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Fasziniert vom brachialen Stil der 90er, der rohe Intensität mit groovigen Melodien verband, fanden die Münsterländer New World Depression ihre wahre Berufung. Auf ihrem siebten Album «Abysmal Void» erwecken sie die wütenden Geister der Erde und des Meeres, um das Versagen der Menschheit, mit Texten über Selbsttäuschung, Gier, Zerstörung und Krieg, anzuprangern.
Die Abrechnung der deutschen Death-Metaller ist ehrlich, brutal, ungefiltert und gnadenlos. «Abysmal Void» setzt mit zehn Songs die düstere thematische Reise fort, die 2020 mit «Descent» aufgenommen und durch «Interment Of Sins» (2023) fortgesetzt wurde. Auch musikalisch bleibt der Fünfer um Sascha "Hütte" Twardon (v), Julian Schulz (g), Ritchie Bellis (g), Stefan "Sig" Plüth (d) und Sascha Müller (b) seinen Oldschool Death Metal-Wurzeln treu. Allerdings erhalten die Tracks zusätzlich die richtige Dosis Groove, mehr Atmosphäre und Tiefgang.
Auch wenn New World Depression sich seinerzeit für den Underground entschieden haben, wäre diese Platte der unaufhaltsame Weg nach oben. Dieser Weg wurde allerdings schon mit den beiden Vorgängeralben beschritten, die in der Presse und Fankreisen nur gute Kritiken erhielten. Das wiederum führte zu regelmässigen Auftritten bei Festivals und Supportshows für gestandene Acts der Szene wie LIK, Sinister, Uada oder Vader. «Abysmal Void» macht definitiv keine Gefangenen und surft soundtechnisch irgendwo zwischen Asphyx, Bolt Thrower und Obituary. Die Songs sind stets brutal aber keinesfalls eintönig.
Jeder Track besticht durch Tempowechsel oder auffällige Gitarrenriffs und Hooklines. Der Soundtüftler Jörg Uken hat den Longplayer in seinem berühmten Soundlodge Studio in Ostfriesland, das in Death Metal-Kreisen einen ausgezeichneten Ruf geniesst, schliesslich zur Perfektion gebracht. New World Depression treiben die Menschheit mit all ihrer musikalischen Expertise an den Rand des Abgrunds. Wenn man sich das DM-Inferno von «Abysmal Void» aber als Warnung anhört, schafft man vielleicht die rettende Umkehr, ohne zu springen.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/vqPkIwREBBI
Mit neuem Label im Rücken stellt uns die Kanadische Formation Mason ihr zweites Album «Seconds To Impact» vor. Wie bereits auf dem Debüt «I Can't Wait» widmet man sich dem gepflegten Melodic Rock / AOR.
Mainman, Namensgeber, Sänger, Bassist und Gitarrist der Band ist Marcus Mason. Zusammen mit drei fixen Mitstreitern und einer Vielzahl an Gastmusikern hat er ein vielschichtiges Album fabriziert. Zwischen rockigen und balladesken Klängen ist die Bandbreite des Genres umfangreich abgedeckt. Mit 13 Tracks ist dabei aber nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität gewährleistet. Musikalisch erfüllen die Musiker zweifellos sämtliche Anforderungen die erwartet werden und die zur Umsetzung der Genre Trademarks nötig sind. Stellenweise klingen diese aber auch ein wenig steril.
Songtechnisch hat Marcus astreine Melodiebögen aus dem Hut gezogen. Diese werden mit klar strukturierten Hooklines ergänzt. Am Schluss fehlt aber trotzdem der Wiedererkennungswert der Tracks. Eigentliche Highlights sind kaum zu identifizieren. Man hinkt so der Speerspitze ein gutes Stück hinterher. Melodic Fans mit Vorliebe Loverboy, Toto oder Honeymoon Suite sollten aber unbedingt ein Ohr riskieren.
Chris C.
https://www.youtube.com/embed/AsK-wxDaOOo
Es ist das vierte Album der Franzosen Rising Steel und eines, das zumindest bei mir einen eher zwiespältigen Eindruck hinterlässt. Ansonsten, und das ist bekannt, bin ich ein Freund der französischen Metal Bands, aber rein Song technisch bleibt hier auf «Legion Of The Grave» selten was hängen.
Irgendwo zwischen Metal Church, Wolf und Vicious Rumors haben sich die Herren um Sänger Emmanuelson musikalisch eingegliedert, ohne die Faszination dieser Truppen zu erreichen. Klar, mit den flotten «King Of The Universe» lassen die Jungs aufhorchen. Einen Moment, den sie mit dem sehr an alte Metal Church angelegtes «Black Martin» schnell wieder zur Ernüchterung bringen. Klar ist es schwierig, in diesem Metier noch was Bewegendes zu kreieren, da eigentlich schon alles gesagt worden ist. Aber mit «Nightmare» und «Night Vision» sind einfach zu wenige Lieder auf der neuen Scheibe vertreten, welche das Album zu Kracher machen…
Tinu
https://www.youtube.com/embed/cih0sU2ipsM
Auch nach fünfzehn Jahren betrachten MAN WITH A MISSION das Genre noch immer als Spielwiese und «XV E.P. Across the Globe» fängt diese rastlose, stadiontaugliche Energie in einem kompakten Halb-und-Halb-Format mit vier neuen Studio-Aufnahmen und einer Explosion von Live-Adrenalin ein. Ich hatte nur Zugang zur 8-Track-LP-Konfiguration, daher konzentriert sich diese Rezension auf diese Version.
Seite A ist die Visitenkarte. «Vertigo» beginnt mit einem hellen, kantigen Hook und einer Rhythmus-Gruppe, die wie moderner Alternative Rock knallt – geschmeidig, druckvoll und perfekt zum Mitsingen geeignet. «Circles» dreht sich um Aufbruchstimmung, stapelt klare Melodien und einen breiten, mit erhobenen Armen gesungenen Refrain, ohne dabei an Biss zu verlieren. «Reaching For The Sky» verwebt japanische und englische Phrasierungen mit einem lebhaften Dance-Rock-Motor. Scratches und Elektronik werden dabei als Akzente und nicht als Krücken eingesetzt (Exotisch). «Whispers Of The Fake» verlangsamt den Herzschlag zu einer emotionalen Rockballade, deren Refrain hochfliegend, aber nicht sirupartig ist, heisst intelligente Dynamik, klare Gitarren-Filigran-Arbeit und ein Gesang, der tatsächlich atmet. Auf Seite B explodieren die Aufnahmen aus Mexiko-Stadt.
«Into The Deep» ist der Beweis für das Konzept: Die Menge tobt, die Drums drängen nach vorne und Rap-Rock-Kadenzen verschmelzen mit Gitarren-Riffs. «Merry-Go-Round» rollt mit Groove und Bounce dahin. Auch wenn man die Sprache nicht versteht, überzeugt die Kadenz. «Seven Deadly Sins» ist ein echter Ohrwurm: eine straffe Call-and-Response-Phrasierung mit schwerem Swing. Der letzte Titel «Kizuna no Kiseki» trifft genau den Sweet Spot der Siegesrunde und verwebt traditionelle Klänge zu einem Rock-Chassis für eine grosse, gemeinschaftliche Entfaltung. Der rote Faden ist Vielfalt ohne Sprünge. Man hört verschiedene Songwriter am Werk, doch die Identität bleibt erhalten: präzise Riffs, rhythmische Arrangements und Refrains, die zum Mitgehen einladen. Die Produktion hält die Studio-Titel glänzend und radiotauglich, während die Live-Hälfte roh genug bleibt, um die Atmosphäre des Raumes zu spüren.
CD vs. Vinyl: Was ist der Unterschied? LP (8 Titel, transparent magenta): vier neue Studiotitel (A-Seite) und vier Live-Aufnahmen aus Mexiko-Stadt (B-Seite). Dies ist die Version, die ich vorab gehört habe. Dabei gefällt mir die B-Seite um Längen besser. Die CD (vierzehn Titel) enthält denselben Kern plus zusätzliches Live-Material, darunter «Blaze – Acoustic Ver.», «Dark Crow», «Dead End In Tokyo» und «My Hero», sowie zwei exklusive Bonus-Live-Tracks von der «Play What U Want Tour 2025»: «Reaching For The Sky» und «Vertigo». Fazit: Als Jubiläums-Moment-Aufnahme ist die LP schlank und überzeugend, während die CD sie zu einer Mini-Live-Anthologie erweitert. Wähle die Vinyl-Platte für den konzentrierten Punch oder die CD für das umfassendere Tour-Dokument.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/oKLAVS0zfZw
APPALOOZAs «The Emperor Of Loss» trifft mit der Wucht eines schweren Grunge-Albums: Es ist roh, aggressiv und von einer Dunkelheit durchdrungen, die nur selten nachlässt. Vom ersten bis zum letzten Ton strotzt es vor hämmernden Riffs und tribalistischen Rhythmen, die sich um Themen wie Gefangenschaft, Trauma und innere Konflikte drehen.
Die Texte stehen eindeutig im Mittelpunkt und zeichnen ein lebhaftes, wenn auch beunruhigendes Bild von Gefangenschaft und Identitätsverlust. Allerdings liegt die Stärke dieses Albums nicht in der Melodie. Seine Kraft liegt in seiner rohen Gewalt und zermürbenden Intensität, nicht in eingängigen Hooks. Der Gesang, ein tiefer und beeindruckender Bariton, passt zum Konzept, hat mich emotional jedoch nicht gepackt. Für Hörer und Hörerinnen, die sich zu roher Härte und konzeptorientierter Entschlossenheit hingezogen fühlen, gibt es hier viel zu entdecken.
Ich persönlich fand das Album eher faszinierend als unterhaltsam. Die Atmosphäre ist bedrückend, der Sound bewusst aggressiv. Obwohl das vielleicht genau der Sinn der Sache ist, hat es mich eher kaltgelassen als gefesselt. Ich kann die Ambition und die emotionale Tiefe hinter der Musik respektieren, werde sie mir aber nicht noch einmal anhören. Die Band live zu sehen, reizt mich auch nicht besonders. «The Emperor Of Loss» ist ein interessantes, kompromissloses Hörerlebnis, das jedoch eher für diejenigen geeignet ist, die Intensität gegenüber Melodie bevorzugen.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/L4qDvrjgI2g
Wer sein Album «Forever Winter» tauft, wird entweder aus Finnland oder Norwegen stammen. Korrekt, denn UNÉN sind aus Helsinki und lassen die Zuhörer mit einer "kalten" Mischung aus symphonischen Metal und modernen Tunes allein im Regen stehen.
Dies alles garniert mit einer fetten, melancholischen Lackierung, welche Fans von Evanescence sicher an den "Hörtisch" bringen wird. Dabei wird das "schwarze Herz" («Black Heart») ebenso besungen, wie der "Himmel" («Sky») oder das "das Spiel ist vorbei" («Game Over»). Die "Eiskönigin" («Ice Queen») wandert mit der "Rose" («Rose»), "verschwunden" («Disappear») zum Tag, an dem "ich dich immer finden werde" («I Will Always Find You»). Eben, alles versehen mit einem traurigen Pathos in der Musik, die sicherlich keinen Arsch tritt, sondern einen in eine "traurige" Welt entführt. Für Spotify-Fans sicher eine Truppe, welche die Playlist bestücken wird, denn mit den feinen Chören zu «Forever Winter» haben die Dame und die Herren in ihrem Genre einiges Potenzial aufzuweisen.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/J4IN_tFoHlQ
CRIME wurden in den 90er-Jahren gegründet und stammt aus der schwäbischen Stadt Geislingen an der Steige. Man veröffentlichte 1993 und 1995 zwei Alben. Dann verschwand die Band und tauchte erst 2022 mit dem Neustart «Master Of Illusion» wieder auf.
Nun steht drei Jahre später der Nachfolger «Cold Air» in den Startlöchern. Und der beginnt stark mit «Break Down The Walls», Sänger Francis Soto überzeugt mit kräftiger Stimme, die sofort klarmacht, dass man hier den Gesang im Vordergrund setzt. Der melodiöse Opener gefällt schon beim ersten Anhören. Auch das folgende «For King And Country» ist ein klasse Hard-Rocker, erinnert etwa an Sinner. Der schnelle Titeltrack erinnert mich ein wenig an Saxon, sehr cooler Song mit viel Dampf. Bei «Back On The Streets» kommen mir die alten Stormwitch in den Sinn, aber trotz der Parallelen klingen die Deutschen immer noch eigenständig.
Zudem beeindruckend, mit was für tollen Gesangs-Melodien die Jungs hier aufwarten. «Your Chance To Live Is Now» beginnt mit einem gefühlvoll gespielten Gitarren-Solo, bevor Guest Jeff Scott Soto mit kräftiger Stimme für Gänsehaut-Momente sorgt. Sehr gute Power-Ballade, die die Deutschen hier abliefern. «Unchain My Soul» könnte glatt auf einem älteren Dio-Album zu finden sein. Was die Geislingener hier mit «Cold Air» abliefern, ist ein echt starkes Album, denn die sind Songs befinden sich durchgehend auf einem hohem Niveau, veredelt mit grossem Melodie-Anteil. Zeitloser Hard Rock, der einfach Spass macht.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/Kdf-aDbJvPc
Dem eisigen Herzen Finnlands entsprungen, haben sich WOLFHEART über die Jahre zu einer der führenden Melodic Death Metal Bands entwickelt. Die Truppe wurde 2013 vom visionären Multi-Instrumentalisten Tuomas Saukkonen gegründet und sorgte mit ihrer musikalischen Mischung aus nordischer Raserei, Metal und winterlicher Atmosphäre direkt für Aufsehen in der Szene.
Die Eleganz der finnischen Landschaft ist in Wolfhearts Musik omnipräsent: trist und poetisch, kühl und dennoch emotional greifbar. Dabei prallen in ihren Songs häufig Themen wie Natur, innere Kämpfe und Widerstandsfähigkeit aufeinander, die durch symphonische Elemente sowie dem gewaltigen DM-Grundton dominiert sind. Nun meldet sich die Truppe um Saukkonen mit einer EP namens «Draconian Darkess II», dem Nachzügler ihrer aktuellen Scheibe, zurück. Die Kurzplatte umfasst mit «Carnivore» und «Forefathers» zwei brandneue Kompositionen, eine Orchestral-Nummer («Grave»), eine malerische Akustik-Version von «Tha Gale» sowie einen gewaltigen Livetrack, der die Scheibe abrundet.
Letzterer, also «Burning Sky», soll die gerne erwähnte Bühnenpräsenz der Band nach Hause transportieren. «Draconian Darkess II» ist ein rundum gelungenes Statement, das die Kernessenz der Band gekonnt einfängt: nordische Melancholie trifft auf ein melodisch-kraftvolles Soundgewand und zeigt, dass die Combo noch lange nicht genug hat. Egal, ob langjähriger Fan oder Neuankömmling in dieser frostigen Welt, «Draconian Darkness II» ist Pflicht für die gesamte Melo Death-Anhängerschaft, denn es bietet ein grosses Mass an Schönheit, Brutalität und Emotion.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/j2pWWPcIsy8
Das kanadische Progressive Rock Duo Cody Bowless (Schlagzeug) und Kevin Comeau (Gitarre, Bass, Tasteninstrumente) legt hier unter dem Banner von CROWN LANDS mit «Ritual I» und «Ritual II» zwei stille Instrumental-Alben hin.
Waren die ersten Alben «Crown Lands» (2020), «Odyssey Vol. 1» (2022) und «Fearless» (2023) noch erfüllt von virtuosen Gitarren-Soli, Synthie-Klängen und der kraftvollen Stimme von Cody, geht «Ritual» den ruhigen Weg. Beschäftigen wir uns zuerst mit «Ritual I». Hört man den sich den ersten Song «Dawn» an, so klingt das wie Meditationsmusik. Zarte Tastentöne und sehr ruhige Gitarrenklänge laden zum Entspannen ein. Noch ruhiger mit Flötenklängen wird’s bei «Vigil». «The Storm» wird dominiert von knarzigen Gitarren, pulsierenden Synthies sowie Didgeridoos und hypnotischen Drums, erinnert an die Kultur der Aborigines. In eine ähnliche Richtung geht auch «Dusk».
Das Ende von «Ritual I», «The Serpent», hat mit den ruhigen Drums, Flöten und Xylophon fast eine hypnotische Wirkung. «Ritual II» unterscheidet sich musikalisch nicht wirklich vom ersten Teil. Ausser, dass vielleicht die Gitarre etwas mehr an Dominanz gewinnt, was schon beim Opener «Tempest» zu hören ist. Dominant sind aber auch hier die Flöten und die etwas arabisch klingenden Drums. Wobei das folgende «Respite» sehr asiatisch klingt. Dennoch muss ich sagen, dass die instrumentale Musik der Kanadier mit der Zeit etwas öde wirkt. Zum Entspannen und Meditieren eignet sich die Mucke durchaus, aber ansonsten klingt das Ganze für mich zu eintönig, muss aber jeder für sich selber entscheiden.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/LVduTL35rW8
Wenn eine Band von Veränderung, ja gar einem Neuanfang spricht, ist das für die Fans nicht immer einfach. Im Fall von ORBIT CULTURE schon gar nicht, denn sie kehren aus dem eisigen Norden mit einer neuen Platte zurück und die soll zünden.
Das Quartett um Gitarrist und Sänger Niklas Karlsson, Richard Hansson (g), Fredrik Lennartsson (b) und Schlagzeuger Christopher Wallerstedt stammt aus der schwedischen Stadt Eksjö, und hat sich über die Jahre zu einer globalen Grösse im Metal entwickelt. Die Riffs aus Thrash, Death Metal und Industrial, gepaart mit eingängigen Hooks und einer vielschichtigen Atmosphäre, stehen für etwas ganz Eigenständiges. Der Opener «Inferna» überzeugt von den ersten Sekunden an mit extrem abgehacktem Melodic Death Metal und einem kraftvollen Mix, der die Gewalt der Riffs perfekt zur Geltung bringt, aber auch die viel majestätischeren Refrains, die durch Keyboards verstärkt werden.
Niklas' Vocals wechseln meisterhaft von intensiven Growls hin zu Clean-Gesang, aber erst während «Bloodhound» wird die wahre Kraft entfesselt, wenn der Rhythmus für Wellen der Wut sorgt. «Inside The Waves» besticht durch ausgefeilte Harmonien und lebhafte Mosh-Parts, bevor «The Tales Of War» einen Moment zum Verschnaufen lässt. «Hydra» hingegen überwältigt mit einer Modernität, die sowohl kompakt, als auch eingängig ist und mit Sicherheit zu intensivem Headbanging führt. «Nerve» kehrt eher zu oldschooligem Melodic Death Metal zurück, wobei das Tempo variiert wird, um die rasende Dynamik aufrechtzuerhalten, ebenso wie der Titeltrack «Death Above Life», der ebenfalls Noise-Elemente enthält, aber auch scharfe Leads, die einen konstanten groovigen Rhythmus verfolgen.
Das letzte Drittel wird mit «The Storm» eingeläutet, abgelöst durch «Neural Collapse», das einen eher beruhigenden Moment des Zögerns beinhaltet, bevor es wieder imposant zur Sache geht. So auch beim Rausschmeisser «The Path I Walk», der eine melancholische Einleitung zu bieten hat, sich im Anschluss in eine berauschende Progression verwandelt. Angesichts ihres wachsenden Rufs wurde «Death Above Life» mit grösster Spannung erwartet, und garantiert lässt sich sagen, dass die Platte weder Meilenstein noch enttäuschend ist. Die Band beweist einmal mehr, dass sie Feuerkraft besitzt, und den Mut hat, ein paar musikalische Risiken einzugehen.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/4Z5KP0qRS3M
Also, Gitarren spielen kann er, der MICHAEL SCHENKER und mit seiner Begleitband, bestehend aus Bodo Schopf (Drums); Steve Mann (Gitarre, Keyboard) und Barend Courbois (Bass) sowie den Sängern Erik Grönwall, Robin McAuley, Michael Voss und Dimitri "Lia" Liapakis, brennt auch nichts an.
Speziell wenn Robin bei «Eye Of The Storm» und «Sixstring Shotgun» das Mikrofon in den Fingern hält. Auch das schmissige «It’s You» mit Lia vermag zu überzeugen. Mit dem schnellen «Surrender» und den angesprochenen Tracks sind die Highlights schnell aufgezählt. «Don't Sell Your Soul» ist kein schlechtes Album, aber ein vorhersehbares, bei dem Michael brilliert (spielerisch), aber nicht glänzt (songtechnisch).
Ja, er kann seinen Klang nicht verleugnen, muss er auch nicht, aber von einer Glanzleistung ist diese Scheibe doch ein Stück weit entfernt. Trotzdem darf sich jeder Hard Rock Fan diese Scheibe zulegen und geniessen. An die Klassiker, wie zum Beispiel der ersten Studio-Scheibe, reicht «Don't Sell Your Soul» aber nicht heran.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/t5ib9xwpaWk
THE VINTAGE CARAVAN öffnen Portale wie neonfarbene Geoden und lassen die Farben überall versprühen. Siebzehn Stücke, darunter fünf kurze Zwischenstationen mit den Titeln «Portal I–V», verbinden die Reise zu einem Ganzen, sodass man zwischen Fuzz-Ausbrüchen, Hammond-Dunst und trommelgetriebenem Schwung verschnaufen kann.
Es beginnt mit «Philosopher», bei dem Mikael Åkerfeldts herbstliches Timbre über akustischem Nebel schwebt, bevor die Band den Schalter umlegt und die Lichter aufleuchten, ein eleganter Handschlag zwischen Prog-Kontemplation und isländischem Donner. Von da an schnurrt und knurrt der Motor des Trios. «Days Go By» ist ein tiefes Pochen und ein Riff, das den Kopf zum Nicken bringt, quasi eine Fata Morgana auf der Autobahn, die sich immer wieder in neue Formen auflöst. «Here You Come Again» zieht die Schrauben fest: Bass und Schlagzeug schnappen in Formation, während sich Óskar Logis Lead-Linien wie Weihrauch kräuseln. «Current» schwebt als Halb-Ballade herein und schwillt zu einer Sturmflut an.
«Crossroads» antwortet mit lanternenbeleuchtetem Klassizismus. Eine Melodie, die an die 70er Jahre erinnert, ohne sich in diese Zeit zu verkleiden. Dank dieser Zwischenspiele fühlt sich das Album filmisch an: Kleine Wurmlöcher aus Flöte, Feldgeräuschen und Bandrauschen setzen die Pupillen vor jeder Szene zurück. Das ist kein Wunder, denn das Album wurde bei Arda Recorders in Porto analog aufgenommen und die Wärme liegt in der Holzmaserung, nicht im Filter. Das Rhythmus-Team (Alexander Örn Númason und Stefán Ari Stefánsson) hält alles elastisch: die Hüften im Takt, den Herzschlag im Visier. Wenn sie beschliessen, Vollgas zu geben, schlägt «Riot» wie Stoner-Pulswellen durch Beton, dann glimmt und flammt «Electrified».
Der Rausch ist wunderschön. «My Aurora» öffnet ein Fenster zur Nachtluft. Man nimmt akustisches Schimmern, Atem und Raum wahr, bevor «This Road» einen mit einem grinsenden, staubigen Groove nach Hause schleudert. Immer wieder brechen Funken auf wie Zeppelins ungestüme Kraft, Purples funkelnder Orgelzauber und Floyds grenzenlose Weite, aber die Handschrift ist ihre eigene, heisst erdig, melodisch und freudig lebendig. «Portals» besucht nicht nur alte Räume, sondern baut neue und verkabelt sie für zukünftige Stürme. Dieses Album ist ein wahres Leuchtfeuer.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/7a5loP5tjp8
2021 veröffentlichten Udo Dirkschneider und seine alte Gang eine EP, bei welcher der Erlös zu Gunsten von Tontechnikern und Crew-Mitgliedern zur Verfügung gestellt wurde, da Corona ein Arbeiten für sie unmöglich machte. Was sich damals mit DIRKSCHNEIDER & THE OLD GANG als kurzweiliges Projekt ansehen liess, hat nun einen Nachfolger in Form eines zwölf Song starken Tonträgers gefunden.
Udo hat zusammen mit Peter Baltes (U.D.O., Dirkschneider, ehemals Accept), Stefan Kaufmann (ehemals U.D.O. und ehemals Accept), Matthias Dieth (ehemals U.D.O.), Sven Dirkschneider (U.D.O., Dirkschneider) und Manuela Bibert einen richtigen Klassiker veröffentlicht. Dabei sind speziell die Gesangs-Parts hervorzuheben, welche sich Udo, Manuel und Peter teilen. Im Titeltrack werden diese arabischen Elemente nicht nur von den Gitarren und der Rhythmus-Sektion bestens umgesetzt, sondern auch durch den magischen Chor.
Dass sich dabei einiges nach U.D.O. anhört ist klar, macht aus dem Werk aber keine Kopie. Dazu sind die Tracks zu stark. Böse erklingt «Hellbreaker», melodisch «Time To Listen», balladesk «Stranger In Paradies» (Gottgleich die Stimme von Manuela!), giftig «The Law Of A Madman», schnell «Metal Sons», noch schneller «Propaganda» und hymnisch «Batter The Power». Interessant wie der Schlusstrack «Beyond The End Of Time» startet und (k)ein Schelm, der sich nicht unweigerlich an «Princess Of The Dawn» von Accept erinnert fühlt.
DATOG haben eine Scheibe veröffentlicht, die alle U.D.O. und Dirkschneider Fans völlig begeistern wird. Gesanglich bietet diese Scheibe einiges, speziell dann, wenn alle drei Sänger gleichzeitig zum Mikrofon greifen. Die Gitarren-Front überzeugt auf der ganzen Ebene und rhythmisch brennt sowieso nichts an. «Babylon» ist ein grandioses Werk geworden, sprich von Freunden denen man anmerkt, dass sie einen unglaublichen Spass an den Songs haben.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/neEh2GrGvOo
Vier Jahre nach dem Album «The Tritonus Bell», das jeden Fan vom Hocker gehauen hat, öffnen HOODED MENACE zum siebten Mal die Tore zur verdorbenen Unterwelt des Death-Doom Metals.
