriting ist auch nicht aus der Hand zu weisen. Dazu passt ein herrlich kitschiges Artwork, der starke Gesang des Amerikaners Noah Simmons und die fette Produktion. Mit ziemlich genau einer Stunde ist das Album für meinen Geschmack zwar wieder etwas zu lang (der Vorgänger brachte es sogar auf 72 Minuten), dafür kriegt man aber auch viel gute Musik für sein Geld.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/jhqXuURfLSc
Manchmal sagt ein alter Slogan mehr über ein neues Album aus als jede Pressemitteilung. «R.I.P. 2 my Youth» – dieser Spruch, der die Era von «Wiped Out!» begleitet hat, steht für eine Zeit, in der THE NEIGHBOURHOOD gefährlich, innovativ, launisch und unverkennbar einzigartig klangen.
Für langjährige Fans wie meine Tochter und mich – eine der wenigen Bands, bei der wir gemeinsam an Konzerte gehen (die andere sind die Arctic Monkeys) – fühlt sich das heute fast wie ein leiser Warnruf aus der Vergangenheit an: Die «alten» Neighbourhood drohen zu verblassen. Und doch hat die Band gerade etwas Aussergewöhnliches erreicht: Innerhalb weniger Tage war das Hallenstadion in Zürich für 2026 ausverkauft. Wenn man zufällige Passanten über zwanzig Jahren fragt, wer The Neighbourhood sind, schauen die meisten nur verständnislos. Aber ihre meist junge Fangemeinde? Engagiert. Global. Laut. Bereit. Das macht «(((((ultraSOUND))))))» umso rätselhafter.
Denn das ist nicht unbedingt die Band, die wir auf «Wiped Out!» kennen- und lieben- gelernt haben, einem Album, das vor Noir-Pop-Sinnlichkeit nur so triefte, mit gewagter Produktion und Melodien, die unter die Haut gingen. Dieses Album wirkte cineastisch, riskant und süchtig machend. «(((((ultraSOUND))))))»» ... sicher. Nicht schlecht, aber auch seltsam vorsichtig für eine Band, die einst den Sound des melancholischen cool Indie-Pop geprägt hat. Die Songs sind kurz, ordentlich und direkt auf den Algorithmus ausgerichtet. Die unerwarteten Akkord-Wechsel, die atmosphärische Tiefe und die charakteristische Schwere, die frühere Werke so verführerisch machten, sind passé. Die neuen Tracks sind zwar angenehm, überraschen aber selten.
Die Ecken und Kanten wurden abgeschliffen, die Schmutzigkeit und Spannung durch einen glatten, radiofreundlichen Überzug ersetzt. Dennoch gibt es auch Lichtblicke. «Rabbit» ist der erste Moment, in dem der Puls der alten Neighbourhood durchbricht: düster, hypnotisch, leicht gefährlich. «Daisy Chan» besitzt eine Selbstsicherheit und Coolness, die dem Rest des Albums fehlt. «Zombie» verdient seinen Platz mit einem eingängigen, melancholischen Charme, der an vergangene Eleganz erinnert. Und dann ist da noch «Stupid Boy», der letzte Track. In den letzten zehn atemberaubenden Sekunden taucht Jesses Stimme in eine Intensität und Zerbrechlichkeit ein, die uns schmerzlich daran erinnert, warum wir uns in diese Band verliebt haben. Es ist roh. Es ist echt. Es ist das, was hätte sein können.
Vielleicht ist die Veränderung beabsichtigt. Vielleicht machen Rutherford und Co. nun Musik für ein jüngeres Publikum, das mit TikTok aufgewachsen ist, und nicht mehr für diejenigen, die mit «Wiped Out!» und «I Love You» gross geworden sind. Meine Tochter würde das Album mit 6/10 bewerten, und ehrlich gesagt finde ich das angemessen, gebe aber noch eine 0.5 obendrauf. «(((((ultraSOUND))))))» ist geschmeidig, angenehm und leicht zu streamen, aber von einer Band, die einst so innovativ, so atmosphärisch und so mutig emotional war, fühlt es sich eher wie ein Seitenschritt als wie ein Schritt nach vorne an. The Neighbourhood haben ihr Talent nicht verloren. Mit diesem Album haben sie aber vielleicht etwas von ihrer Kühnheit eingebüsst. Das Live-Konzert aber trotzdem sicherlich wieder "ultra-super"!
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/4Jq0ChdhGk4
Seit ihrer Reunion 2021 legen MYSTIC CIRCLE ein Höllentempo vor. «Hexenbrand 1486» ist nämlich bereits das dritte Album, daneben wurde mit «Kriegsgötter MMXXV» noch ein Re-Release und eine EP namens «Letter From The Devil» veröffentlicht.
Der Graf von Beelzebub und Aaarrrgon scheinen also vor Kreativität nur so zu strotzen. Dabei wird das Duo von der elitären Black Metal Szene oft nur belächelt und als deutsche Version von Cradle Of Filth verglichen. Ich weiss allerdings nicht, was daran schlecht sein soll, zumal Mystic Circle mit den beiden Vorgängern wirklich gute Alben veröffentlicht hat. «Luciferan» eröffnet den neusten Streich gleich mal mit einem Feuerwerk. Die Keyboards verleihen dem Song einen unheimlichen Touch und der eingängige Refrain dürfte jeden Mystic Circle Fan begeistern.
Dass die Band aber auch durchaus in der Lage ist das Gaspedal zu drücken, beweist man mit «Boogeyman» oder «Blutschande Unzucht Sodomie». Ansonsten legt man wie gewohnt viel Wert auf Abwechslung, denn Midtempo-Parts werden immer gerne eingebaut. Auch wenn das zehnte Studio-Album nicht ganz die Klasse des selbstbetitelten Reunion-Album erreicht, so ist «Hexenbrand 1486» dennoch wieder ein Muss für Melodic Black Metal Anhänger geworden. Die starke Produktion, das gelungene Artwork und die Gastbeiträge von Sarah Jazabel Deva (Ex-Cradle Of Filth), Karo Hafke (Umbra Et Imago) drücken dem Album zudem auch ihren Stempel auf.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/3Fqgzd92YYQ
Erst vor kurzem ist das Trio aus Pesaro an der Adria in das Rampenlicht der europäischen Doom-Szene emporgestiegen. Mit der Schwere von Black Sabbath und Riffs, die von Pentagrams Victor Griffin stammen könnten, lassen WARCOE mit «Upon Tall Thrones» ihr drittes Album mit einer ordentlichen Prise Trad-Doom auf die Welt los.
Mit bereits zwei erfolgreichen Alben hinter sich kehren die Italiener nun düsterer – ja gar hypnotisch – zurück. Die Vocals klingen Ozzy verwechselnd ähnlich und das Riff könnte glatt von Tony Iommi stammen. Diese Vergleiche kommen zwar leicht, wenn es um Trad-Doom geht, doch sind sie nicht zu ignorieren bei Songs wie «Octagon» oder «The Wanderer». Warcoe beschränken sich aber auch beim dritten Mal nicht einfach auf Songs aus dem Sabbath-Handbuch.
Vor allem gegen Ende des Albums werden die Kompositionen bleischwer. Die Band kann aber auch melodisch: «Gather In The Woods» gewährt dem Release mit leichter, akustischer Gitarre eine erholsame Halbzeit-Pause von groovigen Riffs. Das Keyboard auf «Flame In Your Hand» wirkt ein bisschen unpassend, doch insgesamt beweisen Stefano (Gitarre, Vocals), Carlo (Bass) und Francesco (Drums), dass sie für den Doom gemacht sind. Wer die Entwicklungsjahre des Metals vermisst, muss «Upon Tall Thrones» als nostalgisches Werk in die Hände kriegen.
Leo H.
https://www.youtube.com/embed/esyr8vKGhbs
Zuerst erinnere ich mich an das Feuer. Den Gestank von verbranntem Fleisch, die Schreie meiner Kinder, die an dem Weidenbaum baumelten, und die Lügen derer, die mich als Hexe bezeichneten. Sie dachten, meine Geschichte wäre in dieser Nacht unter den Flammen zu Ende gegangen, doch ich bin geduldig. Hass, wenn man ihn in der Erde verrotten lässt, schlägt Wurzeln.
Jetzt singen sie wieder meinen Namen. Eine bösartige Kraft regt sich und die Narren von Schinveld versammeln sich unter ihrer Kirche, um das zu wecken, was begraben bleiben sollte. Sie vergiessen Blut, um die Dunkelheit zu nähren, und die Luft verdichtet sich mit ihrer Angst. Arme Sterbliche – sie lernen nie, dass Rache, einmal beschworen, nicht still und leise ins Grab zurückkehrt. CARACH ANGREN haben meinen Namen in Klang und Symphonie geschrieben. Ihre neue EP «The Cult Of Kariba» ist sowohl Requiem als auch Auferstehung – fünf Sätze, die meiner Legende unheiliges Leben einhauchen.
Die Orchestrierungen steigen wie Rauch aus den Ruinen von Lammendam auf und verweben Klavier, Blechbläser und Streicher zu geschwärzten Riffs, die scharf genug sind, um die Seele zu zerfleischen. «Draw Blood» pulsiert mit rituellem Herzschlag, «The Resurrection of Kariba» krönt den Moment meines Erwachens und wenn meine Stimme in «Ik Kom Uit Het Graf» – in der Sprache meiner Heimat – heult, erinnere ich die Lebenden daran, was es bedeutet, heimgesucht zu werden.
Im letzten Akt, «Venomous 1666», verdunkelt sich der Himmel auf meinen Befehl hin. Carach Angren beschwören das ganze Theater des Schreckens herauf: grandios, filmisch und voller Bedrohung (stark!). Manche werden dies als überproduziert bezeichnen, ich nenne es jedoch Hingabe: einen Bund zwischen Kunst und Grausamkeit. Hört also gut zu, Kinder der Moderne. Die Weisse Dame wandelt wieder, umhüllt von Orchester und Feuer. Der Kult hat meinen Namen laut ausgesprochen – und durch diese Platte erhebe ich mich.
Kariba aka Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/VgxmBBXa35o
Von Kanada her kommen gute Bands, zumindest aus meiner Sicht - man nehme Kittie als Parade-Beispiel oder auch SkullFist. Nun, LINX klingen weder nach Thrash oder Heavy Metal, sondern können aufgrund der prägnant vertretenen elektronischen Elemente mit solchen Bands wie Silvery, Tapping The Vein, KidneyThieves oder The Birthday Massacre in Verbindung gebracht werden.
Allerdings muss man bei aller Liebe zu dieser Art von Musik sagen: Man versucht, immer wieder Abwechslung ins Spiel zu bringen, aber leider bleibt es in der Regel beim Versuch. Lobenswert ist der Ansatz dennoch. Die Sängerin versucht sich an unterschiedlichen Gesangsarten wie cleanem Gesang, etwas Gebrülle, etwas Gegrowle, zwischendurch schielt man sogar in Richtung Oper. Aber genau diese Zerfahrenheit, diese Unentschlossenheit bewirkt bei mir, dass mir schnell langweilig geworden ist. Dabei ist man wirklich bemüht, sein Ding auf «Annihilation» ordentlich durchzuziehen - aber eben, es bleibt beim Versuch. Wenn man sich auf eine Linie einigen könnte, wäre das ein grosser Schritt nach vorne. Zweispältig!
Toby S.
https://www.youtube.com/embed/IP4-_Bp6QkE
Für ihre zweite Scheibe haben sich die Italiener CRISTIANO FILIPPINIS FLAMES OF HEAVEN um Namensgeber Cristiano Filippini fünf Jahre Zeit gelassen.
Mit dem schnellen Melodic Metal Song «On The Wings Of Phoenix» startet man ganz in Manier von Helloween und Avantasia in ein starkes Album. Double-Bass-Drums, schnelle Gitarren und eine ergreifende Gesangs-Melodie prägen diesen Song. Und mit Marco Pastorino am Mikrofon haben die Italiener einen Glücksgriff gemacht. Die variable, kräftige Stimme überzeugt auf ganzer Linie. Symphonische Tracks wie «A Flame From The Sky» gefallen schon beim ersten Anhören, HammerFall lassen grüssen.
Ich bin immer wieder überrascht, mit was für grandiosen Melodien die Italos hier aufwarten. Man höre sich nur mal «The Power Of Stars» oder den Ohrwurm «When Love Burns» an. Vom 4-minütigen Rocker bis hin zum doppelt so langen Metal-Opus ist alles vertreten, von Klavier-Balladen über langsames Midtempo bis hin zu Double-Bass-Drum-Nummern, und über allem schwebt die grandiose Stimme von Pastorino. Auch sehr gelungen ist die Ballade «Don't Leave Me Tonight», sehr gefühlvoll gesungen und mit einem schönen Gitarren-Solo versehen geht der Song voll unter die Haut.
Auch sehr überzeugend ist das fast 9-minütige «Darkside Of Gemini», eine gelungene, spannungsgeladene Nummer. «Tears Of Love And Hate» erinnert mich vom Songaufbau und der Melodie her an die deutschen Bonfire. Der zweite Epos ist der Titeltrack, und mit knapp neun Minuten die längste. Auch hier wird musikalisch wieder viel geboten. Die Italiener liefern hier ein kurzweiliges, spannendes wie zeitlich ausuferndes Symphonic/Power Metal Werk ab, das sich durchgehend auf hohem Niveau präsentiert und echt Spass beim Anhören macht.
Crazy Beat
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Die aus Mexiko stammenden JET JAGUAR befinden sich ein bisschen zwischen Heavy Metal und Thrash Metal. Das macht das Unterfangen nicht einfacher, denn für die einen werden sie zu wild und für die anderen zu langsam sein.
Trotzdem reissen die Jungs ein metallisches Feuerwerk ab, das sich in Liedern wie «Mach 10» entlädt. Mit schellen Grund-Rhythmen und filigranen Gitarren-Parts gehen die Herren aus Cancún ans Werk. Dass sie keine Grünschnäbel sind, beweist auch die Tatsache, dass sie bereits über zehn Jahre aktiv sind und mit der zweiten Scheibe einiges zu sagen haben. Dabei verfallen sie fast in Malmsteen-artige Momente («Hollow Drive») oder lassen mit dem Titelsong eine kleine Hymne erklingen, die durch das verspielte, über sieben Minuten lange «Anthropocene», das schnelle «Call Of The Fight» und die Hymne «Hunter» ergänzt werden. Grossartige Band, die unserem True Metaller Rönu mit «Severeance» sicherlich die Freudentränen in die Augen treiben wird.
Tinu![]()
https://www.youtube.com/embed/S6NDjKqILSo
Mit «Erevos» bekräftigen die Athener PENTHOS ihre Hingabe an die kalte Flamme des Oldschool Black Metal. Das Album vermittelt eine deutlich skandinavische Atmosphäre mit eisigen Tremolo-Riffs, unerbittlichen Blast Beats und Vocals, die wie Echos aus dem Tartarus klingen. Gleichzeitig verleiht es der Musik die für die Band typisch hellenische Unterströmung mythischer Dunkelheit.
Der gelungene Opener «Nekyia» beginnt mit klaren, traurigen Streichern, die die Zuhörer und Zuhörerinnen kurz einlullen, bevor der Abstieg beginnt: «Dancing Dead» und «Bloodstained Path» explodieren im klassischen Stil der zweiten Welle; ihre Strukturen balancieren zwischen Zorn und Melodie. «Charon» und «Thanatos» zeigen eine straffere rhythmische Kontrolle, bei der der Bass die Spannung vorantreibt, anstatt nur den Gitarren zu folgen – ein ungewöhnlicher, aber erfrischender Touch im modernen Black Metal.
Produktionstechnisch bewegt sich «Erevos» auf dem schmalen Grat zwischen Klarheit und Rohheit: Jedes Instrument behält seine rauen Kanten, ohne die Atmosphäre zu übertönen. Die Soli schneiden wie Klingen durch den Nebel und die gelegentlichen akustischen Reprisen verleihen dem Album eine narrative Tiefe, die an frühe Werke von Dissection oder Satyricon erinnert. Anstatt das Genre neu zu erfinden, verfeinern Penthos es. «Erevos» ist keine musikalische Revolution, aber durchaus eine Wiederauferstehung – ein durchdachtes und leidenschaftlich engagiertes Opfer an die dunklen Götter der Tradition. Hört mal rein!
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/ySOfP3tysvQ
Ja, ich bekenne mich schuldig: Ich hatte in den 70er-Jahren tatsächlich das Bravo-Starschnitt-Poster in meinem Jugendzimmer hängen. Ja, Ich glaubte auch, dass The Sweet die beste Band der Welt waren, und versuchte, wie Andy Scott auszusehen. Ja, ich habe sie 2024 endlich erstmals live in Appenzell gesehen, und ja, ich gebe zu, dass ich jede Minute davon nostalgisch genossen habe.
Und jetzt bin ich wieder hier und schreibe eine weitere Rezension über sie – wahrscheinlich als letzten Akt nostalgischer Loyalität. Zwar glaube ich heute nicht, dass The Sweet zu den besten Live-Bands der Welt gehören, doch diese Neuauflage von «Live At The Marquee» verdient es, angehört zu werden und war um einiges besser als das Konzert im Appenzell. Aufgenommen im Februar 1986, also kurz bevor der legendäre "Marquee Club" in London für immer seine Türen schloss, fängt dieses Konzert eine Band im Wandel ein.
Andy Scott und Mick Tucker – die Hälfte der ursprünglichen Besetzung – wurden von Paul Mario Day (ehemals bei Iron Maiden), Mal McNulty (später bei Slade) und Phil Lanzon (legendär Uriah Heep) ergänzt. Gemeinsam verlagerten sie die Glitter-Wurzeln der Band hin zu etwas Roherem, Schwererem, das fast schon an den Geist der frühen NWOBHM heranreichte. Das Set beginnt mit dem heftigen Puls von «Action» und geht nahtlos in «Sweet F.A.» über. Das erinnert daran, dass Sweet unter ihrer glänzenden Oberfläche im Herzen immer Rocker waren.
«Love Is Like Oxygen» entfaltet sich in einer ausufernden, neunminütigen Version – teils pompös, teils progressiv, teils reines Adrenalin – mit Lanzons Keyboards (genial wie immer), die sich spiralförmig wie ein Fiebertraum aufschrauben. Ja, es gibt Schwankungen und ja, man vermisst Connollys ikonischen Ton, aber Day liefert mehr Biss als Glanz und mehr Leidenschaft als Perfektion. «Set Me Free» und «Restless» treffen mit einer Power, die nur wenige von einer Band erwartet hätten, die einst als Glitzer-Lieblinge abgetan wurde. Die Bonustracks «AC/DC» und «Burn On The Flame» beenden die Show wie ein trotziges Grinsen. Diese Neuauflage ist kein Museums-Stück – sie erinnert daran, dass Sweet brüllen konnten. «Live At The Marquee» greift nicht nur die Vergangenheit auf, sondern holt sie zurück: laut, stolz und ohne Reue.
Lukas R.
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Die deutschen Death Metal Veteranen MY DARKEST HATE melden sich mit ihrem lang erwarteten, sechsten Studio-Album «Rust And Bones» zurück!
Betrachtet man die Produktivität der Truppe, so scheint es zwei Phasen zu geben. Die Band trat 1998 ins Rampenlicht, und veröffentlichte zwischen 2001 und 2006 Album eins bis vier. Zehn Jahre später folgte «Anger Temple» und nochmals eine Dekade später erblickt nun «Rust And Bones» das Licht der Welt. Irgendwie logisch, dass sich die Arbeitsmoral während dreissig Jahren verändert, wenn auch das Line-up ständig Karussell fährt. Schliesslich ist Gitarrist Jörg M. Knittel noch das einzige verbliebene Gründungs-Mitglied, aber aufgeben ist keine Option. So bestieg der aktuelle Schlagzeuger Mario Henning 2024 den Thron, und sofern man den Zahlen Glauben schenken kann, kamen Wolfgang Nillies (g) sowie Gustavo Enzler (b) erst 2025 hinzu.
Jedenfalls würgt Sänger Claudio Enzler seinen tiefen, unterdrückten Gesang gekonnt hervor, der das Midtempo Groove Death Monster «Rust» abrundet. Danach gibt es grundsätzlich keine Überraschungen mehr, was auch gut ist! Das Material wechselt kontinuierlich zwischen schleppenden Riffs mit vertrauter Rhythmus-Begleitung und gelegentlichen Tempo-Ausfällen. My Darkest Hate vergessen allerdings nie, dass es neben variierenden Blastbeats auch reichlich musikalische Hooks geben muss. Zwischenzeitlich driftet ihr Sound sogar in klassische Doom-Gefilde ab, wie im Candlemass angehauchten Track «From Ruins I Rise» deutlich zu hören ist. «Sinister Warfare» ist ein Song, bei dem das schleppende Tempo mit Double-Bass-Drum-Passagen aufgepeppt wird, während in «King Of Slaves» das galoppierende Riff à la Slayer regiert.
Als Special Guests sind Dave Ingram (Benediction, Ex-Bolt Thrower) auf «He Who Never Sleeps» und Michael "TZ" Schweitzer (Pessimist, Muggeseggel) auf «Flammenland» zu hören, dem übrigens ersten deutschsprachigen Track in der gesamten Bandgeschichte. Mir persönlich gefällt das Schema der Platte, das man von Florida-Bands wie Obituary oder Six Feet Under her kennt. Die zehn Songs wurden zusammen mit Andy Classen (Krisiun, Destruction, Legion Of The Damned) produziert und spiegeln den charakteristischen Oldschool Death Metal Sound perfekt wider.
Ein besonderes Augenmerk gilt auch dem grandiosen Artwork, das von Remy Cooper (Headsplit Design) entworfen wurde, der schon Arbeiten für Napalm Death oder Kreator angefertigt hat. Es fängt die rohe Energie der Musik visuell besonders auffallend ein, ohne auf Blut und Innereien setzen zu müssen. Angesichts der langen Pause, die zwischen «Anger Temple» und «Rust And Bones» liegt, scheint die Band da anzuknüpfen, wo sie vor zehn Jahren aufgehört hat. Also ein Garant für knackigen Death Metal alter Schule!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/3345fRUYNk0
Schön ist das nächste Album von BITE THE BULLET da. Es ist jetzt gut ein Jahr her seit ihrem letzten Output. So wurde die Band ursprünglich schon 1986 von Sänger/Songwriter Mick Benton und Schlagzeuger Graham Cowling in West London gegründet.
Musikalisch bewegen sich die Briten im Melodic Rock Bereich von Journey, Foreigner, Toto und Asia. Schon wie beim letzten Mal, ist das neue Album auf tausend durchnummerierte Stücke limitiert. Die Songs laden zum Kuscheln am Kaminfeuer ein, gerade zu dieser Jahreszeit, obwohl auch echt rockige Momente wie der Song «The Dark Secrets» auszumachen sind. Ein AOR-Fan sollte definitiv ein, besser zwei Ohren zu «Horizon» riskieren.
Björn
https://www.youtube.com/embed/HDPu6fYbaKo
Das siebte Album der Band ERDLING kommt wie immer schwungvoll daher: stampfende Grooves, neonbeleuchtete Synthesizer, komprimierte Gitarren und Refrains, die für grosse Bühnen gemacht sind. Die Kritiken der Kollegen sind hervorragend – und es ist auch leicht zu verstehen, warum: «Mana» ist präzise auf Clubs, Festivals, Fussballstadien und Playlists zugeschnitten.