«Lachrymose Monuments Of Obscuration» knüpft direkt an die musikalische Entwicklung der Band des Vorgänger-Albums an. Lasse Pyykkö beeindruckt als Mastermind hinter dem Album mit den meisten Songwriting-Credits, jeglichen Gitarren, Bass und Keyboard. Pekka Koskelo sitzt seit der zweiten Scheibe hinter den Drums und verspricht jeher einen dröhnenden Krawall.
Das "neuste" Mitglied Harri Kuokkanen, wenn auch schon fast zehn Jahre dabei, beweist mit seiner grollenden Stimme wieder einmal, wieso er zu Recht den Gesang übernommen hat. Mit Gastmusiker Antti Poutanen wird auf zwei Songs ein Cello inkorporiert, was im sonst sehr brutalen Sound eine epische Atmosphäre kreiert. Hinter der Cover-Artwork steckt wieder ein bekanntes Gesicht mit Wes Benscoter (Slayer, Cattle Decapitation), welcher nach «The Tritonus Bell» nun mit schauderhaften Geistern und dämonischen Fledermäusen einmal mehr den Nagel auf den Kopf getroffen hat.
Die 80s-Influenzen sind sowohl auf dem Cover, als auch auf den Gitarren kaum zu übersehen, respektive zu überhören. Nach einem W.A.S.P. Cover («The Torture Never Stops») auf dem letzten Album (The Tritonus Bell, 2021) versuchen sich die Finnen nun am Duran Duran Hit «Save A Prayer». Während Covers von Pop-Songs in der Metal-Szene keine Seltenheit mehr sind, kommt es dabei kaum vor, dass die Neuinterpretation gar das Original übertrifft. Es scheint, als werde die Band mit jedem Album wagemutiger.
Hooded Menace kombinieren die Dramatik von Candlemass gekonnt mit Growls und Drums aus dem Handbuch von Entombed. So schreiten sie noch mehr in die Richtung von Power Metal im Death-Doom Korsett, den man so vor ihrem letzten Werk selten gehört hat. Während «Lachrymose Monuments Of Obscuration» nicht ganz an die brutale Intensität des Vorgängers heranreicht, beweist es jedoch die künstlerische Kreativität und Fähigkeit des Trios. Ein heiss erwarteter Release und das zurecht!
Leo H.
https://www.youtube.com/embed/eylIsTVj5U0
TEN56. sind gekommen, um die Macht zu übernehmen. Die Band um Sänger Aaron Matts, Schlagzeuger Arnaud Verrier, Bassist Steeves Hostin und den Gitarristen Quentin Godet und Luka Garotin bieten auf «IO» eine treibende Absichtserklärung.
Von der wilden Heftigkeit ihres industriell angehauchten Deathcore bis hin zur blutigen Intensität von Matts brutalen Texten haben sich Ten56. einen Ruf als Band erarbeitet, die keine Gefangenen macht, keine Rücksicht und kein Blatt vor den Mund nimmt. «IO» ist der musikalische Angriff auf die Barrikaden der Heavy Metal Welt. Viszeral und unerbittlich, aber dennoch reichhaltig geschichtet und gekonnt komponiert, verbirgt die Platte in jedem seiner zwölf Songs knirschende Grooves und knorrige Melodien, die immer tiefer in eine Geschichte von sich verschlechternder psychischer Gesundheit und bröckelnder Bindung an die Gesellschaft wie das Selbst hinabsteigen.
Inhaltlich beschreibt das Album eine Reise, die damit beginnt, dass man von bestimmten Menschen ausgenutzt wird, dann Gefühle der Rache wie Selbstzweifel aufkommen, die schliesslich in Selbstreflexion und Offenbarung enden. An jeder Ecke lauern Albträume von purer Gewalt: vom Eröffnungstrack «Doormat» über den beunruhigenden Titel «Banshee», bis hin zur Barbarei des rachsüchtigen Fiebertraums «Pig» und dem stalkenden Schocker «I Know Where You Sleep». Stimmlich ist Sänger Matts sehr breit aufgestellt und nennt dabei Frankie Palmeri von Emmure und Eminem als vielfältige, akustische Einflüsse auf seinen Gesang.
Bei früheren Veröffentlichungen wollte die Band einfach nur das lauteste und schockierendste Zeug produzieren, das sie konnte. Für «IO» hat der Fünfer definitiv einen Schritt zurück gemacht, um über Struktur, Hooks und Mitsing-Refrains nachzudenken. Aber keine Angst, die Platte behält jeden Zentimeter des Schockwerts von Ten56. Das zeigt sich an den kreischenden Elektronik-Klängen von «Icu», den hämmernden Blastbeats von «Good Morning» und sogar in dem komisch-schrillen Infomercial-Sketch von «Lifeisachore.mov». Keine Kompromisse bis zum bitteren Ende. Das ist die Machart von Ten56.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/_YVP49n2bY4
Nach acht langen Wintern der Stille entfaltet Andreas Hedlund, eine der grossen Stimme des Nordens, erneut sein Banner unter dem Namen VINTERSORG. «Vattenkrafternas Spel» (‘Das Spiel der Wasserkräfte’) kommt daher wie ein Langschiff, das durch eisige Fjorde bricht: majestätisch in seiner Vision, doch durch die Schnitzereien an seinem Rumpf zuweilen etwas schwerfällig.
Das Album beginnt mit «Efter Dis Kommer Dimma», einer sturmgeprägten Hymne, in der harte Growls mit hohen, klaren Vocals kollidieren und den Spirit der Band aus den späten 90ern transportieren. Tracks wie «Störtsjö» und «Malströmsbrus» beschwören die rohe Folk-Black-Metal-Energie herauf, mit der sich Vintersorg zunächst eine treue Fangemeinde aufgebaut hat. «Från Djupet Dunstar Tiden» verbindet Melodie und Wildheit auf eine Weise, die an «Till Fjälls» erinnert, ohne es zu wiederholen. Diese Momente brennen wie nordisches Feuer im Frost (Mein Anspieltip).
Es gibt auch durchaus überraschende Momente, wie etwa, wenn sich in der Mitte von «Ur Älv Och Å» das Sturmgetöse senkt und Vintersorgs Stimme klar und hymnisch hervortritt. Diese Passage wirkt wie ein Innehalten des Flusses selbst: Sie ist getragen, melancholisch und voller Weite. Sie bildet einen Kontrapunkt zum drängenden Metal, verleiht dem Lied Tiefe und lässt für einen Moment Natur und Gesang eins werden.
Doch die Odyssee bleibt nicht frei vom Mahlstrom. Die Produktion ist dicht wie eine Mauer und lässt wenig Raum zum Atmen. Die Drums wirken mechanisch und die allgegenwärtigen Keyboards übertönen manchmal zusehr die schärferen Kanten der Riffs und des Gebrülls. Während frühere Alben ein Gleichgewicht zwischen Fortschritt und Urkraft fanden, schwankt das Pendel hier unruhig zwischen Grösse und Konvention, zwischen Experiment und Zurückhaltung.
Dennoch ist die Essenz von Vintersorg intakt. Die schwedischen Texte verweben Mythos und Natur zu einer Atmosphäre, die keiner Übersetzung bedarf, und Hedlunds unverwechselbare Stimme führt die Zuhörer und Zuhörerinnen wie ein Skalde über Wind und Wellen hinweg. «Vattenkrafternas Spel» erobert vielleicht keine neuen Königreiche, bleibt aber ein würdiges Kapitel in einer drei Jahrzehnte langen Saga, sprich ein Album von frostiger Grösse, kein makelloses Epos, das dennoch viele dazu aufrufen wird, erneut die Segel zu setzen. Also alles in allem eine solide Rückkehr, wenn auch nicht ganz die erhoffte Sturmflut.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/GgoNqQkJh9Y
Mit EPs ist es immer so eine Sache. Geht es wirklich darum, den Fans die Wartezeit auf eine neue Platte zu verkürzen oder das Geld aus der Tasche zu ziehen? Nun, diese Frage muss sich jeder Fan vor dem Kauf selbst beantworten. Die schwedische Dark Melodic Metal Truppe ELEINE schickt jedenfalls die EP «We Stand United» ins Rennen.
Ihr Slogan: einen Vorgeschmack auf das, was kommen wird, wo sie aktuell stehen und einen Blick auf die Vergangenheit. Neben Madeleine Liljestam (v) und Rikard Ekberg (v,g) ist Victor Jonasson (g) im festen Line-up der Band. Das wirklich gelungene Album-Cover stammt aus der Zusammenarbeit von Nestor Avalos und Madeleine Liljestam. Auf dieser EP präsentieren Eleine zum ersten Mal zwei Live-Tracks, da sie angeblich erst bei Liveauftritten als Band wirklich aufblühen. So gibt es neben einem Intro, das doch mehr Lückenfüller als Song ist, vier Songs auf «We Stand United» zu hören.
Der Einstieg macht der Stampfer und Titeltrack, der besonders in Sachen Gitarren-Parts an das später folgende «We Are Legion» erinnert. Letzterer gibt es wie gesagt als Live-Version, und wurde wie «Never Forget» am "Masters Of Rock" 2024 aufgenommen. In symphonischem Kleid kommt schliesslich noch «Promise Of Apocalypse» daher, ein Song, der vom 2023er Album «We Shall Remain» stammt. Für Fans von Eleine sicher eine Platte, die man kaufen kann, da sie neue Versionen und Live-Mitschnitte ihrer Songs enthält. Wer warten mag, kann sich durchaus ihre alten Sachen anhören, denn dabei kommt man definitiv auch auf seine Kosten.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/bJh52FAZOEg
Dies ist das Debüt-Album des italienischen Progressive / Jazz-Duos ASYMMETRIC UNIVERSE. Ein instrumentales Gefrickel-Gewitter mit Sturmböen der Stärke zwölf. Oft klingen die Songs des Duos, als ob Dream Theater alle ihre Instrumente zusammen warmspielen und stimmen.
Es ist unglaublich schwer, bei den meisten Tracks da einen Song rauszuhören. Das Ganze kommt meistens sehr schräg rüber, und durch die Jazz-Einspielungen wird das dem Zuhörer nicht leichter gemacht. Hört Euch nur mal «Reaction – Overthrow» an. Das klingt wie das pure Chaos. «Thirst To Stars» ist zwar ein sehr ruhiger Song, mit Keyboard und sowas wie Klavier, ist aber nur eine kurze Verschnaufpause. Und «Dancing Through Contradictions» ist stark Jazz- und Fusion-lastig, mit seltsamen verzerrten und auch cleanen Gitarren.
Hat man die neun Songs am Stück gehört, brummt einem der Kopf. Natürlich beherrschen die beiden Italiener Nicolò und Federico Vese ihre Instrumente. Aber ihre instrumentale Musik verlangt auch dem härtesten Proggie alles oder zu viel ab. Ist Geschmackssache, aber hier wird eindeutig zu viel gefrickelt.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/FN_6WNQTS_g
Zwei Konstellationen teilen sich eine Umlaufbahn. Die Schweizer Instrumental-Reisenden Monkey3 und das Traum-Druiden-Trio Mars Red Sky aus Bordeaux lassen ihre Universen in «Monkeys on Mars» verschmelzen, einer im Studio entstandenen Allianz, die sich wie ein lebender Organismus verhält.
Anstatt Dateien auszutauschen und sich an ihre jeweiligen Bereiche zu halten, schreiben sie in die Wettersysteme des jeweils anderen. Diese EP mit zwei Songs und einer Länge von etwa 24 Minuten fühlt sich wie eine einzige kontinuierliche Übertragung aus der roten Dämmerung an.
«Seasonal Pyres» (ca. 11:00) beginnt mit einem gedämpften Motorengeräusch. Synthesizer flackern wie Telemetrie, Toms atmen und dann entfalten sich die Gitarren im Tandem: Boris formt weite, eisige Bögen, während Julien eine lyrische Gegenlinie einfädelt, die den Horizont immer näher rückt. Die Bässe graben parallele Gräben und komprimieren die Luft, während Becken in feinen, glitzernden Schichten herabschneien. Pras' Stimme ist eine tiefglühende Anrufung, die an den Rändern erscheint und verschwindet – weniger Frontmann als Phantom-Erzähler. Wenn der Break einsetzt, ist die doppelte Gitarrenstickerei der Höhepunkt: harmonisierte Aufstiege, antwortende Phrasen, langsam brennende Bends, die sich anfühlen, als würde sich die Schwerkraft unter den Füssen neigen. Es ist episch, jedoch ohne pyrotechnische Eitelkeit, aufgebaut auf Ton, Raum und Geduld.
«Hear the Call» (ca. 13:00) neigt die Waage in Richtung der progressiven Schwere von Monkey3: kantige Wendungen, kolossale Midtempo-Riffs und ein motorischer Sog, der den Puls immer weiter vorantreibt. Die Keyboards (Guillaume/dB) skizzieren einen leuchtenden Korridor durch die Masse und die Rhythmusgruppe wechselt zwischen Schweben und Vorantreiben. Die Gitarren eskalieren stufenweise – Oktavsprünge, modale Seitenschritte, anhaltende Schreie, die sich zu Kometenschweifen ausbreiten –, bis eine lange, singende Melodie über einem himmelweiten Akkordbett ihren Höhepunkt erreicht. Mars Red Skys krautige Melancholie durchzieht das gesamte Stück und verleiht ihm Kraft, Zweck und Pathos.
Was die EP auszeichnet, ist Integration statt Gegenüberstellung. Man hört die Einflüsse heraus – die cineastischen Grooves von Monkey3, die melodische Trübung und Kraut-Hypnose von Mars Red Sky –, aber die Übergänge sind fliessend. Die Produktion setzt auf Atmosphäre und Gravitation: tiefe Frequenzen pressen die Kuppel wie Mars-Stürme, Gitarren glühen mit eisenhellem Sustain, und der Gesang zieht vorüber wie Wetter über Regolith. Wenn es eine Einschränkung gibt, dann ist es die Forderung nach Aufmerksamkeit: Beide Epen entfalten sich erst bei vollständiger Wiedergabe, nicht in Ausschnitten.
Der Kontext ist wichtig: ein kurzlebiges Projekt mit bevorstehenden Shows, das über Mrs Red Sound (mit Unterstützung von Napalm) veröffentlicht wurde und aus jahrelangen gemeinsamen Auftritten und, ja, gemeinsamen Fuses in der Not entstanden ist. Auf der Platte ist es das Beste aus beiden Welten – ein Teleskop, das auf die Leere gerichtet ist – und im Zentrum seines Blickfeldes zwei Gitarren, die Konstellationen aus Feuer zeichnen, während die Band die Sterne bewegt. Es wird in dieser Konstellation auch einige Konzerte in der Schweiz geben.
Tip vom Autoren: Verpasst auch die zwei Special-Gigs von MONKEY3 im Planetarium Luzern am 12.–13. Dezember 2025 nicht – wenn „2025: A Space Odyssey – From the Origin of Life to the End of the Universe“ mit kosmisch-cineastischem Instrumentalrock, 360°-Kuppelprojektionen und immersivem 3D-Sound zur interstellaren Reise von der Geburt der Materie bis an die Ränder des Universums wird.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/qxAYbOjF0GY
Wer auf der Suche nach roher Death Metal Gewalt mit einem modernen Ansatz ist, wird bei CALL OF CHARON definitiv fündig. Die Band von Sänger Patrick Kluge (Dypressive, Ex-Bleeding Heaven), den Gitarristen Arthur Solich und Tobias Finkl (Death Comes in Waves), Christoph Knobloch am Schlagzeug und Bassist Alex Voss (Cadaver Disposal, Exumer, The Void's Embrace, Ex-Majesty) ist bereit für die nächste Etappe.
Ihr zweites Album «Tales Of Tragedy» schafft bereits beim einleitenden Sample «Devil In The Darkness» eine bedrohliche Atmosphäre, bevor es der Gewalt von «We Are One (An Ode To Murder)» weicht. Auch die weiteren Kompositionen bestehen aus geradlinigen und gnadenlosen Riffs, ergänzt durch geheimnisvollere Töne, wie zum Teil ausgefeilte Keyboard-Klänge. Die Gesangs-Parts verfolgen denselben vernichtenden Ansatz, wie auf «Ocean Grave» schön zu hören ist. Ab und an explodieren die Tracks, werden groovig und übernehmen Deathcore-Einflüsse, die die Wellen der Wut tragen.
Bei «The Demon King» wird das Tempo hochgefahren, sodass sich Doublebass und rasende Riffs unter Kluges Gebrüll duellieren, und die durchdringenden Leads ebenfalls dazu beitragen, den Track lebendiger zu machen bevor «Already Dead» einen verschnaufen lässt, bevor «Insomnia: Paranoia» wieder mit voller Geschwindigkeit über die Hörer hereinbricht. Die Schwere des Rhythmus steht im Kontrast zu den scharfen Leads, aber beide zögern nicht, sich zu einem synkopierten Sound zu vereinen. «Words Of Separation» besticht mit moderneren Samples im Hintergrund, die eine mysteriöse Atmosphäre schaffen, während der Track an Fahrt gewinnt.
«They Come At Night» zieht einen schweren Mantel des Grauens über die Zuhörerschaft, entschlossen, sie zu ersticken. Der Rausschmeisser «One More Day» macht die zehn komplett, und mischt gewalttätige Passagen mit einigen markanten wie melancholischen Momenten. Inspiriert von renommierten Bands beweisen Call Of Charon mit «Tales Of Tragedy», dass sie eine aufstrebende Kraft in der europäischen Szene sind und definitiv mit ihnen zu rechnen ist.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/x4z5r4GC2EQ
Dies ist die Best Of Doppel-CD der Schweizer Rocker SIDEBURN, die gleich loslegen mit dem rockigen «Devil's Daughter», gefolgt vom treibenden «Ghost Of 1980». Die Schweizer um das einzig verbliebene Original-Mitglied, Sänger Roland Pierrehumbert, toben sich musikalisch irgendwo zwischen AC/DC, Rose Tattoo und Krokus aus.
Schon als Genocide überzeugte man 1992 mit dem starken Album «Showtime». Nach der Umbenennung folgten acht Studio-Alben als Sideburn, aus denen man hier nun 37 Songs als Best Of zusammenstellte, wobei die letzten elf Tracks Live-Nummern sind. Und ich muss sagen, dass hier nicht eine schlechte Nummer zu finden ist. Die Jungs rocken durchwegs auf hohem Niveau mit viel Dampf und guten Melodien. Mir gefallen treibende Nummern wie «Hell On Wheels», auch wenn’s nach Krokus und Gotthard klingt. Auch das Rose Tattoo-Cover «Rock'n'Roll Outlaw» kommt gut und ist nah am Original. Oder das klasse «Six Feet Under», mit starkem Mitsing-Refrain, bleibt sofort hängen.
Auch gut das schnelle «Cherry Red». Das bluesige «Rockin' Chair» bringt eine willkommene Abwechslung. «Long Beard And Boogie» ist eine Hommage an ZZ Top, gut gemacht. Eigentlich ist es völlig egal, welchen Song man hier anspricht, da wirklich alle 37 Nummern Spass machen beim Anhören, auch wenn es mal sehr nach AC/DC klingt, wie bei «Frontline», sogar Def Leppard hinterlassen ihre Spuren bei «Turn Away». Ich denke, Sideburn ist hier eine starke Best Of gelungen, die einfach Spass macht und mit zeitlosem Rock überzeugt.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/Gl7q192094Y
Was an diesem Album von "gestern" sein soll, muss mir zuerst mal jemand erklären. Mehr als im Hier und Jetzt kann man mit diesen modernen Grooves von RUST'N RAGE nicht sein.
Die Finnen spielen zwar eine eigenständige Version von Sleaze Rock, den sie aber durch den Soundwolf drehen und dabei die Stimmen verfremden. Eine "normale" Produktion hätte hier viel Positives bewirkt. So bleibt jedoch eine Scheibe übrig, die eher für eine jüngere Fangemeinde Potenzial entwickelt. Was sicherlich auffällt, ist das high Energy-Level der Musiker, was man ihnen nicht absprechen kann. Trotzdem bleiben die Lieder auf der Strecke, und so bleibt nach dem Anhören der Tracks kaum was hängen. Wie auch, wenn man alles einer kalten, technischen Produktion unterzieht oder gar opfert.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/qRGwtiZfaiU
Während sie mit grossen Schritten den Untiefen entgegenmarschieren, lassen die finnischen Melodic Death Metal Legenden MORS PRINCIPIUM EST mit ihrem neuen Werk «Darkness Invisible» aufhorchen.
Kompromisslos finster und von feinen Melodien durchzogen, treiben die Finnen ihren charakteristischen Sound einmal mehr auf die Spitze. Unerbittliche apokalyptische Riffs, eindringliche Gitarren-Leads und lyrischer Nihilismus setzen ein klares Zeichen, dass in ihrer Welt Schönheit und Brutalität Hand in Hand gehen. Über sieben klassische Studio-Alben hat der Fünfer seine moderne Herangehensweise an den melodischen Death Metal immer wieder verfeinert. Mitglieder kamen und gingen, doch das Grundprinzip ihrer Musik blieb unverändert: rasiermesserscharfe Gitarren-Parts, dramatische Orchestrationen, melancholische Harmonien und unglaublich rhythmische Präzisionsarbeit, gekrönt von Ville Viljanens unverwechselbarem Gesang.
Des Weiteren sind die Sound-Architekten Jori Haukio (g/p), Jarkko Kokko (g), Teemu Heinola (b) und Marko Tommila (d) für das Soundgerüst von Mors Principium Est verantwortlich. Die Band wurde 1999 in Pori gegründet und gehört damit zu den dienstältesten finnischen MDM-Bands. Mit Fronter Viljanen als tragende Konstante ihres Line-ups wissen die Herren mittlerweile, wie man an eine Platte herangeht. Neben Kraft, Melodie und Aggression gibt es auch einen Teil Bombast, den sie gekonnt in den elf Songs verbauen.
So sorgt die Truppe dafür, dass die Zuhörer nicht abschweifen oder nachlassen und man den fast fünfzig Minuten langen Longplayer bewusst geniessen kann. Sogar die in der finnischen Landessprache gesungene Cover-Version von «Makso Mitä Makso», des sehr populären Pop-Sängers Isac Elliot, fällt nicht aus der Rolle. Aufgenommen wurde «Darkness Invisible» in den finnischen "Ansa Studios" und zwar von Jens Bogren (Mix) sowie Tony Lindgren (Mastering) in den "Fascination Street Studios" (Schweden) abgerundet. Mors Principium Est geben gewohnt Vollgas, dieses Mal jedoch in einem noch bombastischeren und emotional dynamischeren Sound-Gewand.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/LABclKN4-Gk
STAN BUSH ist eine feste Grösse im melodischen Hard Rock und AOR. Allein mit dem Hit «Love Don't Lie» (House Of Lords wurden damit zu gefeierten Stars) erreichte den Songschreiber und Bandleader Legenden-Status.
Mit dem fünfzehnten Studio-Album veröffentlicht der singenden Gitarrist genau den Sound, für den sein Name steht. Melodische Melodien mit der nötigen Härte und den entsprechenden Gitarren-Parts. Lieder wie «Runnin' The Gauntlet», «Prisoner Of The Heart», «Stand Or Fall» (den bringen selbst Journey heute nicht mehr besser ans Tageslicht!) und «No Surrender» werden alle Fans von Stan begeistert sein und solche, die es werden wollen und sollten.
Sein Gespür für die ideale Mischung aus Melodien und Härte hat er nicht verloren und präsentiert eine Scheibe, die bei den Metal-Fans sicherlich zum kollektiven Nasenrümpfen führen, aber den Hard Rock Fans feuchte Träume beschweren wird. Wer melodischen Sounds nicht abgeneigt ist, muss hier zugreifen und wird sich in den Welten von Stan auf jeden Fall wohlfühlen.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/LoKOEcqSqmg
Als wäre das Wetter nicht schon warm und schwindelerregend genug, spielen die Brasilianer JACK THE JOKER (was für ein komischer Name!) progressiven Metal, der einem völlig kirre zurücklässt.
Die Double-Bass-Drums donnern mechanischer als bei jedem Drum-Computer, die Sound-Salven sind verwirrter als mancher Blick der Zuhörer, und wohl nur diejenigen Fans, welche Dream Theater als "langweiligen AOR-Rock" einstufen, werden hier auf ihre Kosten kommen. Leichte Anleihen von Angra sind noch zu erkennen und schicken interessierte Zeitgenossen auf eine turbulente Reise von sich suchenden, eher abstossenden Melodien und sich duellierenden Gitarren-Parts, bei denen jeder der Bessere sein will. Ist «The Devil To Pay In The Backlands» darum ein konfuses Album? Auf jeden Fall eines, das völlig aus der Masse heraussticht und bei «Between The Sky Lines» sogar mit einem kurzen Klavier-Part, der an Queen erinnert, nach Luft schnappt.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/r2EqJh1zQdE
Hier haben wir sie, die Mischung aus Guernica Mancini (The Gems) und Nina C. Alice (Skew Siskin) und nennt sich Sandra Lian. Diese Lady verkörpert den Rock'n'Roll und schreit sich die Seele aus dem Körper. Hier bei VELVET RUSH wirkt nichts ausgesetzt, sondern verdammt authentisch und wird mit viel Schmackes vorgetragen.
Die Lieder liegen zwischen Thundermother, Skew Siskin und The New Roses, legen Feuer unter die Fingernägel und Blut auf den Saiten. Und nein! Die Truppe hat ihr komplettes Potenzial noch nicht ausgeschöpft und weist sicherlich noch welches nach oben auf, aber wer mit Liedern wie «Heart Of Stone» (was für ein Einstieg!), dem Titelsong, «Thrilled By Rock'n Roll» und «Find What You Would Die For» ins Rennen geht, stösst bei mir auf weit geöffnete Türen.
Richtig am Kleckern ist Sandra, wenn sie all ihre Emotionen bei «You Can't Take Away My Love» in die Waagschale wirft und mit einer unglaublichen Stimme alles zum Klirren wie Vibrieren bringt. Diese Power-Röhre verströmt auf «Trail Of Gold» pure Erotik, ungebremste Wildheit sowie kalkulierte Cleverness in einem und wird keinen kernigen Hard Rock Fan kalt lassen. Was für ein kompromissloses Debüt, mit einer klaren Ansage und der puren, gradlinigen Leidenschaft hin zum harten Rock!
Tinu
https://www.youtube.com/embed/WZCaI5p_ylw
REVOCATION kreieren extreme Musik für extreme Zeiten. Der in Boston aufgewachsene Gründer, Sänger und Gitarrist Dave Davidson und sein Kollege Ash Pearson (d) schreiben den neuesten Mitgliedern Harry Lannon (g/v) und Bassist Alex Weber die neue Energie und Intensität zu, die auf ihrer aktuellen Platte «New Gods, New Masters» spür- und hörbar ist.
Mit ihrem fünften Album für Metal Blade, liefert das Quartett neun kraftvolle und bedeutungsschwere Songs mit brutaler lyrischer und musikalischer Aussagekraft. Davidson ist fasziniert von der Entwicklung der künstlichen Intelligenz und macht sich grosse Sorgen darüber, wohin dies die Menschheit führen könnte. Egal ob es der langsame Marsch in Richtung einer technologischen Dystopie ist oder die vollständige Auslöschung unserer Spezies, es stimmt nachdenklich! Dieses Album legt die Messlatte für künftige Veröffentlichungen hoch, dank der Tatsache, dass auf «New Gods, New Masters» ein noch schärferer musikalischer und lyrischer Fokus erreicht wurde, der sich auch geschickt im Album-Cover von Paolo Girardi widerspiegelt.
Der neue Gott, der düstere Techno-Albtraum, der aus dem Abgrund aus Zähnen und Drähten geboren wird, zeigt eindeutig die aktuelle Gesellschaft. Revocation zeigen keine Scheu, musikalische und lyrische Klischees mit einem zukunftsorientierten und innovativen Ansatz auf den Kopf zu stellen. Mit Songs, die die Sucht der Gesellschaft nach Handys kritisieren («Sarcophagi Of The Soul») und gesellschaftliche Probleme beleuchten («Dystopian Vermin»), sind Davidsons wissenschaftlich fundierte Beobachtungen umso erschreckender, da sie der Realität entsprechen. Als Gastmusiker konnten aus der Szene Jonny Davy von Job For A Cowboy und Travis Ryan von Cattle Decapitation gewonnen werden.
Zusätzlich hat Gilad Hekselman, Jazz-Gitarrist und enger Freund Davidsons, einen Beitrag beigesteuert. Produziert wurde die Platte zum 20-jährigen Band-Jubiläum von Davidson, gemischt und gemastert von der Ikone Jens Bogren. «New Gods, New Masters» kommt dann zum Tragen, wenn technologische Fortschritte neben Lösungen auch schlimmere Probleme schaffen. Dann schreiten Revocation voran, heisst vier Typen, die sich mit Metal gegen existenzielle Bedrohungen wehren und abwarten, was die nächste Runde der menschlichen Experimente mit sich bringt.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/m8pWAnhlocU
In die neuen Songs bringt Blues Rock Legende WALTER TROUT alles, was die Fans lieben: Energiegeladene Blues- und Rock-Nummern, untermauert mit dessen klasse Gitarrenspiel.
Schon der erste Track «Artificial» kommt mit viel Power und Energie daher. Auch Blues-Nummern wie «Blood On My Pillow» spielt der ehemalige Gitarrist von John Mayall und Canned Heat mit viel Herzblut. Oder die düstere Nummer «Sign Of The Times», die mit Hendrix-Feeling überzeugt, kommt ebenso klasse rüber. Das akustische, traurige Liebeslied «Mona Lisa Smile» zeigt dann Trouts gefühlvolle Seite. «Hurt No More» besticht durch einen sehr eingängigen Refrain und erinnert mich derweil etwas an Neil Young. «No Strings Attached» erneut top, eine wilde Hendrix-Nummer.
Die musikalische Vielseitigkeit dieses Albums ist wirklich interessant und sehr spannend. Trout tobt sich hier in Rock, Blues und Country aus. So besitzt «I Remenber» einen Country-Touch, ein starker Song mit einer tollen Gesangs-Melodie. Dem folgt mit «High Tech Woman» ein cooler, traditioneller Blues, inclusive Honky Tonk Piano. Nur mit Westerngitarre und Bluesharp kommt die Hammer-Bluesnummer «Too Bad» daher, toll gespielt. Und so legt der 74-jährige US-Amerikaner hier ein weiteres, starkes Album vor. Von einem Alterswerk ist «Sign Of The Times» jedenfalls meilenweit entfernt.
Crazy Beat
Punkte: 8.6 von 10
2. Meinung:
Mit «Sign Of The Times» legt Walter Trout ein weiteres Kapitel seiner langen Karriere vor. Das Album bewegt sich zwischen kraftvollem Blues Rock und balladesken Momenten, die mal ins Akustische, mal ins Folkige abdriften. Handwerklich ist alles solide, doch der grosse Funke springt bei mir nicht über. Schon beim Opener «Artificial» wird klar: Die Themen sind zeitgeistig und die Kritik an einer künstlichen Welt nachvollziehbar. Auch der Titelsong will mit dissonanten Elementen ein Statement setzen. Doch gerade die Gitarre, sonst Trouts Markenzeichen, wirkt oft zu glatt und wenig packend.
Es fehlt die Kante, die wirklich unter die Haut gehen würde. Auch gesanglich bleibt vieles im Mittelfeld. Seine Stimme ist zwar rau genug, um Authentizität zu transportieren, aber eben auch austauschbar, ohne jene Eigenheit, die einem sofort im Gedächtnis haften bleibt. Textlich spürt man die jahrzehntelange Erfahrung: Es geht um Reflexion über Alter, Menschlichkeit und die Wirren der Gegenwart. Das hat Gewicht und passt zu einem Künstler in seinen Siebzigern. Gleichzeitig klingt es eher nach Resümee als nach Aufbruch. Es sind ehrliche Beobachtungen, aber nichts, was musikalisch oder inhaltlich wirklich überrascht.
Natürlich gibt es Momente der Wärme, etwa in «Mona Lisa Smile», in dem Mandoline und Akkordeon den Ton angeben. Doch auch hier überwiegt der Eindruck, eine routinierte Platte zu hören: gut gespielt, gut gemeint, aber ohne das gewisse Etwas, das die Blues-Welt erzittern liesse. «Sign Of the Times» ist somit eine ordentliche Veröffentlichung eines Altmeisters: respektabel, in Teilen berührend, aber eher Pflicht als Offenbarung. Für eingefleischte Fans ist sie sicher ein Muss, für alle anderen bleibt sie eine solide, aber unspektakuläre Blues-Scheibe. Einfach zu altbacken und darum wohl kein schlau gewählter Name, "sign of times" halt.
Lukas R.
Punkte: 6.0 von 10
https://www.youtube.com/embed/aMXqQvgfxMc
Wer nach 35 Jahren in der Metal-Szene noch immer tonangebend und erfolgreich ist, macht meines Erachtens etwas richtig. Ganz zu schweigen davon, dass AMORPHIS noch beinahe in Original-Besetzung zu Werke gehen.
Die finnischen Musiker haben sich über drei Dekaden den Legendenstatus erarbeitet. Von ihren ikonischen Death Metal Wurzeln anfangs der 90er Jahre hin zu einem progressiveren und vom Folk Metal beeinflussten Sound, was sie jedoch nie davon abgehalten hat, eine Reihe von essenziellen Platten zu produzieren. Dazu zählt sicherlich auch ihr fünfzehnter Longplayer «Borderland». Im Laufe der Jahre haben Amorphis echte Klangveränderungen in Richtung Progressivität durchlaufen, der deathmetallige Unterton blieb jedoch stets erhalten. Diesen hat auch der neue Produzent Jacob Hansen nicht angefasst.
Der hymnische Opener «The Circle», das treibende «Fog To Fog», die stampfende, epische Lead-Gitarre von «Bones»; das ist Amorphis in Reinkultur. Nur wenige Bands, die so lange in der Szene dabei sind, können bei mir noch solche Emotionen mit ihrer Musik hervorrufen. Jeder Track ist von einem kalten Schauer geprägt, umhüllt von einer atmosphärischen Düsternis, die allerdings nie Überhand nimmt. «Light And Shadow» besitzt Gothic Metal-Einflüsse, gepaart mit kraftvollen melodischen Riffs, die berauschend sind. Paradise Lost hätten es am Zenit ihrer Doom-Phase Mitte der Neunzigerjahre nicht besser machen können.
Amorphis packen noch eine gewaltige Portion Heavy Metal hinzu, und das Resultat ist einmalig. Wobei, trotz meiner Loyalität für diese Combo muss ich zugeben, dass die Songs auf «Borderland» zur zweiten Hälfte des Albums an Einmaligkeit einbüssen. Die Melodien sind zwar nach wie vor stark, jedoch weiss man nicht eindeutig, ob man diesen Song bereits gehört hat oder nicht, da er grosse Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger aufweist. Dafür ist das Wechselspiel zwischen Growl- und Clean-Vocals auf «Borderland» meistens grandios, wird nie langweilig, sondern unterstreicht die Dualität des Sounds.
Trotz der Kritik, was Abwechslung und Einmaligkeit betrifft, haben die Finnen mit «Borderland» einen weiteren Meilenstein errichtet. Die zehn Tracks sind emotional, strotzen vor Kraft, Anmut wie Erhabenheit und transportieren dabei jede Menge Heavy Metal. Von Ideensterben bei Amorphis kann also noch lange keine Rede sein, auch wenn nicht jeder einzelne Song ein «Black Winter Day» ist. Bands, die das vollbringen, was Amorphis zurzeit abliefern, sind auf diesem Niveau eindeutig rar. Tolle Platte!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/dnSjYxh5yHM
Das deutsche Quartett blickt auf eine lange Karriere zurück. Gegründet wurde die Band 1999 als Death Metal Band, wobei man den Stil noch vor dem ersten Demo in Richtung Doom änderte. Nach der ersten Studio-Platte löste man sich 1999 auf, fand aber dreizehn Jahre später noch einmal zusammen und veröffentlichte 2016 das zweite Album. Danach wurde es wieder still um NAEVUS.
Nun kommt also das dritte Werk, betitelt mit «Back Home» und entpuppt sich als wirklich starkes Doom Metal Statement in der Tradition von Trouble, The Obsessed und Saint Vitus. Der Opener und Titeltrack ist schon mal eine echte Ansage, denn die leicht Stoner-mässigen Riffs harmonieren wunderbar mit dem geilen Gesang von Uwe Groebel. Dazu kommt das abwechslungsreiche Songwriting. Zwar erfinden auch Naevus den Doom nicht neu, aber hört am besten mal in Titel wie «The Dead Don’t Sleep» (Killer-Riff!), «Ghost» (leicht psychedelisch angehaucht) oder «Free The Ravens Fly» (mächtiger Groover!) rein und lasst Euch überzeugen.
Naevus haben nun zwar neun Jahre gebraucht, um neues Material zu veröffentlichen, aber die Wartezeit hat sich mehr als gelohnt, denn «Back Home» ist das beste Doom-Album in diesem Jahr. Melodien, Riffs, Abwechslung, der emotionale Gesang, Songwriting, Artwork…, hier stimmt wirklich alles. Sogar die Produktion ist perfekt, was ich bei Dying Victims ja auch immer wieder mal "gerne" kritisiere.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/85JsDXFEt6M
Lo (Sîhe!), ein Werk, das aus Ocker und Asche gehauen ist, als stamme es direkt aus dem Atem einer Höhle. FAUNA kehren mit einem Ritual zurück, einem einzigen langen Passus, der in Kapitel und Meilensteine unterteilt ist.
Das Duo aus Cascadia zeichnet seinen Kreis mit drei grossen Sätzen, die jeweils durch murmelnde Zwischenspiele verbunden sind. Diese zeigen sich wie Rauch zwischen Fackeln, sodass die Stunde nicht als Lieder, sondern als Prozession vergeht. Musikalisch hat der Ritus zwei Seiten. Einerseits gibt es die Black Metal Klinge: Akkorde, die zu Rost und Feuer geschliffen sind, Tremolo-Linien, die das Firmament durchkämmen, Trommeln, die vom Herzschlag zur Jagd schreiten.
In «Nature & Madness» hämmert das Schlagzeug wie Hufe auf nassem Lehm, während darunter der Bass anschwillt und die Gitarren, schrill wie bitter, eine Disharmonie weben, die weniger komponiert als vielmehr heraufbeschworen wirkt. Stimmen erklingen als Krächzen, Gesänge und fernes Heulen, menschlich, doch nur halb in Erinnerung, und steigen aus einer Grube voller Hall empor, bis sie wie Rauch unter der Decke hängen bleiben.
Die zweite Seite ist die Ambient Embers: Drones, die am Rande des Schlafes schweben, Phantom-Klänge von Knochenflöten und Glockensteinen, abwechselnd herzerwärmend und grabeskühl. Diese Passagen bereiten uns vor auf was kommen mag. «A Conjuring» öffnet das Tor mit langen Atemzügen aus Tönen, «Labyrinths» zieht den Zuhörer mit kerzenzerstreuten Obertönen nach innen und «Femoral Sun» glimmt mit einem tiefen, optimistischen Summen, als wäre Licht eine Wunde.
Wenn der Sturm zurückkehrt, dann mit schrecklicher Geduld: Gitarren, die sich wie Schichten überlagern, Becken, die zu weissem Rauschen zittern, die ganze Masse, die anschwillt und dann abebbt, als würde sie von einem unsichtbaren Mond angezogen. «Eternal Return» bildet den Höhepunkt: ein 23 minutenlanger Wechsel von Stille zu Explosion, von torfschwarzem Dröhnen zu ruinösem Galopp. Fauna bevorzugen lange Bögen gegenüber Riff-Schwärmen und lassen Motive als Zeichen, nicht als Slogans, wiederkehren. Die Themen stolpern, bluten und stehen wieder auf, heisst atavistisch, als wären sie aus einer Zeit entlehnt, bevor die Melodie lächeln lernte.
Es wird einige geben, für die dies nicht aufblühen will: Sein Tempo ist streng, seine Farben sind erdig und grauskalt. Doch für diejenigen, die verweilen, erweist sich «Ochre & Ash» als streng fesselnd, eine schamanische Unterreise, bei der Textur Text und Kadenz Glaubens-Bekenntnis ist. Es unterhält nicht, sondern verstrickt. Black Metal als Ritual der Erinnerung, bei dem die Hand an der Höhlenwand unsere ist und der Russ, der sie markiert, ein Lied. Sîhe! und wisse: Diese Musik will nicht gefallen, sondern bannen.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/2NiKRDjBoqI
RAGE haben immer durch die Gitarristen einen "eigenen" Sound versprüht. War es die Zeit mit Manni Schmidt, aus der Klassiker wie «Trapped!» und «The Missing Link» entstanden oder die Quartett-Epoche mit den Knallern «Black In Mind» und «End Of All Day», in der auch das Lingua Mortis Orchestra Metal mit Klassik zusammenfügte und salonfähig machte.
Die Zeit mit Victor Smolski brachte neben mehr Frickelei auch den Hit «Straight To Hell» für den Film «Der Schuh des Manitus» ans Tageslicht. Bis Peavy die Reissleine des Fallschirms fast zu spät zog und Rage sich nochmals mit einer neuen Trio-Besetzung retten konnten. Marcos (Gitarre) und Lucky (Drums) verhalfen dem Bandleader Peavy Wagner (Gesang, Bass) zu einen neuen Frühling, der heute durch den neuen Saiten-Derwisch Jean Borman und dem 27. Studio-Album (!) zu einem wahren Siegeszug wird.
Die Frische, die Spielfreude, die Angriffslust und die grandiosen Songs (als Beispiel «Freedom») lassen den Dreier so wild, unbestechlich und siegesgewiss erklingen, wie schon lange nicht mehr. Wobei diese Aussage nicht ganz stimmt, denn seit 2016 und «The Devil Strikes Back» haben die Jungs einen Weg beschritten, der hier seine Fortführung findet. Der heftige Einstieg «Innovation» erinnert an die thrashigere Zeit von Rage und bringen mit den leicht arabisch angehauchten Elementen im Solo diese Würze ein, welche ein Werk zu einem zukünftigen Klassiker gereichen lässt.
Die verspieltere Art findet sich in «Cross The Line», während erneut der abendländische Einstieg von «Next Generation» an die Zeit von «Trapped!» erinnert. «Fire In Your Eyes» ist Peavys Dankeschön an seine Frau und seine Fans. Richtig hart geht es bei «Beyond The Shield Of Misery» zu und her, um das Album mit der 2025 Version von «Straight To Hell» zu beenden. Der Song findet seine Auferstehung im Film «Das Kanu des Manitus». Peavy, Jean und Lucky haben eine fantastische Scheibe veröffentlicht!
«A New World Rising» profitiert auch dank des grossartigen Gitarren-Spiels sowie den stetig vorantreibenden Drums und lässt nie an Dynamik missen. Peavys Stimme ist nach wie vor unverkennbar und mit den sofort in die Ohren gehenden Refrains bietet das neue Werk musikalisch eine Offenbarung. So ganz nebenbei beinhaltet das Album eine positive Grundstimmung, welche dazu beitragen soll, dass unsere blaue Kugel hoffentlich bald wieder zu einer besseren Welt wird.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/pJU-OSEuOFw
Nach 25 Jahren und zehn genreprägenden Alben kehren BETWEEN THE BURIED AND ME mit ihrer bisher beeindruckendsten und vielseitigsten Platte zurück: «The Blue Nowhere».
Der Vierer hat sich einen Ruf als zukunftsweisende und kreativ ambitionierte Band erarbeitet. Persönlich ordne ich «The Blue Nowhere» fest in die Reihe bahnbrechender und wegweisender Alben ein, die nicht nur in jeder erdenklichen Weise begeistern, sondern auch die Messlatte für andere des Genres höher legen. Der Vierer um Tommy Rogers (Gesang/Keyboard), Paul Waggoner (Gitarre), Dan Briggs (Bass/Keyboard) und Blake Richardson (Schlagzeug/Percussion) spielt seit 2005 zusammen, und ihre musikalische Symbiose erreicht auf diesem Album neue Höhen der Greifbarkeit.
Das Album ist mit dynamischem und virtuosem Sound bepackt, umfasst zehn Songs mit einer Gesamtlänge von 71 Minuten. Der Titeltrack trägt den Namen eines Hotels, das die Ausgangslage für ein konzeptionelles Album bildet. So finden sich auf dem Longplayer viele Momente, in denen man sich eine gequälte Seele bildlich vorstellen kann. Shining-Momente voller Wahnvorstellungen, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Musikalisch sind fast alle Rock-, Prog- und Metal-Subgenres vertreten, dazu kommen noch Funk, Blues, Jazz und Bluegrass.
Bei zwei Songs tragen Streicher und Bläser dazu bei, der ohnehin schon umfangreichen musikalischen Palette eine zusätzlich orchestrale Note zu verleihen. Einer davon ist Haken-Schlagzeuger Ray Hearne an der Tuba. Traditionelle Prog-Rezensionen bestehen oft aus detaillierten Beschreibungen jedes einzelnen Titels, aber der Reiz von «The Blue Nowhere» besteht darin, seine unzähligen Kleinode, Feinheiten und erstaunlichen Überraschungen zu entdecken. Ehrlich, die Menge an Ideen, die in jedem Song steckt, ist riesig.
Dennoch handelt es sich nicht um ein zusammenhangloses Durcheinander, denn bei wiederholtem Anhören wird deutlich, dass die Songs geschickt komponiert sind. Alle Bandmitglieder beweisen ihre Vielseitigkeit, indem sie überzeugend in stark kontrastierenden Stilen und Stimmungen zusammen spielen. Es ist ein Album, bei dem man sich gleichzeitig mit Gänsehaut, headbangend und einem breiten Grinsen ertappt.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/6FdXmAPM8u4
Es gibt Bands, die heavy spielen, und dann gibt es ABRAHAM, ausgestattet mit einer Schwere, die nicht nur deinen Körper erdrückt, sondern bis ins Mark vordringt. Mit «idsungwüssä», ihrem fünften Studio-Album und dem letzten Kapitel einer apokalyptischen Trilogie, vollendet das Schweizer Kollektiv eine Vision, die sich weniger wie Musik anfühlt, sondern eher wie ein Abstieg in die letzten Tage der Menschheit.
Das Album erstreckt sich über eine Stunde erstickender Klanglandschaften, in denen sich Gitarren wie einstürzende Türme auftürmen und Trommeln mit der Unausweichlichkeit fallender Steine krachen. Was das Unbehagen jedoch wirklich vertieft, ist die Stimme: knurrend, singend und in der rauen Klangfarbe des schweizerdeutschen Dialekts vorgetragen. Diese Sprachwahl verleiht den Songs eine seltsame Intimität, als würde die Apokalypse aus dem Boden selbst geflüstert, schwer von Jahrhunderten unausgesprochener Angst.
Auch ohne jedes Wort zu verstehen, graben sich die Laute in die Haut des Zuhörers und tragen eine Bedeutung, die über die Übersetzung hinausgeht. Und doch glitzern inmitten der Ruinen Melodien wie zerbrochenes Glas: Orgeln, Klavier und Synthesizer durchbrechen den Sumpf mit unheimlicher Zerbrechlichkeit. Tracks wie «I Am The Vessel And The Vessel Is Me» und «Naked In A Naked Sky» verkörpern diese Spannung, heisst zwischen erhabener Melancholie und seelenzerstörendem Schlamm.
Dies ist kein Album, das man geniesst; es macht keinen Spass und will es auch nicht. Aber es fühlt sich essenziell an, wie ein Blick in den Abgrund, in dem man sich selbst erkennt. ¨»idsungwüssä» lässt einen verstört, erschöpft und doch seltsam gebannt zurück, denn manchmal spricht der Untergang mehr Wahrheit als jede Hoffnung. So wie das Bild der Schweiz oft von der heilen Welt der ‘Heidi’ geprägt ist, entwerfen Abraham vielmehr das düstere "Sennentuntschi" und somit eine Schweiz, in der die Berge nicht trösten, sondern erdrücken.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/qEGZCK4Wpzc
"Synkät on sanani kaikki, mustat mietteheni kaikki." ("Düster sind all meine Worte, schwarz sind all meine Gedanken.") – Kalevala, Gesang 2 - Aus der Underground-Szene von Turku kommt mit «Hypostasis» das lang erwartete Debütalbum von SUNNIVA. Die sechs Tracks entführen einen in die dunklen Gefilde von Sludge, Death Doom und Post-Metal.
Die im Jahr 2016 gegründete Band hat sich mit überwältigenden Live-Auftritten und einer Reihe dichter, knallharter Veröffentlichungen einen Namen gemacht. Dieses Album schärft ihre Vision zu etwas Rohem und Bewusstem. Der Opener «Mercurial Bloodstreams» gibt mit verzerrten Riffs und tiefen Bässen sofort einen düsteren Ton an. Sein langsames Brodeln und die wechselnden Vocals unterstreichen die Kritik der Band am technologischen Fortschritt und verwandeln die Idee der Befreiung in eine erdrückende Last. «Peine Forte Et Dure» zieht einen noch tiefer in die Verzweiflung. Seine Riffs bewegen sich mit der angespannten Schwere abgenutzter Maschinen, während kehlige und geschriene Vocals die hoffnungslose Atmosphäre unterstreichen.
«Valovaltimo» ändert das Tempo leicht und bringt mit finnisch-schwedischen Texten, die sich durch den Mix schneiden, einen aggressiveren Drive. Der höhlenartige Low-End-Sound des Tracks verleiht ihm eine rituelle Qualität, die sowohl hypnotisch als auch unerbittlich ist. Mit «Opening the Key» begibt sich die Band in noch dunklere Gefilde und fügt unheimliche Hintergrundschichten hinzu, die das Gefühl der Unruhe verstärken. «Sun Funeral» zeichnet sich dadurch aus, dass Melodien zum Vorschein kommen – klare Gesangsharmonien und zerbrechliche Gitarrenlinien deuten eine Befreiung an, die jedoch vom Gewicht der Rhythmusgruppe erstickt wird (Mein Anspieltipp). Der letzte Track, «Hung From The Sky», ist über acht Minuten lang und verbindet das gesamte Album miteinander.
Seine Balance aus erdrückenden Wiederholungen, tiefen Bassdrones und schwachen melodischen Strängen verkörpert die Fähigkeit von Sunniva, Spannung aufrechtzuerhalten, ohne den Fokus zu verlieren. «Hypostasis» ist schwarzer Honig in Musik gepackt: dicke Riffs, gnadenlose Rhythmen und Texte, die direkt in die Verzweiflung blicken. Es ist ein kompromissloses Debüt, das Sunniva als eine der überzeugenden neuen Stimmen der nördlichen Sludge-Szene präsentiert. Ich hoffe, dass unsere Welt niemals zu jenem düsteren Reich wird, das Sunniva in ihren Klanglandschaften zum Leben erweckt
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/CdO6rFl0IXM
Fünf Jahre nach ihrem ersten Album beehren uns Phil Morno, Andy Robison und Clark McMenemy alias IHLO mit ihrem Zweitwerk «Legacy».