Die Produktion ist messerscharf, Kick und Bass drängen vorwärts, während die Gitarren scharfe Kanten schneiden. «Aurora» schafft eine visuelle Kulisse, während «Dominus Omnium» und «Los Los Los» mit eingängigen Hooks für Adrenalin sorgen. «Steh den Sturm» erweitert das Spektrum schliesslich mit einem geschmackvollen Solo. Der Titel «Alles dreht sich (feat. Hand of Juno)» bringt ein wenig Farbe ins Spiel und zeigt, wie Erdling ihren NDH-/Industrial-Rahmen mit Pop-Instinkten verschmelzen kann. Der Titeltrack «Mana» destilliert die Formel klar, während «Sternenschimmer» mit Atmosphäre abschliesst.
Das Ergebnis sind gut gemachte, super eingängige Melodien in einer klar definierten Nische. Man spürt die stadiontauglichen Riffs der Till-Schule. Minuspunkte (aus meiner Anhör-Perspektive): Bei aller Schwere gibt es eine immerfort zuckersüsse Glasur. Einige Melodien tendieren zu "Biene Maya" Level; eher zum Mitgröhlen als zum Moshpit. Eingängig, ja; durchdringend, selten. Die Wut früherer Werke blitzt kurz in «Zerspreng die Ketten» auf, aber insgesamt bevorzugt «Mana» kalkulierte KI Bombastik und geht mit bekannten NDH-Tropen auf Nummer sicher.
Textlich sind die Slogans 100% platt. Zuhörer und Zuhörerinnen, die nach düsterer Tiefe suchen, rutschen an der hochglänzenden Oberfläche ab. «Mana» ist ein effizientes, professionelles Statement von Erdling: heavy, prägnant und hymnisch – bereit für den Erfolg. Für mich ist es eher Schlager als Metal, für Genre-Fans ist es dennoch ein solider Hit. Und als Strafe verfolgt mich nun der Refrain von «Los Los Los» seit Stunden im Ohr. Wie machen die das?
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/bHonqQxDNHE
Wut hat selten so niedergeschlagen gewirkt. Noch bevor die erste Note erklingt, trifft einen das Cover-Artwork – ein einsamer, gefesselter Hund, der ins Leere starrt – bereits wie ein Schlag in die Magengrube. Es ist kein Schock um des Schocks willen, sondern ein Porträt der Hilflosigkeit, des Gefangenseins und der dennoch bestehenden Loyalität gegenüber dem Schmerz. Dieses Bild gibt den Ton perfekt vor, denn mit «Recovery Language» setzen STILL IN LOVE während bloss 23 Minuten pure wie emotionale Erschöpfung frei.
Das Album beginnt mit «Tell The Truth», einer 2-minütigen Explosion, die keine Zeit damit verschwendet, nett zu sein. Es gibt den Ton an: ungefiltert, unversöhnlich, unheilbar. «Nervous Impulse» und «Inherit» wirken wie auf Band gebannte Panik-Attacken: unerbittliches, metallisches Hardcore-Chaos mit einem Herzschlag, der vor Angst immer wieder aussetzt. Das speziellere «Preserve & Cherish» mit Sam Carter von Architects verwandelt Trauer in einen Kriegsruf.
Wenn schliesslich «You Have To Let It Go» und «Pillar Of Strength» das Album beenden, ist das keine Läuterung, sondern ein Zusammenbruch. 23 Minuten, keine Politur, keine Spielereien, kein falsches Licht. Nur Lärm, Schmerz und Trotz. «Recovery Language» ist kein Hardcore-Album, welches ich geniessen kann - ich überlebe es. 23 Minuten später, versteht man vielleicht auch warum. Ich will dieses Cover nicht mehr anschauen, schliesse hier meinen Bericht und gehe mit meinem "Wuffi" in den Wald, weit weg von dieser Wut.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/KC60B1qyOuA
Hochkarätige Melodic Bands aus dem IKEA Land Schweden sind grundsätzlich keine Seltenheit. CIVIL DAZE gehören kompromisslos dazu. Der bislang kaum bekannte Gitarrist Mikael Danielsson plante ursprünglich ein Solo-Album, wofür er diverse Songs komponierte.
Mit seiner Stimme unzufrieden ("ich klang wie Tom Waits beim Vorsingen für Journey!") verschwand das Material in der Schublade. Zusammen mit Helena Sommerdahl, mit der Mikael schon in anderen Formationen aktiv war, wurde die Idee des Solo-Albums über den Haufen geworfen. Mit Civil Daze haben die beiden, zusammen mit weiteren Musikern aus deren Vergangenheit, eine echte Band am Start. Das Songmaterial fand nun den Weg auf das Debüt «Once In A Blue Moon». Die Scheibe ist vollgepackt mit Tracks auf höchstem Qualitätslevel. Obwohl man sich Melodic Rock auf die Fahne geschrieben hat, tendiert man immer mal wieder hin zu groovigem und knackigem Hard Rock.
Ebenfalls nicht vernachlässigt wird ein gewisses Pop-Appeal, zumindest in Bezug auf die Vocals. Die Songs bestechen durchs Band hindurch mit hohem Wiedererkennungswert, mit eingängig strukturierten Hooklines und grossen Refrains. Titel wie «Top Of The World», «Face Down in The Dirt», «Turn The Pages» oder «Givin' It All» hätten in den Achtzigern ohne Zweifel für Aufsehen gesorgt. Stilistisch nähert man sich Robin Beck, lässt man die weibliche Stimme jedoch aussen vor, dürfen auch TNT, Danger Danger oder Firehouse erwähnt werden. Starkes Album mit (Genre-) Hit-Potenzial. Vor allem Fans von melodischem Hard Rock mit Female-Vocals kommen konsequent auf ihre Kosten.
Chris C.
https://www.youtube.com/embed/It9LUVWZ0ro
Seit Jahren schlägt James Kents Projekt PERTURBATOR eine Brücke zwischen Heavy Metal und düsterer elektronischer Musik - nicht das Produkt eines Experiments, sondern der Ausdruck gemeinsamer Wurzeln.
«Age Of Aquarius», sein sechstes Album in voller Länge und das Erste bei Nuclear Blast, kann auch Metalheads direkt ansprechen: Seine Aggression ist mechanisch, sein Puls martialisch, seine Atmosphäre bedrückend. Die verzerrten Synthesizer schlagen mit derselben, viszeralen Kraft zu wie heruntergestimmte Gitarren, und seine rhythmische Gewalt spiegelt die Spannung eines Moshpits wider – nur dass hier Schaltkreise und Oszillatoren die Waffen sind.
Im thematischen Kern steht der Krieg – nicht nur als Ereignis auf dem Schlachtfeld, sondern als Geisteszustand. Kent stellt sich ein Zeitalter vor, in dem die Menschheit einen ewigen Konflikt führt – sowohl innerlich als auch äusserlich. Tracks wie «The Art Of War» und «Mors Ultima Ratio» übersetzen diese Vision in donnernde Percussion und eiserne Tempi, die an den Marsch der Maschinen und die Verzweiflung von Zivilisationen erinnern, die dazu verdammt sind, ihre Fehler zu wiederholen. Der Gastauftritt von Ulver (Chamäleons der Dunkelmusik ) in «Apocalypse Now» gibt den Ton an: eine düstere Prophezeiung, umrahmt von synthetischen Chören und spannungsgeladenen Beats – als würde die Nachricht vom Weltuntergang über Kurzwellen-Radio ausgestrahlt.
Musikalisch ist «Age Of Aquarius» ein Labyrinth elektronischer Kriegsführung. Industrielle Texturen kollidieren darin mit Synthwave-Melancholie, Post-Punk-Schatten und cineastischer Grösse. «Lady Moon» mit Greta Link mildert die Brutalität mit einer eindringlichen Melodie, während sich der abschliessende Titeltrack, an dem Neige von Alcest mitwirkt, von schimmernden Ambient-Klängen hin zu einer Welle schwarzer Katharsis entwickelt.
Es ist ein Album, das Lautstärke und Hingabe verlangt – geschaffen für all jene, die sich nach Intensität statt nach Komfort sehnen. Unter seinem Neon-Glanz und mechanischen Puls enthüllt «Age Of Aquarius» eine zeitlose Wahrheit: Die Apokalypse ist bereits da und tanzt zu einem perfekten elektronischen Beat. Nicht meins, aber vielleicht Eures. Live könnte daraus ein elektrischer Sturm werden – sprich am 04.12.2025 tanzt Lausanne im Flackern der Neonlichter.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/AC8LAVjo3wA
Auf der Website ihres Labels stand geschrieben, dass mit «Decay» eine 10-jährige Leidenszeit, mit Warten auf neue Musik von WRETCHED endlich ein Ende gefunden hat und die zwölf Songs jede Sekunde des Wartens wert sind. Das sind in der heutigen Zeit mutige Aussagen, wenn man sich das Übermass an Veröffentlichungen ansieht.
Es fällt jedoch schnell auf, dass diese Zeilen wohl einen hohen Wahrheitsgehalt aufweisen, denn auf dem neuen Album durchbricht die grenzüberschreitende Besetzung die festgefahrenen Grenzen ihrer vier vorherigen Veröffentlichungen. Wretched haben ihre Umgebung erkundet und sich Raum und Zeit gelassen, um verschiedene Dinge auszuprobieren. So mangelt es «Decay» nicht an Groove, Härte, Geschwindigkeit, Melodik, Schönheit und Tragik.
Der Titeltrack ist der erste Song und beginnt mit viel Gewicht sowie feierlichen Tönen inmitten tiefer Aggression. Der Gesang variiert von tiefen Kehlkopflauten bis hin zu gequälten Schreien. Einige der Gitarren-Parts sind knifflig, was den Zuhörer auf Trab hält. «The Royal Body» und «The Crimson Sky» sind weitere Doom Death Metal Songs, die bisher nicht weit von der Formel abweichen, die sie auf dem Album verfolgen. «Clairvoyance» ist deutlich kürzer und bietet klangliche Vielfalt, indem die cleanen Gitarren und der Gesang sehr feierlich sind, die vorherige Intensität aber aufzulockern vermögen.
«The Mortal Line» schlägt mit der Art Gesang zu Buche, die man beim Betreten einer Kirche hören könnte. Der Rest der Platte wäre allerdings weniger willkommen. Die Chöre sind zwar sehr feierlich, und dennoch hat man das Gefühl, dass ständig jemand weint. «Lights» ist wieder viel heavier und emotionaler und «The Golden Tide» hat tatsächlich eine Melodie, die sich mit dem intensiven Sound verbindet. Das sind genau jene Songs, die es Wretched erlauben, ein wenig zu experimentieren, ohne den Kern ihres Sounds zu verleugnen.
«Blackout» ist, wie der Titel schon vermuten lässt, eine düstere Angelegenheit. Die Gitarren erzeugen eine dichte, harte Klangwand, und der Gesang klingt absolut gequält. «The Golden Skyway» beschliesst die düstere Reise, die etwas einseitig beginnt, mit fortschreitender Spieldauer und etwas Abwechslung jedoch die Kurve kriegt. «Decay» ist ein schweres und manchmal grooviges Album, mit einer gewissen Traurigkeit und durchaus frischen Melodien, dennoch hätte der Fünfer noch ein paar musikalische Risiken mehr eingehen können.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/mZjOYC5Gzy8
Die Hexe ist los! Es ist immer eine Abwechslung, ein Album einer Band (in diesem Fall von N.M.A.) auf dem Tisch zu haben, die man nicht kennt oder von der man dachte, dass sie verschwunden sei.
Nun dringen aber wieder Klänge aus einer Tiefgarage im Limmattal (Zürich/Schweiz) an die Oberfläche, die eine Mischung aus Hard Rock der Achtzigerjahre mit Punk-Einflüssen und natürlich den Grundelementen des "Sounds of the 60ies" preisgeben. Die Rede ist von der Band N.M.A. (No More Assholes oder New Machine Army, je nachdem wo man sich informiert), die ihr neues Werk «The Witch» auf die Welt loslassen. Als Erstes sticht einem das schlichte Album-Cover der Hexe ins Auge, und man ist sich nicht sicher, ob dies ein Scherz oder ernsthaft gemeint ist. Das Bild schreit förmlich nach KI, aber egal, denn auch grosse Bands wie Iron Maiden haben bei der Wahl ihres Covers schon ins Klo gegriffen. Ganz anders kommt der Sound von Denise (Gesang), Greg (Gitarre), Indy (Bass) und Rob (Drums) daher. Druckvolle Gitarren-Riffs, treibende Basslines, energiegeladene Drums und eine Stimme mit Reibeisen-Charakter proben den rockigen Aufstand.
Die elf neuen Songs und die Menge an Energie lassen sich in keine Schublade stecken, denn mit einem Bein stehen sie im Rock, mit dem anderen im Metal. Dazu kommt noch eine Prise Punk, was bei ihren Einflüssen von Lita Ford, Joan Jett, Nena, The Exploited, The Cult, Ozzy Osbourne, Ratt, Def Leppard, Scorpions, oder den Sex Pistols nicht weiter erstaunlich ist. Ihre Musik vereint all diese Parts mit kraftvoller Härte, hymnischen Melodien und teils tiefgründigen Texten, welche aber stets mit einem Augenzwinkern versehen sind. N.M.A. stehen für Leidenschaft, Authentizität und eine unbändige Dynamik. In ihren Songs steckt die Vergangenheit, die uns automatisch an musikalische Grössen früherer Tage erinnert. «The Witch» steckt voller frischer Energie, ist melodisch, mitreissend und manchmal frech; sprich eine unterhaltsame Platte für alle Fans von punkigem Rock-Sound.
Oliver H.
Wie wir bei Metal Factory bereits bei Erscheinen der ersten Single geschrieben haben, gibt es eine Art Zeitlosigkeit, die nur YAWNING MAN hervorrufen können. «Pavement Ends» ist nicht nur ein weiteres Album, sondern eine spirituelle Topografie, eine Zeremonie unter dem unendlichen Wüstenhimmel, wo Klang zu Staub und Erinnerung zerfliesst.
Nur wenige Bands in der Rock-Geschichte waren so untrennbar mit ihrer Landschaft verbunden wie Yawning Man. Die Band beweist weiterhin, dass die Mojave-Wüste nicht nur ihre Kulisse ist, sondern ihr Lebenselixier. Mit der Wiedervereinigung des Gründer-Trios Gary Arce, Mario Lalli und Bill Stinson treten die ursprünglichen Architekten der Wüste erneut in die Fata Morgana. Hier trifft Improvisation auf Absicht: Schimmernde Tremolo-Gitarren strecken sich zum Horizont, Basslinien pulsieren wie vergrabene Flüsse unter trockenem Sand und Stinsons Schlagzeug hallt wie fernes Donnergrollen über Schluchten wider.
Das Ergebnis ist sowohl zerbrechlich als auch gewaltig - Musik, die atmet, wartet und zurückkehrt wie der Wind selbst. Der Titeltrack «Pavement Ends» fängt den Kern ihrer Vision ein: diesen Übergangsmoment, in dem die Zivilisation der Wildnis weicht und die Strasse in Hitze und Stille verschwindet. Hier berührt das Album etwas, das älter ist als Rock, älter als Worte: eine Ehrfurcht, die sich tief mit der Kosmologie der amerikanischen Ureinwohner verbunden anfühlt.
Yawning Man imitieren keine indigenen Motive, sie vermitteln das Gefühl der Kontinuität, den ewigen Dialog zwischen Mensch, Land und Geist. Jedes Stück entfaltet sich wie ein Gesang aus Staub und Himmel und trägt die unausgesprochene Erkenntnis, dass sich die Wüste an alles erinnert. Während des gesamten Albums bewegt sich die Band fliessend zwischen Licht und Schatten. «Bomba Negra» brodelt mit ritueller Schwere, «Dust Suppression» beginnt wie ein langsamer Sonnenaufgang und leuchtet in minimalistischen Schichten, bis es eine reine Schwebe erreicht.
Der dynamische Bereich - von geflüsterter Melancholie bis zu bergiger Schwere - ist atemberaubend und stellt eine Meisterklasse in emotionaler Kontrolle dar. Aufgenommen in den "Gatos Trail Studios" und ko-produziert von Mike Shear, behält der Sound die Wärme analoger Erde: ungeschliffen und doch zutiefst cineastisch. Vier Jahrzehnte nachdem sie die ersten Umrisse des Desert Rock geprägt haben, kehren Yawning Man nicht als Veteranen, sondern als Schamanen des Klangs zurück.
«Pavement Ends» fühlt sich an wie eine Rückkehr zur heiligen Quelle – der Moment vor der Morgendämmerung, in dem die Stille lauter summt als jeder Verstärker. Ein eindringliches, elementares Meisterwerk. Yawning Man erinnern uns einmal mehr daran, dass, wenn der Asphalt wirklich endet, die wahre Reise beginnt. Yawning Man kommen am 09. Dezember 2025, zusammen mit Softsun, in die "Sunset Bar" nach Martigny.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/f2ul9rIfZB8
Ob unser guter Cheffe diese Scheibe an den falschen Schreiberling geschickt hat? Das Artwork von MAUSOLEUM GATE erinnert mich jedenfalls an die progressiven Rocker von Yes und weniger an Heavy Metal. Doch Halt, Cruz Del Sur ist eigentlich ein favorisiertes Label von mir. Na, dann doch zuerst mal reinhören, bevor ich hier auf einen Fehler des Chefs schliesse.
Ein Blick ins Metal-Archiv bringt zu Tage, dass die Finnen ganze acht Jahre brauchten, um ihr drittes Werk zu veröffentlichen. Eine lange Zeit, dafür sind 37 Minuten und sechs Songs jetzt nicht gerade der Beweis für übersprudelnde Songideen. Doch lasst Euch gesagt sein, dass diese 37 Minuten ausreichen, um Euch zu begeistern. Mausoleum Gate sind verdammt schwer zu schubladisieren. Stellt Euch mal eine Mischung aus Iron Butterfly, Black Sabbath, Deep Purple und Judas Priest vor und ihr habt eine ungefähre Ahnung, wohin die Reise geht.
Eine psychedelische Reise in die Zeit Ende der Siebziger, gepaart mit den Anfängen der NWOBHM erwartet den Zuhörer. «Vision Divine» ist ein grandioser Opener. Die psychedelischen Synthies ziehen einen sofort in den Bann, bevor die Gitarren die Überhand gewinnen und Ozzy lossingt. Nein, der Prince Of Darkness ist natürlich nicht auferstanden, aber Sänger Jarno Saarinen klingt wirklich sehr nach der leider in diesem Jahr verstorbenen Legende.
Mit dem Einsatz einer Hammond Orgel wird dieser Perle von einem Song übrigens noch die Krone aufgesetzt. «Lucifer Shrine» ist eher im Midtempo gehalten, klingt epischer und die Keyboards sowie Orgelklänge sind noch dominanter. Ich würde hier spontan auch noch die genialen Count Raven als Vergleich ins Rennen schicken. Ein weiterer Kracher ist das lockerflockige «Shine The Night», welches mit einer Gänsehaut-Melodie auftrumpft.
Das klingt jetzt verdammt nach einer Kaufempfehlung, welche ich hier aber bewusst nicht ganz ausspreche. Die über achtminütige abschliessende Ballade «Witches Circle» ist mir dann doch zu spacig-jazzig ausgefallen. Trotzdem ist das dritte Album ("make it or break it!") ein ziemlicher Volltreffer geworden. Die eigentlich wilde Mischung funktioniert wirklich erstaunlich gut und hebt Mausoleum Gate von vielen anderen Bands wohltuend ab und verleiht ihnen ein Alleinstellungs-Merkmal. Fazit: Roxx hat einmal mehr seinen guten Riecher bewiesen!
Rönu
https://www.youtube.com/embed/8OoZ9nH5z24
Eines muss gleich zu Beginn klargestellt werden: VOGELFREY in ihrer klassischen Form sind das nicht! Vogelfrey gehen in die Offensive, denn das siebte Album der Hamburger Folk-Rocker überschreitet zielsicher alle Erwartungen und Grenzen.
Allein der Titel «Make Mittelalter Great Again» ist mit einem Augenzwinkern zu nehmen, der Donald Trump geschickt mit tagesaktuellen Themen und musikalischen Hits aus den letzten Dekaden verbindet. Hart geschmiedeter Folk Metal trifft auf Industrial mit einem Hauch Ballermann. Kein Album des Sextetts war so nah am Zeitgeist, und gleichzeitig so weit weg von ihren Wurzeln. Aber eigentlich ganz egal, da Feuerschwanz und Co. seit längerem vormachen, dass dies funktionieren kann, wenn man das passende Publikum dafür hat; und das hat es!
«Make Mittelalter Great Again» besticht durch bissig-ironische Texte, die im modernen entstaubten Sprachgewand frischen Wind in die Szene wehen werden. Dazu verschmelzen brachiale Riffs und virtuose Geigenmelodien mit hämmernden Elektro-Elementen, die vollends die Feierwut entfesseln und das Album zum selbst ernannten neuen Sound der Band transformieren: dem Mittelalter Dance Metal. Ein Name, der durch seine blosse Erwähnung den eingefleischten Metaller zum Kotzen und die Neugierigen zum Reinhören bringt.
«Make Mittelalter Great Again» versucht endgültig die Mauern zwischen Altertum und Neuzeit niederzureissen, was vielleicht etwas zu gross gedacht ist. Eröffnet wird der Party-Reigen mit dem Titeltrack, gefolgt vom Laserkraft 3D-Cover «Nein, Mann!». Die beiden Songs stehen stellvertretend für den Rest des Albums, das von stampfenden Industrial-Riffs, Geigenklängen und Mallorca-Gesängen lebt. «Alle sagen das» hat gewisse Anleihen an den Track der Toten Hosen, und «Trollwut» bolzt sich mit einem Electric Callboy-Refrain ins Ohr.
Durch «How Much Is The Fish» landet sogar Scooter im Mittelalter, oder das Mittelalter in Mallorca. Rammsteinsche Klänge finden sich in «Dunkelheit», während «Mittelalter Dance Metal» ironischerweise der authentischste Titel mit pumpenden Rhythmen und dominanter Folkgeige ist. «Gott Mensch» und «Kloppt euch doch» sind echte Banger, was nach elf Songs bloss eine Frage zulässt: Ist «Make Mittelalter Great Again» die Suche nach Inspiration oder bloss mal etwas anderes? Grundsätzlich ist es ganz egal, denn wer Spass an einer guten Party hat, wird diese Platte lieben!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/jFCSj9c7G0o
MÖTLEY CRÜE waren die erste Band, die ich jemals live auf einer Bühne sah. Das war am 14. November 1984 als Support von Iron Maiden auf deren «Powerslave» Tour in Basel. Das Album «Shout At The Devil» war nicht mehr von meinem Plattenteller wegzudenken, und aus diesem Grund war ich mächtig gespant auf den Nachfolger «Theatre Of Pain», der beim ersten Hördurchgang für mich eine grandiose Enttäuschung absetzte. Wo war die knallige Produktion? Wo waren Songs wie «Red Hot», «Bastard» oder «Too Young To Fall In Love» abgeblieben?
«City Boy Blues», der Opener auf «Theatre Of Pain», war eine seichte Angelegenheit, und die Aggressivität ging komplett verloren. Die Jungs hatten sich einmal mehr neu erfunden (wie es auf den vorherigen und nachfolgenden Alben immer stattfand). Je mehr ich mir die Tracks aber anhörte, wurden «Louder Than Hell», «Keep Your Eye On The Money», «Use It Or Lose It», «Save Our Souls» und «Fight For Your Rights» zu einem grossen Geheimtipp. Der Ballade «Home Sweet Home» gereichte es gar zum grossen Durchbruch für die Skandal-Truppe um Nikki Sixx. Somit gehört diese Scheibe heute zu einer der besten in meinem CD-Regal.
Zum 40-jährigen Jubiläum wird nun eine schmucke LP-Box veröffentlicht, in der neben der Studio-Scheibe auch eine Show der «Theatre Of Pain» Tour aus Long Beach zu hören ist (grossartig!), und abgerundet wird das Ganze mit ein paar Demo-Songs. Dies mit einem neuen Cover und einem 76-seitigen, starken Hard Cover Buch mit bisher unveröffentlichten Bildern dieser Tour. Eine runde Sache, bei der nicht nur Crüe-Fans zugreifen sollten und viel fürs Geld bekommen. Hoffen wir jetzt nur noch, dass die Live-Tracks auch auf CD veröffentlicht werden.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/WXtqK2HIJGU
Comeback-Alben sind so eine Sache. Oft ist die Erwartungshaltung höher als das, was dann schlussendlich erscheint. Ein ziemlich ernüchterndes Beispiel haben ja Dark Angel dieses Jahr geliefert. Das Comeback der schwedischen Thrasher MEZZROW hat vor zwei Jahren hat hingegen einen echten Kracher ans Licht gebracht und hat auch den Dauertest erfolgreich bestanden. Die 33 Jahre Wartezeit hatten sich damals echt gelohnt.
Diesmal hat die Truppe aus Nyköping ihre Fans zum Glück nicht so lange warten lassen und kommt bereits mit dem nächsten Bay-Area Thrash-Album um die Ecke. Richtig gelesen, die Einflüsse der Skandinavier sind klar in den Staaten und bei Bands wie Testament, Xentrix oder Slayer zu suchen. Die Scheibe wird durch einen Trommelwirbel eröffnet, bevor dunkle Riffs übernehmen und nach einer Minute nimmt der Song richtig Fahrt auf. Gang-Shouts in den Refrains sind bei Mezzrow ein beliebtes Mittel, so auch bei diesem richtig geilen Thrash Opener namens «Architects Of The Silent War». Das folgende «Sleeping Cataclysm» wurde für mich überraschend nicht als Single ausgewählt, ist für mich aber das Highlight des Albums.
Deren gibt es aber noch einige: «Symphony Of Twisted Souls» beginnt balladesk, steigert sich zu einem Thrash-Stampfer mit geilen Double-Bass-Drums. «The Moment To Arise» wird jedes Thrasher Herz erfreuen und «In Shadows Deep» hätte auch auf «Seasons In The Abyss» einen guten Platz gefunden. «Embrace The Awakening» beweist eindrücklich, dass die Schweden mit ihrem ComebackAlbum noch nicht ihr ganzes Pulver verschossen haben. Das erst dritte Album der 1987 gegründeten Band gehört für mich definitiv zu den besten Thrash-Alben des Jahres, nicht zuletzt wegen der ausgezeichneten Produktion und des richtig starken Artworks von Pär Olofsson, der auch schon für Exodus oder Traitor gezeichnet hat.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/PSUFj2qCPKY
"Zum Glück haben wir uns nie weiterentwickelt", scherzte Rick Nielsen in einem Interview mit "Premier Guitar". "Wir mögen immer noch die Beatles. Wir mögen immer noch die Stones und AC/DC. Wir lieben immer noch The Who. Und vor allem lieben wir es immer noch, Platten aufzunehmen."
Diese ironische Ehrlichkeit fasst das 21. Studio-Album «All Washed Up» von CHEAP TRICK perfekt zusammen und beweist, dass die Weigerung, ‘Fortschritte zu machen, manchmal auch bedeuten kann, sich selbst treu zu bleiben. Auch nach fünf Jahrzehnten klingen die Legenden aus Rockford alles andere als müde. Stattdessen strotzt das Album vor energiegeladener Kraft und hintergründigem Humor, die seit Langem ihr Power-Pop-Erbe prägen. Und das ist wunderbar - besonders für all jene von uns, die diese Band einfach von Herzen gern hören (oh ja! Rsl).
Bereits der Eröffnung-Ttitel liefert eine selbstbewusste Mischung aus harten Riffs und melodischer Raffinesse. Nielsens Gitarre grinst immer noch so breit wie eh und je, während Tom Peterssons Bass seinen vertrauten, beschwingten Puls hinzufügt. Hinter dem Schlagzeug sorgt Daxx Nielsen für jugendlichen Schwung und Robin Zanders leicht verwitterte, aber unverkennbar beeindruckende Stimme erinnert die Zuhörerinnen und Zuhörer daran, warum er nach wie vor einer der ausdrucksstärksten Frontmänner des Rock gilt.
«All Washed Up» balanciert roheren Rock-Songs wie «The Riff That Won't Quit» und «Bet It All» mit schimmernden, an die Beatles erinnernden Momenten wie «The Best Thing» und «Twelve Gates» aus. Das Album, fängt alles ein, was Cheap Trick zeitlos macht: Witz, Melodie, Kraft und Freude. Diese Veteranen sind keineswegs abgehalftert, sondern klingen frisch gewaschen – knackig, farbenfroh und immer noch unverkennbar Cheap Trick und daher einfach sehr lebendig, heisst ideal für ein Open-Air im Sommer. Mein Favorit ist «Bad Blood», hört auf alle Fälle mal rein, mir gefällt es bei jeder Runde besser.
Auf der offiziellen Bandseite findet sich zudem ein ausgesprochen gutes Video-Interview (auf Englisch), in dem die Musiker ausführlich über das neue Album sprechen.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/X32ywBBarno
Die Zeit scheint reif zu sein für ein neues Kapitel im Hause RISE OF THE NORTHSTAR (ROTN). Die aus den Pariser Vororten stammende Band steht für eine unabhängige Haltung und kompromisslosen künstlerischen Crossover. Sie hat ihren explosiven visuellen und akustischen Cocktail über ein Jahrzehnt lang verbreitet und verfeinert.
Nun hat die Truppe soeben ihr viertes, mit Spannung erwartetes neues Album, mit dem unsäglichen Titel «Chapter 4: Red Falcon Super Battle! Neo Paris War!!» veröffentlicht. Es ist eine Sammlung aus dreizehn kraftvollen, modernen Rap Metal- und Hardcore-Hymnen. ROTN haben mit dieser Platte versucht, ihr Publikum zu überraschen und gleichzeitig ihrer DNA treu zu bleiben, indem sie etwas Neues einbringen, ohne das Alte zu verwerfen. Die Ära von Shogun No Shi ist vorbei, Super-Mecha Falcon darf begrüsst werden. Es ist das Symbol für die Modernisierung von Inhalt und Form, vom Songwriting bis zum Sound.
«Chapter 4: Red Falcon Super Battle! Neo Paris War!!» ist eine schlankere Mischung aus den für die Band typischen Headbanger-Grooves, atmosphärischen Melodien und schnellen, epischen Soli. Bereits die Single-Auskopplung «Falcon» zeigt eindrucksvoll den neu eingeschlagenen Weg der Band, und erinnert dabei musikalisch ein wenig an die guten alten P.O.D. «Chapter 4: Red Falcon Super Battle! Neo Paris War!!» wurde im bandeigenen Studio in einem Vorort von Paris und in Marseille mit Florent Salfati von Landmvrks, der auch auf der Single «Back 2 Basics» zu hören ist, aufgenommen.
Die Vielseitigkeit der Band macht sie spannend für andere, und ermöglicht/e es ROTN mit unterschiedlichen Formationen wie Suicide Silence, Madball und Emmure auf Tour zu gehen oder als Support-Act für Electric Callboy und Machine Head aufzutreten. In einer Zeit, in der Crossover als totgeschrieben gilt, scheint es ganz lukrativ zu sein, an sich und seine Musik zu glauben. Jetzt ist nämlich der Zeitpunkt, um erneut zuzuschlagen!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/h9nJIwdB4QY
Von dem ersten Ertönen seiner Bariton-Stimme zieht Dávid Makós Stimme die Zuhörer in ihren Bann. Sie ist warm, tief und erstaunlich kontrolliert – weit entfernt von den Schreien und Riffs, die für so viel Doom Metal typisch sind. Sein Gesang thront bei THE DEVIL'S TRADE über Landschaften aus Trauer und Erinnerung; er ist ein Meister, der Schmerz in Klang verwandelt.
Dieses Album fühlt sich an wie die Kollision zweier Welten: der reduzierte akustische Folk seiner frühen Solo-Arbeiten und das erdrückende Gewicht von Vollgas-Post-Doom. Das Ergebnis? Ein zutiefst persönliches Album, das es schafft, sowohl intim als auch expansiv zu wirken. Tracks wie «The Sleep That Dragged You Away» geben den Ton an: minimale Gitarre, Raum, dann eine Explosion von Verzerrung, die einen festhält. «Weltschmerz» neigt zu einer Melancholie, die in existenzieller Härte verwurzelt ist. Der Titel selbst spielt auf die Kluft zwischen Sehnsucht und Realität an.
Die härteren Momente wirken nicht wie eine Umarmung des Metal um seiner selbst willen, sondern wie eine Manifestation von Trauer. Dabei transportieren die Drums und Riffs nicht nur Lautstärke, sondern auch emotionale Bögen. «Your Pieces Scattered» schwingt eine Melodie voller Reue und «Idegen Minden» endet mit leiserem aber intensiven Schmerz. Eine Facebook Post eines Fans wies auf die Spannung unter der Oberfläche hin, die einen nicht loslässt. Der Song «Nincs Szennyezetlen Szép» ist in ungarisch gesungen und erinnert in Ton und Intensität an die genialen Villagers Of Ioannina City, die ja auch schon bald wieder in der Schweiz spielen (nicht zu verpassen).
Und vielleicht ist das der Grund, warum der Band Name The Devil's Trade (Der Handel des Teufels) so tief nachhallt – wie die alte Legende der Teufelsbrücke in den Schweizer Alpen, wo ein verzweifelter Pakt mit dem Teufel die Erlösung zu einem schrecklichen Preis erkaufte. Makós Musik bewegt sich im gleichen Raum: ein Handel zwischen Schönheit und Dunkelheit, zwischen Trauer und Überleben.
Es ist zwar keine leichte Kost, aber genau darum geht es. Makó erinnert uns, dass es keine unverfälschte Schönheit gibt, und dieses Album befindet sich in dieser schmutzigen, bittersüssen Zone. Wenn Ihr nur nach brachialer Riff-Gewalt sucht, werdet Ihr hier vielleicht nicht glücklich – doch wenn Ihr offen seid für Doom der atmet, sich langsam entfaltet, Schmerz und Stille gleichermassen zulässt, dann werdet Ihr mit diesem Album tiefer tauchen als mit den meisten anderen.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/7jDMn9xT8CQ
Tja, die Japaner sind schon ein eigenes Völklein. Abgesehen davon, dass sie in meinen Augen eine der legendärsten Konzert-Hallen gebaut haben, nämlich die "Budokan Hall" in Tokyo ("einmal im Budokan spielen und dann sterben"), brachte das Land der aufgehenden Sonne auch immer wieder geniale Metal-Bands ans Tageslicht.
Loudness, Anthem, Bow Vow, E.Z.O., Earthshaker, Babymetal (sorry, der musste jetzt sein…) oder 44Magnum seien hier als beste Beispiele genannt. Dazu gesellen sich nun neu auch BLAZE (ja, ich dachte zuerst auch an Blaze Bayley), die mit ihrem kernigen, leicht punkigen Hard Rock die Brücke zwischen UFO und den Sex Pistols schlagen. Auch wenn das Album nicht nur Klassiker zu bieten hat, ist es immer die Dynamik, welche die zehn Songs zu etwas sehr Hörenswertem macht.
Das eher schwerfällige «Picture Of The Wall», das zu Beginn an alte Black Sabbath erinnert und das flotte, an kernige Mogg/Way erinnernde «Thrilled To Pieces» gefallen, wie das mit viel alten Status Quo versehene «Rock'n Roll Man». Wer sich eine rohe, kernige und rockige Musik in die Stube holen will, sollte sich «Out Through The Door» mal in Ruhe anhören, und ich bin mir sicher, dass viele Gefallen daran finden werden.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/Bv3P2RCk9pc
«Opus Mortis» wirkt wie auf mich wie ein dunkles, kraftvolles Ritual in Musikform. Die Band wurde in São Paulo gegründet und fand in Dresden ihren heutigen Klang: rau, direkt und kompromisslos. In sieben Songs verbinden OUTLAW Melodie und Härte zu einem modernen, sehr dichten Black Metal Album.
Der Auftakt «Blaze Of Dissolution» eröffnet das Album mit voller Wucht – ein intensiver Song, der zeigt, dass hier keine Kompromisse gemacht werden. «Through the Infinite Darkness» greift dann die melodische Seite der Band auf und wirkt zugleich düster und bedrückend, während «The Crimson Rose» mit einem markanten Gastbeitrag von Jelle (Dödsrit) zu den emotionalsten Momenten des Albums zählt. Sein heiseres, leidenschaftliches Schreien steht im starken Kontrast zu Ds tiefem Growl und verleiht dem Stück zusätzliche Intensität.
Mit «A Million Midnights», unterstützt von Lucas Veles (Blasphemaniac), steigert sich die Intensität weiter. «Those Who Breathe Fire», zusammen mit Georgios (Dödsrit), zeigt Outlaw auf ihrer epischsten und zugleich härtesten Seite (mein Anspieltipp). Danach folgt «A Subtle Intimation», ein ruhiger, fast nachdenklicher Zwischenteil, bevor das Album mit «Ruins Of Existence» in einem letzten, gewaltigen Ausbruch endet. Opus Mortis ist moderner, melodischer Black Metal - düster, eindringlich und stark produziert. Das Album zeigt eine Band, die ihr Handwerk versteht und aus roher Energie eindrucksvolle Musik formt.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/vIltecndI54
Mit einer illustren Besetzung, zu der Mitglieder von Pyrrhon, Gravesend, Woe, Scarcity und anderen gehören, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass GLORIOUS DEPRAVITY sich mit extremer Metal-Musik auskennen.
Und sie liefern auch entsprechend ab: Sie legen mit «Death Never Sleeps» ein Album vor, das die besten Elemente des Death Metal präsentiert, auch wenn es seine Wurzeln im Oldschool-Sound hat und von Thrash Metal Einflüssen geprägt ist. Im Vergleich zu ihrem Debüt hat sich ihre Musik verfeinert, verbessert und für diese Platte wurde nichts unversucht gelassen. Die sorgfältig komponierte Musik ist eindrucksvoller und kraftvoller als zuvor, und die Band scheint auf diesem Werk mehr zu ihrer Identität gefunden zu haben. Der Fünfer reitet im wilden Galopp und wechselt zwischen schnelleren, moshbaren Stücken und fokussierteren Death Metal-Songs.
Der schnelle, aber dichte Burner «Sulphrous Winds (Howling Through Christendom)» ist das Stück, das ein seltener Anfall von Leichtsinn auf dieser Platte wiederspiegelt. Auch wenn Glorious Depravity in ihrer Weise vollwertigen Death Thrash Metal spielen, liegt der Höhepunkt von «Death Never Sleeps» doch eher in Songs, die sich über fast vier Minuten erstrecken (einschliesslich des Titeltracks). In Songs wie «Slaughter The Gerontocrats», «Scourged By The Wings Of The Fell Destroyer» oder das gedrosselte und thrashige «Necrobiotic Enslavement».
Mit den Aufnahmen und der Abmischung von Joe Cincotta (Suffocation, Obituary) und dem Mastering von Ryan Williams (The Black Dahlia Murder) klingt die Platte grandios und ist ein wahrer Hörgenuss, klar, resonant und robust. Um die Scheibe abzurunden, ziert ein Gemälde des legendären Künstlers Dan Seagrave diesen Output. «Death Never Sleeps» ist zweifellos ein erstklassiges, nahezu makelloses und belebendes Death Metal Album, das sich problemlos mit anderen Veröffentlichungen messen kann.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/tNcohVHmLdY
THE MIST stammen aus Brasilien und weisen doch einige Parallelen zu den Schweizer Thrash Veteranen von Coroner auf. Zum einen ist «The Dark Side Of The Soul» das erste Album seit geschlagenen dreissig Jahren und zum anderen haben die Jungs ihre Instrumente wahrlich im Griff. Klar, an die Klasse eines Tommy Vetterli reicht das Gebotene natürlich nicht heran, aber The Mist trumpfen dafür mit einem spannenden Konzept auf.
Das Album ist in drei Teile gegliedert, wobei der Opener den ersten Teil bildet und sich mit der Zerbrechlichkeit des Lebens beschäftigt. Dann folgt der grosse zweite Teil, in dem jeder Track mit einem Organ verbunden ist, das als poetische Metapher verwendet wird. In «(Liver) – Killing My Imaginary Friends» beispielsweise wird Wut mit der Leber in Verbindung gebracht, wobei mit der Idee gespielt wird, mit der Leber statt mit dem Gehirn zu handeln.
Der dritte und letzte Teil schliesst das Album mit «(Death) – Return To Sender», einem Dialog zwischen Seele und Materie, in dem die Seele fragt: "Ist dies der Moment, in dem alle sterben?" Musikalisch spielen The Mist zwar Oldschool Thrash, mit messerscharfen Riffs und starker Lead-Gitarre, welcher aber längst nicht so progressiv wie der Stoff von Coroner ist, aber auch nicht so derb wie die Anfangswerke von Sepultura. Die Vorbilder sind eher in Richtung Exodus oder Exhorder, aber auch Kreator oder Destruction zu suchen.
«(Lungs) – Death Is Alive Inside Me» verknüpft zum Beispiel klassischen Metal mit Thrash und ist einer der besten Songs. Die Stimme von Vladimir Korg erinnert dabei an eine härtere Variante des Unrest Sängers Sönke Lau, welche sich 2009 leider aufgelöst haben. Insgesamt ist das Debüt-Album eine gelungene Angelegenheit geworden, das eine Band zeigt, welche sich viele Gedanken gemacht hat und nicht mit billigen Texten um sich wirft. In Sachen Songwriting fehlen auf «The Dark Side Of The Soul» vielleicht noch ein, zwei Knaller.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/indEMV80jrs
Die Italiener SECRET RULE gehen mit ihrem zehnten Album nochmals einen grossen Schritt weiter im Vergleich zum Vorgängerwerk. Ihre Mischung aus Heavy Metal, Industrial und Symphonic Metal klingt jetzt nicht mehr nur gut, sondern schlicht weltklasse. Dabei sind es wohl eher kleine als grosse Feinjustierungen, welche die vier Musiker vorgenommen haben.
Im Zentrum steht die Stimme von Angela Di Vincenzo. Sie klingt mal wie Sharon Den Adel (Within Tempation) (bei «Enternal Sympony»), dann nach Rockröhre wie bei «Collapse». Sie trägt die abwechslungsreich arrangierten Lieder mit Erfolg über die Ziellinie. Manchmal schleichen sich gar feine Pop-Klänge ein, ohne dass sie das rohe Gesamtbild stören. Trotz vieler ruhiger Momente klingt dieses Album roh, und das auch, wenn es mit elektronischer Klängen begleitet wird. «Lost In Paradise» ist dafür ein gutes Beispiel.
Dieses wartet gar mit einem epischen Refrain auf. Härtegrenzen lotsen sie dagegen mit «Destiny Reload» aus. «X» ist wohl das Album, welches Secret Rule schon immer machen wollten. Es vereint Melodie und Härte genau so, wie man sich das als Heavy Metal-Fan wünscht. Und wer das Anfangsriff von «Just A Sacrifice» hört, vergisst schnell den Symphonic Metal Anteil. Wer es nicht glaubt, sollte unbedingt in «X» reinhören - und ihm vielleicht zwei, drei Durchgänge gönnen, bevor man sein Urteil dauz fällt.
Roger W.
https://www.youtube.com/embed/NXuMLHQyMds
Wenn man an SLASH denkt, kommen einem sofort der Zylinder, die Haare, die Les Paul und sein unverwechselbarer Sound in den Sinn, der selbst Granit zum Schmelzen bringen könnte. Von Guns n' Roses über Velvet Revolver bis hin zu Snakepit und unzähligen Kollaborationen (zum Beispiel auch mit Michael Jackson, in Horror Film Scores oder auch Rihanna) war er stets ein unermüdlicher Wanderer des Rock.
Doch mit «Live At The S.E.R.P.E.N.T. Festival» erinnert uns der Mann mit dem Hut daran, dass all die Riffs, Soli und dreckigen Grooves, die er je gespielt hat, ihren Ursprung im Blues haben. Wie Gary Moore vor ihm hat Slash die Verzerrung zurückgenommen, die Seele nach vorne gebracht und ist damit wieder zum Bluesman des Rock geworden.
Dieses umfangreiche Live-Set, aufgenommen im Mission Ballroom in Denver, fängt die Essenz seiner S.E.R.P.E.N.T.-Tour (Solidarity, Engagement, Restore, Peace, Equality N' Tolerance) aus dem Jahr 2024 ein - einem Festival, das die Kraft der Musik, zu heilen und zu vereinen, feiert. Unterstützt von seiner Blues-Ball-Band - Tash Neal (Gesang, Gitarre), Teddy „Zig Zag“ Andreadis (Keyboard, Gesang), Johnny Griparic (Bass) und Michael Jerome (Schlagzeug) - entfesselt Slash eine 15 Songs umfassende Meisterklasse, die zugleich Hommage und Wiedergeburt ist.
Der Abend beginnt mit einem donnernden «Parchman Farm Blues». Die Band klingt, als würde sie diese Grooves seit Jahrzehnten in irgendeiner Juke Joint in Mississippi spielen: tight, rau und herrlich lebendig. Es folgt «Killing Floor», ein Chicago Shuffle voller Selbstbewusstsein: Slashs Phrasierung ist hier scharf, bewusst und voller Ehrfurcht vor dem grossen Howlin' Wolf.
Bei «Born Under A Bad Sign», dem Klassiker von Albert King, wird deutlich, dass Slash sich nicht am Blues versucht, sondern sich seinen Wurzeln verbindet. «Oh Well» von Fleetwood Mac explodiert mit psychedelischer Kraft - ein Höhepunkt, bei dem Slash sich in ungeahnte Gefilde vorwagt. Mit «Big Legged Woman» bringt die Band einen Texas-Roadhouse-Swing auf die Bühne, der puren Spass ist.
Mit «Key to the Highway» wird die Stimmung etwas ruhiger. Der Song ist eine Anspielung auf Big Bill Broonzys Melancholie der offenen Strasse. Bevor das Set mit «Papa Was a Rolling Stone» einen Abstecher in Richtung Motown macht, gibt es noch einen weiteren Höhepunkt. Mit einer Länge von zehn Minuten ist es eine Offenbarung: Wah-Wah-Pedale und rauchige Grooves verwandeln das Funk-Meisterwerk der Temptations in eine langsam brennende Predigt.
Dann geht es weiter in einer traditioneller Form: T-Bone Walkers «Stormy Monday» bietet den emotionalsten Moment des Abends. Slash spielt wie ein Mann, der eher von Gefühl als von Feuer besessen ist – jede Note ist voller Bedeutung. «The Pusher» kehrt zur Bedrohlichkeit zurück und knirscht mit dunkler, filmischer Schwere. Dann folgt mit «Metal Chestnut» das einzige Originalstück, eine zarte, wortlose Elegie – eine Erinnerung daran, dass Melodie und Emotion nach wie vor Slashs wahrhaftigste Stimme sind.
Die Zielgerade ist die Siegesrunde eines Blues-Musikers: «Cross Road Blues» (Robert Johnson) brodelt vor Dringlichkeit, «Stone Free» (Jimi Hendrix) steigert sich zu einem atemberaubenden 11-minütigen Jam, der selbst Hendrix auferstehen lassen könnte, «It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry» (Bob Dylan) rollt locker und leicht dahin und schliesslich versetzt «Shake Your Money Maker» das Publikum in ekstatisches Chaos.