Schon beim Opener «Wraith» dominieren gewaltige Synthies und melancholische Gesänge. Mit dem folgenden «Replica» zeigt man die ruhigere Progressive Rock Seite, mit gefühlvollem Gesang, bevor dann der moderne Progressive Metal einzieht. Klingt irgendwie nach Tool, mit den tiefer gestimmten Gitarren und den mächtigen Drums. Auch «Source» geht in dieselbe Richtung. Erst ruhig, dann mit Vollgas und Härte weiter. «Mute» würde ich als modernen Progressive-Song bezeichnen. Auch hier dominieren leise Töne und ruhiger, melodiöser Gesang, bevor in der Mitte und am Ende das Ganze etwas chaotisch wirkt. Die immer wieder eingespielten, elektronischen Spielereien ziehen sich durch fast alle Songs hindurch.
Das neun Minuten lange «Legacy» erinnert schon an Steven Wilson und Porcupine Tree. Fette, atmosphärische Keys schweben bedrohlich über der ganzen Musik. Der ausdrucksstarke Gesang passt gut dazu, dann noch ein Hammer-Gitarren-Solo, das hat schon was. Zum Schluss dann noch das 10-minütige «Signals», wo die Briten nochmals alle Register ihres musikalischen Könnens ziehen und den besten Song von «Legacy» präsentieren. Ihlo machen es dem Zuhörer nicht gerade leicht, und es braucht ein paar Durchläufe, bis sich das ganze Werk entfaltet, aber der moderne Progressive Metal / Rock der Briten gefällt einem dann umso mehr.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/FBsSZ6Hr4aw
Schade, höre ich mir den Opener «A Voice In The Desert» an, denke ich schon, was es da mit SKULL REVENGE für eine geile Truppe zu hören gibt. Vom Sound her an die US-Metal-Bands erinnernd, welche in der vom Grunge verseuchten Zeit die Fahne ohne grosse Perspektiven hochgehalten haben, wie Mystic. Ein feiner und teils schleppender Metal, der primär mal Lust auf mehr macht.
Nach dem Oper sind es «Future», «Lost In Time» und der Titelsong, welche das Level aufrecht erhalten können. Daneben kommen aber auch Licht und Schatten zum Vorschein und lassen erkennen, dass Skull Revenge ein Projekt einiger schwedischen Musiker ist, welche von Bands wie Narnia, Therion, Jaded Heart oder Stockholm Insania stammen. Das trübt den guten ersten Eindruck bereits und macht aus « State Of Oblivion» eine weitere im Metal-Bereich, die durchaus ihre Daseinsberechtigung hat, aber kein Klassiker werden wird.
Tinu
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Auf dem "Keep It True Festival" 2023 konnten sich die Amerikaner SÖLICITÖR in Europa das erste Mal einen Namen machen und glaubt man den Besuchern damals, nutzten Sölicitör diese Chance. Das kleine aber feine Label Gates Of Hell beheimatet auch Bands wie Herzel, Chevalier oder Blazon Rite, welche tief im klassischen Metal bewanderte Fanatiker sicher kennen dürften.
Mitten in diese starke Gruppe sind auch Sölicitör gestossen, welche mit «Enemy In Mirrors» eine gelungene zweite Scheibe abliefern. Dass die Band aus der Heimatstadt des Grunge stammt, hört man hier (zum Glück!) nicht, denn das Gehörte ist lupenreiner Edelstahl mit einer der charismatischsten Frontfrau der Gegenwart. Amy Lee Carlson ist gesanglich keine Floor Jansen, besitzt aber, ähnlich wie Smoulder Sängerin Sarah Ann Vincent, das genau richtige Timbre und Gefühl für die Musik. Auf dem zweiten Streich finden sich sowohl lupenreine Speed Monster der Marke «Paralysis», «We Who Remain» oder «Crimson Battle Beast».
Weiter stösst man aber auch auf Ausflüge in den klassischen US-Metal der Marke Fates Warning («Spellbound Mist») oder Chastain («Enemy Of Mirrors»). Insgesamt ist «Enemy In Mirrors» ein starkes Statement, welches tief im US-Metal-Underground verwurzelt ist. Es ist unglaublich authentisch und mit viel Liebe zum Detail (Gitarren-Arbeit!) geschrieben worden. Leider war es mir bisher vergönnt, die Band live zu sehen, denn das sei ja die grösste Stärke von Sölicitör. Ich bleibe jedenfalls aufmerksam, was allfällige Tour Daten angeht.
Rönu
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Mit ihrem letztjährigen Debüt-Album «Into The Realm» haben es CASTLE RAT, zumindest in den Staaten, geschafft zur gefeierten Kultband aufzusteigen. Darauf will man sich aber nicht ausruhen und legt bereits ein Jahr später mit einem neuen Album nach. Die Bezeichnung "Medieval Fantasy Metal" ist dabei sicher nicht falsch, aber die Amerikaner sind auch kaum zu schubladisieren.
Der Druide, der diesen Zaubertrank herstellen könnte, müsste schon sehr bewandert und in tief in der Materie eingesunken sein. Zutaten wie Black Sabbath, Manilla Road, Spiritual Beggars, The Sword, Chastain oder Lucifer ergeben ein Klangbild, das eine einmalige Atmosphäre schafft. Getragen von der Stimmfarbe von Riley Maureen Pinkerton McCurry alias ‘The Rat Queen’ ist «The Bestiary» ein Album, dass die Brücke zwischen den psychedelischen 70ern, dem NWOBHM, Stoner und dem klassischen Hard Rock schlägt.
Besonders gelungen ist diese Mixtur bei Songs wie «Wizard», dem ruhigen «Crystal Cave» oder bei meinem Highlight «Serpent». Natürlich schreibt die Band keine Evergreens wie Sabbath, aber der Zweitling ist ein faszinierendes Stück Musik geworden. Castle Rat sind einzigartig, davon zeugt schon das Artwork, das förmlich nach Vinyl schreit.
Rönu
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«The Turning», das vierte Album von BASK, führt deren "Heavy Americana" Sound aus Asheville, North Carolina, in weitere, seltsamere Gefilde. Stellt Euch die weitläufigen, von Roots geprägten Landschaften vor, die ich bei My Morning Jacket so liebe, jedoch mit härteren Riffs, progressiveren Wendungen und einem Science-Fiction-Western-Konzept, das sich um «The Rider» und einen zeitlosen «Traveller» dreht. Im Kern ist es Appalachen-Musik, in seiner Reichweite jedoch kosmisch.
Musikalisch werden Banjo, Pedal Steel, Fiddle und Saloon-Piano in ein Gerüst aus tuckernden Gitarren, "seitwärts galoppierenden" Grooves und pastoralen Space Rock Zwischenspielen integriert. Der erste richtige Song «In The Heat Of The Dying Sun» gibt mit Trompete und Drone den filmischen Ton an. «The Cloth» verwebt Banjo mit schlammigen Akkorden, «Dig My Heels» kehrt mit einem trommelgetriebenen Design und Andeutungen von Metrumspiel die Norm um, und «Unwound» findet sein fehlendes Stück in Willis' Pedal Steel. Das Herzstück «Long Lost Light» stützt sich auf Cello (Franklin Keel), Geige und Klavier und sorgt so für echte Katharsis, respektive ist für mich der Höhepunkt des Albums.
Was funktioniert: Kohäsion statt Collage, eine gelebte Mischung aus Folk-Klängen und Gewicht sowie Wrights klare, resonante Stimme, die die Erzählung trägt, ohne an Kraft zu verlieren. Wenn MMJs panoramische Americana ihr Leitstern ist, erkundet «The Turning» eine benachbarte Konstellation, einfach mit härterer Schwerkraft und mehr Sternenlicht. Wenn Pedal Steel, Banjo und schwere Passagen ineinandergreifen, klingen Bask wie sie selbst und nicht wie "Stoner aus Assoziation". Trotz einiger Unebenheiten ist dies ein selbstbewusster Schritt: Appalachen-Wurzeln, kosmische Reichweite und eine zu Klarheit gereifte Band. Aber trotzdem, hört zuerst mal rein.
Lukas R.
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Es soll ja Leute geben, die in KNORKATOR nur oberflächliche Chaos-Macher sehen. Das dem nicht so ist, beweisen sie einmal mehr mit einem neuen Album. Hier sind nicht Chaoten am Werk, sondern fünf Musiker, welche unglaublich kreativ und vielfältig am Werk sind.
Das betrifft sowohl die Musik, wie auch die Texte. Letztere sind mal einfacher zu entschlüsseln («Steh auf» oder das bedrohliche «Unheil»), mal vieldeutig (wie bei der Gesellschaftskritik «Unkraut») oder schlicht Kunst («Ismus»). Wie in der Vergangenheit wirken sie dabei nie plump, sondern stets intelligent. Wobei sie immer wieder zynisch böse singen, um anschliessend ganz normal weiterzumachen. Diese Vielfalt widerspiegelt sich auch bei den Arrangements. Knokator beherrschen den an Rammstein angelehnten Industrial Metal, können aber auch einfach mal nur Gesang und Klavier. Sie beharren hier auf ihrer künstlerischen Freiheit, schaffen Epen aber auch das 8-sekündiges Instrumental «ACDC», weil das hier kurz angespielte Riff wie eines der Australier klingt.
1995 gründeten sich Knokator und zum 30-jährigen Bestehen spielten sie für das neue Album nun verschiedene Klassiker ein, sprich streuen sie zwischen die neuen Lieder. Laut Band sollten diese Lieder jetzt endlich mal so klingen, wie sie sollten. Konkret handelt es sich um «Buchstabe», «Ich verachte Jugendliche», «Liebeslied», «Hardcore» und «Ick wer zum Schwein». Diesen fünf Songs stehen acht neuen Stücken gegenüber und bilden als «Weltherrschaft für alle!» gemeinsam eine runde Sache. Ich mag dieses Album. Es schmeckt nach Freiheit, Wut, Verständnis, Liebe und nach Humor, also nach dem ganzen Leben. Mit dem neuen Langeisen «Weltherrschaft für alle!» ist Knorkator ein weiteres Meisterwerk gelungen.
Roger W.
https://www.youtube.com/embed/cdrDZSE3yj8
Manchmal kann man sich massiv täuschen: Vergass ich kurz nach dem Downloaden des AEDAN SKY Albums, dass es sich hier um ein französisches Projekt handelt, dachte ich beim Anhören immer wieder an die österreichischen Power Metaller Dragony und ihren Sänger Siegfried Samer. Stilistisch war ich mir sicher, dass dieser Mastermind hier ein Solo-Projekt veröffentlicht. Es hätte dafür alles perfekt gepasst.
Hinter Aedan Sky steckt aber der Franzose Sébastien Chabot. Diesen kennt man eventuell von seinen beiden anderen Bands Galderia und KingCrown her. In diesen ist Chabot laut Metal-Archives nach wie vor aktiv. Mit Aedan Sky setzt er nun seine eigene Vision von Power Metal europäischer Prägung um. Und ja, er macht dabei eine sehr gute Falle. Zumindest wenn man dem Album mehrere Hördurchgänge gewährt. Um den Power Metal-Olymp zu erreichen, hört man allerdings seine Vorbilder noch zu deutlich heraus.
So könnte der epische Titelsong von Manowar oder Grave Digger stammen, während sonst oft unterschwellig bis offensichtlich Gamma Ray und Freedom Call Pate gestanden haben. Das wir besonders bei «A Kingdom Of Stars» und «Beyond The Vortex Of Time» klar. Allerdings adaptiert Sébastian Chabot seine Einflüsse auch sehr hohem Niveau. Kommt positiv dazu, dass «The Universal Realm» mit rund 37 Minuten wohltuend kurz ausgefallen ist und somit gar nicht erst Gefahr läuft, Langeweile auszulösen. Dass weniger oft mehr ist, hat Chabot also verinnerlicht.
Dazu kommt seine Stimme, welche die Lieder hervorragend unterstützt, nie nervt, aber die eigentlichen Songs auch nie überragend in den Hintergrund rückt. Hier steht das Lied im Vordergrund und nicht irgendein Ego. Damit empfiehlt sich der Franzose allen, welche guten treibenden Heavy bis Power Metal mögen. Für ein nächstes Album wünsche ich mir allerdings, dass Chabot noch besser herausfindet, was ihn persönlich von seinen Vorbildern unterscheidet und das in gleich gute bis noch bessere Lieder umsetzt.
Roger W.
https://www.youtube.com/embed/mhLFXJ0ApYY
Das vierte Album der Spanier STRANGERS hat mit Sängerin Celia Barloz einen optischen Augenschmaus, der gesanglich das Level zu halten vermag. Ja, Celia singt sehr gut, drückt den hart rockenden Tracks den Stempel auf, hinterlässt aber einen leicht faden Beigeschmack, weil die Stimme zumindest teilweise zu stark ins Zentrum gedrückt wird und den Instrumenten die Luft zum Atmen raubt.
«My Dream» ist eine Nummer, die sofort in die Beine und die Ohren geht, dabei Lust auf mehr macht und sich als kleiner Hit präsentiert. Bei der (Halb-) Ballade «Freedom» kommt das Organ von Celia bestens zur Geltung. Pat Benater hätte sicher Freunde an der Performance von Celia. «Worth A Shot», «Lose Yourself» und «Youthful Soul» lassen dann nochmals aufhorchen. Hard Rock Freunde sollten hier mal reinhören, und auch wenn «Boundless» nicht die Qualität von Saraya erreicht, hinterlassen die Spanier einen guten Eindruck, den man würdigen sollte.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/qyDjM4qFFwI
Vor zwei Jahren veröffentlichten die Allgäuer Deutschrocker GRENZENLOS mit «AntiXtrem» einer der wichtigsten Alben der Musik-Industrie in dieser wilden Zeit. Zumindest für mich. Nur angekommen scheint die Botschaft, dass man nicht irgendwelchen Extremisten folgen sollte, in der breiten Bevölkerung leider nicht.
2025 knüpfen sie auf dem Nachfolgeralbum an diese Aussage zumindest teilweise an. Und so orte ich auf «Zwischen Augenblick & Ewigkeit» das Lied «Heimatliebe ist kein Verbrechen» als den Höhepunkt der elf neuen Lieder. Hier besingen sie, dass Heimatliebe für viele Personen wichtig sein kann – aber nichts mit Rassismus zu tun haben muss. Diese Botschaft erachte ich als enorm wichtig. Natürlich können Grenzenlos lyrisch auch viel banaler. Etwa wenn sie mit «Viva La Festival» schlicht ihre Freude über Festivals besingen. Oder mit «Grenzenlos auf Tour» über das Tourleben berichten.
«Mein Held» dagegen besingt den Tod eines geliebten Menschen, während sie in «Lebenslust von Anfang an» auf die Zeit zurückschauen, als sie mal noch jünger waren. Lyrisch präsentieren Grenzenlos wieder mal das ganze Leben und wirken dabei nie banal oder belanglos. Das ganze wird in abwechslungsreichen Deutschrock verpackt, der durchaus seine Qualität hat. Klingt Sänger Martin Kaun beim Eröffnungslied «Abenteuer Apokalypse» zuerst noch etwas nach Kevin Russel von den Böhse Onkelz, legt sich das schnell für das ganze Album.
Grenzenlos haben zwar eine gewisse musikalische Verwandtschaft mit den Böhse Onkelz, wirken aber trotzdem genügend Eigenständigkeit. Erstaunlich für die heutige Zeit ist, welchen Lauf Grenzenlos aktuell hinlegen. Denn «Zwischen Augenblick & Ewigkeit» ist seit 2020 bereits das vierte Album. Umso toller, dass sie lyrisch und musikalisch ein gewisses Niveau nie unterschreiten. Man darf gespannt sein, was da noch kommt.
Roger W.
Es war der Song «In The Shadows» aus dem fünften Album «Dead Letters», der The Rasmus 2004 international bekannt machte. Die finnische Band hatte den richtigen Dreh gefunden, indem sie Gothic, Nu Metal und Pop zu dem Cocktail mischte, den das Publikum wollte. Dazwischen ist es in unseren Gefilden eher ruhig um die Truppe geworden, doch das elfte Album «Weirdo» soll nun die Fortsetzung der damaligen Kunst sein und alle wichtigen Kriterien der Neuzeit erfüllen.
Schon der Opener «Creature Of Chaos» und «Break These Chains» sind benutzerfreundliche Mischungen aus sanften und harten Klängen, die erahnen lassen, wohin die Reise geht. Neben ein paar symbolischen "Fucks" in den Texten ist jedoch die Rebellion ziemlich in den Hintergrund geraten. Die meisten der zehn Songs sind im Midtempobereich angesiedelt und kleben förmlich vor Süsse! Kein Wunder, hatte doch der erfahrene Songwriter und Produzent Desmond Child seine Finger im Spiel. In den späten 80ern schien er hinter jedem Mainstream-Rock-Hit zu stehen (unter anderem von Bon Jovi, Aerosmith, KISS, Alice Cooper und Bonnie Tyler), bis der zunehmend klebrige Sound durch Nirvana und Seattle geohrfeigt wurde.
Obwohl Childs führende Hand deutlich zu spüren ist, könnte «Dead Ringer» praktisch vom Pop-Duo Savage Garden sein, und der funky Pop und das Pfeifen bei «Love Is A Bitch» machen den Song zu einer schrägen Nummer, die die Charts stürmen, wie in der Versenkung verschwinden könnte. Das Album endet ohne grosse Überraschung mit einer glatten und wenig mitreissenden Ballade namens «I'm Coming For You».
Ob man ein kitschiges Finale liebt oder nicht, ist bei «Weirdo» nebensächlich, denn die neun Vorgänger schlagen allesamt in dieselbe Kerbe. Wer also seit 35 Jahren auf neue süssklebrige Harmonien von einst gewartet hat, sollte sich das neue Werk von The Rasmus keinesfalls entgehen lassen. Für Freunde der härteren Musik und Diabetiker sei aber dezidiert empfohlen: Hände weg!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/uY4vweIBFcY
Singt da etwa Henning Basse? Zumindest packt mich bei den ersten Klängen von «The Road Beneath Your Wheels» die Stimme massiv. Gesanglich setzt hier aber Giles Lavery Akzente für DRAGONSCLAW.
Der Shouter von Alcatrazz, Warlord und Jack Starr zieht die Songs aus dem Mittelmass heraus und macht aus dem dritten Album der Australier eine schmucke Angelegenheit. Typischer, traditioneller Metal präsentiert der Fünfer. Nichts Weltbewegendes, aber etwas um sich in den heimischen Stuben wieder mal den geliebten Klängen hinzugeben. Mit Todd Michael Hall hat man bei der schnellsten Nummer «Shadowfire» einen Gastsänger an Bord geholt, der bestens mit Giles harmoniert. Ob nun, wie von Mister Lavery angekündet, «Moving Target» zwischen Judas Priests «Defenders Of The Faith» und «Turbo» mit einem Schuss des zweiten Fifth Angel Albums liegt, muss jeder selbst beurteilen.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/FL1RqLqdhcQ
Oha..., die Amis von NOVEMBER'S DOOM kommen seit knapp sechs Jahren mit einem neuen Output daher. Das wäre soweit nicht weiter erstaunlich, aber man sollte dabei bedenken, dass die Jungs alle nebenbei noch einer regulären Berufstätigkeit nachgehen und auch die Corona-Zeit dazwischen lag. Somit sind diese ungefähr sechs Jahre eigentlich ziemlich fix.
Nun ja, wie dem auch sei. Mir persönlich haben die Alben nach «Into Night's Requiem Infernal» (2009) nicht mehr sooo gut gefallen. Dies aus dem Grund, dass mir die Stücke über grosse Strecken hinweg einfach zu verkopft gewesen waren. Zwar nicht schlecht, beileibe nicht, aber einfach nicht mehr so eingängig. Mit «Major Arcana» versucht man nun, den Spagat zwischen sperrig und gut zugänglich zu bewältigen. Und wisst Ihr was? Dies funktioniert auch über die Langdistanz ziemlich gut!
Angefangen mit dem sphärischen, ins Bedrohliche sich entwickelnde «June» gleich volle Kanne rein in den Titeltrack. Und dieser zeigt die bekannten Stärken der Amis: Groove, gepaart mit schleppenden Parts, sowie einem schreienden Paul Kuhr am Mikro (da war bisher cleaner Gesang und Growls angesagt), und diese neue Facette passt irgendwie enorm gut ins Gesamt-Konzept, sprich ergänzt sich harmonisch mit den ruhigeren Parts. Diese neue Mischung ist eine echte Bereicherung, meiner bescheidenen Meinung nach.
Selbst bei Stücken wie «The Dance» ist man immer noch für Überraschungen gut, fängt man doch sehr, sehr ruhig und bedacht an, entwickelt sich hier eine etwas gewöhnungsbedürftige, aber irgendwie dennoch fesselnde Raserei. Ist noch schwer zu beschreiben, sollte man selbst erfahren. Den Schluss bildet der Song «XXII», welcher der wohl eingängigste Track ist, weil er am ehesten an die bisherigen Kracher erinnert, und ich würde an der Stelle sehr gerne die Höchstnote vergeben.
Es gibt jedoch ein Detail das dies, meiner Meinung nach, verwehrt: November's Doom sind zu ihren Wurzeln zurückgekehrt, so scheint es, und auch wenn sehr vieles die altbekannten Trademarks wohl verinnerlicht..., es fehlt noch der letzte Zacken, das letzte Puzzlestück, welches in seiner Variabilität den Glanzpunkt setzt. Doch dies ist Meckern auf sehr hohem Niveau! Wer Doom Metal in groovigem Gewand sucht und mit viel Emotionen klarkommt, sollte hier bei «Major Arcana» unbedingt reinhören. Aufwühlend!
Toby S.
https://www.youtube.com/embed/4cWeNolFbjo
Dino Jelusić hat sich (s)einen Ruf als einer der vielseitigsten Sänger der Rock-Szene erarbeitet, und mit «Apolitical Ecstasy» ist seine Band nun bereit, diesen Ruf unter dem Banner JELUSICK weiter zu festigen. Nach dem Erfolg des gefeierten Debüts «Follow The Blind Man» (setzte bei uns damals neun von zehn Punkten ab) im Jahr 2023 kehrt die Gruppe nun mit zehn neuen Tracks zurück, die selbstbewusst in Richtung Hard und Heavy Rock gehen.
Was dieses Album auszeichnet, ist nicht nur Jelusićs schiere Stimmgewalt, sondern auch das enge Zusammenspiel der Band, deren Riffs und Rhythmen sowohl prägnant, als auch unerbittlich sind. Das Album vereint modernen Esprit mit klassischer Rock-Sensibilität: energiegeladene Refrains und druckvolle Gitarren-Riffs ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Songs hindurch und wirken von Anfang bis Ende wie geschaffen für die grosse Bühne. Songs wie der Opener «Jaws Of Life» fesseln die Zuhörer sofort mit ihrer Intensität, während der Titeltrack sowohl Dringlichkeit, als auch Finesse vermittelt.
«Seasons», «Fool In Rain» und «Torn» bremsen das Tempo deutlich ab. Vor allem die beiden letzteren Stücke nähern sich fast schon Balladen-Charakter an, somit ideale Bühnen, auf denen Dino die ganze Kraft und Ausdrucksvielfalt seiner Stimme entfalten kann. Über die Musik hinaus machen die physischen Ausgaben des Albums es zu einem Sammlerstück. Eine limitierte Vinyl-Pressung in aquamarinfarbener Vollton-Farbe mit nur 500 Exemplaren, die einzeln nummeriert sind, bietet Fans ein greifbares Stück Rock-Geschichte, während CD- und digitale Formate eine breitere Zugänglichkeit gewährleisten.
Jelusić selbst ist kein Neuling in der Szene. Durch Animal Drive, das Trans-Siberian Orchestra sowie Kooperationen mit Legenden wie David Coverdale und Mike Portnoy ist seine weltweite Fangemeinde in den letzten Jahren stetig angewachsen. Mit «Apolitical Ecstasy» beweist er zudem, dass sein eigenes Projekt den Giganten des Heavy Rock in nichts nachsteht. Für alle, die sich 2025 nach kraftvollem, kompromisslosem Rock sehnen und/oder Sammler sind, ist dieses Album ein echtes "Schmankerl". Mr. Jelusić scheint zur Zeit vieles richtig zu machen. Hört auf alle Fälle mal rein Leute.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/fx4bZYc1Q-o
Der Himmel weint, die Wolken hängen grau und tief in Luzern, wo ich dies schreibe. HERETOIRs «Solastalgia» ist eine einstündige Reise voller Trauer, Schönheit und zerbrechlicher Hoffnung. Auf elf Tracks formt das Trio einen Sound, der ständig zwischen Post Metal Melancholie und düsterer Intensität wechselt und dabei Momente unerwarteter Leichtigkeit aufweist.
Der Opener «The Ashen Falls» bereitet mit vernichtenden Riffs und apokalyptischer Atmosphäre die Bühne und bewegt sich von harten Schreien zu einem zarten Outro. «Season Of Grief» mildert die Kanten, schneidet aber emotional tiefer, wobei das Zusammenspiel von klarem und hartem Gesang einen bleibenden Eindruck hinterlässt. «You Are The Night» baut auf feierlichen Tönen auf, wobei der hochfliegende Refrain das Gewicht ausgleicht. Bei «Inertia» verweben sich Klavierklänge mit zerklüfteten Gitarren (gefällt!), während «Rain» eine kurze, eindringliche Pause nur mit Klavier und Streichern bietet.
«Dreamgatherer» ertönt als ein Ausbruch von Widerstandsfähigkeit: zerbrechlich, aber leuchtend. «The Heart Of December» neigt zu Sehnsucht wie Trauer und erinnert an die Kälte seines Titels. «Burial» ist einer der düstersten Titel und unerbittlich in seiner Härte. Der Titeltrack «Solastalgia» entfaltet sich dagegen wie eine unaufhaltsame Flut der Trauer. «The Same Hell (MMXXV)» ist kurz, aber einprägsam; seine Melodie bietet eine kurze Atempause. Der letzte Titel, «Metaphor», ein Cover von In Flames, reduziert das Original auf sanftere, ergreifendere Töne und bildet so ein passendes Finale.
Musikalisch lebt das Album von Kontrasten: Tremolo-gezupfte Klangwände stehen akustischen Passagen gegenüber, Blastbeats gehen in Midtempo-Grooves über und raue Stimmen kollidieren mit leisen, klaren Gesängen. Die Produktion betont eher Raum und Gewicht als reine Geschwindigkeit und schafft so eine monolithische Atmosphäre, die ebenso anstrengend wie lohnend ist. «Solastalgia» ist mitnichten Fahrstuhlmusik. Es verlangt, sich seinem langsamen Sog hinzugeben, bietet dafür aber "Seelenfeuer". Heretoir erweitern mit «Solastalgia» ihre Palette über ihre dunklere Vergangenheit hinaus und schaffen ihr bisher verletzlichstes und zugänglichstes Werk. Im Kern handelt diese Musik von Verlust, Empathie und dem schwachen Funken, der in der Dunkelheit überlebt.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/hJ9ZXXVEZ5w
Als jemand, der PARADISE LOST seit Jahren, sogar Jahrzehnten kennt, sich anhört und in sein Leben integriert hat, ist es immer ein besonderes Erlebnis, wenn man die neuesten Ergüsse sich zu Gemüte führen darf. Und es ist gleichzeitig eine herausfordernde Aufgabe, diesem Ereignis textlich gerecht werden zu können.
Aber gut, ich gebe mein Bestes: «Ascension» darf meiner Meinung nach im übertragenen wie auch im wörtlichen Sinne verstanden werden. Der Anfang mit «Serpent On The Cross» fängt schwer doomig an, quasi an «Obsidian» anschliessend, nur um dann in einen Up-Tempo-Track zu münden. Quasi ein Übergang von schwer-schleppend zu schwer-groovend. Holmes hat sein growlendes Organ zu einem gut verständlichen, bösartig-endgültig wirkenden Medium entwickelt, und zusammen mit der nicht mehr nur überverzerrten Soundfraktion entwickelt sich etwas, das man eine Vermengung von «Faith Divides Us, Death Unites Us», «Icon» und «In Requiem», mit «Medusa» Anleihen, bezeichnen könnte.
Und diese Schnittmenge ist schwer fassbar, sie erscheint bekannt, und gleichzeitig auch wieder sich den Sinnen entziehend. «Tyrant's Serenade» bedient mit Clean-Gesang auch wieder eine in letzter Zeit nicht mehr genutzte Nischenkunst. «Salvation» hingegen..., ich kann es selbst kaum in Worte fassen, was hier abgeht. In mehr als sieben Minuten werden effektiv alle Register gezogen, die man von Paradise Lost kennt: Doomig-schwer der Beginn, growlt Holmes sich über zu einer melancholischen Melodie, und in seiner Gesamtheit fängt «Salvation» an, den Zuhörer quasi vor ein Gericht zu stellen, welches das endgültige Urteil fällt. Doch wer denkt, dass dies eine reine Doom-Nummer wird, hat sich schwer getäuscht. Der Track nimmt Fahrt auf, wird schneller, und Holmes singt und schreit sich in Rage.
Sogar höher gelegte Schreie, welche meines Wissens so noch nie in der Band-Geschichte zu hören waren, lässt Holmes zu. Muss man hören und erfahren, kann so schlecht in Worte gefasst werden. Der folgende Song «Silence Like The Grave» ist der direkteste und schnellste Track der ganzen Scheibe. Erinnert vom Anfang her an «Ember's Fire», entwickelt sich dann aber schnell zu einer bedrückenderen, schnellen Nummer. Ich könnte jetzt hier noch ohne Ende weitermachen, Details hervorheben, die unterschiedlichen Passagen innerhalb der Songs beschreiben und so weiter, und so fort. Fakt ist: Paradise Lost haben sich wieder einmal selbst übertroffen, und während ihre letzten Alben eher schwer verdauliche Kost waren, so ist «Ascension» nun das, was die Bedeutung dieses Begriffes darstellt.
Man erhebt sich, der Aufstieg aus den bekannten Mustern, ohne zu vergessen, woher man kam. Quasi ein Rückblick, eine Momentaufnahme, ein Ausblick..., und «The Precipice» beschreibt dies als abschliessender Song in seiner Variabilität extrem gut. Und hier, sozusagen als ein von mir nun letztgenanntes Detail, kommt wieder etwas in den Vocals zu tragen: Stellenweise erklingt Holmes mittels mehrfacher Stimmlage mit einem Black Metal Einschlag. Dies dauert nicht lange, aber es zeigt, was man alles mit einbeziehen kann, ohne sich zu verzetteln, sondern es als Stilmittel zur Untermalung zu nutzen. Somit bleibt abschliessend anzumerken: Paradise Lost haben in den letzten Jahren kein so extrem variables, detailreiches und, ja, königliches Album herausgebracht. The kings of sorrow still remain on their rightful thrones!
Toby S.
https://www.youtube.com/embed/C1_kMRiyt5w
Gautier Serres fünftes Album als IGORRR überschreitet Genre-Grenzen nicht so sehr, als dass es sie zu einer einzigen, explosiven Legierung verschmilzt. Wenn der verrückte Hutmacher jemals eine Metal-Oper kuratieren würde, würde er sie mit einem Rätsel eröffnen: "Warum ist ein Rabe wie ein Schreibtisch?"
«Daemoni» antwortet darauf mit einer Kombination aus schwarzen Riff-Stürmen, wogenden Synthesizern und choralen Schatten, die den dunklen, feierlichen Ton des Albums bestimmen – ein Auftakt, der klingt wie ein Toast auf die Absurdität selbst. «Headbutt» lässt Klavierfiguren gegen gezackte Gitarren schlagen, bis die Funken sprühen; die Produktion ist mikroskopisch – jeder Schlag trifft mit physischer Wucht, als würden Tassen und Teller im Kreis tanzen.
Der Chor, der «Limbo» heimgesucht, wirkt wie aus dem Massif Central gehauen, seine feierliche Prozession wird durch unregelmässige Trommeln und einen plötzlichen Groove-Anstieg aus dem Gleichgewicht gerissen, also so, als würde jemand den Tee umrühren und vergessen, warum. Wenn sich das Momentum zu «Blastbeat Falafel» verlagert, flackern verspielte Bässe und nahöstliche Einflüsse an den Rändern, nur um von halsbrecherischen Percussions und Trey Spruances schelmischen Fingerabdrücken verschluckt zu werden.
Es ist die Art von Szene, in der "immer Teezeit ist" und die Kannen unablässig mit seltsamem Gebräu gefüllt werden: barocke Filigranarbeit, Breakcore-Zittern, doom-dicke Tiefen.«ADHD» zittert mit metrischen Finten und Synth-Ausbrüchen, die wie stromführende Drähte knallen, Funkenflug inklusive. «Mustard Mucous» schwankt zwischen mechanisiertem Stampfen und schlauen melodischen Finten, wobei Scott Ian den Riff bis zum Äussersten treibt – eine Mischung aus bitterem Senf und süsser Verwirrung.
Der cineastische Reiz erreicht seinen Höhepunkt bei «Infestis», dessen tektonisches tiefes Register an Gojira-ähnlichen Druck erinnert, wie ein Uhrwerk, das immer weiter tickt, auch wenn niemand weiss, welche Stunde schlägt. Danach folgt «Ancient Sun»: Trip-Hop-Puls, Harfe und Theremin, die unter düsteren Gesangsschichten dahintreiben. Hier beweist Igorrr die Logik des Hutmachers: "Man könnte genauso gut sagen, dass "Ich sehe, was ich esse" dasselbe ist wie "Ich esse, was ich sehe." Schönheit und Raspelwerk wechseln die Hüte, bis man nicht mehr sicher ist, was das Salz und was der Zucker war.
Die Palette des späten Albums erweitert sich erneut: «Pure Disproportionate Black And White Nihilism» hämmert Ambosse in den Schwanz der Snare, während «Étude n°120» einen kurzen barocken Ausatemzug bietet – wie ein kurzes Luftholen mitten im Tanz auf dem Tisch. Der Abschluss «Silence» schwebt auf Klavier- und Opernlinien, bevor eine Platte aus hartem Lärm den Horizont verdunkelt. Eine letzte Erinnerung daran, dass in Igorrrs Uhrwerk "Wenn du die Zeit so gut kennen würdest wie ich ..." Tempo, Textur und Klangfarbe elastisch sind.
«Amen» ist Igorrrs kohärentestes Paradoxon: ein akribisch konstruiertes Chaos, in dem Chor und Bagger, Dung-Chen und verzerrte Gitarre alle dem Song dienen. Es sollte keinen Sinn ergeben. Tut es aber irgendwie doch, und zwar auf brillante, herrlich verdrehte Weise. Wie Alice nach der Teestunde beim Hutmacher schüttle ich den Kopf, stehe auf und verlasse das Durcheinander, erschöpft vom brillanten Chaos, aber endlich wieder im wirklichen Leben angekommen. Doch Wahnsinn muss belohnt werden, darum die zehn Punkte.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/y7FcW3giyYM
Ja, ich musste mich zuerst an das neue Sound-Gewand der White Lion Hits gewöhnen, die von MIKE TRAMP (dem einstigen Shouter des weissen Löwen) in einer anderen Stimmlage präsentiert und mit der die Songs auch einen anderen Anstrich erhielten und weiter erhalten werden.
Für jemanden wie mich, der die Tracks in den Achtzigern fast tagtäglich konsumierte und verschlungen hat etwas, an das ich mich zuerst gewöhnen musste. Was bleibt sind Lieder, die eine Magie besitzen, welche auch nach fast vierzig Jahren unkaputtbar ist. Dieses Mal sind es die eher "unbekannteren" Tracks, welche ein neues Gesicht bekommen, wie «Warsong» (mit passender Hammond Orgel) oder das langsamer gespielte «Fight To Survive», das so mehr Tiefgang abkriegt.
Das harte «If My Mind Is Evil», das genial vorgetragene «All Burn In Hell», das schmissige «Cherokee» oder das mit viel Schmackes vorgetragene Golden Earring Cover «Radar Love» sind weitere Perlen, die um die Ecke kommen. Ging ich mit den beiden Vorgängern noch sehr hart ins Gericht, habe ich mich mittlerweile an den "neuen Klang" der Songs gewöhnt, kann ihnen sehr viel Positives abgewinnen und finde den dritten Part richtig gelungen, auch wenn die Originale unerreicht bleiben.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/PHwQPVq0BT0
Was würdet Ihr im Wissen darum tun, wenn die Welt in fünf Monaten unterginge? Diese tiefgründige Frage steht im Mittelpunkt von ARJEN ANTHONY LUCASSENs neuestem Werk «Songs No One Will Hear».
Es ist eine klangliche Reise durch die letzten Tage der Menschheit, während ein Asteroid auf die Erde zurast, eine Mischung aus düsterem Humor, rohen Emotionen und der chaotischen, surrealen Natur der Endzeit. Einige geraten in Panik, andere feiern Partys, wieder andere brechen zusammen, aber einige wenige finden inmitten des Chaos ihren Frieden. Ich bewundere Arjen, haut der sympathische Musiker mal kurz ein starkes Album heraus, während er seine grosse 30-jährige Jubiläums-Show plant, die ein ganzes Jahr in Anspruch nimmt. Arjen hat einfach ein gutes Gespür für gute Songs und grosse Melodien.
So bleiben eher ruhigere Songs wie «The Clock Ticks Down» sofort hängen. «Goddamn Conspiracy» dagegen ist ein cooler Hard Rocker mit fetten Chören. «The Universe Has Other Plans» dann, eine typische Ayreon-Nummer mit Geigen und ebenfalls üppigen Chören. «Shaggathon» erinnert an die Beatles, coole Party-Nummer. Beim etwas düsteren «We'll Never Know» teilt sich Arjen den Gesang mit Floor Jansen. «Dr. Slumbers Blue Bus» erinnert etwas an «Pink Beatles In A Purple Zeppelin» vom «Lost In The New Real» Album. Auch sehr schön das ruhige, mit akustischer Gitarre und Geige vorgetragene «Just Not Today».
Der Höhepunkt von «Songs No One Will Hear» ist jedoch die fast viertelstündige Nummer «Our Final Song». Ein Progressive-Epos, das natürlich auch an Ayreon erinnert und von wunderbaren Gesangs-Momenten durch Marcela Bovio, Floor Jansen, Robert Soeterboek sowie Mike Mills als Erzähler und Arjen lebt. Auch die typischen, fliegenden Synthie-Soli prägen den Song genauso, wie Arjens geniale Gitarren-Soli und die gewaltigen Chöre. Dies ist ein wirklich würdiger Abschluss eines grandiosen Albums. Arjen schafft es immer wieder, den Zuhörer in die wunderbare Welt seiner Musik zu entführen.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/YA3T4BI48MA
Ganz schön flott gehen THE SWITCH ins Rennen, heisst lassen den Rhythmen freien Lauf, mischen dies mit grossartigen Refrains und setzen auf einen versierten Shouter (Bobby John), der mit seiner magischen Stimme die Zuhörer sofort in seinen Bann zieht.
Musikalisch gesehen liegt der Vierer irgendwo zwischen Nelson und Treat, respektive hat mit «Search For Love», «Hanging On To '17» und «Young Gun» sowie dem Titelsong richtige Hits im Ärmel. Man mag den Songs zwar eine gewisse "süsse Art" anheften, darf dabei aber nicht vergessen, dass die oben erwähnten Argumente eine klare Sprache sprechen und der melodische Hard Rock der Jungs einen hervorragenden Eindruck hinterlässt. Selbst Bläser kommen zum Einsatz und verleihen «Strangers Eyes» dadurch eine spezielle Würze. Gerockt wird trotz aller Melodie. «No Way Out» ist eine Scheibe, die jeder Rock-Fan sich einmal anhören muss, und es wird definitiv nicht das letzte Mal sein!
Tinu
https://www.youtube.com/embed/mO9Jj0f1G1g
Aus dem nebelverhangenen Hafen von Livorno taucht mit «Apocalypso» der dritte Zauber von SUPERNAUGHTYs doombehaftetem Handwerk auf. In Fuzz und Schatten gehüllt, zaubert das Quartett geschmolzene Riffs und höhlenartige Grooves. Jeder Akkord ist getränkt vom Geruch von Öl, Rauch und dem langsamen Brodeln einer endlosen Nacht.
Hier findet sich Schwere: Mächtige Säulen aus Stoner Rock und Sludge, die aus demselben Steinbruch wie ihre früheren Werke stammen, jedoch nun mit einer schärferen, metallischen Kante versehen sind. Die Gitarren knirschen und ragen wie rostige Eisentore empor, der Bass hallt mit der Tiefe eines unterirdischen Gewölbes wider und die Trommeln marschieren, als würden sie eine düstere Prozession ankündigen. Die Stimme von Angelo Fagni ist angemessen verwittert und kraftvoll, weicht jedoch selten von ihrem vorgegebenen Weg ab.
Dieses unveränderliche Timbre webt einen Schleier der Gleichförmigkeit über die Songs und dämpft Momente, die zu etwas Gefährlicherem oder Seltsamerem hätten aufflammen können. Wenn die Band den Herzschlag verlangsamt, wie in «Amsterdamned» oder «Queen of Babylon», atmet die Musik und offenbart grabesartige Räume, in denen die Düsternis dichter wird und die Melodien wie Weihrauch nachklingen. Solche Passagen deuten auf eine dunklere Erhabenheit hin, die mir persönlich besser gefallen.
Ich bin versucht, sie mit den ehrwürdigen Epitaph (auch aus Italien) zu vergleichen, deren gespenstische Epen wie Kathedralen aus dem Nebel aufragen. Im Vergleich dazu ist das Gebäude von Supernaughty solide, aber erdverbunden, ohne die hoch aufragenden Bögen und das Licht der Buntglasfenster, die die Meister so beherrschen.
«Apocalypso» ist letztlich ein standhafter Einstieg in die düsteren Hallen des Doom Rock: weder eine Offenbarung noch eine Ruine, sondern ein weiterer Stein in der langen Mauer dieses Genres. Es steht, es brütet und wartet vielleicht auf den Tag, an dem seine Erbauer es wagen, höher in den sturmgepeitschten Himmel zu ragen.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/FyUSK1SWMj8
Einen rohen Heavy oder Power Metal spielen die Deutschen REINFORCER auf ihrem zweiten Album «Ice And Death». Dabei setzen sie auf viel Dynamik, Melodie und doch knackige Härte.
Sänger Logan Lexi (war kurzzeitig auch mal bei CobraKill) erinnert mich immer wieder an Niklas Isfeldt von der schwedischen Truppe Dream Evil. Mit diesen pflegen sie tatsächlich eine stilistische Verwandtschaft, wobei mir die Schweden doch noch deutlich besser gefallen. Woran es liegt? Schwierig zu sagen, denn objektiv betrachtet machen Reinforcer auf dem Zweitling alles richtig. Sie riffen sich durch die Lieder, beherrschen die Balance zwischen Eingängigkeit und Härte, sprich könnten mit diesem Sound gerade live überzeugen. Subjektiv bleibt mir aber, trotz positiven Ansätzen, zu wenig hängen.
Vielleicht bräuchte es dafür aber schlicht noch mehr als die gefühlt zwanzig bisherigen Hördurchgänge. Das ist bei der dargebotenen Eingängigkeit eigentlich seltsam. Vielleicht wirken Reinforcer live schlicht besser als auf CD. Wer Heavy Metal ohne grosse Keyboard-Einsätze mag, ist bei Reinforcer sicher am richtigen Ort, zumal die neun Lieder stetes schön zum Headbangen einladen. Freunde des "wahren Stahls" können bei «Ice And Death» bedenkenlos zugreifen. Was mich betrifft, braucht es wohl noch weitere Umdrehungen, bis ich bei dieser Band ankomme. An der Qualität der Musik liegt es definitiv nicht.
Roger W.
https://www.youtube.com/embed/2xD1ccR2Aog
Oh, endlich wieder ein Lebenszeichen von Sänger Matt Alfonzetti, dem ehemaligen Jagged Edge Shouter. Wer auf Uriah Heep und leichte Deep Purple Anleihen steht, wird auch SWEET FREEDOM schnell in sein Herz schliessen.
Mit Gitarren-Sounds wie Hammond Orgel der Siebziger sowie der kernigen und prägenden Stimme von Matt haben die Jungs ein cooles Hard Rock Album veröffentlicht. «Skin And Bone» als auch «Ìnnocent Child» gehen als sehr gute Anspiel-Tipps durch und machen Lust auf Mehr. Sweet Freedom nehmen den Zuhörer auf eine Reise mit, die durch spielerisches Können und emotionale Welten führt. Musik, die von Herzen kommt und mit Blut unter den Fingernägeln eingespielt wurde. Musik, welche die Welt zu einem besseren Ort macht und ganz einfach die guten, alten Tugenden ins 21. Jahrhundert rettet. Classic Rock Fans und Hard Rock Fans müssen hier bei «Blind Leading The Blind» reinhören, und sie werden es nicht bereuen.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/ZChF6NcaH1g
Einen wilden Rock-Ritt bieten die Briten DINOSAUR PILE-UP auf ihrem neuen Album. Dabei braucht es als Zuhörer von klassischem Heavy Metal und Hard Rock zuerst eine Angewöhnungs-Phase. Der Gesang klingt nämlich schon ziemlich "kaufgummimässig" nach Blink182 wie Konsorten..., und ja, so was mag ich nicht.
Die Briten bemühen sich auf «I've Felt Better» zwar um eine möglichst grosse Musikstil-Vielfalt, was den Gesang mit einschliesst. Mal klingen sie wie beim Beginn des Album-Titelsongs nach ruhigen The Offspring, dann lassen sie Red Hot Chilli Peppers Elemente einfliessen. Das Haupt-Fundament scheint aber definitiv Grunge zu bilden. Wohl deshalb finden sich immer wieder intensive Schrei-Orgien. Bei «Punk Kiss» dringt gar ein wenig Industrial durch. Das alles wird allerdings mit einem guten Gespür für gute Melodien dargeboten.
Und auch wenn ich nicht allen auf englisch gesungenen Texten folgen kann, macht es den Eindruck, dass sich Dinosaur Pile-Up immer wieder einen augenzwinkernden Humor durchschimmern lassen. Dazu kommen unerwartete Breaks wie bei «My Way». Insgesamt ist den Briten mit «I've Felt Better» ein aberwitziges Werk gelungen, dass sowohl Pop-Rock wie auch harter Rock ist. Damit überraschen sie sogar einen "Altmetaller" wie mich positiv. Reinhören und staunen, dass eine moderner musizierende Band durchaus Qualität abliefert.
Roger W.
https://www.youtube.com/embed/-_HbBDo9P-o
DER WEG EINER FREIHEIT zählen seit Langem zu den markantesten Stimmen des modernen Black Metal, und mit ihrem sechsten Album «Innern» erweitern sie erneut die Grenzen ihrer Kunst. Der Titel selbst signalisiert die Richtung des Albums: eine Abkehr vom äusseren Spektakel hin zu einer Auseinandersetzung mit Leiden, Identität und Erneuerung.
Der fast neunminütige Eröffnungstrack «Marter» fängt die Essenz der Band ein: einen unerbittlichen Black Metal Sturm, der durch Momente emotionaler Überlegungen ausgeglichen wird. Mit «Xibalba» intensiviert die Band den Einsatz von Kontrasten und verbindet weitläufige Atmosphären mit erstickender Schwere. «Eos» folgt als Meditation über Krieg und Natur und bewegt sich zwischen trauriger Stille und überwältigender Kraft.
Doch «Innern» ist nicht nur Aggression. «Fragment» führt eine fragile Introspektion ein, die von klagenden, klaren Vocals und zurückhaltender Spannung geprägt ist. «Finisterre III», ein kurzes Klavier-Intermezzo, bietet eine meditative Pause, bevor «Forlorn» das Album mit unerwarteter Verletzlichkeit abschliesst. Der Song wurde zum ersten Mal auf Englisch gesungen und seine Botschaft der Zerbrechlichkeit löst eine universelle Resonanz aus.
Musikalisch beweisen Der Weg Einer Freiheit einmal mehr, warum sie sich von anderen abheben: das komplexe Zusammenspiel der Gitarren von Nikita Kamprad und Nicolas Rausch, das präzise und ausdrucksstarke Schlagzeugspiel von Tobias Schuler und die grundierende Präsenz des neuen Bassisten Alan Noruspur. Zusammen schaffen sie eine Klanglandschaft, die verheerend als auch heilend wirkt und Wände aus Lärm in Momente von klarer Klarheit zusammenbrechen lässt.
«Innern» fordert die Zuhörer auf, sich mit ihren eigenen inneren Leeren auseinanderzusetzen. Das Ergebnis ist kompromisslos, erstickend und dennoch von einem Gefühl ästhetischer Präzision getragen. Mit diesem Werk liefern Der Weg Einer Freiheit nicht nur ihr bisher introspektivstes Werk ab, sondern auch eines der ehrlichsten und notwendigsten Statements innerhalb der heutigen Black Metal Landschaft: schmerzhaft, furchtlos und transformativ.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/4A0gz_NBUE4
Man nehme Jag Panzer, Cage, Mystic Prophecy sowie Wizard, verwurstet alles und erhält letztlich DRAGONSFIRE. Okay, Manowar dürfen auch nicht fehlen. Wer nun mit der Zunge schnalzt, sollte sich «Rebirth Of The Beast» umgehend zulegen, es sich zu Hause gemütlich machen und die Speed- wie Metal-Nummern anhören.
Die Pommes-Gabel wird dabei sicherlich im Sekundentakt in die Höhe gehievt werden und das Haupthaar zu den Rhythmen der Deutschen geschüttelt. Das dritte Werk bringt genau das Kraftfutter, welches sich die Treuen der Treusten zu Weihnachten unter den X-Mas Baum oder sich die Scheibe unters Kopfkissen legen, damit auch in den metallischen Träumen der richtige Soundtrack sein Unwesen treibt.
Für die nicht so ganz Treuen könnte es jedoch sein, dass sich die Mucke nach einer gewissen Zeit abnutzt und monoton wird. Am Ende des Tages ist es halt wie bei vielem, es gefällt oder eben nicht. Auch die galoppierenden Parts bei «W.I.T.G.A.G.O.T.O.S» werden bei einigen ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern und zu einem möglichen Kauf animieren. Deshalb antesten, selbst entscheiden und nach dem Kauf ganz viel Freude daran finden.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/MBmzeA6Mt7g
RETCHING sind in Rhode Island (USA) zuhause und bringen nun mit «Charming The Decomposed» ihr Debüt-Album auf den Markt. Der Titeltrack macht dabei den Auftakt und das mit Death Metal der primitiveren Sorte, der massiv alles in Grund und Boden stampft.
Intensiv wird mit «Premative Decapitation» ohne grosse Abwechslung einfach drauflos geballert. Groovig wird es mit «Shower Curtain Silhoutte», aber leider wird auch an der Stelle wenig Wert auf Abwechslung gelegt. Die nächste Ladung Geprügel wird mit «Foaming» geliefert. «Vulgar Celluloid Trophy» geht am Anfang langsamer zu Werk, versinkt nachher aber erneut in heilloser Wirrnis.
Massiv kommt «Septic Entombment» daher, wo jedoch wieder bloss ein Durcheinander geboten wird, und so verlieren Retching zunehmend den roten Faden. Gar Hörspiel-Charakter weist «Fetid Abattoir» auf und kommt dieses Mal jedoch gänzlich ohne Chaos aus, sondern mit geilem Groove daher! «Mortuary Of Desire» prügelt zum Abschluss nochmals voll drauflos, und so endet dieses Album wie es begonnen hat: In grenzenlosem Chaos! Retching haben mit «Charming The Decomposed» ein sehr eintöniges und ödes Album heraus-, respektive draufgehauen!