Der Soundmix ist phänomenal – warm, roh und perfekt ausbalanciert zwischen der Intimität einer Bar-Band und der Grösse einer Arena. Jeder Musiker glänzt: Andreadis knurrt und heult, Griparics Bass ist donnernd und verbindend, Jerome swingt mit Finesse und Neal kanalisiert Vintage-Soul mit modernem Feuer. Doch es ist Slashs Gitarre, die alles beherrscht: weniger pyrotechnisch, mehr andächtig. Er biegt die Noten, bis sie schmerzen.
Fans können dieses kraftvolle Album in verschiedenen Formaten erleben: als 2CD+Blu-ray-Digipak, als 2CD+DVD-Edition und als Triple-Black-Vinyl-Gatefold für Sammler. Das Artwork – psychedelische Schlangen, die sich um Vintage-Gitarren winden – spiegelt sowohl die Mystik des Blues als auch die spirituelle Mission des Festivals wider.
«Live At The S.E.R.P.E.N.T. Festival» ist eine Art Wiederauferstehung. Slash beweist, dass unter dem Zylinder und der Legende immer noch das Herz eines echten Blues-Musikers schlägt. Dieses Album ist eine Hommage an die Vergangenheit und hält zugleich das Feuer für die Zukunft am Brennen. Fazit: Ein Muss für Blues-Liebhaber und Rock-Fans gleichermassen. Slashs bester Live-Moment seit «Made In Stoke» (2011).
Lukas R.![]()
https://www.youtube.com/embed/juGsT2M1yTM
Hmm..., Mum, eigentlich habe ich mich auf den neuesten Output der Deutschen von THE OTHER gefreut. Horror Punk ist nach wie vor ein Nischending und deswegen faszinierend.
Man könnte es so ausdrücken: Auf der einen Seite bin ich sehr erfreut, denn die Songs strotzen vor punkiger Energie, Sänger Rod Usher bringt sein (relativ hohes) Gesangs-Organ auf Hochtouren, und die Instrumentalfraktion weiss, was sie tut. Allerdings sind offenbar zwei Abgänge zu verzeichnen: Gitarrist Pat Laveau scheint sein Instrument an den Sargnagel gehängt zu haben - aber was mehr schmerzt: Schlagzeuger Dr. Caligari, seit Anfangstagen mit dabei, scheint ebenfalls seinen Posten geräumt zu haben.
Für Ersatz ist gesorgt, dennoch werde ich das Gefühl nicht los, man hört den Verlust an zwischen(un)menschlicher Chemie in den Songs. Gut, kommen wir zur anderen Seite: Ich persönlich finde es einfach schade, dass die Jungs offenbar mehr an Härte als an Atmosphäre interessiert zu sein scheinen. Die Songs sind allesamt gut, keine Frage (bis auf den obligaten, auf Deutsch gehaltenen Track, den hätte man sich sparen können), aber es fehlt an, wie erwähnt, Atmosphäre, an den kleinen Details, welche früher so zahlreich vorhanden gewesen sind.
Dies widerspiegelt sich auch im Cover des Albums - es ist Horror-ähnlich, aber es schreckt nicht mehr so wie früher. Man kann dies nun als Entwicklung der Band anschauen, keine Frage, und wenn man nicht in alles involviert ist, was in der Zwischenzeit passiert ist, sind all diese Entscheidungen schwer nachzuvollziehen. Deswegen: Geht mit den Jungs auf «Alienated» nicht allzu hart ins Gericht, denn es klingt alles immer noch nach The Other. Nur halt anders als früher. Geschmackssache!
Toby S.
https://www.youtube.com/embed/lsNXNVlRgpE
Grundsätzlich bin ich kein grosser Fan (mehr) von Crossover und ähnlichen Genre-Typen. Ab Konserve klingen die Songs irgendwie simpel und der eigenwillige Gesang in Reimform geht mir auf Dauer ziemlich auf die Nerven. «Saudade» lässt aber eine gewisse Meinungsänderung zu, denn die ruppigen, neuen Klänge stehen DEEZ NUTS gut zu Gesicht, und es bleibt zu hoffen, dass sie diese beibehalten.
Es ist mehr als fünf Jahre her, seit Deez Nuts «You Got The Fucked Up» veröffentlicht haben, und nun bringt eine Band ein Album heraus, das sich radikal verändert hat. Sänger JJ Peters und Gitarrist RealBad werden nun von Apolinário „Poli“ Correia (Devil In Me, Sam Alone & The Gravediggers, Portugal) und Jesse Labovitz (No Warning, Kanada) begleitet, wodurch ihre Besetzung noch internationaler geworden ist als zuvor. «Saudade» ist ein portugiesischer und galicischer Begriff, der einen tiefen emotionalen Zustand melancholischer Sehnsucht nach jemandem oder etwas beschreibt, das nicht mehr da ist.
Die berühmt berüchtigten und hedonistischen Texte haben sich zu sehr persönlichen Lyrics gemausert, die hauptsächlich Geschichten aus den vergangenen fünf Jahren erzählen. Die zehn Tracks veranlassen wohl niemanden dazu, sich blindlings mit sämtlichen Merchandiseartikeln einzudecken, aber sie bringen Musikliebhaber bestimmt dazu, der Band künftig wieder mehr Gehör zu schenken. Deez Nuts haben schon immer mit Hip-Hop-Einflüssen gespielt, die auf «Kill This Shit» reichlich vorhanden sind. Das gilt ebenfalls für «5 Gold Chains», das mit eindringlichen Riffs und schönen Gangvocals aufwartet.
Persönlich sagen mir die raueren Stücke wie «Miss Me With That» und «Give 'Em Hell» mehr zu, da metallischere Riffs zum Zug kommen. Auch Gastbeiträge sind heute kaum mehr wegzudenken, und so brüllt Andre Neufeld von Comeback Kid noch kurz bei «Hang The Hangmen» mit. Nicht jeder Song ist grossartig, aber insgesamt bietet die Platte genug Abwechslung, ohne den eher altmodischen Hardcore-Stil zu vernachlässigen. Eingeschworene Fans wissen sowieso was sie von den zehn Songs erwarten können und Neulinge finden vielleicht an der neuen Härte Gefallen.
Oliver H.![]()
https://www.youtube.com/embed/JjXqpYgY4UY
Nach fünf Jahren Pause beehren uns die Norweger mit acht neuen Songs. Mit dem Opener «Starling» schweben die Art-Proggies in ein wunderschönes Album hinein. Voller Gefühl singt Jan Henrik Ohme, man kann sich der mystischen Musik von GAZPACHO kaum entziehen, was man aber auch nicht will. Und viel zu schnell sind die neun Minuten vorbei.
Auch dem folgenden «We Are Strangers» ist man musikalisch verfallen - unglaublich, wie die Musiker es schaffen, den Zuhörer voll in den Bann ihrer mystischen Musik zu ziehen. «Sky King» berührt durch atmosphärische, vielschichtige und emotionale Klänge. Oft fast zerbrechlich kommen einige Parts daher. Hin und wieder kann man Parallelen zu frühen Genesis und Yes ausmachen, was aber die Eigenständigkeit der Norweger kaum schmälert. Auch die gefühlvoll gesungenen Chöre, die immer wieder auftauchen, sind gewaltig und erzeugen Gänsehaut.
Und über all den wunderbaren Klängen thront Ohmes klare Stimme. Die melancholischen Melodien, die das ganze Album prägen, werden nur durch den lebendigen Progressive Rock Titeltrack unterbrochen, was eine willkommene Abwechslung bietet. Gazpacho liefern hier nach «Fireworker» (2020) ein weiteres, unglaublich emotionales Album ab, das von durchgehend grossartigen Art wie Progressive Rock Perlen lebt und jeden Fan dieses Genres mit dem neuen Werk «Magic 8-Ball» in seinen Bann ziehen wird, versprochen!
Crazy Beat
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Das neue Album der Schweizerin SERAINA TELLI kommt musikalisch ziemlich breitgefächert daher. Da finden sich echte Rocker wie «In Your Face» und «Brown Eyed Boys». Aber auch wunderbare Balladen wie das sehr gefühlvoll gesungene «Home», was mich an etwas an Miley Cyrus erinnert. Überhaupt finde ich es klasse, wie vielseitig Seraina ihre Stimme einsetzen kann.
Gut zu hören bei der starken Soul-Nummer «Off», denn hier zeigt sich, dass die Aargauerin eine wahrlich grosse Stimme auffährt. Das stimmlich kraftvolle «Love» sticht mit einem klasse Chor im Refrain hervor. Und «Gold» ist eine schöne Ballade, die mit akustischer Gitarre startet und in der Mitte mit einem coolen Gitarren-Solo aufwartet. Auch der Beatles-Song «Get Back», den Seraina in einer sehr eigenen, rockigen Version präsentiert, klingt klasse und ist echt gelungen.
Der musikalische Mix aus Rock, Hard Rock und Pop sowie die durchwegs sehr starken Songs überzeugen über die ganze Bank hinweg. Und dabei steht immer die Stimme im Vordergrund, was das ganze Album noch positiver erscheinen lässt. Seraina Telli, die übrigens auch die Gitarren selber eingespielt hat, legt hier mit «Green» ein Album vor, das viel Spass macht beim Anhören. Alle zwölf Songs wirken ausgefeilt, bleiben schnell hängen und gereichen so zu einem Top-Album!
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/fewE-8iHFhk
Ich gebe es offen und ehrlich zu! Meine Begeisterung über die neue Veröffentlichung von BLUTGOTT hielt sich in Grenzen. Es ist nun der vierte Release seit 2023, und erneut holt Thomas Gurrath mit dreissig Songs zum Rundumschlag aus.
Da man sich in der künstlich geschaffene Fantasy Welt von Thomas fast nur noch mit einem Hochschul-Abschluss zurecht findet, hier noch einmal das Wichtigste: Blutgott steht für alle seine drei Bands, welche auf den Namen Debauchery, Blood God und Balgeroth hören. Um es dem Zuhörer aber noch schwerer als bisher zu machen, verzichtet der gute Mann diesmal auf Balgeroth Versionen der Songs. Ich stand und stehe dem Konzept nach wie vor sehr skeptisch gegenüber und dies aus zwei Hauptgründen. Erstens funktioniert es einfach nicht immer, einen Song in drei verschiedene Gewänder zu kleiden.
Manchmal funktioniert ein Titel halt besser im Debauchery Stil, ein anderes Mal im klassischen Metal von Blood God. Auch Vinylfreunde schauen bei Blutgott fast durchgehend in die Röhre. Auf der CD sind nämlich alle dreissig Songs (!), während diesmal sogar nur zehn Stücke auf dem Vinyl zu finden sind! Da mein Besuch beim "Keep It True" in Würzburg anstand, konnte ich die lange Fahrt dazu nützen, mich durch die neue Scheibe hindurchzukämpfen. Wobei die Musik ja gar nicht mal nicht so übel ist. Der erste Teil besteht aus einem Mix der beiden Bands, wobei auch Gastsänger Tim "Ripper" Owens beim starken Opener «Demonslayer» Anteil nimmt.
Auch das rockige «Rock'n'Roll Monsters» (zumindest in der Blood God Version) und «Legions Of Metal» sind Thomas gut gelungen. Die Songs sind fast ausschliesslich im stampfenden Midtempo-Stil gehalten und erinnern vielfach an Accept, respektive um die schon vorhandene Verwirrung komplett zu machen, finden sich viele Songs dann wieder im zweiten (im Blood God Gewand) und dritten Teil (nur Debauchery). Mit «Painkiller» versucht man sich zudem an einem Priest-Monolithen, was aufgrund der Stimme allerdings total nach hinten losgeht und man getrost darauf hätte verzichten können.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/Gi-k11yGt6s
Das letzte Mal, als ich Wiegenlieder hörte, war meine Tochter noch ein Toddler. Damals kaufte ich eine Metallica-Wiegenlieder-CD, in der Hoffnung, dass sie so wie ich ein Metalhead wird und mit mir dann mal ins Z7 an Konzerte gehen wird. Jetzt, Jahre später, bin ich wieder bei Wiegenliedern angelangt – allerdings sind diese von Untergangsstimmung und Schatten umhüllt. "Lullaby…, lullaby…"
FRAYLE wollen einem mit «Heretics & Lullabies» (Ketzer & Wiegenlieder) sanft in die Leere wiegen. Gwyn Strangs ätherische Stimme schwebt über dichten, schlammigen Gitarren wie Weihrauch über einem Grab, während die Trommeln mit dem langsamen Herzschlag der Erschöpfung pulsieren. Es ist ein paradoxes Album – sanft und doch erdrückend, intim und doch distanziert. Irgendwo zwischen Predigt und Schlaflähmung. "Schlaf jetzt…, schlaf jetzt…"
Die Produktion glänzt und die Stimmung ist atmosphärisch reichhaltig, aber nach ein paar Tracks nutzt sich die Formel ab. Die "Growl and Glide" Dynamik – schwere Riffs treffen auf geflüsterte Süsse – wirkt weniger wie Spannung, sondern eher wie Wiederholung. Es ist OK für die Oktober-Trübsal oder Teenager-Herzschmerz-Rituale, aber es ist weniger "Nosferatu" als "Twilight", mehr Candlelight-Cosplay als echter Horror. Haben die Metallica-Schlaflieder damals funktioniert? Nein! Meine nun erwachsene Tochter hört heute nur US-Rap, und vielleicht ist das die wahre Ketzerei.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/h0XTrxOmZPA
Jah know, man...! Wo soll ich überhaupt anfangen? «Eternal Sunrise» weht einfach so in den Raum hinein wie Rauch, der vergessen hat, woher er kommt. Ich legte es auf, schloss die Augen und plötzlich befand ich mich dank SOFTSUN irgendwo zwischen Joshua Tree und einem nebligen norwegischen Fjord.
Gary Arce – ja, genau der Gary von Yawning Man, der Typ, den ich einmal im Sedel gesehen habe, wie er seine Gitarre wie Wind in Glas klingen liess - ist zurück und webt wieder diese schimmernden Luftspiegelungen. Und Pia Isaksen? Sie singt nicht, sie schwebt. Ihre Stimme scheint langsam und warm wie Honig, der in der Sonne stehen gelassen wurde, durch die Ritzen meiner B&W’s zu tropfen. «Sacred Heart» gleitet einfach daher, schwer wie ein Gedanke, den man nicht zu Ende bringen kann. Dann kommt «Anywhere But Here», und Mann, ich schwöre, die Zeit vergeht wie im Flug – die Trommeln berühren kaum den Boden, der Bass brummt wie ein Motor, der im Traum im Leerlauf läuft.
Es ist kein Doom, kein Shoegaze, kein Desert – es ist alles, was man hört, bevor man einschläft, aber nie mehr weiss, wenn man aufwacht. Bei «Abandoned Lands» höre ich nicht mehr zu, ich surfe im Ozean, einfach mittendrin - Verzerrung verwandelt sich in Licht, Hall tropft einem den Rücken hinunter. «Cremation Sunlight» schliesst das Ganze ab wie Sonnenaufgang durch schmutzige Jalousien, warm, fern, endlos. «Eternal Sunrise» will Euren Puls. Spielt es laut genug und Ihr werdet schwören, dass die Wände atmen. SoftSun ist ein Ort, an den man sich verliert und anschliessend nicht mehr verlassen möchte. Ein Rivendell.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/_X0AFm6d1Zk
LUNATIC SOUL ist das Projekt von Riverside-Mastermind Mariusz Duda. Die Kreativität des Multi-Instrumentalisten, der hier ausser den Drums alles selbst eingespielt hat, scheint keine Grenzen zu haben.
Geboten wird meist melancholische, eher ruhige Musik. Musikalisch bewegt sich Duda weit weg von seiner Hauptband. Hier bekommt der Zuhörer eine Fusion aus Elektro Rock, Progressive Rock und Weltmusik. Die Rhythmen sind sehr perkussiv, echte Drums sind beim bereits achten Album von Lunatic Soul eher selten auszumachen. Gut zu hören bei Tracks wie «Loop Of Fate». «Good Memories Don't Want To Die» dann, eine der ruhigen, nachdenklichen Nummern, mit gefühlvollem Gesang dargeboten. Nummern wie «Monsters» wirken bedrohlich durch den Mix aus Gitarre und Synthie sowie dem etwas düsteren Gesang.
Überhaupt lebt das ganze Werk von einer düsteren Stimmung, was man auch gut beim zwölf Minuten langen «Self In Distorted Glass» heraushören kann. Oder auch beim instrumentalen, elektronisch geprägten «Parallels». Abgeschlossen wird das neunzig Minuten lange Album (!) durch die wunderschöne, ruhige Klavier-Nummer «The New End». Mariusz Duda versteht es dabei gekonnt, den Zuhörer mit seinen Songs in den Bann zu ziehen. «The World Under Unsun» ist ein wunderbares Klang-Erlebnis, das eine grosse Ruhe ausstrahlt und einen gleichzeitig mit spannenden Kompositionen überzeugt wie fesselt.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/qBwDf8lwYkU
Das aus Athen stammende Quintett legt hier seinen ersten Longplayer vor. Der Opener ist zugleich der Titeltrack, und man wird vom Gitarren-Riff her gleich an die Glanzzeiten von Whitesnake erinnert. Kräftiger Heavy Rock bläst dem Zuhörer hier um die Ohren. Dazu der ausdrucksstarke Gesang von Argyro Igkilizian. Fängt ja gut an.
Die Sängerin erinnert etwas an die deutschen Rock Bunnies und deren Sängerin Tici Westreicher. Auch das treibende «Butterfly» knallt so richtig aus den Boxen. Beim etwas gemächlicheren «Out Of Luck» kann man gut hören, wie klasse Argyro mit ihrer Stimme spielen kann. Hier stimmt einfach alles. «Already Left» erinnert durchaus auch an die Blütephase von Led Zeppelin, abgesehen vom sehr melodiösen Refrain, denn der klingt echt eigenständig. Auch hier zeigt sich das Gespür der Griechen für tolle Songs. Beim coolen, ruhigeren «Right Reason» darf Bassist George Kasapidis ans Mikro.
Bei «Touch The Clouds», einem schnellen Rocker, zeigt sich das spielerische Können der Griechen auf ihrem Debüt «Moonshine» besonders gut. Mit dem an Zeppelin erinnernden, sehr coolen «Hold On» beenden die Griechen ein unglaublich starkes Rock-Album, das einfach Spass macht und mit jedem Durchlauf mehr gefällt. Zeitloser Hard Rock mit einer Hammer-Produktion, einer aussergewöhnlichen Sängerin und neun ausdrucksstarken Songs mit grossem Wiedererkennungswert. Absolute Kaufempfehlung für Hard Rocker!
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/bJsrSshK8TA
Aus der niederländischen Underground-Szene kommt mit «Ex Inferis» ein Debüt-Album daher, das weder zögerlich noch abgeleitet wirkt. Es ist ein selbstbewusster erster Schlag: 42 Minuten brodelnder, melodischer Black Metal, den EMBRACED BY DARKNESS mit technischer Präzision und ritueller Atmosphäre in Einklang bringen.
Bereits der erste Tremolo-Ausbruch in «Black Mass» macht deutlich, dass die Band aus Groningen die Kunst des kontrollierten Chaos beherrscht. Die Riffs winden sich wie Stacheldraht, doch durch den Rauch hindurch dringen Melodien an die Oberfläche. Die Produktion von Anders Backelin (Lord Belial) fängt eine vitale Spannung ein: klar genug für Klarheit und roh genug, um die Kälte intakt zu halten. «Enlightened By The Flames» und «Darkness Awaits» entfalten sich mit einer fast Dissection-ähnlichen Grösse, während «Messenger Of Satan» sein blasphemisches Thema in einen eingängigen Kriegsschrei verwandelt.
Morts Schlagzeug verankert das Album mit unerbittlichem Antrieb und Thimrons Gesang – hart, kreischend, befehlend und ritualistisch - trägt die lyrischen Themen über Klischees hinaus in die Überzeugung. Unter dem Sturm verbirgt sich sogar ein wenig musikalische Vielfalt: «Death March» deutet auf Death-Metal-Power hin und «Mortuus» beschliesst das Album mit einer fast trauernden Stimmung, die das Gespür der Band für Tempo und Drama unterstreicht.
Anstatt das Genre neu zu erfinden, verfeinert «Ex Inferis» es. Embraced By Darkness kanalisieren dabei die Disziplin des schwedischen Black Metal und die Schwere der frühen Belphegor in eine unverwechselbare niederländische Vision: kalt, melodisch und wild lebendig. Ein Debüt, das mit Zielstrebigkeit und Präzision brennt aber auch (noch) keine Bäume ausreissen wird.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/b7WM6DwKbys
Die schwedische Truppe OMNIUM GATHERUM wurde 1996 in der Küstenstadt Karhula gegründet und steht seit langem an der Schnittstelle zwischen melodischem Death Metal im Göteborg-Stil, traditionellem Heavy Metal und progressiver Finesse. Dies hat ihnen den augenzwinkernden Stempel "Adult Oriented Death Metal" eingebracht.
Auf Platte Nummer zehn, «May The Bridges We Burn Light The Way», wollte Gründungs-Gitarrist und Hauptsongwriter Markus Vanhala (Insomnium, Cemetery Skyline) das gesamte Spektrum seiner Band einfangen: eingängige Hooks, sengende Soli, donnernde Rhythmen, einfallsreiche Keyboards und Vocals, die mühelos zwischen Aggression und Melodie wechseln. Durch die Texte der neun Songs erhält die Platte die Struktur eines losen Konzept-Albums, das "Geschichten von der Strasse" anhand der Erfahrungen von Träumern, Feinden, Lügnern und Wanderern erzählt.
Tracks wie «Walking Ghost Phase» beschäftigen sich mit Sucht und Verzweiflung, während «Ignite The Flame» für Brüderlichkeit und Rebellion eintritt. In «The Darkest City» spricht die Stadtlandschaft selbst, und spiegelt das Chaos der modernen Welt wider. Auch wenn diese Zeilen nun nicht autobiografisch sind, riechen sie förmlich nach dem Geist der 90er Jahre. Der Longplayer wurde in verschiedenen finnischen Studios aufgenommen, einige davon in umgebauten Industrie-Gebäuden mit einer gespenstischen Stille. Die Gesangs-Aufnahmen von Jukka Pelkonen wurden mit Björn "Speed" Strid (Soilwork) produziert, der seine Stimme ebenfalls für die kraftvollen Gang-Shouts zur Verfügung stellte.
Die Gesangs-Spuren wurden auf der legendären und geschichtsträchtigen SSL-Konsole aufgenommen, die bereits Queen für «Innuendo» verwendet hatten, was der kraftvollen Performance einen Hauch von Rock-Geschichte verleiht. Jens Bogren und Tony Lindgren haben schliesslich die Produktion in den "Fascination Street Studios" in Schweden abgerundet. Mit einer Spielzeit von weniger als 45 Minuten ist «May The Bridges We Burn Light The Way» hart, melodiös und schnell. Ein Album mit durchschlagender und maximaler Wirkung.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/i5wDoaM_HDQ
Oha, HELL IN THE CLUB haben den Platz am Mikrofon neu besetzt. Statt Dave Moras steht den Italienern nun die Schwedin Tezzi Persson als Front-Lady zur Verfügung. Bekannt wurde die stimmgewaltige Shouterin bei Infinite & Divine und sorgt für ein kernigeres Feuer in die Bude.
Eines, das man schon beim Opener «The Devil Won't Forget Me» (wie könnte er!) zu spüren bekommt. Ansonsten suhlen sich die Jungs mit ihrem Sound im sleazigen Hard Rock und werden alle Fans von Crazy Lixx und Crashdïet beglücken. Dabei könnte «Dirty Love» als typische Thundermother Nummer durchgehen, während die Ballade «The Ocean» und «Out In The Distance» die Truppe sehr heavy und abwechslungsreich erklingen lässt.