Roolf
https://www.youtube.com/embed/XQg5-EpiQ8U
MÖTLEY CRÜE, die Skandal-Truppe um Nikki Sixx, haben seit den frühen Achtzigern den Hard Rock mit frischen Blut infiziert. Was damals am Sunset Strip hinter verschlossenen Türen passierte, wissen wir nicht erst seit dem Film «The Dirt».
Abseits von blutigen Spritzen, Orgien, und Schlammschlachten in den Tageszeitungen zwischen den Musikern und ihren Ex-Frauen war es immer die Musik, welche The Crüe faszinierend machten. Nicht nur der Sound änderte sich von Album zu Album, sondern auch der jeweilige Schriftzug des Bandnamens. Was mit dem arschtretenden «Live Wire» losgetreten wurde, mündete über reinen Metal («Looks That Kill») zum Sleaze Rock («Smooking In The Boys Room») und kernigen Rock («Dr. Feelgood»). Nikki erfand sich immer wieder neu (ohne dabei den Grund DNA zu verlassen), was schlussendlich auch elektroangehauchte Sounds wie «Dogs Of War» ausmachte.
Speziell diese Veränderung teilten aber vor allem die älteren Fans nicht mehr, wie auch der "Ausstieg" von Mick Mars für enttäuschte Gesichter sorgte. Heute füllen Nikki (Bass), Vince Neil (Gesang), Tommy Lee (Drums) und John 5 (Gitarre) zwar immer noch die grössten Arenen, wissen aber auch, dass neues Liedgut zwar nett, aber nicht wichtig ist. Logisch bei diesem Fundus an Klassikern, welche die Truppe komponierte. Auf «The Beginning» werden die Single-Stationen des einst wilden Quartetts in chronologischer Reihenfolge zusammengefasst.
Dabei erklingen die Tracks von «Shout At The Devil» und «Theater Of Pain» in einer "2021 Remastered Version" und die Lieder von «Dr. Feelgood» präsentieren sich in der "2024 Remastered Edition". Wer bis jetzt noch keinen Schimmer hatte, wer oder was Mötley Crüe sind, kann dies hiermit auf eine gute Art nachholen. Alt-Fans, die schon alles haben, bekommen mit «Home Sweet Home» (zusammen mit Gastsängerin Dolly Parton), den beiden neueren Nummern «Dogs Of War» und «Cancelled» sowie den Gang-Vocals bei «Saints Of Los Angeles» neues Kraftfutter.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/U3Xw6Sm3lQY
Auch 27 Jahre nach der Veröffentlichung ist BEHEMOTH Frontmann Nergal stolz wie Bolle auf dieses Album, welches, seiner Meinung nach, damals ein Game-Changer war. Nun wird das Album neu aufgelegt und erscheint sowohl auf Vinyl, wie auch auf CD.
Erfreulich für Jäger des schwarzen Goldes: Sie müssen diesmal nicht auf Songs verzichten, denn beide Tonträger bieten das Gleiche. Neben des regulären Albums gibt es die EP «Bewitching The Pomerania», sowie vier Rough Mix Versionen. Der Preisunterschied ist mit allerdings frappant, für die LP Version sind über fünfzig Steine fällig. Da die reguläre LP auf den gängigen Plattformen zu recht anständigen Preisen gehandelt wird, muss sich jeder Fan selber fragen, ob er zuschlagen will.
Musikalisch macht das Album tatsächlich den Spagat zwischen den rohen Frühwerken und dem, was danach folgen sollte. Man holte sich Inspirationen im Death Metal, die Texte handelten mehr und mehr vom Gehörnten, und insgesamt war «Pandemonic Incantations» damals das ausgereifteste und abwechslungsreichste Album der polnischen Genre-Pioniere.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/uFmPLCf2Css
Erst letzten Herbst wurden die ersten beiden Alben von NIGHT DEMON wiederveröffentlicht, und nun steht schon wieder eine neue Version in den Läden. Zum 10-jährigen Jubiläum wird das Debüt-Album in einer auf 1'000 Stück limitierten Box zu einem nicht ganz billigen Preis zu erwerben sein.
Gleich dreimal gibt es die Scheibe je auf Vinyl und CD in drei Versionen. Die Original-Aufnahme ist ebenso an Bord, wie ein Remix und die rohe Demo-Version namens «Run To Your Live Sessions». Ergänzt um eine Kassette mit 22 unveröffentlichten Songs, welche mir aber nicht vorliegen. Das ist aber noch nicht alles, denn auch eine DVD, ein Tour-Programm, ein Comic und vier Tour-Poster sind im Lieferumfang enthalten.
Dem geneigten Fan wird also einiges geboten, und aufgrund der geringen Auflage ist wohl etwas Eile geboten, denn an der musikalischen Klasse gibt es ja nichts zu mäkeln. Allerdings möchte ich dann doch noch den Mahnfinger Richtung Amerika heben, denn man sollte den treusten Fans nicht immer das Geld aus der Tasche ziehen. Selbst wenn die Box viel bietet, sind deutlich über hundert Franken (je nach Anbieter) nicht gerade wenig.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/pm8FFk5_xp8
Irgendwie sind die deutschen Death-Doomer NAILED TO OBSCURITY seit der Gründung vor zwanzig Jahren an mir vorbeigerauscht, will heissen, das fünfte Album ist gleichzeitig meine Feuertaufe. Seit Jahren werkeln die Jungs an ihrem Baby herum, und die erste Single erschien bereits vor drei Jahren. Genug Zeit also, um nun ein ausgereiftes Album auf die Beine zu stellen.
Der Opener «Glass Bleeding» gibt die Marschrichtung vor: Flotter Beginn mit starken Growls, ein doomiges Zwischenspiel und dann melancholischer Klar-Gesang. Das sind die Zutaten, mit denen Nailed To Obscurity ihr Süppchen kochen. Dabei bauen sie immer wieder kleine Gothic-Elemente in ihre Songs ein. Das klingt alles sehr schön und stimmig, nutzt sich aber mit fortlaufender Dauer des Albums etwas ab, da wirklich fast alle Songs einen sehr ähnlichen Aufbau aufweisen.
Auch die Clean-Vocals bietet letztlich wenig Überraschungen, denn die Melodien gleichen sich sehr oft und leider, muss man an dieser Stelle sagen. Trotzdem ist «Generation Of The Void» ein durchaus hörbares Werk geworden, welches aber aufgrund meiner Beobachtungen zudem auch etwas zu lang geraten ist. Wer die Band kennt, respektive Katatonia oder Insomnium mag, dürfte allerdings nicht enttäuscht werden. Darum tut antesten Not!
Rönu
https://www.youtube.com/embed/9fbw1EvMhI8
Angeblich gehört «Ritual Decay» zu den meisterwarteten Alben des Jahres 2025. Das Debüt-Album der genreübergreifenden Band LOWHEAVEN aus Toronto ist etwas ganz Besonderes geworden. Man konnte sich ein wenig darauf vorbereiten, denn schliesslich veröffentlichte der Vierer im Vorfeld eine brillante Single nach der anderen.
Es ist wahrlich nicht so, dass genrelose Bands neu wären, doch jene, die das so mühelos, so effektiv und eindringlich tun, sind etwas ganz anderes. Dies über zehn Tracks auch noch fesselnd und mit einer Leichtigkeit zu gestalten, erfordert Talent. Der Vierer um Dan Thomson (v/g), Mikey Buchta (v/b), Alex Pley (g/k) und Pat Pajak (g) spielt ein bisschen Post-Hardcore, ein bisschen Gaze, ein bisschen Alternative Rock, ein bisschen Metal, ein bisschen experimentellen Screamo und hinterlässt einen verdammt guten Eindruck.
Der Sound auf «Ritual Decay» wird wahrscheinlich Fans aus dem gesamten Rock- und Metal-Spektrum anziehen und diejenigen, die noch nicht ganz überzeugt sind, dazu herausfordern, es sich noch einmal anzuhören und ihre Meinung zu überdenken. Sei es die aggressive Verrücktheit und die dramatische, schwere Melodie vom Deftones inspirierten «In Grievance» bis zur energiegeladenen Leidenschaft von «Chemical Pattern», einem Track, der viel mit Noise gemeinsam hat, sich aber auf beeindruckende Weise weiterentwickelt. «Cancer Sleep» ist der wohl schmutzigste und härteste Track der Platte, der mit hochfliegenden Cleans und Alternative-Melodien zuschlägt.
Die zehn Songs sind hochdramatische, alternative, emotional aufgeladene, kraftvolle, melodische und faszinierend-unbehagliche Kompositionen. Sowohl die Instrumental-Tracks als auch die Vocals wissen zu begeistern und sorgen dafür, dass die Spannung bei den Zuhörern steigt. Obwohl ich immer ein wenig voreingenommen bin, wenn es um Bands ohne Genre-Zugehörigkeit geht, bin ich dennoch positiv überrascht, wie die Truppe mit «Ritual Decay» den Weg zwischen Genialität und Wahnsinn beschreitet.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/23fWcvRoWzg
Wenn man bedenkt wie viele Substanzen, welche der Gesundheit nicht gerade förderlich waren, GLENN HUGHES in seiner Jugend zu sich genommen hat, dann grenzt es an ein Wunder, dass er noch immer sein packendes und mitreissendes Gesangs-Organ besitzt.
Der ehemalige Deep Purple Musiker bleibt seiner musikalischen Linie auch auf «Chosen», fast eine Dekade nach dem letzten Solo-Werk «Resonate» von 2016, treu. Dabei geht er vielleicht eine Spur rockiger ans Werk als auch schon und lässt seine "Ausflüge" in psychedelische Sound-Orgien diesmal aussen vor. Mit Søren Andersen verfügt er nicht nur auf der Bühne über einen kongenialen Gitarristen in seinen Reihen, welcher die Vibes der Siebziger locker ins 21. Jahrhundert zu zaubern vermag.
Auch wenn der singende Bassist mit «Into The Fade» flott über den Highway düst, hält sich Glenn auf dem neuen Streich mehrheitlich in Midtempo-Gefilden auf, lässt kein «Burn» (Deep Purple) artiges Stück erklingen und gewährt so seiner Stimme den Platz, um sie bestens entfalten zu können. «The Lost Parade», «Hot Damn Thing» und «Black Cat Moan» sind beste Beispiele dafür. Die mit Streichern unterlegte Ballade «Come And Go» lässt die Zuhörer derweil träumen, hoffen und weinen. Cooles Album eines Vollblut-Musikers, der noch immer viel zu sagen hat.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/t-fj5sl_Rqc
HELSTAR sind eine dieser konstanten Bands, die immer Qualität abliefern und von den Metal-Fans trotzdem selten wahrgenommen wurden. Das liegt bei den Texanern an den oftmals vertrackten Liedern, die aber mit zunehmendem Hörgenuss immer mehr an Qualität gewinnen und Klassiker-Faible erkennen lassen.
Alben wie «Remnants Of War» (1986), «A Distant Thunder» (1988) und speziell «Nosferatu» (1989) brachten der Truppe um Sänger James Rivera in den Achtzigern einen vorzüglichen Ruf ein. Doch der Stern des Quintetts strahlte in den Neunzigern nicht mehr so hell. Die Jungs haben sich inzwischen wieder aufgerappelt und veröffentlichen nun mit dem elften Studio-Album eine Scheibe, die nahtlos an die glorreichen Tage der Jungs anknüpft. Wer einen etwas gemächlicheren Zugang sucht, findet diesen mit dem Double-Bass-Drum-Hammer «The Black Well», während der Titeltrack eher die verspielte Seite der Jungs zeigt.
Es sind auf jeden Fall die nach wie vor intelligenten Gitarren-Parts, die spannenden Rhythmus-Elemente und der königliche Gesang, welche als das Markenzeichen von Helstar gelten. Wer in eine Welt eintauchen will, in welcher der Song im Zentrum eines Albums steht und sich mit Iron Maidens «Rime Of The Ancient Mariner» sowie «Powerslave» anfreunden kann, wird auf «The Devil's Masquerade» mitunter auch an «Suerte De Muleta» seine wahre Freude haben. Geiles Album einer Truppe, die ohne Wenn und Aber aufzeigt, wie der Hammer aktuell geschwungen werden muss!
Tinu
https://www.youtube.com/embed/LwhPypIPx-E
Als Genre findet der Deathcore stets seine Kritiker, aber zum Glück gibt es noch LORNA SHORE. Sie haben sich schnell zu Vorreitern entwickelt und ihren musikalischen Horizont dauernd erweitert.
Während das Vorgänger-Album «Pain Remains» (2022) voller gothischer Chor-Passagen war, geht ihre aktuelle Platte «I Feel The Everblack Festering Within Me» noch einen extremen Schritt weiter. Der Mix aus gothischem Deathcore und Black Metal wird zu einem viel expansiveren Sound, der in einem Moment der kathartischen Befreiung mündet. Eine Flut von Kick-Drums attackiert beim Opener die Sinne, während die Musik ein Gefühl klaustrophobischer Spannung hervorruft. Diese Nummer ist aber keineswegs repräsentativ für das gesamte Album, denn um zu verstehen wo die Band aktuell steht, muss man sich das gewaltige «Oblivion» anhören, das die Klaustrophobie durch ein Progressive Metal Meisterwerk ersetzt.
Alle Fesseln sind gelöst, während sie sich darauf vorbereiten, Eure Sinne auf eine höllische Reise mitzunehmen. Das sind die kleinen aber feinen Unterschiede, die das Album zu einem befriedigenden Hörerlebnis machen. «In Darkness» setzt Chor-Synthesizer sehr effektiv ein, und die Gitarren-Riffs wechseln vom typischen Deathcore-Ansatz hin zu eher klassischen Metal-Melodien. Auch der Gesang von Will Ramos, der von völlig unverständlichen Texten zu Momenten mit fast klarem Gesang übergeht, findet besondere Erwähnung. Allerdings ist nicht alles nur "schön", was die zehn Songs zu bieten haben, denn «Unbreakable» legt die Messlatte für cineastisches Chaos noch höher.
«Glenwood», «Lionheart» und «Death Can Take Me» drohen vor Wildheit zu implodieren, formen ein undefinierbares Durcheinander und klingen in etwa so, als wenn Quentin Tarantino «Inglourious Basterds II» mit Black Metal vertont hätte. «Forevermore» beendet das Chaos, und die Scheibe mit einer gothischen Note, während der Fünfer sich seinem dramatischen Ende nähert. Indem sich die US-Amerikaner von den Beschränkungen ihres Genres befreit haben, schufen Lorna Shore ein modernes Metal-Werk, das sie schnell zu einer der derzeit wichtigsten Bands der Szene machen dürfte.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/DJIPepGa07M
Die Jungs erinnern mich immer wieder an die Dänen von Artillery. Kein Wunder, stammen EXELERATE ebenso aus dänischen Landen. Vielleicht kann man das Ganze noch mit einer fetten Prise Grim Reaper ergänzen, und dann trifft man auf den powervollen, thrashigen Sound der Band um Sänger Mads Sorensen.
Eine Truppe, die man sich bewusst anhören sollte und gleichzeitig eine die weiss, dass man nicht nur mit Härte, sondern auch durch einprägsame Melodien überzeugen muss. Der Gesang donnert dabei schreiend immer wieder heftig aus den Speakern. Bei den melodischen Momenten versteht es Mads auch mit "Feingefühl" zu überzeugen («A Painful Dept»). Mit spannenden, sich aufbauenden Parts («Death Cult») wird die zweite Scheibe des Quartetts nie langweilig und macht Lust auf mehr.
Dies auch durch die langsamen Parts («Falling In Lust»), die mit einem zugedrückten Augen ein bisschen an Metal Church und «Watch The Children Pray» erinnern. «Stranger Out Of Time» markiert mit seinen über neun Minuten Spielzeit als Abschlusstrack durchaus das stille Highlight einer Scheibe, die mit viel interessanten Parts zu begeistern weiss. Einen Klassiker haben die Jungs mit «Hell For The Helpless» zwar nicht geschaffen, dafür aber etwas, das man sich immer wieder gerne anhört.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/enE63h_EOuc
«The Silver Key» klingt, als würde man mit Lovecrafts silbernem Schlüssel selbst ein Tor aufstossen, also hinaus aus der bekannten Welt, hinein in kosmische Leere und den Wahnsinn dahinter.
Auf ihrem Debut schaffen GJALLARHORN'S WRATH eine pompöse Klanglandschaft, in der sie die Dunkelheit des Black Metal mit orchestraler Pracht verschmelzen. Im Zentrum ihres Sounds steht ein reichhaltiges Keyboard-Geflecht, das eine atmosphärische Grundlage schafft, die sowohl cineastisch als auch ritualistisch wirkt. Vor diesem dichten Hintergrund entflammen die Gitarren mit scharfen Riffs, die nahtlos zwischen tremolo-geladener Wildheit und melodischen Ausschmückungen wechseln. Die Rhythmus-Gruppe treibt alles mit Präzision voran.
Der Gesang, eine wilde Mischung aus tödlichen Growls und durchdringenden, Black Metal Gebrüll, dominiert die oberen Klangschichten und verkörpert den Kampf zwischen Chaos und Erhabenheit. Tracks wie «Wiccan Wyrd» und «Fangs of Hate» unterstreichen die Fähigkeit der Band, Brutalität mit mitreissenden Atmosphären in Einklang zu bringen. Langsamere, nachdenklichere Passagen offenbaren eine Vorliebe für Dynamik, die im Extreme Metal oft fehlt. Entstanden ist dabei eine bewusste Auseinandersetzung mit Mythos, Schicksal und kosmischer Angst.
Dies durch Musik, die sich sowohl altmodisch, als auch modern anfühlt. Gjallarhorn's Wrath gelingt es, symphonische Elemente in einen integralen Bestandteil ihrer Identität zu verwandeln. «The Silver Key» ist ein Debüt-Album mit Tiefe und Überzeugung, das die Ankunft einer Band markiert, die Vision und Intensität auf eine Stufe stellt. So wird «The Silver Key» zum Soundtrack eines Lovecraft’schen Übergangs: ein Schlüssel, der nicht Türen öffnet, sondern das Bewusstsein, mit allem Grauen, das dahinter lauert.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/25mjOHja5B4
Die italienischen Proggies HEADLESS sind mit ihrem fünften Album zurück und bieten auch diesmal wieder Progressive Metal Songs. Mit «Weighless» beginnen die Italos zwar mit einer etwas sperrigen Nummer, die nicht sofort zündet. Auch das folgende «Losing Power» wirkt zunächst eher verwirrend. Man versucht hier, meiner Meinung nach, zu viel in einen Song zu packen.
Rasante Double-Bass-Drum-Attacken, krasse Wechsel und chorale Vocals im Refrain verwirren den Zuhörer etwas. Das bessert sich beim etwas ruhigeren «Fall To Pieces». Hier überzeugt der Gesang und der tolle Chor im Refrain. Erinnert etwas Queensrÿche und Crimson Glory. Auch «Misery» ist zugänglicher und gefällt schon viel besser durch weniger Gefrickel. Das entspannte «Still My Thrill» kommt ebenso gut und punktet mit guter Gesangs-Melodie. «Refuge» ist noch entspannter und weist erneut Parallelen hin zu Queensrÿche auf, abgesehen vom Gesang. Göran Edman singt natürlich völlig anders.
Der Schwede hat ja schon in unzähligen Bands wie bei Yngwie Malmsteen, Brazen Abbot, Karmakanic, John Norum und vielen mehr mitgewirkt. Das etwas schwerfällige, düstere «No One's Waiting» bringt eine willkommene Abwechslung, klasse Gesang von Göran, und starke Chöre machen dies zu einem der besten Song dieses Werkes. Der Titeltrack wirkt hingegen etwas durchwachsen. Die zweite Hälfte ist definitiv besser gelungen, heisst das Material kommt weniger nervös und überladen daher. Spielerisch findet sich nichts zum Reklamieren, denn die Jungs haben es musikalisch voll drauf.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/nA_tJIV2B1s
Ja, auch beim dritten Studio-Album reissen mich CROWNE, die Jungs um Sänger Alexander Strandell (Art Nation), nicht vom Hocker.
Ja, «Warlords Of The North» verströmt mit seinem abendländischen Flair einen speziellen Moment. Ja, «Legacy» macht Laune, aber von einer Band mit diesem Format (Bassist John Levén - Europe, Keyboarder Jona Tee - H.E.A.T., Schlagzeuger Christian Lundqvist - ehemals The Poodles), erwarte ich einfach einen Hit nach dem anderen. Die Songs sind definitiv gut gespielt und werden die jüngeren Musik-Fans sicherlich zum Frohlocken bringen, aber insgesamt klingt alles zu vorhersehbar und besitzt dieses Hit- und Klassiker-Potenzial nicht, das ich von einer solchen Truppe erwarte. Hört Euch die obenstehenden Lieder an, garniert das Ganze mit «Hearts Collide» oder «Waiting For You» und bildet Euch selber eine Meinung.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/sK6HTAl3QCw
Ach, meine alten Helden von THE RODS existieren ja immer noch! Was habe ich damals ein Album namens «Let Them Eat Metal» (1984) förmlich aufgefressen. Die Band um David Feinstein, den Cousin von Ronnie James Dio, bot diesen typischen, an den Eier packenden Metal, wie man ihn sich in den Achtzigern nur zu gerne angehört hat.
Dem Trio blieb der Erfolg leider verwehrt, warum auch immer, und so blieben The Rods immer nur ein Geheim-Tipp unter Kennern. Dies hielt David und seinen "partner in crime" Carl Canedy (Drums) freilich nie davon ab, immer wieder grossartige Scheiben zu veröffentlichen. Auch «Wild Dogs Unchained» setzt diese arschtretenden Grooves frei und lässt mit «Rock And Roll Fever» ein Feuerwerk von der Stange, dass keine Wünsche offenbleiben.
Nach dem sanften Einstieg, welcher noch von Streichern begleitet wird, steigert sich die (Halb-) Ballade «Tears For The Innocent» langsam zu einem wütenden Moment. «Time To Rock», «Make Me A Believer» und «Hurricane» sind weitere Anspiel-Tipps, welche den Kauf dieser Scheibe mehr als nur rechtfertigen. Metal-Fans und solche die es wollen werden, können hier die Essenz des Metal in seiner Reinkultur hören und geniessen.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/BekZfhn4o5Q
Wer sich auf eine musikalische Abwärtsspirale der menschlichen Erfahrungen begeben will, sollte sich der vierten Studio-Platte von KHNVM („Khaa-nooom? ausgesprochen) widmen. Die unerbittlichen Blackened Death Metaller mit deutsch/bangladeschischen Wurzeln erkunden die Schnittstelle zwischen Psychologie, Philosophie und Spiritualität, während sie sich in die tiefsten Abgründe der menschlichen Psyche begeben.
Ihr neues Album mit dem Titel «Cosmocrator» benutzt die heulenden Winde des Black Metals, um Authentizität rüberzubringen. Dies gelingt unter anderem, wenn Mastermind Obliterator (Sänger, Gitarrist, Bassist und Keyboarder) seine charakteristischen Schreie dazu gibt und gleichzeitig mit seinen Riffs, Bass-Lines und Synthesizer-Tönen eine dunkle Klangwand aufbaut. Passend zu den schwarzen Klängen ist ebenfalls der Albumtitel, der eine doppelte Bedeutung hat: er symbolisiert den Herrscher der Welt oder im religiösen Sprachgebrauch auch Satan. Schlagzeuger M. unterstützt die sieben düsteren Tracks mit seinen Doom- und Death-Beats, perfekt für krankes Headbanging.
Nebst einer direkten Death-Klangfülle setzt «Fathomless Enigma» ein eindringliches Zwischenspiel ab, das die Zuhörer in die dunkle und böse Welt von «Cosmocrator» entführt. Mit Ekaitz Garmendia (von Sijjin) als Gast-Gitarrist wagt sich «Venom Spawn» sogar in progressive Gefilde vor. Mit den zum Nachdenken anregenden Texten und der harten, aber prägnanten Musikalität von «Cosmocrator» versprechen KHNVM nicht nur musikalisch zu überzeugen, sondern auch diejenigen zu fesseln, die sich zu komplexen Erzählungen und philosophischer Tiefe hingezogen fühlen.
Alle Lyrics sind eingebettet in hochwertige, harte und obskure Metal-Musik. Aufgenommen wurde der Longplayer von Obliterator selbst, im "Obliterator Studio". Das Artwork stammt von "Khaos Diktator Design" (Layout: Ulf Binder) und ist stark inspiriert von Christopher Hitchens' vernichtender Abhandlung "God Is Not Great: How Religion Poisons Everything" und Carl Jungs "Mysterium Coniunctionis". Kein einfaches Werk, das sich aber die adrenalingeladene künstlerische Linse aufsetzt und mit Härte wie Brutalität eine neue, metallische Seite zum Ausdruck bringt.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/hy9F66NLRTw
Mit «Over The Horizon» geht das Melodic All Star Projekt BARNABAS SKY von Markus Pfeffer bereits in die dritte Runde. Der hauptamtliche Gitarrist ist mit Lazarus Dream, Mystery Moon und Winterland gleich bei drei, stilistisch verwandten, Bands tätig. Der gute Mann ist zudem auch ein versierter Bassist wie Keyboarder und ein erstklassiger Songwriter. All in all also ideale Voraussetzungen für sein eigenes Ding.
Einmal mehr wurde dazu eine Handvoll versierter Sänger ins Studio gelotst. Die Anzahl grosser Namen ist dabei aber deutlich geringer als auf den letzten beiden Scheiben ausgefallen. Danny Vaughn von Tyketto und Tony Harnell von TNT stechen diesbezüglich als Sänger heraus. Soundtechnisch gelingt Markus der Spagat zwischen episch/progressivem Melodic Rock, klassischem AOR und knackigen Hard Rock auf eindrückliche wie lockere Art und Weise.