«Joker In The Pack» tönt sicherlich ein bisschen differenzierter und "vielschichtiger" als der mehr nach Rock'n'Roll klingende Vorgänger. Dies bedeutet aber nicht, dass Hell In The Club deswegen schlechter sind, sondern sich nur von einer erweiterten Seite zeigen, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/gs5XgnPaIog
HOWLING GIANT stammen aus Nashville, Tennessee. Das Quartett tobt sich nicht nur im puren Stoner Rock aus, sondern da sind auch typische Hard Rock Songs mit dabei. «Hunters Mark» klingt nur schon durch die Twin-Guitars und die Chöre eher danach. Obwohl die Gitarren auch mal wieder das Feeling von Riff-Meister Tony Iommi beinhalten.
Oft klingt Stoner für mich monoton und mit der Zeit zu eintönig. Das machen die vier Jungs aus Nashville hier aber anders. Vor allem auch durch die oft prägnanten Gesangs-Melodien klingt man breitgefächerter als andere Bands. Hervorheben würde ich auch noch das unglaublich lebendige, fast progressive Drumming von Zach Wheeler. Der haut ganz ordentlich auf seine Kessel, was den Songs auf «Crucible & Ruin» zusätzliche Power verleiht. So klingen Nummern wie «Archon» wirklich stark.
Auch «Scepter And Scythe», ein sehr gelungener Track der aufzeigt, dass man fähig ist, gute Songs zu schreiben - nur schon das Gitarren-Riff ist der Hammer. Den Mix aus Stoner, Metal, Doom und Psychedelic zelebrieren die Jungs, bei denen übrigens Peter Baltes Sohn Sebastian den Bass spielt, wirklich auf hohem Niveau. Man hebt sich, wie gesagt, durch die musikalische Vielseitigkeit von anderen Bands dieses Genres ab, was mitunter am sehr melodiösen Gesang und den Chören liegen mag.
Crazy-Beat
https://www.youtube.com/embed/-ZB8oNPRBxI
Dunkelheit ist für DOWNSWING nicht nur ein Thema, sondern eine Umgebung, mit der sie gelernt haben zu leben. Die Band aus Albany, New York, kultiviert eine schwere Atmosphäre und melodische Tiefe, indem sie emotionale Panzer und verhärtete Abwehrmechanismen ablegt, um etwas Rohes und trotzig Ehrliches zu offenbaren.
Das neue Album der Band, «And Everything Was Dark», dient sowohl als Statement als auch Sprung nach vorne. Der Vierer verbindet schwere Riffs mit Melodie und legt den Fokus auf eine direkte, unverstellte Ausdrucksweise. Seit 2016 hat er sich stets weiterentwickelt, die aktuelle Besetzung, bestehend aus Sänger Harrison Seanor, Gitarrist Anthony Salvaggio, Bassist Chris Arnold und Schlagzeuger Nick Manzella, legt besonderen Wert auf eingängige Refrains, harte Breakdowns, viel Atmosphäre und grosse Emotionen.
Die Band machte schnell mit ihrem Mix aus Metalcore und Groove auf sich aufmerksam, frühere Veröffentlichungen wie die EP «Dark Side Of The Mind» (2017) und «Good Intentions» (2020) verschafften ihr eine treue Fangemeinde. Mit dem Fokus auf Klarheit und Wirkung baut «And Everything Was Dark» auf dem klanglichen Fundament ihrer früheren Werke auf, und wagt sich gleichzeitig mutig in neues Terrain vor, indem gigantische Riffs und Breakdowns sich mit massiven Hooks verflechten. Inhaltlich behandeln die elf Songs Menschen, die sie verloren haben.
Heisst Menschen, die sie in den Abgrund stürzen sahen, den Versuch, Menschen zu vergeben, die ihnen wehgetan haben. «And Everything Was Dark» ist ein sehr persönliches Werk, das von den Fans auf ihre eigene Weise interpretiert werden kann. Ob sie nun vor ausverkauften Hallen in ihrer Heimatstadt spielen oder unterwegs neue Fans gewinnen, Downswing haben sich dem Wachstum, Ausdruck und der Authentizität verschrieben, haben Besetzungs-Wechsel, persönliche Verluste wie wechselnde Trends überstanden und sind nun selbstbewusster denn je.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/2sWqRRUB4fo
Mit «Knochengesänge» und seinem Spiegelzwilling «Knochengesänge II» hat das Kollektiv WALDGEFLÜSTER etwas geschaffen, das sich weniger wie zwei Alben, sondern eher wie ein riesiger Wald der Ents anhört – ein Klangreich, das durch Fangorns Tiefen, den alten Grünwald und die verlorenen Gärten der Entfrauen hallt, als würden die Bäume selbst von Vergänglichkeit und Vermächtnis singen – dicht, uralt und mit vielen Stimmen flüsternd.
Über fast zwei Stunden hinweg erkundet das Münchner Kollektiv unter der Leitung von Winterherz die Sterblichkeit und das Vermächtnis durch zwei kontrastierende Linsen: Die eine ist wild und stürmisch, die andere düster und ätherisch.
Teil I («Knochengesänge») ist unverkennbar das Waldgeflüster, das wir kennen: epischer, melodischer Black Metal, verwurzelt in Natur und Melancholie. Songs wie «Krähenpsalme» (mit Austin Lunn von Panopticon) und «Lethe – Der Fluch des Schaffenden» kanalisieren die rohe Schönheit der Isolation, getragen von schreienden Gitarrenklängen und Winterherz' heiseren, herzlichen Schreien. Die Produktion ist monumental und manchmal überwältigend. Doch hinter den Klangwänden verbirgt sich eine fast heilige Intimität.
Teil II («Knochengesänge II») öffnet jedoch ein anderes Tor: Ohne harte Vocals, grösstenteils auf Englisch gesungen und von ruhiger Verzweiflung durchdrungen. Hier treiben «The Little King and His Architect» und «In Lethes Fluten» wie ein Requiem über neblige Flüsse. Es ist Waldgeflüsters bisher zerbrechlichstes und menschlichstes Werk: düster, akustisch und kontemplativ, aber dennoch unverkennbar mit dem Boden der bayerischen Wälder verbunden.
Beide Alben hintereinander zu hören, fühlt sich an, als würde man zweimal durch dieselbe Landschaft wandern - zuerst bei Tageslicht, dann noch einmal unter einem traurigen Mond. Das erste brennt, das zweite blutet. Zusammen offenbaren sie die duale Natur von Winterherzs Kunst: wild und doch poetisch, irdisch und doch spirituell. Ich habe Waldgeflüster zweimal live gesehen – beide Male war ich im Anschluss wie benommen. Ihre Präsenz ist absolut authentisch, und die Art und Weise, wie Winterherz die wilde Melancholie seiner Heimat in etwas Universelles verwandelt, ist beeindruckend. Nur wenigen Bands gelingt es, so lebendig zu klingen, während sie vom Tod und Vergängnis sprechen.
«Knochengesänge I & II» erscheint als ein Ritual, ein Dialog zwischen zwei Welten, zwischen Leben und dem, was dahinterliegt. Im Echo des abschliessenden «Parting Glass» kann man erneut die Ents durch den Nebel rufen hören, die immer noch nach ihren längst verlorenen Entfrauen singend suchen. Und ja ich habe beim Schreiben voller stolz das T-Shirt von Waldgefüster an, welches ich mir am Konzert in Luzern gekauft habe.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/bjMdU6dG51I
"Dolmen Gate ist ein Name, den man sich merken sollte!" lautete mein letzter Satz der Review vom letztjährig erschienenen Debüt «Gateways To Eternity» von DOLMEN GATE. Allzu lange haben die Portugiesen also nicht gebraucht, um den Zweitling hinterherzuschieben. Erneut mit einem saustarken Artwork versehen, werden Epic Metal Fans wieder voll auf ihre Kosten kommen. Der Satz hat also seine Berechtigung.
Wie auch ihre Genre-Kollegen von Smoulder, setzen Dolmen Gate auf epische Riffs, komplexe Melodien und auf heroischen, weiblichen Gesang. Sängerin Ana setzt dabei den erhabenen Songs wie «Souls To Sea», «The Maze» oder «We Are The Storm» mit ihrer Stimme den Stempel auf. Es braucht aber drei, vier Durchgänge, um die Genialität der Truppe zu begreifen, denn eingängige Singalong-Songs sucht man auch auf Album zwei vergeblich.
Dafür haben Dolmen Gate ein noch gereifteres Songwriting an den Tag gelegt, noch bessere Solos fabriziert und eine noch packendere Atmosphäre hingekriegt. «Echoes Of Ancient Tales» ist die logische Fortsetzung dieser geilen Band, welche Epic Metal Maniacs unbedingt antesten sollten. Wer auf ähnlich gelagerte Bands wie Smoulder, Megaton Sword oder Doomsword steht, findet sicher seinen Gefallen an der Mucke.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/jIqZa9lzB1g
AGNOSTIC FRONT wurden 1982 gegründet und zählen seitdem zu den angesehensten Pionieren des Hardcore-Genres. Kaum eine andere Band kommt ihrer klanglichen und sozialen Authentizität so nahe, denn die Überlebens-Kämpfe auf der Strasse haben buchstäblich einen Sound hervorgebracht, der heute noch genauso beeindruckend ist, wie vor über vier Jahrzehnten.
Ihre harten, sozialkritischen Themen legen auch auf ihrem neuen Werk «Echoes In Eternity» den Grundstein für echten New Yorker-Hardcore, die schon ihren Aufstieg befeuerten. Angeführt vom unnachahmlichen Brüllen des Sängers Roger Miret und dem charismatischen, messerscharfen Gitarren-Spiel von Vinnie Stigma haben Agnostic Front über vier Dekaden hinweg, eine Reihe knallharter Songs geschaffen, die ihren Höhepunkt im gefeierten Album «Get Loud!» (2019) fanden. «Echoes In Eternity» ist nun das erste Werk beim aufstrebenden Metal-Label "Reigning Phoenix Music".
Der Longplayer mit fünfzehn Tracks ist ein wütender Angriff, der rasanten Hardcore-Punk mit hart erarbeiteter Weisheit verbindet. Die Gitarristen Vinnie Stigma und Craig Silverman bauen diese grossen, harten Riffs in Songs wie «Tears For Everyone» auf, geniessen aber auch die langsameren Tempi von «Eyes Open Wide» und «Turn Up The Volume» mit ihrer eher metallischen Progression, die darauf besteht, das Gaspedal für die Schlussp-Passagen ordentlich durchzudrücken. «You Say» tendiert zu einem rhythmischeren Stomp hin, während «Shots Fired» mit seinem Hardcore-Stil einige leichte Percussion-Elemente des neuesten Bandmitglieds, Danny Lamagna, dem ehemaligen Schlagzeuger von Sworn Enemy und Suicide City, enthält.
Der unerwartetste Song mit reduziertem Tempo ist wohl «Divided», der mit seinem kantigen Gitarrensound eine Ausnahmeerscheinung im Schaffen von Agnostic Front darstellt, aber zeigt, dass selbst eine Band, die schon so lange im Geschäft ist, noch immer Lust zum Experimentieren hat. Dies zeigt sich ebenfalls in «Matter Of Life And Death», das Hip-Hop-Rhythmen und für den Hintergrundgesang, Darryl McDaniels von Run-DMC integriert. Trotz Besetzungswechseln, Veränderungen in der Branche und einer sich wandelnden Welt sind Agnostic Front standhaft geblieben: unnachgiebig in ihrem Sound, ihrem Geist und ihrer Botschaft. «Echoes In Eternity» beweist, dass sie auch nach über vierzig Jahren nicht nachlassen. Wenn überhaupt, sind sie lauter, härter und vitaler geworden.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/J-1KBu6Bnns
Diese Compilation von SUZI QUATRO ist ein Starschnitt ihrer Songs: manche Teile sind sexy und wertvoll, andere wirken zunächst leer - doch am Ende entsteht das komplette Suzi-Poster. Man findet die grossen, glänzenden Stücke - die Glam-Rock-Hymnen, die Stadion-Shouts, den puren Bubblegum-Pop - aber auch die leeren Stellen, die übersehenen B-Seiten und die Titel, von denen man nicht so recht wusste, wo man sie einordnen sollte.
Unter den Highlights der Compilation stehen die vollmundigen Glam-Rock-Kracher «Can The Can» (CH #4) und «Devil Gate Drive» (CH #2) als tragende Säulen des Sets. Daneben blitzen Stadion-Hooks, Rock'n'Roll-/Elvis-Vibes, Piano-getriebener Rockabilly, bluesige B-Seiten und Pop-Bubble-Gum-Momente auf; ein Panorama, das Suzis Spannweite zeigt, ohne sich auf die bekannten Singles zu beschränken.
Die "offensichtlichen" Hits sind vorhanden, aber dann stösst man auf Tracks, die sich wie Überbleibsel anfühlen: die B-Seite, die nie Beachtung fand, die akustischen Überlegungen in ihrem Werkzeugkasten, der Song, in dem Suzi den Oldschool Rock'n'Roll von Elvis kanalisiert. All dies wird dank dem Remastering der Originalbänder auf die rot glitzernde Vinylplatte gepresst. Und schliesslich findet sich noch der epischen Abschluss: «Angel Flight», ein zehnminütiges Stück im Suite-Stil, in dem sie sich richtig ausbreitet - von leisem Klavier und Reflexion bis hin zu voll entfalteter Leadgitarre, Streichern und Drama.
Das ist der Moment, der die Zusammenstellung aus dem Bereich der "grossen Hits" heraushebt und in den Modus "Diese Künstlerin hat noch Überraschungen zu bieten" versetzt. Letztendlich ist A's, B's & Rarities unterhaltsam, stark, vielseitig und voller Persönlichkeit - genau wie Suzi Quatro selbst. Es sind die grossen Teile, an die man sich erinnert, und die kleinen Ecken, von denen man nie wusste, dass man sie braucht.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/0YAFiVB-fYc?
Spanien, genauer gesagt Barcelona ist die Heimat von RED SHARK, die mit ihrem zweiten Album losbrettern. Mit viel Thrash, aber auch traditionellem Metal (alte Helloween) ziehen die Jungs um die Häuser, und speziell Sänger Pau Correas wird mit seinem wilden Geschrei für manchen Strassengänger zum personifizierten Volksfeind.
Die Gitarren riffen sich wie in besten Metal Church Zeiten («A Place For Disgrace») durch den Track und lassen das Achtziger Flair aufkeimen. «Fire Rider» erinnert an Iron Maiden und das wilde «Your Last Breath» an frühe Megadeth Momente. Mit dem eher melodischen «Hypnotized» beweisen die Spanier auch das Gespür für "softere" Momente. Grandios ist hier die Gitarren-Arbeit. Wie auch bei «The Chase», das mit Schnelligkeit (Gamma Ray) und melodischen Parts (Riot) überzeugt. Was dem Album allerdings fehlt, ist eine "reine" Produktion, wie man sie aus den Achtzigern kennt. Ansonsten ist «Sudden Impact» ein erfrischendes und metallisches Werk geworden, das nicht nur die Freude der obenstehenden Bands in ihren Bann ziehen wird.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/u_VeFO0nsmg
Die aus Atlanta stammenden SILLY GOOSE cruisen lässig quer durch die Genres, Regeln sind für das Trio nur Deko. «Keys To The City» ist ihr Zweitwerk, das längst vergangenem Sound-Material huldigt.
Mal hauen sie einen Rap-Rock-Banger raus, der in den 90ern auf MTV rauf und runter gespielt worden wäre, ein anderes Mal liefern sie die Hymne, die jeden Moshpit eskalieren lässt. Plötzlich setzt der Dreier um Jackson Foster (v), Alan Benikhis (d) und Ian Binion (g) auf emotional aufgeladene Melodien, die sich so hartnäckig im Kopf festsetzen, wie ein nicht enden wollender Ohrwurm. Ihr Mix aus Heavy Metal, Hip-Hop und Alternative kann eigentlich alles: der Freundin den Kopf verdrehen, vor prähistorischen Raubtieren fliehen oder gesellschaftliche Missstände mit einem Augenzwinkern ansprechen.
Silly Goose sind wohl momentan das beste moderne Beispiel für Nu Metal und Rap Rock, das der Blütezeit dieses Genres Ehre erweist. Die zwölf Songs basieren auf schweren, halsbrecherischen Riffs und einer Rhythmus-Gruppe, die sich massiv, lebendig und absolut souverän anfühlt. Es wird nichts recycelt. Die Band bringt eine frische, unerbittliche Energie mit, die beweist, dass dieses Genre eigentlich noch immer Biss hat. Die Gitarren dröhnen und steigen mit gleicher Intensität auf, während Schlagzeug und Bass sich zu einem ebenso aggressiven wie mitreissenden Groove verbinden.
Die Reime in den Tracks sind nicht nur eingängig, sie bringen Intensität und schlagen mit jedem Durchgang härter zu. «Keys To The City» besitzt durchwegs hymnischen Drive, aber auch pures Adrenalin, das ihren zerklüfteten Flow mit explosiven Refrains verbindet, um die Grenze zwischen Rap und Hardcore präzise zu verwischen. Die Mischung aus Melodie und Aggression ist echt gelungen, melodisch, wenn es Zeit zum Atmen ist, und heavy, wenn der Zerschmetterer naht.
Auffällig ist auch die Gesangs-Leistung von Frontmann Jackson Foster. Seine Schreie sind rau, weisen ein präzises Timing auf und schneiden sich wie eine Waffe durch den Mix, was den Tracks eine viszerale Schärfe verleiht, die noch lange nachhallt. Mit dieser Platte rollen Silly Goose ein totes Kapitel neu auf und untermauern damit auch, dass sie im Jahr 2025 die Crossover-Fackel tragen und nicht ausgehen lassen!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/_mtsnIumWfQ
"Gönd mier ehrlich sii": Ein weiterer Monat, ein weiteres Black Metal Album. «Unchained», das dritte Album von FROSTED UNDERGROWTH, enthält alle typischen Elemente: Tremolo-Riffs, eisige Blasts, kreischende Vocals, die wie Eissplitter stechen und die obligatorische Hingabe an "reinen, traditionellen Black Metal". Das Album ist wütend, kalt und mit Überzeugung ausgeführt, doch am Ende fühlt es sich wie ein Déjà-vu in Corpse Paint an.
Der Opener «Bloodshed In The Name Of God» stürmt mit manischer Geschwindigkeit und einem punkigen Unterton los und bereitet die Bühne für das, was folgt: einen 40-minütigen Schneesturm, der selten die Richtung ändert. «Master's Dominion» und «Mist Of Plague» (mein Anspieltipp!) bieten kurze Einblicke in melodische Raffinesse. Doch die Gleichförmigkeit des Tons über die gesamte Trackliste hinweg lässt das Hörerlebnis zu einem langen, unerbittlichen Schneesturm verschwimmen. Die knackige und sterile Produktion unterstreicht die eisige Ästhetik, nimmt den Songs aber auch etwas von ihrer Wärme, die ihnen mehr Tiefe verliehen hätte.
Deathroned’s Gesang ist genauso ätzend, wie man es erwarten würde: ein ununterbrochener Schrei, der die Essenz des Black Metal verkörpert, aber irgendwann die Geduld auf die Probe stellt. Dennoch ist «Unchained» kein schlechtes Album. Es ist solide, intensiv und seinen Wurzeln treu geblieben. In einem Jahr, in dem es von ähnlichen Veröffentlichungen nur so wimmelt, ragt es jedoch nicht über den Permafrost hinaus. «Unchained» liefert das Ritual, bricht aber nie ganz die Ketten. Fazit: Kalt, wild, authentisch – und nicht zu unterscheiden von hundert anderen Alben dieses Winters.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/KxL8frr6oZg
EISREGEN, die Herren aus Thüringen, muss man, glaube ich zumindest, niemandem mehr vorstellen. Extremer Metal trifft auf Horror-Elemente und Splatter/Gore-Lyrik, immer mit einem sadistischen Lächeln serviert.
Das Wichtigste an «KrebsKolonie» dürfte sein, dass es sich um eine ehemals "verbotene" Scheibe handelt, welche im Original zumindest in Deutschland (und vermutlich auch anderswo) auf dem Index gelandet ist. Nun, die Zeiten haben sich geändert, und was früher schockte, ist heute normal. Die Texte sind bitterbös und rabenschwarz. Was diesen Re-Release eventuell interessant macht, ist die Beigabe von Live-Material bestimmter Tracks. Dies macht zwar keine Kaufempfehlung aus, genauso wenig wie das quasi Remaster der ganzen Scheibe. Kann man sich geben, und wer das Original nicht bekommen hat, kann seine Kollektion hiermit vervollständigen.
Toby S.
https://www.youtube.com/embed/ZxD3g3stAX0
Das dritte Album von CONJURER fühlt sich an, als stünde man am Rand eines Vulkans: Momente der Stille, dann plötzlich eine glühend heisse Explosion. «Unself» baut auf diesem Kontrast auf: ruhige Gitarren-Klänge und nackte Stimmen, die von Blastbeats, Drop-Tuning-Lawinen und kehlenschneidenden Schreien zerrissen werden. Fast jeder Track nutzt diesen Wechsel zwischen Zurückhaltung und Bruch als Waffe.
Der Titelsong gibt die Regeln vor: Eine spärliche, beinahe Americana-artige Melodie steigert sich zu einem ersten Bruch am Ende des Songs und weist damit auf die ständigen Überraschungen des Albums hin. «All Apart» macht die Androhung wahr - zarte Melodien blitzen unter einem Trommelsturm auf – während «There Is No Warmth» mit tiefen, bedrohlichen Motiven vor sich hin schleicht, bevor es in gezackten Akkorden explodiert.
«The Searing Glow» und «Hang Them In Your Head» sind die Momente des Albums, die einen wie ein Schlag treffen. Geduldige, gewundene Riffs brechen plötzlich hervor und der Gesang wechselt innerhalb eines Herzschlags von verletzter Klarheit zu voller Boshaftigkeit. Wenn die Band die Melodie kurz atmen lässt - wie in «A Plea» oder «Let Us Live» - fällt der letztendliche Zusammenbruch in den Lärm doppelt so hart zurück. Hier wird nicht jede Sekunde mit Härte vollgestopft, sondern die Härte wird durch Raum intensiviert.
Joe Claytons Produktion lässt den Raum um die Instrumente herum lebendig werden und verleiht jeder Eruption einen physischen Ruck, während das Zusammenspiel der Band disziplinierter denn je wirkt. Die Dynamik zieht sich wie ein roter Faden durch das Album: Es geht um Selbstzweifel, Entwurzelung und den Druck des modernen Lebens, ohne dass die Songs in einfache Parolen verfallen. Keyboards, Elektronik und ein Chor aus Gaststimmen erweitern die Palette, ohne die Härte zu nehmen.
Mit «This World Is Not My Home» – einer jahrhundertealten Hymne, die zu einem Statement der Andersartigkeit umgestaltet wurde – lassen Conjurer die Zuhörer eher in der Schwebe als beruhigt zurück. Man "gewöhnt" sich nicht an dieses Album, man erträgt seine Gezeiten. Dies, indem es den Sturz von der Ruhe in die Katastrophe annimmt, wird «Unself» genau das, was sein Titel vermuten lässt. Musik, die alles Überflüssige verbrennt, bis nur noch die blanken Nerven übrig bleiben. Ihr könnt es eine Heimkehr nennen, wenn Ihr möchtet, doch es ist ein Zuhause, das unter frischer Lava begraben ist.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/Dky47KMpCWQ
Die umtriebigen Kolumbianer hauen auch schon ihr zehntes Werk in die Runde. Bisher konnten mich REVENGE aber nie wirklich aus den Socken hauen. Zwar haben die Jungs immer kompetenten und unterhaltsamen Speed Metal gezockt, welchem aber irgendwie die letzte Raffinesse abging.
Klar, ich habe mich nicht durch alle Vorgänger durchgehört, aber vielleicht werde ich das mal nachholen, denn «Night Danger» gefällt mir dann doch zu gut. Revenge haben das Album bereits im März unter eigener Flagge veröffentlicht, zum Glück haben sich "Dying Victims Records" nun dazu entschieden, das Album auf CD und Vinyl auch den europäischen Fans zugänglicher zu machen.
Doch zurück zur Mucke: Messerscharfe Riffs und nach vorne peitschende Drums machen Songs wie den Titeltrack, «Misty Night» und «Crushing Death» zu willkommenem Futternachschub für die Speed Metal Maniacs da draussen. Midtempo-Tracks sucht man dabei vergeblich. Natürlich wird auch das Jubiläums-Album keine grossen Stricke zerreissen, geschweige denn den übersättigten Metal-Markt revolutionieren, aber «Night Danger» verspricht knappe 38 Minuten lang coolen Speed Metal, spielfreudig vorgetragen und mit einem kultigen Artwork versehen.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/kYdDht1w2sU
9MM HEADSHOT wurden 2006 von Rock Rotten gegründet, und dieser Mann hat nun die Band in die Hände von Gitarrist Tobi Vintage gelegt. Mit dem neuen Sänger Dougie und einer kleinen Namensänderung folgt nun die erste Scheibe im neuen Line-up, denn auch Bassist Johnny kommt zu seiner Album-Premiere.
Wer auf intelligente Texte und Musik mit Raffinesse steht, darf hier schon mal aufhören zu lesen, denn der Titel ist hier wirklich Programm. Albumtitel wie «Vier Assis Trumpfen Auf», «Zeig Dein Arschloch», «Bier Und Wein» oder «Internetrambo» garantieren, dass Eure geplante Party zur feuchtfröhlichen Angelegenheit wird. Auch wenn die Reime manchmal etwas zu sehr konstruiert wirken (Dimple Minds lassen grüssen) und nicht immer wirklich passen, haben die Deutschen eine Platte am Start, welche einfach nur Spass verströmt. 9mm Headshot haben auch gar nicht den Anspruch ernst zu sein. Die Songs selber animieren schnell zum Mitsingen und sind durchaus heavy und rotzig. Comeback also gelungen!
Rönu
https://www.youtube.com/embed/GKNviam4HOI
Seit zwölf Jahren gelten CATHEDRAL eigentlich als aufgelöst, doch nun melden sich Lee Dorian und Co. noch ein letztes Mal mit einer EP zurück. Diese wurde während der Aufnahme ihres letzten Albums «The Last Spire» eingespielt und erblickt nun nach mehr als ein Jahrzehnt das Licht (oder die Dunkelheit) der Welt.
Eine ganze halbe Stunde lang prangern die Briten eine globale Verschwörung der Nationen mit Satan an. Cathedral zeigten schon vor dreissig Jahren, dass für sie die Track-Längen keine Rolle spielen und brillierten unter anderem mit dem Klassiker «The Voyage O The Homeless Sapien». Ganze acht Minuten länger und gefüllt mit verschiedensten Herangehensweisen, wie einer orgel-begleiteten Predigt, barock-inspiriertem Intermezzo oder traditionellem Cathedral-Riffage, verspricht die Neuerscheinung zuerst viel.
Die einzelnen Teile des Stücks sind zum grössten Teil spannend, doch zusammengesetzt ein bisschen wirr und die sonst harten, düsteren Riffs wirken auf dieser EP fast schon langweilig. Für ein einmaliges Anhören ist der Track spannend und man erfährt, wo die Doom-Giganten vor der Auflösung stehen geblieben sind. Insgesamt gelingt es Cathedral jedoch nicht noch einmal eine endlose und trotzdem starke Nummer herauszuhauen. Für die meisten Bands: stark und für Cathedral: mehr.
Leo H.
https://www.youtube.com/embed/i-mhfmPRNdk
Nach der selbst betitelten EP (2017) und dem ersten Longplayer «Acid Communion» (2020) stehen BONE CHURCH aus New Heaven, Connecticut nun mit ihrem neustem Werk «Deliverance» für weitere Grosstaten bereit.
Die Band musikalisch einzuordnen, ist schwierig. Obwohl unter dem Strich keine Innovationen geboten werden, besticht das Quintett durch ein hohes Mass an Kreativität. Aus dem vielfältigen Fundus an Inspirations-Quellen wurde eine eigene Linie gefunden. Als Basis den Begriff Classic Rock in den Raum zu stellen, ist sicherlich nicht falsch. Mit Led Zeppelin ist der vielleicht ausgeprägteste Querverweis genannt. Mit den labelseitig ins Spiel gebrachten Black Sabbath wird die Doom-Verwandtschaft angesprochen.
Diesbezüglich könnte der Sound von Astral Doors, Rival Sons und Monster Magnet vielleicht ein klareres Bild vermitteln. Die vom Label ebenfalls genannten ZZ Top und Lynyrd Skynyrd sollten aber nur dezent involviert werden. Um noch einen weiteren Aspekt miteinzubeziehen, könnte man auch noch Deep Purple erwähnen. Omnipräsent ist schlussendlich der ausgeprägte Einfluss des Blues, der den klassischen Hard Rock und Heavy Metal ergänzt. Songtechnisch werden uns leider bloss sieben Songs präsentiert.
Diese haben es aber in sich und begeistern auf ganzer Linie. Dabei dominieren äusserst eingängige Strukturen das Geschehen. Auch die musikalische Umsetzung braucht den Vergleich mit den erwähnten, grossen Namen keinesfalls zu scheuen. Allen voran besticht Sänger Jack Rune mit seiner charismatischen Power-Röhre, genau so wie die satten, erdigen und voluminösen Gitarren sowie die fundamentale Rhythmus Arbeit von Bass und Schlagzeug. Somit ist Bone Church mit «Deliverance» ein echtes Highlight gelungen, dass mehr als blosse Beachtung verdient.
Chris C.
https://www.youtube.com/embed/WJcRM8OSOyA
Langsam und schwer meldet sich das Urgestein aus New Jersey nach sieben Jahren wieder zurück. Wenige Bands aus der Kategorie Death Doom und Funeral Doom produzieren schon so lange qualitativen und ungeheuer schweren Sound wie EVOKEN.
Nicht nur der Name sondern auch die Intensivität des Sounds wurde von den Funeral Doom Schöpfern «Thergothon» übernommen. Mit dem siebten Studio-Album «Mendacium» knüpft die Band problemlos an ihre erdrückenden Kompositionen an. Funeral Doom wird oft als träge und eintöniges Subgenre in der Metalwelt abgestempelt, und trotzdem schaffen es Evoken, die langsamste Musikrichtung in ein aufregendes Erlebnis zu gestalten.
Die bleischweren Riffs werden einem nicht vorbehalten, doch sind sie auf «Mendacium» eingehüllt von Synthesizer und ambienten Klängen. Tracks wie «Prime» und «Vesper» bringen eine atmosphärische Ruhe mit sich, die den dunklen Sog des Albums kurzzeitig unterbrechen, aber auch klangvoll unterstreichen. Für dieses Projekt holte die Band erneut den Produzenten Ron "Bumblefoot" Thal an Bord, der mit Evoken bereits an den Alben «Antithesis Of Light» und «Quietus» zusammengearbeitet hatte.
Mit seiner Hilfe kreieren Evoken mit «Mendacium» ein Werk von beeindruckender Intensität, das eine unheimliche Schwere in sich trägt und von einer düsteren Atmosphäre durchdrungen ist. Noch stärker als je zuvor richtet die Band den Blick auf Angst, Verzweiflung und existenzielle Qual. Sie beweisen damit einmal wieder, dass Funeral Doom Metal dem Stereotyp von Eintönigkeit nicht gerecht werden muss. Ein Album, gemacht für erprobte Metalheads, aber auch für Neulinge, die sich in die abgrundlose Tiefe des Dooms stürzen wollen.
Leo H.
https://www.youtube.com/embed/YNB3Vhh63wU
Nach drei Jahrzehnten kontinuierlicher Wandlung präsentieren sich AFI mit ihrem zwölften Studio-Album «Silver Bleeds The Black Sun…» erneut als Band, die nicht mehr ganz jung ist – und das hört man.
Ihre Geschichte reicht von den feurigen Hardcore-Wurzeln der 90er bis zum cineastischen Alternative Rock. Auf diesem Album tritt eine düstere Gothic-Ästhetik in den Vordergrund, die einerseits reizvoll und stimmig ist, andererseits aber auch Assoziationen von zu Altvertrautem und leiser Skepsis in mir weckt. Mit dem ersten Nachhall von «The Bird Of Prey“ entsteht eine Atmosphäre aus Schatten und Ehrfurcht. Die Klangflächen sind weit gespannt: Glitzernde 12-saitige Gitarren schweben über hallenden Trommeln und Davey Havoks theatralisch angehauchte Stimme schwankt zwischen Flüstern und pathetischem Ausbruch. Die Düsternis trägt etwas Majestätisches und erinnert an frühere Höhepunkte wie «Sing The Sorrow», doch diesmal ist sie durch eine Brille von Post-Punk-Eleganz und Darkwave-Romantik durchleuchtet, die mir manchmal ein wenig zu sehr auf eine nostalgische Stilklischee-Schiene zusteuert.
Die Lead-Single «Behind The Clock» ist einer der stärksten Momente, da sie das Gleichgewicht zwischen Bedrohung und eingängiger Melodie hält. Jade Pugets Gitarren-Linien winden sich zwischen kantigen Riffs und hellen Akkorden, während Havok eine seiner geheimnisvolleren Gesangs-Darbietungen hinlegt. Man hört Einflüsse von Bauhaus oder The Cure – das ist bei diesem Stil durchaus zu erwarten. Doch gleichzeitig fragt man sich, wie viel Eigenständigkeit noch verblieben ist. Stücke wie «Holy Visions» oder «Ash Speck In A Green Eye» pulsieren mit einem Hauch von synthgetriebener Melancholie. Sie erinnern deutlich an die grossen Namen des Gothic- und Post-Punk-Universums, wirken aber manchmal eher wie Hommagen als wie mutige Neuerfindungen. Der Übergang von bekannten Klangmustern zu etwas wirklich Neuem gelingt nicht immer gleichmässig.
Im weiteren Verlauf des Albums lockert sich die Stimmung gelegentlich durch Momente, in denen die punkigen Wurzeln der Band durchscheinen. Das Finale «Nooneunderground» rüttelt mit ungezügeltem Impuls daran, dass AFI ihre Herkunft nicht vergessen haben – ein schroffes, kraftvolles Schlussstatement, aber leider kein neues «Miss Murder». «Silver Bleeds The Black Sun …» ist ein in sich stimmiges Werk mit klarer Vision – eine elegante, dunkle Reise durch gotische Klangräume. Und ja, die Musik überzeugt in vielen Momenten durchaus. Bei aller Bewunderung bleibt jedoch das Empfinden, dass hier erfahrene Musiker mit grossem Stil arbeiten, die nicht mehr so eifrig sind wie einst und dass ein bisschen Nostalgie mitschwingt. Wer den Stil liebt, wird hier etwas entdecken, wer jedoch mehr Abenteuer oder Überraschungslust sucht, könnte mitunter etwas Flaches oder Vorhersehbares spüren.
Lukas R![]()
https://www.youtube.com/embed/p8XqTOhST-I
Ein neues Projekt des Gamma Ray Sängers Frank Beck will die Erde erobern. Wer sich eine Mischung aus Gamma Ray und Ring Of Fire vorstellen kann, wird hier mit RISEN ATLANTIS seine helle Freude daran haben.
Technisch versierter Speed Metal präsentiert der Deutsche und überzeugt mit seiner Stimme, wie schon bei seiner Teilnahme bei Sinner und den angesprochenen Gamma Ray. Was dem Album jedoch fehlt, sind Songs, die sich ins Gedächtnis hineinbohren und nicht nur ein kleines Freudenfeuer entwickeln. Da wäre ein genaueres Hinhören bei seinen "Lehrmeister" Kai Hansen sicherlich nicht ganz falsch gewesen.
Für Metal-Fans werden Lieder wie «Legacy Divine», «Mystic Maze» und «Trapped In Heaven» sicherlich gute Nummern sein, bei denen Frank beweist, dass er nicht nur aufs Gaspedal drückt. Trotzdem bleibt unter dem Strich ein fader Beigeschmack hängen, da die tolle Stimme nicht nur grossartige Songs präsentiert, sondern beim Songwriting noch die eine oder andere Nuance das Menü schmackhafter gemacht hätte.
Tinu
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Schon der Titel lässt die Atmosphäre erahnen. «Cycle Of The Dying Sun (Dawn Of Ashen Realms)» fühlt sich an wie ein Ritual unter einem zusammenbrechenden Himmel. Was sich hier entfaltet, ist das reife Werk des nordischen Künstlers Nicklas Rudolfsson, der RUNEMAGICK nun als Ein-Mann-Projekt leitet. Er hat drei Jahrzehnte Doom und Death zu etwas Grossem, Zeremoniellen und seltsam Schönem erkoren.
Das ist 100% Doom Metal – aber durchtränkt von anderen Einflüssen, die ihm Grösse und eine beunruhigende Anmut verleihen. Die Musik bewegt sich mit unerbittlicher Midtempo-Schwerkraft; jeder Riff ist ein tektonischer Puls und jeder Schlagzeugschlag ein langsamer Herzschlag in der Leere. Rudolfsson schichtet Gitarren, Bass und Synthesizer zu einem rohen und meditativen Sound, der nicht zum Headbangen, sondern zum Eintreten einlädt. Er ist immersiv, beinahe liturgisch, ein langsamer Abstieg durch Klanglandschaften, in denen das Alte auf das Apokalyptische trifft.
Tracks wie «Wyrd Unwoven» und «Old Bones» beschwören eine Spannung zwischen Ruin und Wiedergeburt, zwischen dem verblassenden Sonnenlicht und der darauffolgenden aschgrauen Morgendämmerung herauf. Gelegentlich flackert eine weibliche Stimme oder ein akustisches Instrument durch die Dunkelheit – wie momentane Funken im Rauch der Auslöschung. Der Effekt ist nicht der von Songs, sondern von Visionen. Predigten aus einer sterbenden Welt. «Embers Of The Unwritten Dawn (TeilPart 1)» und «..(Part 2)» erscheinen als Bonustitel auf CD und digital.
Sie fungieren als meditative Zwischenspiele, sind akustisch und ambient geprägt und haben eine sanfte Instrumentierung. Mindestens ein Teil enthält Klavier und eine weibliche Stimme, die sparsam zur Untermalung eingesetzt werden. «Beneath the Solar Embers (Demo)» ist nur auf CD erhältlich. Es handelt sich um eine raue, rohere Version eines neuen Stücks, die unverfälschter als die Hauptproduktion des Scheibe ist.
Das Stück erscheint primitiver, heller und weniger vielschichtig als der Rest des Albums. «Cycle Of The Dying Sun» sollte am besten laut und in Einsamkeit oder dann live erlebt werden (wobei es nicht klar ist, ob dieser Werk je live gespielt werden wird), denn seine schiere Körperlichkeit kann einen Raum vollständig einhüllen. Es ist ein Beweis für die Ausdauer von Runemagick – ein Album, das die Sonne auslöscht und die Asche mit feierlicher Majestät krönt.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/rR6WnzUdW5Q
Seit ihrem Debüt Ende der 90er haben THRICE mit ihrer unerschütterlichen und kreativen Überzeugung, die Alternative Hardcore mit progressivem Ehrgeiz verbindet, Pionierarbeit in ihrem Genre geleistet.
Von der Underground-Punkszene über Major-Labels bis hin zu einflussreichen Indie-Labels sind Thrice wohl soweit einzigartig, dass sie mit jeder neuen Veröffentlichung bei ihren Fans an Bedeutung gewannen. Die beständige Besetzung mit Dustin Kensrue (v/g), Teppei Teranishi (g), Eddie Breckenridge (b) und Riley Breckenridge (d) entwickelte sich stets in Klang und Substanz weiter, ging Fragen unter der Oberfläche nach und lehnte abgedroschene Formeln ab – bis heute.
Eigentlich hatten Thrice kurz nach dem Release ihrer zehnten Platte «Horizons/East» (2021) schon darüber gesprochen, dass Teil zwei fertig sei. So einfach schien es aber dann doch nicht zu gehen. Nun steht dieser in den Läden. Musikalisch verbindet «Horizons/West» die cineastischen Post Rock-Texturen mit den rhythmischen Feinheiten von «Horizons/East» und sogar Momenten der rohen Dringlichkeit, die bereits ihre frühen Alben geprägt haben. Kensrues Stimme ist immer ausdrucksstark, reicht von einem verletzten Flüstern bis zu einem leidenschaftlichen Brüllen.
Gleichzeitig bleibt die Band eine straff gespannte Maschine aus Emotion und Präzision. Textlich setzt Kensrue seine Erkundung einiger der grössten Fragen des Lebens fort, die sich um persönliche Identität, gesellschaftliche Manipulation, technologische Ängste und spirituelle Transzendenz drehen. «Horizons/West» versucht, einen Teil davon zu enthüllen. Während elf Songs erkunden Thrice immersive Atmosphären, cineastische Gitarrentöne und expansive Dynamik, ohne dabei die Trademarks zu opfern, die ihre Klassiker auszeichnet.
Die Songs bauen sich auf und entfalten sich wie flackernde Fackeln in der Dunkelheit. Darüber hinaus sind die miteinander verflochtenen Alben ein Beweis für die Ausdauer einer Band, die sich seit mehr als zwei Jahrzehnten jeder Kategorisierung entzieht und Unruhe in Langlebigkeit, Experimente in Hymnen und Überzeugung in Gemeinschaft verwandelt. «Horizons/West» vollendet eine Reise, die egoistisches Genre-Festhalten loslässt und mit etwas Grösserem verschmilzt.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/f7xGWP27P18
Instrumentale Musik, getragen von ruhigen Gitarren, Effekten und viel Atmosphäre. Einige Songs besitzen ganz klar eine meditative Seite und strahlen eine wunderbare Ruhe aus. Dies alles steht für die Musik von TUESDAY THE SKY.
Wie zum Beispiel «The Nearest Exit May Be Behind You», «Ghosttrain» und vor allem «Zugzwang». Auch «Does It Need to Be So Loud?» geht in dieselbe Richtung, wobei in der Mitte des Songs kurz harte, tiefer gestimmte Gitarren zum Einsatz kommen. Ganz schön zeigt sich das sehr ruhig beginnende «Bends Toward Light», das sich so nach der Mitte zu einen coolen Pink Floyd Song entfaltet, inklusive starkem Gitarren-Solo. Auch das karg instrumentierte «The Last Lonely Lamppost» bewirkt eine ungemein beruhigende Ausstrahlung auf den Zuhörer.
Sehr gut auch «Get Lost» und wunderbar, wie Jim Matheos hier mit der Gitarre diesen Song zu etwas Besonderem macht.
Gefühlvolle Töne, die sich gegen Ende des Songs immer mehr in den Vordergrund schieben. Auch bei «Memento Mori» glänzt Matheos mit wunderschön verspielten Gitarren-Sounds, sehr minimalistisch dargeboten. Vereinzelt wird die verzerrte Gitarre ausgepackt, wie bei «Set Fire To The Stars», wo sogar kurzzeitig die Drums etwas Vollgas geben. Jim legt hier mit «Indoor Enthusiast 0187 ein cooles Album hin, weit weg von Fates Warning. Mit sehr viel Gefühl spielt sich der Gitarrist durch die elf Songs hindurch. Mal was anderes und sehr hörenswert für Leute mit musikalischem Weitblick.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/cqol-jxZYsE
Das Anhören von «Convergence: Two Minds In One», dem letzten Album von VILLAIN OF THE STORY, ist eine besondere Erfahrung, denn hier haben wir es mit einer Mischung aus verschiedenen Genres zu tun, die einerseits glücklich gewählt sind und andererseits etwas ungewohnt daherkommen.
Das Album beginnt recht ruhig mit dem wunderschönen «Shame», das mit seinen zarten Klaviereinlagen, die dem Song, der zeitweise sehr nach Linkin Park klingt, einen melancholischen Unterton verleihen, mit diesem dezenten elektronischen Schlagzeug, das die Strophe begleitet, einen ganz eigenen Charakter verleiht. Die Körnung der Stimme eines der beiden Sänger ist übrigens der von Chester Bennington nicht unähnlich.
Aber plötzlich führt uns der dritte Song in Pop/Rap-Gefilde, mit einem elektronischen Schlagzeug, das nicht gerade geschmackvoll ist. In diesem Moment fragt man sich, was dieses «What Do You See In Me» hier zu suchen hat. Umso mehr, als das nächste Stück ohne jeglichen Übergang sehr metalcorelastig ist, was eher mit den ersten beiden Stücken übereinstimmt, und das nächste Stück («The First Time») eine Strophe hat, die sehr nach Punk/Rock aus den frühen 2000ern klingt. Das ist nicht unangenehm, ganz im Gegenteil, aber man fragt sich nur, ob die verschiedenen Stücke so konzipiert wurden, dass sie eine Einheit, nämlich ein Album, bilden können.
Denn je weiter man voranschreitet, desto weniger hat man das Gefühl, dass das, was passiert, etwas mit dem Anfang des Albums zu tun hat. Am Ende betreten wir Grindcore- oder sogar Black-Metal-Gefilde, mit Blastbeats, Geigen für den dramatischen Effekt, Screams oder auch den für "Lorna Shore" typischen Geräuschen eines aufgeschlitzten Schweins. Die Qualität der Musik ist gut, aber der Zusammenhalt ist nicht so gut. Was habe ich mir da eigentlich angehört? Sind wir sicher, dass es nicht mehrere verschiedene Gruppen waren, die sich die verschiedenen Teile des Albums aufgeteilt haben?
Denn die Refrains sind gut, der Mix ist gut und der gelegentliche Einsatz von elektronischem Schlagzeug ist am Ende des Albums sinnvoller, aber die erzählte musikalische Geschichte ist ziemlich zusammenhanglos. Das Mischen von Genres ist keineswegs zu verbieten, allerdings muss man eine kohärente Gesamtvision haben, die diese Mischung rechtfertigt, und ihr Einsatz muss gut durchdacht sein. Bei Villain Of the Story scheint es, dass an diesem Aspekt ihrer Musik noch etwas gearbeitet werden muss.
Français: Écouter «Convergence : Two Minds In One», le dernier album de VILLAIN OF THE STORY est une expérience particulière, car nous avons ici à faire à un mélange des genres, parfois heureux, parfois un peu plus approximatif. L'album commence assez calmement, avec le très beau «Shame» qui, avec ses délicates touches de piano qui ajoutent une tonalité mélancolique à ce morceau qui sonne très «Linkin Park» par moments, avec cette discrète batterie électronique qui accompagne le couplet. Le grain de la voix d’un des deux chanteurs n’est d’ailleurs pas sans rappeler celui de Chester Bennington.
Mais, soudainement, le troisième morceau nous emmène en territoire pop / rap, avec une batterie électronique qui n'est pour le coup pas du meilleur goût. À ce moment, on se demande ce que ce «What Do You See In Me» vient faire par ici. D'autant plus que, sans aucune transition, le morceau qui suit est très metalcore en essence, ce qui est beaucoup plus dans la continuité des deux premiers morceaux, et que celui d’après («The First Time») a un couplet qui fait très punk / rock du début des années 2000. Pas que cela soit déplaisant, bien au contraire, mais on se demande juste si les divers morceaux ont été pensés afin de pouvoir former une seule et même entité, à savoir un album.