Für die zehn Tracks wurde wiederum starkes Material verfasst. Der ganz grosse Wurf ist aber nicht dabei. Songs mit dem gewissen Etwas sucht man leider vergebens. Das bedeutet, das ganze Album besticht zwar durch eine fundierte Instrumentalisierung und sowieso durch qualitativ hochstehende Gesangs-Leistungen. Der Nachhaltigkeits-Faktor ist aber nicht besonders hoch. Am Schluss verbleibt mit «Over The Horizon» dennoch ein tolles Album mit hoher Unterhaltungs-Garantie.
Chris C.
https://www.youtube.com/embed/gIm_7lQIS90
Es hat gewaltig gepoltert im Bandgefüge von Primal Fear. Mit Ausnahme von Mat Sinner (Bass) und Ralf Scheepers (Gesang) hat sich das Band Karussell gewaltig gedreht. So kehrte Drummer André Hilgers zurück, Gitarrist Magnus Karlsson soll nun auch auf der Bühne und nicht nur im Studio dabei sein und mit Thalia Bellazecca (Gitarre, Ex- Angus McSix) wurde der Fünfer ergänzt.
Trotz allem sind Primal Fear, Primal Fear geblieben und haben mit dem Opener «The Hunter» einen wundervollen melodischen Knaller hingelegt. Die Refrains («Far Away») kreisen dem Zuhörer um die Ohren, wie der Adler seinen Horst umfliegt. Was nicht fehlen darf, sind stampfende Hymnen, wie man sie seit dem Debüt-Album kennt. Hier sind sie auf die Namen «I Am The Primal Fear» und «Crossfire» getauft.
Im gleichen Atemzug sind es die fetten Banger-Hymnen wie «Heroes And Gods» oder eine Midtempo-Halbballaden-Nummer wie «Eden», welche Primal Fear noch immer typisch und eigenständig erklingen lassen. Nach wie vor ist es die unglaublich geile Stimme von Ralf, welche die Jungs zu einer der ganz speziellen Metal-Truppen mit hohem Wiedererkennungsgrad machen. Wer auf solche Mucke steht, wird auch an «Domination», der mittlerweile fünfzehnten Studio-Scheibe, seine Freude haben.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/ed7iHIFNP0Y
Aus Asbury Park/New Jersey melden sich SOLACE mit einer Neuauflage des Albums «Further» von 2000 wieder zurück. Dieses Werk, nota bene das Longplayer-Debüt, wurde somit bereits vor 25 Jahren veröffentlicht und wird nun gleichzeitig auch zum Vermächtnis von Sänger Jason G. Limpantsis, der heuer im Januar leider verstorben ist.
Dieses Album ist sehr gut gealtert und immer noch absolut relevant, dass macht schon der erste Track «Man Dog» klar, und so wird Stoner Metal der Spitzenklasse geboten! Eine Wolke voll Wüstenstaub, hinterlässt «Black Unholy Ground» und markiert damit Desert Metal in seiner reinsten Form! Dazu wird ein wenig Grunge-Angepissheit serviert! Nur leider nervt hier das Ausfaden, und das gilt auch für die nachfolgenden Tracks! «Followed» startet mit Akustik-Gitarre sanft, um dann orientierungslos dahinzutreiben.
Vertonte Lustlosigkeit der Güteklasse 1A! Die volle Groove-Breitseite inklusiv Fuzz-Gitarre, bietet dagegen «Whistle Pig», und so bereiten Solace sehr viel Spass! Eine kurzweilige Ballade wird mit «Hungry Mother» geboten. Langsam groovt sich danach «Angels Dreaming» ins Gehirn und sorgt mit massiven Riffs für gute Laune! Mit einem megageilen Riff startet «Suspicious Tower» und wieder wird ein Groove-Süppchen zum Brodeln gebracht! So richtig doomig wird es mit «Heavy Birth/2-Fisted» und bei diesem Song waren Black Sabbath als Paten mit dabei.
Ein weiterer Volltreffer von Solace! «Another Life» geht flott zur Sache und kann mit einer würzigen Grunge-Note vollkommen überzeugen. Der letzte Track des offiziellen Albums nennt sich «We Bite» und entpuppt sich als geiler Punk-Song, der die Tradition der Ramones weiterleben lässt! «On The Hunt» eröffnet den Reigen der vier Bonustracks. Geiler Stoner Metal wird geboten, und nur schon dieser Song rechtfertigt den Kauf der Deluxe-Version!
Mit einer speziellen Version des Albumtracks «Heavy Birth/2-Fisted» geht es genial weiter! Überraschend ruhig startet «Dirt», aber kurz darauf nimmt dieser Song mächtig Fahrt auf, und der nächste Volltreffer ist Tatsache. Zum Schluss wird noch eine wilde Jam-Session, betitelt mit «Funk# (Live In Tokyo ’98) dargeboten und beendet damit ein grossartiges Album, das auch nach einem Vierteljahrhundert nichts von seiner Relevanz verloren hat!
Roolf
https://www.youtube.com/embed/QTYvPY2rgeI
Bereits 1992 wurde die schwedische Progressive Rock Band RITUAL gegründet, die immer noch in der Original-Besetzung zusammen musiziert. Dieses Album wurde original schon 2007 veröffentlicht. Keine Ahnung also, wieso man das Teil hier ohne Erwähnung nochmals heraushaut.
Na gut, kommen wie zur Musik: Schon der Opener, der zugleich auch den Titeltrack mimt, klingt nach The Tangent, Yes und Kaipa. Filigraner Progressive mit vielen instrumentalen kleinen Spielereien. So gehts es auch weiter, nur dass beim etwas ruhigen «Late In November» die Folk-Einflüsse im Vordergrund stehen. Dem entgegen steht das eher rockige, etwas schwere «The Groke», eine willkommene Abwechslung. Sänger Patrick Lundström, der auch noch bei Kaipa in Diensten steht, macht seine Sache gut und performt sich souverän durch die Progressive-Songs hindurch.
Das Herzstück dieses Werkes ist sicher das 26 Minuten (!) lange «A Dangerous Journey». Ein durchdachter Prog-/Folk-Song, der zunächst nach Jethro Tull, dann nach Kaipa und schliesslich wieder nach Yes klingt. Geschickt ineinander geflochten wird diese Nummer durchgehend spannend gehalten. Fette Chöre, die fast nach Queen klingen, werden ergänzt durch Lundströms variablen Gesang. Spannend ist auch, dass die ersten zehn Minuten völlig ohne Drums auskommen. Später werden schräge Progressive-Parts und schöne Melodien nachgereicht, klasse gemacht.
Alle oben genannten Bands hinterlassen immer wieder ihre musikalischen Spuren in diesem verrückten, aber sehr hörenswerten Opus. Gegen Ende sind sogar noch Parallelen hin zu Spock's Beard auszumachen. Die Schweden liefern hier mit «The Hemulic Voluntary Band» reines Kraftfutter für verwöhnte Proggies ab. So macht diese Wiederveröffentlichung ja doch noch Sinn für alle, die Ritual bisher noch nicht auf dem Radar hatten.
Crazy-Beat
https://www.youtube.com/embed/SRk7Hd1qhPE
Mit ihren ersten drei Alben haben die Schweden ihre Fanbase stetig ausbauen können. Kein Wunder, denn damit haben sich AMBUSH mit klassischem Heavy Metal in die Spitzengruppe der New Wave Of Traditional Heavy Metal gespielt.
Nun haben sich "Napalm Records" die Truppe unter den Nagel gerissen und damit auch ein wenig die Angst geschürt, Ambush könnten dadurch kommerzieller werden. Doch da besteht kein Grund, denn das vierte Album reiht sich ohne Qualitäts-Verlust in die bisherige Diskographie ein. Bereits der Opener und Titeltrack räumt alle Bedenken mit einem Wisch weg. Eine Double-Bass-Drum-Hymne, die erneut von der starken Gitarren-Arbeit der Herren Enquist und Dotzek sowie des starken Gesangs von Sänger Oskar Jakobsson lebt.
Das folgende «Maskirovka» überrascht im Refrain gar mit einem russischen Akzent und dürfte live richtig zünden. Es ist ja kein Wunder, dass die Band im Oktober auf dem "Keep It True Rising" in Würzburg spielen wird, denn genau da liegt die Zielgruppe. Hört man sich «Iron Sign», «Heavy Metal Breathren» oder den Midtempo-Stampfer «The Reaper» an, wird schnell klar, dass die Nordlichter puren, unverfälschten Metal nicht nur spielen, sondern auch glaubwürdig zelebrieren.
Mit «I Fear The Blood» hat man ausserdem eine klasse Ballade im Programm stehen, welche bestimmt für eine willkommene Abwechslung sorgen wird. Ambush hat der Label-Wechsel also nicht geschadet und liefern ein richtig starkes Album ab. Für Maiden, Priest und Accept Fans sind Ambush ein Geheim-Tipp, der sich lohnen wird. Die Schweden sind vielleicht etwas reifer unterwegs als noch auf den drei Vorgängern, und trotzdem kickt das hier aber so was von mächtig "Ass"!
Rönu
https://www.youtube.com/embed/JvQQAkYOO4Q
Die dänischen Folk-Metaller SVARTSOT laden wieder zum Tanz! Mit «Peregrinus» werden sie ihr sechstes und wahrscheinlich letztes, traditionelles Album veröffentlichen. 2025 bedeutet gleichzeitig auch das 20-jährige Jubiläum der Band.
Nach der Veröffentlichung von «Kumbl» (2022) gab der langjährige Schlagzeuger und Produzent, Frederik Uglebjerg, seinen Ausstieg bei Svartsot bekannt. Erst 2024 konnte mit Rune Frisch ein neuer, fester Schlagzeuger gefunden und die Vorbereitungen für die Aufnahmen zum neuen Album getroffen werden. «Peregrinus» ist ein Konzept-Album mit neun Titeln, das die Geschichte eines jungen Waisen erzählt, der eine junge Frau schwängert und deshalb gezwungen ist, das Schwert zu erheben und auf Kreuzzug zu gehen, um für seine Sünden zu büssen.
Bei seiner Rückkehr nach Hause wird er jedoch von einem Gesetzlosen tödlich verwundet und entdeckt in seinem letzten Atemzug, dass alle Religionen, ob die des Christentums oder die der "Ungläubigen", wertlose Lügen sind. «Peregrinus» ist mittelalterliches Latein und bedeutet Wanderer, Fremder oder eben Kreuzritter. Sieben Tracks tragen die Namen, die von den sieben Tugenden abgeleitet sind, denen Kreuzritter gerecht werden sollten. Soweit der komplizierte Inhalt kurz erläutert.
Der instrumentale Opener «Como Póden Per Sas Culpas» besteht aus Gitarren, Flöten und Pfeifen. Die mittelalterliche Melodie und die Gitarren-Riffs mit ihrem rasanten Tempo stimmen bestens auf den Rest der Platte ein. Bei den virtuosen Songs verbindet sich Thor Bagers Growl-Gesang mit der glorreichen Musikalität seiner Bandkollegen. Rune Frischs lockere Trommel-Arbeit treibt den teilweise verspielten Sound der Dänen voran, unterstützt von Simon Ranjan Bujes grollendem Bass, über Michael Alms und Cris J. S. Frederiksens Gitarren bis hin zu Hans-Jørgen Martinus Vork Rosenweins Dudelsäcken, Mandolinen und Pfeifen, die überall zu hören sind.
Die stilistische Vielfalt von «Libertas» zeugt von der Kreativität und Lebendigkeit, die entsteht, wenn man die musikalische Vergangenheit des Sechsers nach Ideen durchforstet. «Spiritualitas» hingegen beginnt mit typischen Mandolinen-/Sitar-Riffs, die im Nahen Osten verwendet werden, gepaart mit etlichen Tempo-Wechseln und coolen Harmonien, bevor man zum typischen Folk Metal zurückkehrt. Auch hier sorgt die schiere Kreativität der Musik, die durchgehend einen originellen Sound und gleichzeitig das Folk-Thema beibehält, für ein solides und unterhaltsames Hörerlebnis.
Nicht ganz unschuldig an diesem nordischen Hörgenuss ist der legendäre Tue Madsen, der für Produktion, Mix und auch gleich das Mastering verantwortlich ist. Das Artwork stammt aus der Feder des talentierten Künstlers wie Musikers Frederik Jensen, bekannt durch die Band Thus, den neuen Stern am dänischen Metal-Himmel. Svartsots Kreuzzug zeigt sich mit «Peregrinus» dabei deutlich erfolgreicher als die mittelalterlichen Bemühungen der Kirche.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/g3CxiNIMZiI
In letzter Zeit ereilt der Deathcore dasselbe Schicksal, wie der Metalcore seit Längerem. Dieses gefragte Sub-Genre verzeichnet einen leichten Rückgang in seiner Popularität, da sich viele Bands mehr auf Gesangs-Olympiaden und Symphonik konzentrieren, als auf reines Songwriting. Nicht so die australische Band MÉLANCOLIA, die auf den Plan treten, um Ärsche zu versohlen.
Seit ihrem explosiven Debüt-Album «HissThroughRottenTeeth» (2023) ist die Truppe mit ihrer eher melancholischen, auf Black Metal fokussierten Interpretation des Deathcore erfolgreich unterwegs. Nun kehren Mélancolia mit ihrer neuen Platte «Random.Access.Misery» zurück, um der Szene zu zeigen, dass sie eine nachhaltige Kraft sind, mit der künftig wieder zu rechnen ist. Trotz des bisherigen Erfolges hält sich die Band um Alex Hill (v), Toby Thomas (b), Mason Page (d) sowie die Gitarristen Joshua Taafe und Billy Morris musikalisch keineswegs in der Vergangenheit auf.
Vielmehr schaut man mit Nu Metal Elementen in die Zukunft, die all die Blackened Deathcore Elemente ergänzen, deutlich hörbar in der Lead-Single «All_Is_Rust». Nach einem stürmischen Intro übernimmt ein schwungvoller Abschnitt mit typischen Nu Metal Riffs, die sich unter die hämmernden Blastbeats mischen. Dies verleiht dem Song einen eingängigen Groove, der die Black Metal-Vocals auf eine erfrischende Weise ergänzt. Ein weiteres Beispiel für den Einfluss der Nu Metal Grooves findet sich in «icanseethroughtheholesinmyhands». Während die Nu Metal Parts insgesamt ein Pluspunkt sind, trägt auch die gesteigerte Melodik zur Faszination des Albums bei.
«Lithia» ist das beste Beispiel dafür, dass mit Hunter Youngs Feature ein eh schon mitreissender Refrain noch explosiver erklingt. Die zehn Songs auf «Random.Access.Misery» sind ein monumentaler Sprung nach vorne und zeigen für eine ohnehin schon talentierte Band, dass Deathcore dem breiten Publikum eigentlich noch viel zu bieten hat. Eine gewisse Spannung aufrechtzuerhalten, kann manchmal wichtiger sein, als ständig heavy zu klingen. Wenn Mélancolia weiterhin so starkes Material schreiben, werden sie in kürzester Zeit zu Titanen ihres Genres!
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/OZLpuZHWTgc
Die Belgier SPEED QUEEN um Thomas Kenis, den Sänger mit dem charismatischen Schnauzer, haben bisher zwei herausragend starke EPs veröffentlicht und waren in dieser Zeit unter anderem mit Night Demon auf Tour.
"Die Platte war schon eine ganze Weile in der Mache", sagt der Bassist Lande Sevelkoul. "Wir haben nach der Veröffentlichung von »King Of The Road« zwischen unseren Live-Auftritten daran gearbeitet. Es mag sich wie ein Klischee anhören, aber wir sind als Band gewachsen und fühlen uns mittlerweile auch viel wohler bei dem, was wir tun." Meine Vorfreude als ich von der Veröffentlichung erfuhr, war meine Vorfreude gross und als ich die erste Single «Showdown» gehört habe war ich völlig hin und weg.
Speed Queen werden ihrem Bandnamen absolut gerecht und haben mit diesem absoluten Hammer-Song mal eben eine der besten, schnellen Nummern in diesem Jahrtausend geschrieben. Glaubt Ihr nicht? Dann hört Euch diese Göttergabe, sprich seht auch das dazugehörige Video an, und wenn ihr Speed Metal nicht gerade abgeneigt seid, werdet Ihr Euch «Showdown» ab sofort in Dauerschleife anhören. Showdown tonight! The boys are back with fire in their eyes! Noch Fragen?
Natürlich haben sich Speed Queen nicht lumpen lassen und sich nicht auf diesem Track ausgeruht, sondern liefern mal eben acht weitere Granaten ab, welche vor Spielfreude dermassen glänzen, dass man sich ständig wünscht, die Herren Kenis, Stieglitz, Driezen und Savelkoul mögen doch gefälligst morgen irgendwo in der Schweiz wieder live auftreten. «I Want It» und «Eye To Eye» sind Hymnen, welche sowohl oldschoolige und "Keep It True" Gänger, wie auch Fans von modernen Produktionen mit einem breiten Grinsen zurücklassen.
Die zweite Grosstat der vier Jungs trägt übrigens den Namen «I Walk Alone» und markiert eine Hymne der Extraklasse die beweist, dass Speed Metal nach wie vor in der Lage sind zu begeistern. Mit «Fire» (natürlich ebenfalls mit einem Refrain zum Mitgröhlen) beenden Speed Queen «…With A Bang!», was von Anfang bis Ende einfach nur alles in Grund und Boden rockt! Wer die Jungs zum Beispiel damals im KiFF in Aarau live gesehen hat, weiss, dass das Quartett aus Limburg auf der Bühne stets für ein absolutes Erlebnis gut ist!
Rönu
https://www.youtube.com/embed/IHUY8B62clk
JORDs viertes Album «Emellan Träden» (zu Deutsch: "Zwischen den Bäumen") erscheint als Beschwörung. Während frühere Werke wie «Sol» (2021), «Måne» (2022) und «Tundra» (2023) weite Landschaften evozierten, zieht dieses Album die Zuhörer und Zuhörerinnen tief in das Innere des Waldes, wo die Dunkelheit durch die Äste atmet und die Ents traurig auf ihre Frauen warten.
Was als einsamer Traum von Jörgen "Jurg" Ström begann, hat sich zu einer vollwertigen Band entwickelt. Mit Sebastian "Hravn" Svedlund an der Gitarre und Stefan "Jansson" Jansson am Schlagzeug hat der Sound an Kraft, Muskelkraft und furchteinflössender Dynamik gewonnen. Im "Studio Soundport" mit Micke Andersson aufgenommen, schafft die Produktion eine Balance zwischen Klarheit und Rauheit und erzeugt eine Atmosphäre, die die Schatten weit ausdehnen lässt.
Was «Emellan Träden» von vielen seiner Kollegen im Bereich des atmosphärischen Black Metal unterscheidet, ist der bewusste Einsatz des Klaviers. Diese Tasten sind keine sanfte Verzierung, sondern ein gespenstisches Rückgrat, das die Musik stützt und verstört. In «Prinsessan Och Hästen» durchdringen Klavierfiguren die Wand der Verzerrung wie Mondlicht, das auf einer Klinge gefangen wird, während in «Stay» ihre zerbrechlichen Akkorde Landschaften der Sehnsucht und des Verlusts malen.
Der zweite Song ist «Hon Kallar», in dem Tremolo-Gitarren wie ein Sturm toben und doch immer wieder von kristallklaren Melodien durchbrochen werden. «King Of the Night» erweckt Folklore zum Leben; sein treibender Rhythmus beschwört die bedrohliche Präsenz von Orcs mit einer beinah rituellen Schwere herauf, einfach grossartig der Song. «Dimma» erscheint ale eine Studie in Kontrasten: Wütende Percussion bricht in Passagen von eindringlicher Ruhe zusammen, bevor sie mit noch grösserer Kraft zurückkehrt.
«Den Brandgula Salen» knurrt mit wilder Absicht, doch darunter schwebt das Klavier wie ein ungebrochener Fluch. «The Grave And Chain» bewegt sich mit tragischer Erhabenheit, und seine Riffs schleppen sich wie schwere Schritte dem Unvermeidlichen entgegen. Das abschliessende «Bortom Tundran» (ein Bonustrack der CD-Ausgabe) wirkt weniger wie ein Epilog, sondern eher wie Tolkien's Fangorn, der den Zuhörer schliesslich ganz verschlingt.
Auf diesen Reisen manipuliert Jord Extreme: wildes Schlagzeugspiel, hypnotische Riffs, Passagen von ätherischem Licht und plötzliche Einbrüche in Stille. Das Ergebnis ist Musik, die nicht einfach zwischen Schönheit und Gewalt schwankt, sondern beide zu einem überwältigenden Strom verschmilzt. Das Klavier sorgt dafür, dass selbst die gewalttätigsten Höhepunkte einen gespenstischen, traurigen Nachgeschmack behalten. Das erhebt Jord über viele Zeitgenossen, die sich ausschliesslich auf Gitarrenüberlagerungen verlassen, um Atmosphäre zu schaffen.
«Emellan Träden» ist anspruchsvoll und oft verwirrend, aber für diejenigen, die bereit sind, diesen Weg zu gehen, äusserst lohnenswert. Jord verfeinert die Sprache des modernen Black Metal zu etwas Rohem und doch Elegantem, Ursprünglichem und doch Raffiniertem. Dies ist die Hymne der Ents: majestätisch, unversöhnlich und unvergesslich.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/uKWZojQmvs8
Tuomas Saukkonen meldet sich mit seinen musikalischen Mitstreitern wieder einmal lautstark an! In welcher Band ist dieser Mann eigentlich nicht dabei? Hier sprechen wir aktuell von BEFORE THE DAWN.
Saukkonen, Finnlands produktivster Lieferant nordischer Metal-Sagas und Multi-Instrumentalist, hat in den letzten zwanzig Jahren viele Projekte erschaffen und auch wieder zerstört. Nachdem er 2023 die unvergleichlichen Before The Dawn aus dem finnischen Totenreich Tuonela zurückgeholt hat, kehrt die Truppe nun mit der aktuellen Platte «Cold Flare Eternal» zurück, die Frisches, Neues und Authentisches mit sich bringt. Die zehn Songs klingen nach Kameradschaft und echter Bandleistung.
Saukkonen nimmt sich dabei stark zurück, konzentriert sich ausschliesslich auf die Rhythmus-Gitarre und das Schlagzeug. Dies lässt wiederum seinen Band-Kollegen Raum zur Entfaltung. Der Sänger Paavo Laapotti überzeugt mit stimmlicher Dominanz, Zweit-Gitarrist Juho Räihä webt komplexe, melodische Sound-Teppiche, Bassist Pyry Hanski sorgt für ein donnerndes Fundament und Keyboarder Saku Moilanen fügt die atmosphärische Tiefe hinzu, die die nordische Mystik unterstreicht.
Der Startschuss fällt mit «Initium», einem atmosphärischen Instrumental, das nach neunzig Sekunden ins krachende «Fatal Design» übergeht. «As Above, So Below» nimmt erstmal etwas Tempo raus, um im anschliessenden «Mercury Blood» wieder richtig explodieren zu können. Alle Tracks sind ziemlich vielschichtig, denn die Band hat die Fähigkeit, Chaos zu entfesseln und gleichzeitig ihre Kreativität perfekt zu beherrschen. Dieser ständig dramatische Kontrast lässt auch die zweite Hälfte von «Cold Flare Eternal» schliesslich fesselnd erscheinen.
Die Produktion, das Mixing wie auch das Mastering sorgen derweil für eine ideale Balance zwischen roher Kraft und kontrollierter Klarheit. Before The Dawn wirken mit ihrem aktuellen Album aufgeräumt und so stark wie nie zuvor. Ihr Sound klingt härter, konzeptionell einheitlicher und auch emotionaler als auf den bisherigen Veröffentlichungen. Insgesamt ist «Cold Flare Eternal» eine abwechslungsreiche Scheibe mit viel Tiefgang, die jedem Zuhörer ein schauriges Aufflackern nordischer Kälte beschert.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/RHTS1EonyXA
Das tönt doch schon mal geil, dieser Gospel-Chor auf dem Opener «Do You Mean It». Das fünfzehnte Studio-Album der Engländer FM bietet nahrhaftes Hard Rock Kraftfutter, das mit rockigen Grund-Elementen aufwartet und die passenden Chöre auf «Brotherhood» zu einem wahren Freudenfest werden lässt.
«Living On The Run» ist eines dieser Beispiele, dass Musik in erster Linie unterhalten und eine positive Grundhaltung verbreiten soll. Grossartig auch die Solo-Arbeit von Gitarrist Jim Kirkpatrick der, neben der grandiosen Stimme von Steve Overland, die Akzente setzt. Wer auf Loverboy, Foreigner, Cobra oder Survivor steht, wird an dieser Scheibe nicht vorbeikommen. «Raised On The Wrong Side» kommt mit einem leicht bluesigen Touch daher.
Die lockere, verspielte und "lass uns im Gras liegend den blauen Himmel anschauen" Attitüde versprüht hingegen «Love Comes To All». Die mit Gospel-Spirit versehene Ballade «Just Walk Away» wird anschliessend durch das flotte «Don’t Call It Love» abgelöst. Richtig unter die Haut geht «Because Of You» und mit dem harten, an Glenn Hughes erinnernden «The Enemy Within» beenden die Herren einen weiteren, bärenstarken Output.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/zNUy9p6sn9Y
Nur wenige Bands der norwegischen Progressive- und Gothic-Rock-Szene haben so viele künstlerische Leben erfahren wie GREEN CARNATION. Die vom ehemaligen Emperor-Bassisten Tchort gegründete Gruppe hat sich durch mutige, stilistische Sprünge einen Namen gemacht, heisst vom monumentalen Single-Track «Light Of Day, Day Of Darkness» (grossartig!) bis hin zu den reduzierten, akustischen Landschaften von «The Acoustic Verses» (mystisch).