Car, plus on avance, moins on a l'impression que ce qui se passe a un lien avec le début de l’album. Sur la fin, nous entrons en territoires grindcore, voire black métal, avec blast beats, violons pour l'effet dramatique, screams ou encore bruits de cochon égorgé typiques de Lorna Shore. Si la qualité de la musique est au rendez-vous, pour la cohésion, on repassera. Qu’est-ce que j’ai écouté au final ? Sommes-nous certains que ce ne sont pas plusieurs groupes différents qui se sont partagés les diverses parties de l'album ?
Car les refrains sont bons, le mix est bon, et l'utilisation occasionnelle de la batterie électronique est plus pertinente sur la fin de l’album, mais l’histoire musicale racontée est assez décousue. Mélanger les genres n'est en aucun cas à proscrire, encore faut-il avoir une vision globale cohérente qui justifie ce mélange et que son utilisation soit mûrement réfléchie. Pour Villain Of The Story », il semble que cet aspect-là de leur musique doive être encore quelque peu travaillé.
Maxime S.![]()
https://www.youtube.com/embed/cZTFWQ50yoo
Die Franzosen hatten keine einfache Zeit. Gitarrist Martin Hamache litt an einer Krankheit und konnte lange nicht mehr live auftreten, und vor zwei Jahren hat Bassistin Lucie ihren Dienst quittiert. Doch das Gründungs-Trio – neben Martin bestehend aus Marion Bascoul (Gesang und Gitarre) und Drummer Mickael Bonnevialle – hat sich nicht entmutigen lassen und setzt stattdessen den eingeschlagenen Weg unbeirrt fort. Das vierte Album zeigt AEPHANAMER als gereifte und technisch versierte Band, welche neue Massstäbe setzt.
Songwriter Martin muss in seinem vorherigen Leben ein klassischer Komponist gewesen sein, anders lassen sich die ausufernden barocken Elemente und Melodien nicht erklären. Eigentlich könnte man die Genre-Bezeichnung auch mit "Neoclassical Symphonic Melodic Death Metal" beschreiben, denn schon das Intro verströmt diesen klassischen und epischen Charakter, der sich wie ein roter Faden durch «Utopie» zieht. Der eigentliche Opener «Le Cimetière Marin» trumpft mit spektakulären Gitarren und schönen Melodiebögen auf, welche aber im Kontrast zu den brutalen Growls von Marion stehen.
Fast schon beschwingt klingt «La Règle Du Jeu» aus den Boxen, aber keine Angst, dass ist keine Weichspüler-Mucke. Aephanemer drücken auch immer wieder mächtig aufs Gas und sorgen so für abwechslungsreiche Songs. «Par-delà Le Mur De Siècles» ist ein Paradebeispiel für diese These. Richtig ausufernd wird es gegen den Schluss. «La Rivière Souterraine» ist ein Instrumental mit choralen Gesängen, während der zweiteilige Titeltrack dass Zeug zu einem Soundtrack für einen Hollywood Blockbuster hat.
Wer Aephanemer schon kennt, könnte eventuell einen eingängigen Kracher wie «Unstoppable», «The Sovereign» oder «Bloodline» vermissen. Aber «Utopie» ist ein Album, welches man sich in Ruhe anhören sollte. Es entfaltet auch nach mehrmaligem Hören immer wieder neue Details und wächst von Mal zu Mal mehr. Erstmals sind alle Texte in der Heimatsprache, sprich auf Französisch verfasst, was ich ebenfalls als mutigen Schritt erachte. Geblieben ist hingegen das Faible für die speziellen, aber immer starken Artworks, und da macht «Utopie» keine Ausnahme.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/i93FMILl5JM
Die Londoner Band THE LUNAR EFFECT ist mit ihrem dritten Album «Fortune's Always Hiding» zurück. Es erweitert die klangliche Bandbreite der Band und ist gleichzeitig von Fuzz, Groove und einer eindringlichen Melancholie geprägt.
Was als blueslastiges, retro-psychedelisches Projekt begann, hat sich zu etwas Breiterem und Emotionalerem entwickelt - zu einem Album, das Vintage-Wärme mit der Rauheit der Grunge-Ära und einem deutlich modernen Puls verbindet. Darum auch die simple Genre Kategorisierung: "Rock". Der Opener «Feed the Hand» gibt mit schwerem Desert-Rock-Swagger und einem tiefen, bluesigen Growl schon mal den Ton an. Die Chemie der Band ist unbestreitbar: Zwei Gitarren winden sich um eine dichte Vintage-Rhythmus-Gruppe, die sich sowohl locker als auch explosiv anfühlt.
«Watchful Eye» verlangsamt das Tempo und wird fast schon episch, «My Blue Veins» führt uns dann in ein dunkleres, doom-gefärbtes Terrain, dessen rauchige Leads und düstere Atmosphäre an Madrugada und die frühen Wolfmother erinnern. In den ruhigeren Momenten offenbart The Lunar Effect seine Seele. «Stay With Me» entfaltet sich als eine wunderschöne melancholische Ballade, begleitet vom Klavier, getragen von Josh Neuwfords soul-triefenden Stimme – ein Höhepunkt der Zurückhaltung und rohen Emotionen.
«Settle Down» reduziert die Dinge auf eine fast grungeartige Intimität, während «I Disappear» als nachdenkliche Ballade beginnt und sich zu einem hymnischen Crescendo à la Muse steigert. «Fortune's Always Hiding» ist ihr bislang vollständigstes Werk: ein zeitloses, emotional reichhaltiges Rock-Album, das Jahrzehnte überbrücken wird, ohne jemals seine eigene Identität zu verlieren. Wunderschön!
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/MdZGUEpFsFw
Es ist Death, es ist brutal, es ist anders! STILLBIRTH sind eine Brutal Surf Death Metal Kapelle aus Hagen, Deutschland, die für ihre chaotischen Live-Spektakel und Partys bekannt sind. Mit ihrem Mix aus unfassbarer Brutalität, Death Metal, Grind- und Deathcore sowie Slam feiert die Truppe stets am Rande des Wahnsinns. Chaos garantiert!
Seit 1999 legt der Fünfer die weltweiten Clubs und Festivals mit ihrem Extremsound aus derben Grooves, Blastbeats und ironischen Texten in Schutt und Asche. Von ihrem ursprünglichen Gitarristen Lukas Swiaczny (Gesang) ins Leben gerufen, erlangten Stillbirth dank ihres Debüts «Happy Stillbirth Party» innert Kürze Kultstatus. Die Band kletterte in der Gunst ihrer Fans stetig höher und höher, bis 2021 das Schicksal zuschlug und ihr Bassist sowie Soundexperte Dominik "Pumpa" König verstarb. Sein Vermächtnis umweht die Musik und den Geist der Band jedoch bis heute.
Je nachdem, welchen Musikgeschmack man verfolgt, kann der Sound von Stillbirth Balsam für die düsteren Herbst-Sorgen sein, denn ja, es ist spassiger Death Metal. Wie immer bei dieser Kombo gilt es, dem Albumcover besonderes Augenmerk zu schenken. Das Artwork von «Survival Protocol» sieht aus, als hätte sich der Künstler in allen Fantasy- und Science-Fiction-Genres ausgetobt. So vielseitig ist auch die erste Single des Albums, «Baptized In Blood», das mit Wellengeräuschen an die Küste und einer Akustik-Gitarre im Flamenco-Stil beginnt.
Logischerweise explodiert die ganze Schose nach kurzer Zeit, und es geht mit einem Slamming-Rennen los, bei dem alle Kern-Elemente des brutalen Death Metals zum Einsatz kommen. Die entspannte Akustikarbeit taucht, während den neun Tracks, noch einige Male in unterschiedlicher Form auf. Abgesehen von diesen Momenten der Leichtigkeit liefern Stillbirth mehr als kompetenten Brutal Death Metal mit einer guten Mischung aus anderen Genres, um ihren Sound interessant zu halten. Wenn Euch also der Herbst-Blues am Nacken packt, lasst Euch nicht unterkriegen, dreht die Lautstärke hoch und geniesst die 36 Minuten, die «Survival Protocol» Euch bietet.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/XRWzwoFfDsw
Die norwegischen Proggies LEPROUS legen nach ihrem starken Album «Melodies Of Atonement» nun eine starke Live-Scheibe vor, aufgenommen im "Poppodium 013" in Tilburg. Die grandiose Konzerthalle, in der ich vor kurzem noch die "30th Anniversary Show" von Ayreon bewunderte.
Dass Leprous irgendwie anders als andere Progressive-Bands sind, haben inzwischen wohl alle Proggies bemerkt. Ihr Bekanntheitsgrad ist inzwischen so gross, dass das Poppodium komplett ausverkauft war. Inhaltlich wird einen Querschnitt durch die Diskografie der Norweger geboten. Von harten Songs über elektronische Sounds, progressive bis poppige Momente ist alles mit dabei. Vertrackte Progressive-Nummern wie «The Price», genauso wie das elektronische geprägte «Illuminate». Auch ruhigere, etwas poppige Tracks wie «Alleviate» gefallen auf ganzer Linie.
Die grosse musikalische Eigenständigkeit der Norweger überzeugt und macht dieses Live-Album zu einem besonderen Erlebnis. Zweieinhalb Stunden technisch komplexe und auch zeitweise vertrackte Arrangements mit starken Gesangs-Melodien. Der Mix aus Anspruch und Eingängigkeit zelebrieren die Norweger hier auf sehr hohem Niveau. Klasse, was hier geboten wird. Natürlich empfehle ich nicht nur die CD, sondern ebenso die Blu-ray, die zusätzlich noch ein Interview beinhaltet.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/QC2j0v975XE
Wage ich es, gegen eine Milliarde Streams anzuschreiben? Gegen ein musikalisches Imperium, das bereits den History Channel erobert hat und wie ein Kriegshorn in "Vikings" über die Fjorde widerhallt? Vielleicht nicht, aber lasst uns standhaft bleiben, den Schild in der Hand, und sehen, ob DANHEIM noch immer das Feuer des Nordens in sich tragen.
Wie Ragnar einst sagte: "Macht ist immer gefährlich. Sie zieht das Schlimmste an. Und verdirbt das Beste." Doch hier übt Reidar Schæfer Olsen seine Macht mit Zurückhaltung aus. Nicht um zu erobern, sondern um zu erinnern. In seinem neuen Album geht es nicht um Blut und Eroberung, sondern um die Rückkehr: zur Erde, zum Geist und zu den Vorfahren. Der Sound von «Heimferd» schlägt wie ein Herz unter Eisschichten, jeder Rhythmus ein Puls der Erinnerung.
Tracks wie «Stormdans» und «Haukadalur» klingen wie der Herzschlag eines Langschiffs auf nebligen Gewässern, das Stimmen durch die Jahrhunderte trägt. Minimalistisch und doch massiv fängt Olsens Produktion die seltene Balance zwischen cineastischer Grösse und ritueller Intimität ein, heisst näher am Flüstern der Götter als am Brüllen der Menschen. In «Yggdrasil II» wird der Ton fast sakral, als stünde man vor dem Weltenbaum und spürte, wie der Wind mit dem Atem der Vorfahren weht. "Wir kämpfen. So gewinnen wir. Und so erinnern wir uns." Diese Worte könnten die Musik selbst beschreiben: die Ruhe eines Kriegers, die Trance eines Sehers, die Geduld eines Handwerkers.
Wage ich es also tatsächlich, gegen eine Milliarde Streams anzuschreiben? Nein, denn dieses Mal ist der Stream echt. Die Wikinger sind nach wie vor angesagt, und «Heimferd» beweist, dass Danheims Heimreise nicht nur gerechtfertigt, sondern auch notwendig war. Der Klang des Nordens dröhnt immer noch und hat sich noch nie so lebendig angefühlt. "Til Valhall! (To Valhalla!)"
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/QRPblqCSGds
Manche Live-Alben versuchen, einen Abend einzufangen. «Opus Diabolicum» fängt jedoch einen musikalisches Leben ein. Mit dem Lisbon Sinfonietta Orchestra, das die portugiesischen Dark Metal Legenden donnernd begleitet, verwandeln MOONSPELL ihr Repertoire in ein monumentales, symphonisches Erlebnis. Es klingt so gewaltig und uralt wie die Kräfte, die ihre Musik seit jeher beschwört.
Das Set beginnt mit den bedrohlichen Klängen von «Tungstnio» und «Em Nome do Medo», in denen sich Orchester und Chor wie Rauch und Stein miteinander verflechten. Der metallische Klang tritt allmählich hervor, wobei jedes Riff mit ritueller Präzision die Erhabenheit durchschneidet. Wenn schliesslich das gesamte Ensemble in «1755» ausbricht, wirkt die Musik tektonisch: Das historische Erdbeben von Lissabon wird akustisch wiedergeboren. Doch inmitten der Ruinen bringt das Orchester Licht: Die Celli klagen wie ferne Trauerchöre, die Blechbläser erheben sich trotzig und Fernando Ribeiros Bariton trägt sowohl Predigt als auch Schrei.
Tracks wie «In Tremor Dei» und «Extinct» erreichen eine seltene Alchemie. Sie klingen nicht mehr wie Metal-Songs mit Streicher-Arrangements, sondern wie orchestrale Werke aus Eisen. Ribeiro findet in diesen Arrangements eine neue Dimension für seinen Gesang, der abwechselnd giftig und verletzlich ist, wie eine Mischung aus Fado-Klagelied und gotischem Donner. «Everything Invaded» schwillt mit opernhafter Spannung an und wenn «Alma Mater» und «Full Moon Madness» das Ritual beenden, ist das Gefühl der Vollendung beinah liturgisch. Jaime Gomez Arellano widersteht bei der Produktion der Versuchung, die Wildheit zu glätten.
Die Aufnahme atmet, unvollkommen, menschlich, roh und ist dennoch so ausgewogen, dass jeder Bogenstrich und jeder Beckenschlag deutlich zu hören ist. Dies ist keine höfliche Verbindung von Orchester und Rock, sondern ein Bund, der mit Feuer besiegelt wurde. Nach 35 Jahren klingen Moonspell durch diese höllische Symphonie wie neu geboren. «Opus Diabolicum» erscheint als Vermächtnis, ein Requiem für die Sterblichkeit und eine Feier der Beharrlichkeit. Das Album erinnert uns daran, dass Metal, wenn er sich ohne Angst und Kompromisse seiner klassischen Herkunft stellt, zu nichts Geringerem als Erhabenheit führen kann.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/MzcZXjJYiIo
Hört man sich diese Livescheibe der «Lighthouse» Tour von Gunner DUFF MCKAGAN an, beschleicht mich das Gefühl, dass ich mir hier eine jüngere Version von Tom Petty And The Heartbreakers anhöre. Lockerer, frecher US-Rock, der mit viel Gefühl für die einzelnen Tracks wiedergegeben wird.
Aber, es ist nicht Tom, der hier mit Herzblut musiziert, sondern der Guns n' Roses Bassist Duff McKagan. Mit akustischer Gitarre erklingen Songs wie «I Saw God On The 10th St.», «Fallen Ones», oder «Wasted Heart». Logisch darf eine Roses-Nummer nicht fehlen, und so klimpert Duff «You're Crazy» mit elektrischen Gitarren und viel Punk in die Menge. Als Gast wird Steve Jones (Sex Pistols) begrüsst, mit dem zusammen der David Bowie Klassiker «Heroes» gespielt wird. «Lighthouse: Live From London» ist ein packendes Live-Album eines Musikers, der die Musik liebt, lebt und sollte nicht nur von Guns n' Roses Fans angetestet werden.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/8u8r046TLLw
Ein bisschen mehr als ein Jahr und MY MERRY MACHINE stehen schon mit einem neuen Output auf der Matte. Dazu scheint es, dass das Konzept, welches hinter dem Vorgänger steckte, nun konsequent weitergetrieben wird.
Allerdings geht man meiner Meinung nach noch heftiger zu Werke, sprich Kirsten säuselt, schreit, brüllt und keift sich durch die sieben Tracks hindurch, welche wie beim Vorgänger sehr viele Schlenker und unerwartete Wendungen beinhalten. Ich denke My Merry Machine werden vermutlich nie für ein Massen-Publikum zugänglich sein, dafür sind die Songs zu vertrackt. Quasi eine Art von Progressive / Modern / Death Metal, vermischt mit etwas Alternative und Crossover-Anleihen. Schwierig zu begreifen, aber wenn man sich bei «Days Of Doom», wie beim Vorgänger, mal in die Materie eingearbeitet hat, bekommt man sehr viel zurück. Lohnenswert!
Toby S.
https://www.youtube.com/embed/YrtQrgdDGJE
Die 2002 gegründeten Deathcore-Pioniere Despised Icon kehren mit ihrem siebten Album «Shadow Work» zurück. Das Album markiert ein bedeutendes Kapitel für die Band aus Montreal, deren Kernbesetzung seit ihrer Gründung weitgehend unverändert geblieben ist, wodurch sie ihrem Sound und ihrem Spirit treu bleiben konnten.
Ihr vorheriges Album «Purgatory» bestach mit beispielloser Heftigkeit, die fast schon wahnsinnig anmutete. Ein Album, das an Death Metal und Grindcore grenzt, und einem gleichermassen nach Luft schnappen lässt. Sechs lange Jahre später ist nun «Shadow Work» am Start. Das Album bringt unerbittliche Geschwindigkeit, vernichtende Grooves und morbide Melodien in Einklang, und beschäftigt sich mit Themen wie Resilienz und innerer Heilung. Es ist ein introspektives Album, das sowohl persönliches Wachstum als auch die Turbulenzen der Welt um uns herum widerspiegelt.
Die Platte mit dem Titelsong zu beginnen, ist ein mutiger Schritt, aber «Shadow Work» zündet. Es herrscht die wilde Intensität, und bringt die bösartigen Riffs hervor, die schon «Purgatory» zu einem grossartigen Album gemacht haben. «Corpse Pose» hält das Tempo weiter hoch, und hat diesen klassischen Cannibal Corpse-Lauf, der in der ersten Deathcore-Welle beliebt war. «The Apparition» und «In Memoriam» fügen etwas Symphonik hinzu, was fast schon ein verpöntes Stilmittel ist. Die Songs sind zwar nicht langweilig, wirken aber wie eine blasse Carnifex-Kopie mit seiner schwarzgefärbten Haltung.
Die Pig-Squeal-Vocals wirken auf «Reaper» schon leicht nostalgisch, auch wenn der Song selbst etwas langweilig ist. Das letzte Drittel wird mit «Omen Of Misfortune» und «Obsessive Compulsive Disaster» eingeläutet, während der Album-Closer «Fallen Ones» mit melodischen Abschnitten und progressiven Obertönen auffährt. Trotz hochkarätigen Gastbeiträgen von Matthew Honeycutt (Kublai Khan TX), Scott Ian Lewis (Carnifex) und Tom Barber (Chelsea Grin, Darko US) ist «Shadow Work» ein unausgewogener Nachfolger von «Purgatory». Unter den elf Titeln befinden sich jede Menge Thrasher, Pitstarter und Crowdkiller, doch wenn die Band versucht, sich krampfhaft von ihren Wurzeln zu entfernen, fehlt den neuen Elementen eine erfahrene Hand.
Oliver H.
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Auf «Spectral» treibt das schweizerisch-finnische Trio SUM OF R seine alchemistische Mischung aus psychedelischem Doom und Kraut-Rock-Ritualen in einen dichteren, seltsameren Nebel.
Der Schweizer Einfluss ist unverkennbar: Gründer Reto Mäder (JeGong, Ural Umbo) formt riesige negative Räume und körnige Texturen, während die finnische Achse mit Jukka Rämänen am Schlagzeug und Marko Neuman als Stimme/Noise-Medium diese Räume in Druckkammern verwandelt. Es ist ein echter grenzüberschreitender Dialog: Schweizer Präzision trifft auf finnische Trance und ergibt Musik, die wie eine Beschwörung wirkt.
Trotz der elektronischen Einflüsse und avantgardistischen Impulse überzeugt «Spectral» mit doomiger Schwere und schlammiger Gravitation. Rämännens tomgeführte Patterns marschieren wie rituelle Kriegstrommeln, Gitarren und Synthesizer verschmelzen zu übersteuerten Drones, die wie Verstärker am Rande aufblühen, und Neumans viele Kehlen bewegen sich von Atem zu Kreischen, respektive kanalisieren die theatralische Intensität, nach der sich Metal-Fans sehnen.
Gastauftritte vertiefen die Verbindungen: Juho Vanhanen (Oranssi Pazuzu) verroht den Horizont des Openers, Vicotnik (Dødheimsgard) injiziert paranoides Theater in «Beer Cans In A Bottomless Pit» und G. Stuart Dahlquist (Burning Witch/Goatsnake) zieht «Agglomeration» in subharmonische Ruinen. Musikalisch fliesst das Album wie eine Séance mit unterschiedlichen Räumen: eine langsame Entzündung bluesiger, verstimmter Gitarrenklänge, tektonische Drones, die sich in kalte, motorische Impulse auflösen, Chorstimmen, die unter metallischen Obertönen verschwinden, sowie plötzliche Schocks minimalistischer Melodien, die sich wie Notbeleuchtung in einem rauchgefüllten Saal anfühlen.
Die LP-Version strafft den Zauber auf acht Sätze, während die CD-/Digitalversion «Null» hinzufügt, einen fiebrigen Höhepunkt aus besessenem Schlagzeug und zersplitterter Stimme, der die Erzählung in Richtung Delirium kippen lässt. «Spectral» ist keine Hintergrund-Atmosphäre, sondern eine Halluzination in Körpertemperatur, sprich schwer, diszipliniert und unheimlich lebendig. Zuhörern, die das Gewicht und die Bedrohlichkeit des Metal wollen, ohne ihre Neugier aufzugeben, liefern Sum Of R einen packenden, transalpinen Exorzismus.
Lukas R.
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Wolfie (Wolfgang Van Halen) muss niemandem mehr was beweisen. Nachdem er mit Slash auf Tournee war und aus dem monumentalen Schatten seines Vaters Eddie heraustrat, ist er mit seiner eigenen Combo MAMMOTH WVH längst ein eigenständiger Künstler: selbstbewusst, reif und zutiefst musikalisch.
«The End», sein drittes Solo-Album unter dem Namen Mammoth, ist ein weiterer Beweis für diese Unabhängigkeit: ein reines, modernes Rockalbum, das Effekt-Hascherei gegen Gefühl und Virtuosität gegen Vision eintauscht. Das Album beginnt mit «One Of A Kind», einem Titel, der sich selbst referenziell anfühlt, wie eine knallharte, riffgetriebene Hymne, die die Energie Van Halen’s (Sammy-Hagar-Ära) mit Wolfgangs charakteristischer melodischer Klarheit verbindet. Der Titelsong «The End» beginnt mit einer hypnotischen Tapping-Sequenz, eine subtile Anspielung auf die Technik seines Vaters.
Was folgt, ist jedoch ganz Wolfie: ein explosiver und dennoch emotionaler Song mit stadiontauglichen Hooks und vielschichtigen Harmonien, die sowohl nostalgisch als auch modern klingen. «The Spell» strahlt eine warme 70er-Jahre-Rock-Atmosphäre aus, verpackt in modernem Glanz. «I Really Wanna» bringt mit frechen Texten und einem kraftvollen Groove Selbstbewusstsein und Sinnlichkeit in den Mix. «Happy» verwandelt Ironie in Kunst: Hinter dem Titel verbirgt sich einer der düstereren, grungigeren Momente des Albums, voller Cobain-ähnlicher Spannung.
Textlich balanciert «The End» Introspektion und Widerstandsfähigkeit aus. Wolfgang schreibt nicht, um zu beeindrucken, sondern um sich auszudrücken, also über Liebe, Verlust, Erschöpfung und stille Stärke. Songs wie «Better Off» und «Selfish» zeigen einen Mann, der sich nicht scheut, hinter einer Wand aus Verzerrung seine Verletzlichkeit zu zeigen. Der letzte Song «All in Good Time» beendet das Album mit Anmut wie Leichtigkeit und erinnert uns daran, dass ein Ende auch einen Neuanfang bedeuten kann.
Jedes Instrument, von den donnernden Drums bis hin zu den hochfliegenden Soli, wurde von Wolfgang selbst eingespielt und verleiht dem Album so seine Seele. «The End» ist keine Gitarren-Revolution wie «Eruption», aber das muss es wohl auch nicht sein. Es ist der Sound eines Mannes, der mit seinem Vermächtnis im Reinen ist, immer noch die Fackel trägt und auf seine eigene Weise das Herz des Rock am Leben erhält.
Lukas R.
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Mit «World Maker» verlässt das belgische Trio PSYCHONAUT die philosophischen Labyrinthe seiner früheren Werke und begibt sich auf eine Reise zu etwas zutiefst Menschlichem.
Das Album ist nach wie vor in der gewaltigen Klangfülle und psychedelischen Trübung des Post-Metal verwurzelt, tauscht jedoch kosmische Abstraktion gegen die rohesten Kontraste des Lebens ein: Geburt, Verlust und die zerbrechliche Schönheit dazwischen. Geschrieben, als Gitarrist und Sänger Stefan De Graef Vater wurde und sowohl er als auch Bassist Thomas Michiels mit der unheilbaren Krankheit ihrer Väter konfrontiert waren, fühlt sich «World Maker» wie ein Dialog zwischen Anfang und Ende an.
Die Musik spiegelt diese Dualität wider: Kolossale Riffs und kaskadenartige Polyrhythmen treffen auf Rhodes-Orgeln, Tabla-Impulse und ätherische Frauenstimmen. Tracks wie «And You Came With Searing Light» und «Stargazer» strahlen unter dem erdrückenden Gewicht eine seltsame Wärme aus, während «Everything Else Is Just The Weather» durch Free-Jazz-Texturen driftet, bevor es in kathartischer Intensität explodiert.
«World Maker» vermittelt einen Gemeinschaftsgeist: schwer, aber hoffnungsvoll; intim, aber monumental. Die für Psychonaut typische Dichte bleibt erhalten, doch am meisten sticht die Klarheit hervor: die Erkenntnis, dass Schwere auch Zärtlichkeit sein kann. «World Maker» versucht dieses Mal nicht, das Universum zu erklären, sondern es atmet einfach in ihm. Ein tief emotionales und ausgewogenes Statement einer Band, die sich von kosmischen Architekten zu Weltbauern des Herzens entwickelt hat. Musikalisch sind die drei Jungs fabulös, und die würde ich sehr gerne mal live erleben.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/kzHOAGDR-T0
Gute drei Monate nach ihrem Output «20 Years Of Five Finger Death Punch - Best Of Volume 1» schieben FIVE FINGER DEATH PUNCH «Best Of Volume 2» hinterher. «Best Of»-Alben gehören für mich in dieselbe Kategorie wie EPs. Du kaufst etwas, das es bereits gibt oder zu einem späteren Zeitpunkt erneut veröffentlicht wird.
Das Cover-Artwork war bei der ersten Platte wohl das Element, das am meisten herausstach. Nun wirkt der lieblos angepasste Hintergrund bei der Selbstbeweihräucherung Teil 2 schlichtweg fantasielos. Auch die Tatsache, dass beide Teile angeblich untrennbar zusammengehören, hätte eine Lösung zur Folge haben sollen, die fanerträglich gewesen wäre. Durch dieses Arrangement wird der Fan nun doppelt zur Kasse gebeten. Ausserdem gab es auf «Best Of Volume 1» das nahezu identische Package wie auf der 10-Jahres-Veröffentlichung «A Decade Of Destruction».
Bei «Best Of Volume 2» sieht es nicht viel anders aus, ganz im Gegenteil. Das erst 2020 erschienene «A Decade Of Destruction - Volume 2» war schwächer als der erste Part. Zwar hat die Tracklist der neuen Version etwas mehr Varianz zu bieten, als das bei den beiden ersten Teilen der Fall war. Ist man sich allerdings der Tatsache bewusst, dass die Band in demselben Pool an Songs gefischt hat (bis «Got Your Six» von 2015), kann der frisch veröffentlichte Output nur kalter Kaffee sein.
Zudem hat es kaum ein Track ins Live-Set geschafft, was auch nicht unbedingt dafür spricht, dass wirkliche Hits enthalten sind. Entsprechend unspektakulär läuft die Platte einfach so durch. Daran können auch die über zwölf Milliarden Streams weltweit, zahlreichen Platin-Auszeichnungen und Live-Shows, die mich persönlich auch nicht vom Sessel gerissen haben, nicht hinwegtäuschen. Reine Abzocke!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/0-H0yStMcf4
AQUILLA stammen aus Polen und ihr Stil wird als Heavy Speed Space Metal bezeichnet, was in der Tat ziemlich zutreffend ist. Ich fand schon den Vorgänger «Mankind's Odyssey» klasse, welcher bei zumindest bei mir offene Türen eintrat.
Trotzdem war die Band nicht ganz zufrieden, wie Schlagzeuger Peter Slammer erklärt: "In jeder Beziehung ist die neue Platte ein grosser Schritt für Aquilla. Rückblickend betrachtet, muss man konstatieren, dass der Produktions-Prozess von «Mankind’s Odyssey» nicht optimal verlaufen ist. Am Ende ist ein gut klingendes Album entstanden, aber die eingeschlagene musikalische Richtung passte nicht wirklich zur Band. Das alles änderte sich, als wir begannen, das Material für «Sentinels Of New Dawn» zu schreiben. Die neuen Songs orientieren sich ein wenig mehr an den Klassikern der alten Schule und sind gleichermassen durchschlagskräftig wie episch."
Textlich erzählen die Polen die Geschichte der letzten Überlebenden der Erde die auf dem Planten Yvad’déra neues Leben entwickeln. Auf dem zweiten Album kommen verrückte Weltraum-Piraten, blutrünstige Söldner und Tech-Autokraten vor, welche sich untereinander bekämpfen. Musikalisch wirkt man etwas gereifter, aber immer noch verdammt oldschool, die Gitarrenarbeit ist jedoch prägnanter, die Drums noch zwingender und der Gesang ist ebenfalls noch mal eine ganze Ecke besser als auf dem Debüt.
Der Opener «Creed Of Fire» vereint sowohl Speed Metal, wie auch klassischen Metal, sprich punktet mit geilen Melodielinien und ist damit eine Speed Hymne vom Feinsten. «Plunder & Steel» startet etwas langsamer, und die Melodien sind schon in den Strophen herausragend, während der Shout-Refrain dazu führt, dass ich mein imaginäres Schwert gen Himmel recke. «Mountains Of Black Sheep» ist zuerst ein klassischer Speed Track, der dann aber abrupt in einen ruhigen Zwischenpart abbiegt, der mich unweigerlich an Dio erinnert. Uff, was für ein Start! Doch, die Polen lassen einfach nicht locker und schieben gleich den Stampfer «Battalion 31» nach, erneut kann ich hier nicht anders, als den Track in meine Best-Of Tracklist zu verschieben.
Ich verzichte hier nun auf weitere detaillierte Songvorstellungen, denn das würde den Rahmen sprengen. Weil aber auch im weiteren Verlauf sich keine Langeweile einstellt und man sich mit dem 9-minütigen «The Prophet» gar selbst übertroffen hat, kann ich mich am Ende der göttlichen Scheibe nur verneigen. Aquilla haben das Debüt doch tatsächlich getoppt, auch wenn man von mir aus auf das Synthie-Geplänkel als Outro hätte verzichten können. «Sentinels Of New Dawn» wird wahrscheinlich nicht der grosse Verkaufsschlager, aber die Scheibe wird den typischen Fan vom "Keep It True" in allerhöchstem Masse entzücken.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/QWjTjPp6XD8
Mit «Perpetual Wasteland» legen STONEBIRDS ihr viertes und zugleich wohl letztes Album vor (die Band selbst beschreibt es in ihren Instagram-Posts als ihr letztes Studioalbum) Ein bewusstes Abschiedswerk, das ihre Mischung aus sludgegetränktem Doom und weit ausladendem Post-Metal abschliessend bündelt, das schwer, fokussiert und klar ist.
«Perpetual Wasteland» reduziert den Sound der Band auf seine Kernelemente und lässt jedes einzelne davon zur Geltung kommen. Die Gitarren spielen breite, langsame Akkorde und einfache, einprägsame Motive. Sie schneiden tief, lassen aber Raum. Der Bass ist dick und präsent und wirkt wie ein stetiger Sog, der alles am Boden hält. Das Schlagzeug bevorzugt bedächtige Tempi, grosse Tom-Patterns und gut getimte Drops. Wenn sie Vollgas geben, fühlt es sich verdient an. Die Keyboards tauchen in kleinen Dosen auf und wirken eher wie kaltes Licht am Horizont als wie Dekoration. Der Gesang ist eher gesungen als geschrien und passt zur Stimmung.
«Sea Of Sorrow» fasst diesen Ansatz zusammen. Der Song beginnt mit einer kreisförmigen Figur, geht in einen massiven Crawl über, wird dann dünner und gibt so einer klaren Melodie Raum zum Atmen, bevor das volle Gewicht zurückkehrt. «Croak» ist straffer und perkussiver aufgebaut. Der Song basiert auf scharfen Akzenten und einem Push-Pull-Groove, der die Spannung aufrechterhält. Auf dem gesamten Album balanciert die Band Druck und Klarheit aus: Gewaltige Riffs stehen klaren Linien gegenüber, Moll-Töne kurzen Aufhellungen. «The Last Time» beendet dann diese Scheibe und verbindet wuchtige, sludgegetränkte Riffs mit einem schimmernden Post-Metal-Aufbau, der sich vom zurückgenommenen Einstieg zu einem kathartischen Finale steigert.
Die Produktion von Cyrille Gachet ist scharf und physisch. Die Verzerrung bleibt dicht, ohne in Schlamm zu versinken. Die Becken erblühen und verklingen auf natürliche Weise. Das Stereofeld wird eher dazu genutzt, Druck zu erzeugen, als Tricks anzuwenden. Die Themen Verfall und Ausdauer ziehen sich durch die Songs, doch die Musik versinkt nie im Selbstmitleid, sondern bewegt sich voran. Als abschliessendes Statement ist dies direkt, stark und ehrlich – eine letzte Reihe von Songs, die zeigen, warum Stonebirds relevant waren: grosser Sound, intelligentes Tempo und Emotionen, die ohne viel Aufhebens vermittelt werden. Un dernier adieu.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/fvyhpiaCOCU
Dieses Album atmet die Dunkelheit. «Gruwelijk Onthaal», das dritte Album des niederländischen Black Metal Trios KAECK, spielt nicht nur mit Schatten, es ist der Schatten selbst. Es sickert aus den Wänden wie feuchte Luft, wie Jahrhunderte des Verfalls, die sich zu Klang verdichtet haben.
Stellt Euch vor, Ihr steigt in eine Höhle unter Mordor hinab: Der Boden ist schlüpfrig von schwarzem Wasser und das Echo deines Atems wird von der Leere verschluckt. Dort lebt diese Platte. Es ist nicht das Chaos der Schlacht, sondern die bedrückende Stille danach, wenn nur noch die Verwundeten und Verfluchten übrig sind. Von den ersten Tönen von «Het Huilend Altaar» an beschwören Kaeck eine Atmosphäre herauf, die sich wie in Stein gemeisselt anfühlt.
Die Gitarren knurren mit korrodiertem Klang, der Bass grollt wie ferner Donner, der unter der Erde gefangen ist, und Frostbites Schlagzeug mahlt in ungleichmässigen, beinah rituellen Mustern voran. Nichts fühlt sich hier menschlich an, es ist der Puls von etwas Grossem und Gleichgültigem, der Herzschlag eines Gottes, der in den Tiefen schläft. Im Gegensatz zur rasenden Geschwindigkeit ihrer Landsleute von Sammath bevorzugen Kaeck Spannung und Gewicht. «Ondermaanse Contracten» schreitet wie eine Prozession geketteter Seelen voran, mit jedem Schritt wird es schwerer.
Dann bricht «Paterhexolimaat» wie ein einstürzendes Grab auf, seine Riffs geschmolzen und unerbittlich, während der letzte Titel «Bloedend Verraad met Ontvleesde Hand Gesmeten» die Zuhörer und Zuhörerinnen durch den letzten Kreis der Verzweiflung zieht, ein langsamer Abstieg in Asche und Stille. Gesanglich spricht Oovenmeester nicht, er spricht in Pest. Seine Darbietung, halb kehlkopfartig, halb wie eine verstörende Predigt, verdreht die niederländische Sprache zu etwas wunderschön Unreinem.
Man muss die Worte nicht verstehen, um zu spüren, wie sie sich unter die Haut graben. Die spärlichen Keyboards schimmern schwach wie phosphoreszierende Pilze an Höhlenwänden, Andeutungen von Melodien in einer ansonsten erstickenden Welt. Konzeptionell erzählt Gruwelijk Onthaal von der Ankunft des Gottes Kaeck, einem telepathischen Herrscher, der die Menschheit in spiritueller Zerstörung versklavt. Klanglich hört es sich wie diese Apokalypse an. Jeder Song ist ein Ritual, jede Note ein Hammerschlag auf die letzten, zerbrechlichen Knochen des Lichts.
In einer Zeit, in der Black Metal oft nach Grösse oder Geschwindigkeit strebt, kehren Kaeck zu dem zurück, was das Genre ursprünglich so furchterregend gemacht hat. Atmosphäre, Geduld und Unausweichlichkeit. «Gruwelijk Onthaal» zerfrisst einen. Es ist der Klang der Zeit, die langsam in einer Höhle stirbt, in die noch nie Licht eingedrungen ist. Und in dieser völligen Dunkelheit..., ist es wirklich gut. Ich würde Kaeck gerne live sehen, am besten im Hölloch (Muotathal, SZ).
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/dTBE3OJ2GIo
GRAND CADAVER wurde während des Lockdowns im Jahr 2020 von fünf langjährigen Freunden aus Göteborg und Stockholm gegründet. Sie verbindet die gemeinsame Liebe zum schwedischen Oldschool Death Metal, der stark vom HM2-Verstärker geprägt ist.
Die fünf Mitglieder sind allerdings keine Rookies ihres Genres, denn die Band vereint einige der erfahrensten Metal-Musiker des Landes, darunter Sänger Mikael Stanne (Dark Tranquillity, The Halo Effect), die Gitarristen Stefan Lagergren (The Grifted, Ex-Treblinka/Tiamat) und Alex Stjernfeldt (Novarupta, Child), Bassist Christian Jansson (Pagandom, Dark Tranquillity) sowie Daniel Liljekvist (Disrupted, Vorder, Ex-Katatonia). Puhhh, das muss man erst sacken lassen! Ihre Debüt-EP «Madness Comes» wurde 2021 in nur drei Tagen aufgenommen und später folgte das erste Album «Into The Maw Of Death», das für seine wilde Death Metal Interpretation gelobt wurde.
Ihr lang erwartetes Live-Debüt in Göteborg bewies schliesslich, dass die Band die viszerale Kraft des Tonträgers auch auf die Bühne bringen kann, respektive Death Metal ohne Schnörkel und ohne Gnade abliefert. Jetzt haben Grand Cadaver ihr bisher explosivstes Material geladen, um der Welt ihren Unmut zu bekunden. Die vier Tracks auf «The Rot Beneath» sind die Alarmglocken der Gesellschaft, denn wenn man sich den Zustand der heutigen Welt ansieht, ist es schwer, nicht zu verzweifeln. Tod, Wahnsinn, Krieg, Korruption und Polarisierung. Das bringt einen zum Nachdenken: Was sind wir, wenn nicht die Ursache des Problems? «The Bot Beneath» ist die Hymne gegen die Fäulnis der Erdenbürger und auf den Untergang der Menschheit.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/ckgMm4SSrpk
Ich habe mir das zweite Album der Jungs aus Leipzig im Wechsel mit der neuen (sorry, grauenhaften) Scheibe von Battle Beast angehört, und was soll ich sagen? Jedes Mal wenn ich zu SINTAGE switchte, konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Auch wenn die Deutschen hier kein Meisterwerk oder gar etwas völlig Innovatives abliefern: So hat mit Leidenschaft gespielter Heavy Metal zu klingen.
Der Opener «Ramming Speed» (der Titel sagt alles!) gibt die Marschrichtung vor. Da wird mit Geschwindigkeit nicht gespart, allerdings sitzen die Riffs dermassen geil, dass man hier nicht nur an Speed Metal Bands erinnert wird, sondern auch unweigerlich an US-Bands wie Riot oder Vicious Rumors denken muss. Das folgende «Cutting The Stars» gehört mit zum Besten, was in Sachen Oldschool Metal dieses Jahr erschienen ist. Doch Sintage können auch anders: «Electric Walls» rockt und rollt wie Hölle, und die Ballade «Silent Tears» gehört eigentlich auf alle kommenden Balladen Sampler (gibt es die überhaupt noch?).
Hier zeigt Sänger Randy, dass er nicht nur hoch singen, sondern auch in der Lage ist, gefühlvolle Songs zu veredeln. Ich fand den Vorgänger schon stark, aber «Unbound Triumph» ist noch einmal eine Steigerung. Die Band zeigt mehr von sich, ist variabler geworden, ohne aber ihre Wurzeln zu leugnen. Dass man als Abschluss einen Knaller wie «One With The Wind» stehen hat, bedeutet im Umkehrschluss gleichzeitig, dass man auf diesem Album keinen einzigen Stinker finden wird!
Rönu
https://www.youtube.com/embed/YYdGt2lhOp0
(J)äh, wie aus geschwärzter Erde geboren, bricht das heilige Feuer von «Tome II: Ignis Sacer» hervor, und zwar genau, wie es der Titel verspricht. Es ist eine Offenbarung, die aus langer Gärung entstanden ist. In Marc Obrists Hutch Sounds in Oberwil, Basel-Landschaft, sprich dem Dorf in dem der Autor dieser Zeilen aufgewachsen ist, aufgenommen, brennt dieses zweite Kapitel des schweizerisch-deutschen Quartetts mit einer Präzision, die im heutigen Underground-Black-Metal eher selten zu finden ist.
Vígljós kanalisieren die kalte Autorität von Darkthrone und Immortal, doch ihre Flamme tanzt anders: Mellotron-Schichten zischen durch rohe Riffs wie Rauch über Stein und verwandeln das, was eine nostalgische Hommage hätte sein können, in ein lebendiges, atmendes Ritual. Die Produktion – eisig, aber dreidimensional – lässt jede Tremolo-Figur und jeden Percussion-Akzent mit Absicht schimmern, als wäre der Aufnahmeraum selbst zu einem Schrein geworden. (L)ayer für Layer konstruiert die Band eine klangliche Zeremonie der Besessenheit. Jedes Bandmitglied, heisst (J) am Schlagzeug, (L) am Gesang und (N) an der Gitarre verkörpert dabei ein Element des alchemistischen Prozesses: Rhythmus als Hammer der Reinigung, Stimme als Medium zwischen Qual und Ekstase sowie Saiten als Entzündung der Materie zum Geist.
Insbesondere der Gesang ist beunruhigend und seltsam, halb Gesang, halb Exorzismus und erinnert an die fieberhaften Zustände, um die sich das Konzept des Albums dreht: den Ergotismus und den halluzinatorischen Terror, den er im Mittelalter einst in ganz Europa auslöste. Songs wie «Claviceps» und «Delusions of Grandeur» zeichnen diese psychische Kontamination nach und verwandeln Krankheit in eine Metapher für kreatives Feuer. Die Zuhörer und Zuhörerinnen werden durch Verfall, Delirium und Katharsis gezogen, bis die Grenze zwischen Gift und Erleuchtung völlig verschwimmt.
(N)ie zufrieden mit einfacher Dunkelheit, verwandeln Vígljós die Feindseligkeit des Black Metal in Transzendenz. Die letzten Titel, «Harvest» und «Fallow – A New Cycle Begins», verklingen wie Glut und suggerieren eher eine Wiedergeburt als das Auslöschen. Es ist Musik die Präsenz verlangt und ebenso sehr gefühlt wie gehört werden muss. Idealerweise in einer Live-Umgebung, in der Rauch, Duft und Klang zu einem einzigen Ritual verschmelzen. «Tome II: Ignis Sacer» zeigt sich als ein Weg durch den Schatten hin zur Erleuchtung und ist ein seltenes Zeugnis dafür, wie Ritual, Intellekt und Intensität noch immer zu etwas wahrhaft Heiligem verschmelzen können.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/9bGekezuERc
Mit «Songs To Sun» eröffnen die ukrainischen Heavy Rock Visionäre von STONED JESUS eine ambitionierte Trilogie, die neue kreative Wege beschreiten und gleichzeitig die Vergangenheit der Band würdigen soll.
Für eine Band, die sich stets dagegen gewehrt hat, stillzustehen, fängt dieses sechste Album die Essenz ihrer Entwicklung ein: verzerrte Riffs, ausladende Grooves und die Bereitschaft, die Grenzen des Genres zu erweitern, ohne dabei an Gewicht zu verlieren. Das Ganze beginnt mit «New Dawn», einer geduldigen, bluesigen Einleitung, die langsam zu dichten Riffs anschwillt. Sydorenkos Gesang schwankt zwischen Intimität und Rauheit und beschwört sowohl eine rauchige Late-Night-Atmosphäre als auch die ganze Wucht des Stoner Doom herauf.
«Shadowland» schärft den Fokus: Die Riffs sind einfach, aber sie beissen präzise, während sich die Hooks allmählich offenbaren. Im Gegensatz dazu setzt «Lost In The Rain» auf Stimmung und Bildsprache. Seine düsteren Töne entfalten sich wie ein Sturm, dem man sich nicht entziehen kann (mein Anspieltipp!), ein Beispiel für das Geschick der Band, emotionale Resonanz in pure Schwere einzubetten. Mit etwas mehr als drei Minuten liefert «Low» eine lebhaftere Energie; sein kantiges Riff sprintet auf ein Ende zu, das in seiner Dringlichkeit fast punkig wirkt.
«See You On The Road» kehrt zu der für die Band typischen Balance zwischen Melodie und Schwere zurück und verankert seine Eingängigkeit mit bassgetriebener Rhythmik. Der letzte Track «Quicksand» erstreckt sich über fast zehn Minuten. Er beginnt mit subtilen Bässen und Toms, steigert sich in Wellen der Spannung und zieht sich wieder zurück. Ein passender Abschluss, der die Zuhörer eher in der Schwebe lässt, als mit einem Gefühl der Auflösung. Was «Songs To Sun» so fesselnd macht, ist nicht nur die Kraft seiner Riffs, sondern auch das Gefühl der Kontinuität, das er vermittelt.
Zwar finden sich Anklänge an «Seven Thunders Roar» und «The Harvest», doch das neue Werk lebt von Kontrasten: Heavy trifft auf Zartheit, progressive Texturen auf rohen Groove. Textlich schreibt Sydorenko aus einem Gefühl der Unruhe und Instabilität heraus; der Akt des Vorstossens in neue Strukturen verleiht der Musik jedoch ihr Fundament. Als erster Teil einer Trilogie, die später mit «Songs to Moon» und «Songs to Earth» fortgesetzt wird, steht dieses Album für sich allein und bereitet gleichzeitig die Bühne für grössere Horizonte. Stoned Jesus erinnern uns daran, dass Wachstum und Schwere keine Gegensätze sind, sondern Begleiter auf demselben langen Weg. Der Herbst hat seine Hymne gefunden.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/emSKuyFCmso