Nach Jahren der Stille bewies ihre Wiedervereinigung im Jahr 2014, dass die Neuerfindung Teil ihrer DNA ist. Mit «A Dark Poem, Part I: The Shores Of Melancholia» starten sie nun den ersten Teil einer geplanten Trilogie, ein ambitioniertes Werk, das sowohl literarische Inspiration, als auch zwei Jahrzehnte unermüdlicher Kreativität in sich vereint. Das Album umfasst sechs Titel, die alle sorgfältig darauf abgestimmt sind, Atmosphäre, Schwere und Emotion in Einklang zu bringen. Der Opener «As Silence Took You» beginnt mit schweren Basslinien wie traurigen Vocals und steigert sich zu einem Höhepunkt der Trauer.
Der Refrain "I never got to say goodbye" hallt noch lange nach dem letzten Akkord nach. Die Auskopplung «In Your Paradise» folgt mit einem kraftvollen Riff und dramatischen Gesangs-Bögen, untermalt von subtilen Keyboard-Klängen, die die Aufmerksamkeit der Band für Texturen offenbaren. «Me, My Enemy» beginnt zurückhaltend und entfaltet sich von einem sanften Puls zu einer hymnischen Welle, die an die emotionale Kraft von Riverside oder Soen erinnert.
Mit «The Slave That You Are» knüpft die Band wieder an ihre Black Metal Wurzeln an. Gastvokalist Grutle Kjellson von Enslaved setzt Kjetil Nordhus' klarem Gesang einen wilden Kontrapunkt entgegen und schafft so einen der auffälligsten Kontraste des Albums. Der Titeltrack «The Shores of Melancholia» verlagert den Fokus zurück auf die Melodie, deren prägnante Struktur von einem unwiderstehlichen Gesangs-Hook getragen wird. Das Schluss-Stück «Too Close to the Flame» ist sowohl expansiv als auch kathartisch. Es schichtet Gitarren- und Synthesizer-Wellen zu einem Finale, das sich wie eine Zusammenfassung der bisherigen Reise der Band anfühlt. (Mein Anspieltipp!)
Was dieses Album so bemerkenswert macht, ist nicht die Virtuosität um ihrer selbst willen, sondern die Kohäsion: Jeder Song atmet, jede Stille ist sinnvoll und jede Steigerung ist sorgfältig erarbeitet. «The Shores Of Melancholia» fühlt sich weniger wie der Beginn einer Trilogie an, sondern eher wie der Auftakt zu einer weitläufigen, emotionalen Landschaft. Wenn dieser erste Teil ein Indikator ist, dann sind Green Carnation erneut bereit, einen unauslöschlichen Eindruck in der Zukunft des Progressive Metal zu hinterlassen. Ich liebe sie, die Norweger.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/X8neY4GKxzY
Bedauerlicherweise kommt diese Platte von FURY (der "Hausband vom Urrock Festival") drei Monate zu spät, denn diese ist, respektive wäre eigentlich der perfekte Party-Soundtrack für den Sommer. Bekanntestes Mitglied der Briten dürfte Becky Baldwin (Bass) sein, welche schon mit dem King aufgetreten und seit 2024 festes Mitglied bei Mercyful Fate ist.
Stilistisch geht das hier in eine ganz andere Richtung, ja eigentlich klingt die Band so, als wäre man aus Schweden (H.E.A.T. und Crazy Lixx lassen grüssen!). Wieso das Label allerdings Ozzy, Metallica und Halestorm als Referenz angibt, kann ich mir nicht so ganz erklären. Fury holen sich ihre Inspiration nämlich eher vom legendären Sunset Strip in L.A. Der steht bekanntlich für eingängige Hooks, weiblichen und männlichen Wechsel-Gesang, fette Chöre, Mitsing-Refrains und Melodien, Melodien, Melodien.
Neben Party-Rockern wie dem Titeltrack, «On The Town» oder «Don't Lie To Me» hat die Truppe mit «Walk Away» auch eine interessante und gelungene Ballade am Start, welche mich sofort dazu bewegt, mir Cinderellas Album «Heartbreak Station» (1990) wieder mal anzuhören. Die Band ist aber weit davon entfernt, um als Plüsch-Verein bezeichnet zu werden, denn die Gitarren und Drums krachen immer noch ganz schön und treiben die Chose unerbittlich nach vorne.
Mit den beiden Hymnen «Look At Us Now» und «DTR» beweisen Fury ausserdem, dass sie den Spagat zwischen knallenden Riffs und Melodien meisterhaft schaffen. Den Abschluss bildet die überraschend etwas zu sperrige Halbballade «Undistilled», welche irgendwie nicht so recht zu zünden vermag. Trotz dieses Schönheitsfehlers ist «Interceptor» als fünftes Werk jedoch ein rundum gelungenes Spass-Album geworden, das definitiv Gehör verdient.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/acCkBUtYK68
Das Artwork suggeriert eigentlich schon, dass man es bei diesem Album um keine leicht verdauliche Kost handelt. Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 haben IN MOURNING ihren Stil von Death Doom in Richtung Progressive Melodic Death verändert. Allerdings verzetteln sich die Nordlichter glücklicherweise nicht in unnötige Frickeleien, sondern spielen äusserst songdienlich.
Die leicht vertrackten Riffs zeigen sich schon beim Opener «Silver Crescent» in Verbindung mit der typisch skandinavischen Melo-Death Schule und ergeben so ein interessantes Hörerlebnis. Der eingestreute Klargesang macht dabei den Song noch abwechslungsreicher. In die gleiche Kerbe hauen auch Titel wie «Song Of The Cranes» oder das episch anmutende «The Sojourner».
Richtig kalt klingt dagegen «Staghorn», bei dem In Mourning mit einem Auge ein wenig in Richtung Black Metal schielen. Wer auf technisch anspruchsvollen, melodisch-melancholischen und progressiven Death Metal steht, kommt dieses Jahr kaum um «The Immortal» herum. Zudem sollten Fans von Dark Tranquillity und Insomnium hier ebenso mal reinhören.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/Gp1-FzCJvQY
Metalcore gilt bei vielen in der Szene als ausgelutscht und längst vorbei. WE CAME AS ROMANS versuchen mit ihrer neuen Platte dagegenzuhalten, und dem Genre neues Leben einzuhauchen. Der frische Wind in Form von «All Is Beautiful... Because We're Doomed» soll das Publikum wieder an das Potenzial dieses Sub-Genres erinnern und die Messlatte für künftige Veröffentlichungen höher legen.
Schnell wird klar, dass die dreizehn Tracks die typischen Trademarks und videospielartigen Elemente enthalten, die seit den 2010er Jahren vorherrschen. Allerdings bringen Dave Stephens (v), Joshua Moore (g), Lou Cotton (g), Andy Glass (b) und David Puckett (d) diese Effekte kreativer in den Songs unter und präsentieren dies eindrucksvoll. Das Album, obwohl mit einem sehr langen Titel versehen, erarbeitet sich wieder die Anerkennung, die Metalcore seit einigen Jahren verloren hat. Mit einer Mischung aus Theologie, Philosophie und Selbstreflexion repräsentiert «All Is Beautiful... Because We're Doomed» das Beste, was moderner Metalcore momentan zu bieten hat.
Wer die ausgeschlachteten Metalcore-Texte nicht mehr hören kann, kann bei diesem Album vielleicht wieder Mal eine Ausnahme machen, denn Songs wie «No Rest For The Dreamer», die sich mit dem Sinn des Lebens und den Anstrengungen befassen die man unternehmen könnte, um sich ein erfülltes Leben zu schaffen, sind doch sehr zeitgemäss und menschennah. Wer sich die ganze Scheibe von A – Z anhört, wird feststellen, dass sich jeder Track bewusst gewählt anfühlt. Alles, vom Interlude bis zum Schlusslied, wirkt stimmig und rückt diese Platte immer mehr in Richtung "ganz grosser Wurf"?!
«All Is Beautiful... Because We’re Doomed» schwebt zwischen einer vertrauten und innovativ neuen Klangwelt, die auch bekannte Metalcore-Parts nicht kitschig wirken lässt. Ganz persönlich denke ich, dass We Came As Romans mit dieser Platte einem Genre mit angeknackstem Image neuen Schub verleihen können. Die Zukunft des Metalcore ist ungewiss und dennoch sehr vielversprechend, falls noch weitere Bands dem Ruf der Amis aus Troy, Michigan folgen.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/fKg7ut3u8KQ
Aus den Hallen des bajuwarischen Black Metal kehren AURO mit ihrem zweiten Album Im Schatten der Bastion zurück. Die im Jahr 2017 gegründete Band setzt ihren kompromisslosen Weg mit frostigen Riffs, eisigen Tempi und symphonischen Einflüssen fort.
Das Ergebnis ist ein Album, das die Erhabenheit zeitloser kosmischer Weite und die bedrohliche Präsenz einer uralten, schuppigen Gottheit ausstrahlt, auch wenn es sich im weiteren Sinne des Genres auf vertrautem Terrain bewegt. Textlich hebt sich das Album vor allem dadurch ab, dass es komplett auf Deutsch ist. Dies bietet Zuhörern, die sich gerne in Erzählungen vertiefen, eine zusätzliche Ebene der Auseinandersetzung. Die Themen reichen von transzendentalen Reisen («Strom der Verborgenheit») über apokalyptische Visionen («Lux Caeaca2) bis hin zur Umarmung des Todes («Im Schatten der Bastion»).
Diese konzeptionelle Tiefe ist die grösste Stärke des Zweitlings von Auro, wer dies denn gerne hat. Musikalisch ist es solide, aber wirklich nicht revolutionär. Die Mischung aus traditionellem, rohem Black Metal mit gelegentlichen, atmosphärischen Keyboards funktioniert gut, auch wenn ähnliche Formeln in der heutigen Szene weit verbreitet sind. Tracks wie «Insignien der Macht» oder «Haus der tausend Flügel» zeigen eine solide Musikalität sowie ein Gespür für die Balance zwischen Aggression und Melodie.
«Okkultation - Der Allgegenwärtige» ist einer der dynamischeren Momente vor dem abschliessenden «Ausklang - Figura Serpentinata» welches mir am besten gefällt, aber ist dieses Stück leider lediglich um die zwei Minuten lang. Die Produktion fängt die kalte, hämmernde Essenz ein, ohne an Klarheit einzubüssen. Trotz aller Handwerkskunst verlässt «Im Schatten der Bastion» jedoch selten ausgetretene Pfade. Dennoch ist «Im Schatten der Bastion» für alle, die sich zu deutschsprachigem Black Metal mit esoterischen und kosmischen Bildern hingezogen fühlen, hörenswert, wenn auch kein Muss.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/9QfxMwkNwTs
MOB RULES bilden eine Konstanz, die sich in den letzten dreissig Jahren immer wieder durch sehr gute Veröffentlichungen Gehör verschaffte. Trotz allem ist den Jungs um Sänger Klaus Dirks der (grosse) Erfolg bisher verwehrt geblieben, warum auch immer.
Dass die Truppe aber nach wie vor cooles Material zu komponieren vermag und dabei den roten Faden des Qualitäts-Siegels nie unterschreitet, beweist der elfte Streich. Lieder wie das schnelle «Future Loom», das mächtige «Dawn Of A Second Sun» (mit einem feinen, galoppierenden Rhythmus), das fette «Trial And Trail Of Fear» und die Ballade «On The Trail» besitzen unglaubliches Potenzial. Etwas, das vielen neuen und jüngeren Bands abhandengekommen ist.
Mob Rules zeigen auf eindrückliche Art und Weise auf, wie man nachhaltige Hits komponiert. Hier wird nicht unnötig auf das Gaspedal gedrückt oder bloss einer "auf ganz auf hart" gemacht, sondern man setzt Emotionen spürbar in Klänge um, die den Zuhörer sofort in die Welten der Wilhelmshavener Band mitnehmen. «Rise Of The Ruler» ist ein abwechslungsreiches und extrem geiles Werk geworden, dem man unbedingt sein Ohr leihen sollte.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/iFqWqqA6lSw
Beim Wort "Feuerschwanz" scheiden sich einmal wieder die Geister! Für die einen ist es nichts Existenz-Berechtigtes, für die anderen eine deutsche Folk Metal Band, die sich vorgenommen hat, das Metal-Genre etwas aufzulockern. FEUERSCHWANZ tun genau dies seit über zwanzig Jahren und sehr erfolgreich dazu.
Ihre Interpretation des Folk Metal ist ausgesprochen unbeschwert, enthält eine Fülle von Humor und könnte durchaus auch zum dümmsten Album des Jahres gewählt werden. Letzteres wird wohl nicht passieren, denn die beiden letzten Alben «Memento Mori» (2021) und «Fegefeuer» (2023) stiegen jeweils auf Platz #1 der offiziellen, deutschen Album-Charts ein. «Knightclub» ist das zwölfte Studio-Album der Truppe, die sich optisch an vergangenen Zeiten inspiriert, musikalisch jedoch nicht um historische Genauigkeit kümmert.
So ist bereits der ESC-, Eröffnungs- und Titeltrack eine rasante Mischung aus fröhlichem Pop und Folk Metal mit einem Refrain, der sich schon nach einmaligem Anhören im Unterbewusstsein einprägt. Bei der Cover-Version von «Gangnam Style» war ich erstmals kurz davor, die Flinte ins Korn zu werfen. Glücklicherweise hat «Testament» der Combo wieder zur rettenden Ehre verholfen, und wenn eine Band oft genug mit dem Wikinger-Image wedelt, taucht früher oder später auch Doro auf. Ihre enthusiastische Stimme leiht sie dem Song «Valhalla», der wirklich sehr gelungen ist. Es ist ein mitreissender Macho-Song, der vor Kitsch nur so trieft und einen der übertriebensten Refrains diesseits des Broadways vorweisen kann.
Durchaus liebevoll ist die Ode an LOTR-Held Samwise Gamgee in «Samwise The Brave», während man sich in «Lords Of Fyre» (feat. Lord Of The Lost) mit Macho-Vocals duelliert, deren Idee des Singens im Wesentlichen darin besteht, alles so laut wie möglich zu brüllen. Wenn man als Zuhörer akzeptieren kann, dass im Heavy Metal nicht alles bierernst sein muss, und man bereit ist, auch mal uncool zu sein, dann ist Feuerschwanz' knöchelschleifender Party-Metal im «Knightclub» vielleicht genau der richtige Soundtrack für die nächste Sause mit Niveau.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/FycKvOqe_A4
Mit dem Debüt «Happier» feierten AS DECEMBER FALLS 2021 ihren Durchbruch, das die britische Pop-Punk-Szene richtig durchrüttelte und den Grundstein für einen kometenhaften Aufstieg legte.
Angetrieben von unbeirrbarer Unabhängigkeit und einer engen Verbindung zu ihren Fans, setzte die Band 2023 mit «Join The Club» noch einen drauf, indem sie Platz #1 der offiziellen britischen Rock- und Metal-Download-Charts ergatterten. Nun kehren Ande Hunter (g), Timmy Francis (b) und Kieran Hagarty (d), angeführt von Frontröhre Bethany Hunter (v), mit «Everything's On Fire But I’m Fine» zurück, um ehrlich, schonungslos und kitschig, wunderbares Chaos zu verbreiten. Zwischen einem unermüdlichen Tourplan und diversen Tagesjobs hat der Vierer vierzehn Songs zum Thema Erschöpfung, Angst, Dankbarkeit und Entschlossenheit erarbeitet, die intensiver denn je klingen, emotional wie klanglich.
Vom brodelnden Titeltrack, der den Druck und das Privileg ihrer Zwischenposition in der Branche beschreibt, bis zur radikalen Verletzlichkeit in Songs wie «Grim Reaper» und «Angry Cry» scheut dieses Album nicht vor Chaos. Inspiriert von nächtlichen Twitch-Gaming-Sessions («Ready Set Go»), gebrochenen Herzen («Bathroom Floor») oder Racheplänen unter besten Freundinnen («For The Plot») schreiben As December Falls mit einer rohen, ungefilterten Ehrlichkeit, die all jene anspricht, die sich jemals überfordert, unterschätzt oder einfach nicht okay gefühlt haben.
«Everything's On Fire But I'm Fine» ist mehr als nur ein Spiegel, der uns unsere tiefsten Momente vor Augen führt, untermalt vom besten Pop-Punk der Gegenwart, denn im Vergleich zu ihrem Debüt fühlt sich diese Platte wie eine Fortsetzung des begonnenen Prozesses an. Die bereits prophezeite Wiederbelebung des Pop-Punk scheint also mit dem Vierer aus Nottingham in trockenen Tüchern zu sein. Ihr aktuelles Werk kommt einem Tagebuch der Band gleich, und die ausgefeilte Ehrlichkeit führt zu einem fesselnden Hörerlebnis für Fans wie Neueinsteiger.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/ZxZH_FlMkPc
Metal Factory Kollege Björn meinte zum neusten Streich der Death Metal Veteranen, dass sie gefühlt eine Idee in zehn Songs verpackt haben, sprich es klinge alles relativ ähnlich. Ist da was dran oder liefern UNLEASHED erneut ab? Zumindest lyrisch verbraten die Schweden wieder jede Menge Material über Midgard, Wikinger und Schlachten.
Der Opener «Left For Dead» schmettert schon mal alle Bedenken bei Seite, dass Unleashed auf ihre alten Tage hin plötzlich soft werden. Johnny Hedlunds Vocals sind nach wie vor eine Klasse für sich, die Gitarren-Front Olsson/ Folkare sorgt für mächtige Riffs und Drummer Anders Schultz ballert auf sein Werkzeug, als gebe es kein Morgen mehr. Dass Unleashed nach wie vor in der Lage sind, eingängige und trotzdem brutale Abrissbirnen zu produzieren, untermauern Songs wie der Galopper «The Road To Haifa Pier», das epische «Loyal To The End» und die Hymne «Hold Your Hammers High».
Doch was ist nun dran an Björns Meinung? In der Tat gehen Unleashed auf ihrem fünfzehnten Studio-Album keine Risiken ein (das schliesst das etwas einfallslose Artwork mit ein), und wer Innovatives oder gar Überraschendes erwartet, wird möglicherweise enttäuscht. Allerdings ist das Gebotene immer noch besser und griffiger, als so manche Todesblei-Veröffentlichung in diesem Jahr. Unleashed Fans werden jedenfalls insgesamt von «Fire Upon Your Lands» nicht enttäuscht sein.
Rönu
https://www.youtube.com/embed/fa0oVVeVAbk
Das zehnte Kapitel. (Tipp des Autors, lest Euch diese Review selbst laut vor!) Dunkelheit zieht auf, Donner grollt am Horizont. Zwei Brüder stehen allein da: Das Schlagzeug klingt wie Artillerie, die Gitarre wie zerbrochener Stahl.
Der Sturm beginnt...
«Pale Horse» - Ein Omen in Klangform. Langsame, schwere Schritte durch Rauch und Schrift. Der Refrain in Stein gemeisselt: Glaube verbrannt, Mythen zerstreut. Er bereitet das Schlachtfeld vor, das schwarz und bedrohlich ist.
«Rabbit Hole (Cowards, Pt. 1)» - Eine Falltür öffnet sich.
Die Riffs krallen sich fest und winden sich unruhig und hungrig nach unten. Der Refrain schneidet wie eine Peitsche, gebt keinen Zentimeter nach! Ihr stürzt kopfüber, gefangen zwischen Angst und Feuer.
«Jim Jones (Cowards, Pt. 2)» - Hier liegt der Kult, der vergiftete Kelch. Verzerrte Töne schleichen wie Schatten hinter deine Augen. Die Trommeln schlagen zu, präzise und unerbittlich. Pete heult, als würde er am Rande des Abgrunds predigen: "Folge mir und stürze!"
«Hallucinations» - Der Fiebertraum nach dem Absturz. Eine leise Unruhe baut sich auf, Rauch kräuselt sich an den Rändern. Akkorde schimmern auf und zerbrechen, Flüstern wird zu Wehklagen. Der Song verweilt wie eine verschwommene Vision, die man nicht ganz abschütteln kann: "Wahnvorstellungen".
«Wolves (Love & Light)» - Zähne in Samt. Der Riff ist monströs, der Rhythmus gnadenlos. Es wird Licht versprochen, doch stattdessen verschlingt es alles. Ein Highlight, eine Hymne für Raubtiere, die sich als Propheten verkleiden.
«Karma Goddess» - Zunächst ruhig, trügerisch. Die umgebende Luft ist eine vorgetäuchte Morgendämmerung. Dann bricht die Wut hervor, eine Abrechnung, geschrieben in Feedback und Flammen. Die Vergeltung wird Fleisch, die Gitarren dröhnen wie das Urteil selbst: «Blood Out In The Fields». Rauch, Stille, Echos des Krieges. Akustische Saiten werden zu Schützengräben, Schritte im Schlamm. Der Marsch der Geister. Eine Klage, müde, aber ungebrochen.
«AI Phobias» - Die Maschine erwacht. Die Elektronik summt, Riffs schnüren sich einem um die Kehle. Paranoia hat einen Puls und tanzt. Klaustrophobisch, hypnotisch, ein Spiegel unserer verkabelten Angst.
«Shocked At The End Of The World» - Das Finale. Schnell und wild wie ein Feuersturm über den Ruinen. Es gibt keinen Trost und keinen Abschluss, nur die Last des Endes.
Das ist «Bright As Blasphemy»:
Eine Aufzeichnung von zerbrechenden Mauern, von steigendem Fieber, von Wahrheit, die durch Täuschung bricht. Chevelle stehen unbeugsam. Noch immer und formen aus Lärm Trotz. Sie bieten die neue Welt. Wenn man es wagt, hier einzutreten.
Lukas R.
https://www.youtube.com/embed/B8D-8rHjyF4
«The Closing Chronicles» (1996) war Dan Swanös zweites und letztes Album mit NIGHTINGALE. Für das zweite Album wurde aus dem Solo-Projekt ein Duo und damit schon fast in eine Band. Dag Swanö, Dans älterer Bruder, stösst dazu und gibt sich aufgrund der Namensähnlichkeit das Pseudonym Tom Nouga.
Dag ist am Songwriting beteiligt, spielt einige Gitarren sowie den Bass ein und übernimmt die Produktion. Dan trägt dabei den Hauptteil des Songwritings, Gesang, Gitarre, Keyboard und Schlagzeug. Der melodiöse Opener klingt noch etwas düster, aber die starke Gesangs-Melodie überzeugt. «Revival» erinnert etwas an Queensrÿche, abgesehen von der Stimme. Die Brüder orientieren sich deutlich stärker am Progressive Rock, Melodic Rock, AOR und etwas Metal, ohne dem Gothic vollends den Rücken zu kehren.
Die einzelnen Songs sind durchdacht, besitzen Tiefe und leben alle von grossen Gesangs-Melodien. Gut zu hören beim ruhigen, grösstenteils nur von Keyboard und der Stimme lebenden «So Long». «Steal The Moon» klingt hingegen etwas nach der 90er-Band Live (wer die noch kennt). Sehr gelungen ist das Judas Priest Cover «Before The Dawn», das völlig anders klingt als das Original. Oder «C'est la vie» (Emerson, Lake And Palmer) und «Return To Fantasy» von Uriah Heep. Stark, was Dan hier aus diesen Songs macht.
Anschliessend folgen sieben Live-Nummern, natürlich nicht mit der Studio-Qualität, die es bräuchte, aber trotzdem sehr interessant. Zum Schluss folgt noch eine etwas sonderbare, poppige, nach den 80ern klingende Version von «Steal The Moon». Dan Swanö war schon immer ein experimenteller Musiker mit tausenden von Ideen, was man bereits hier bei Nightingale gut hören und nachvollziehen kann. «The Closing Chronicles» ist auf jeden Fall ein spannendes Album, das man als Fan des Musikers gerne entdecken will.
Crazy Beat
https://www.youtube.com/embed/JzYKAqbeq1A
Die aus Sydney stammenden DARKER HALF veröffentlichen ihr fünftes Album. Geprägt von der Stimme (Vo Simpson), die an eine jüngere Version von Harry "The Tyrant" Conklin erinnert, traben die Jungs mit ihrem klassischen Metal durch die Galaxien.
Dabei ist es in erster Linie, neben dem Gesang, die Gitarren-Arbeit, welche den Sound des Vierers aus Australien prägt. Als Garnitur kommen mitsingbare Chöre/Refrains, wie bei «From Disaster» dazu und lassen die Scheibe zu einen feinen Hörgenuss anwachsen. Mit viel Gefühl und einzelnen Parts von Yngwie Malmsteen startet unter anderem die Halbballade «Are You Listening».
Darker Half versuchen ein breites Spektrum abzudecken, was ihnen sehr gut gelingt. Wie auch mit dem Smash-Hit «Another Day Another Nightmare» oder dem Speedbolzen «Nightfall». Wer auf traditionellen Metal steht, sollte der Truppe aus Down Under, wenn nicht schon passiert, eine Chance geben, sich präsentieren zu dürfen. «Book Of Fate» ist ein cooles Album, welches nicht untergehen darf.
Tinu
https://www.youtube.com/embed/ZS6vAiKha38
Die amerikanische Rock-Band RISE AGAINST, die 1999 gegründet wurde, ist bekannt für ihre kritischen Texte und offenen Ansichten zu Politik, Tierrechten, Humanitarismus und Umweltschutz. Ihr Sound verbindet wunderschöne Melodien mit eingängigen Hooks, harten Riffs und schnellen Tempo-Wechseln.
Rise Against ist nicht die erste Rock-Band, die sich den Stadion-Hymnen verschrieben hat, aber nur wenige ihrer Vorgänger bewegten sich derart stilvoll und mit der hier gezeigten Selbstsicherheit. Nachdem sie zwei Jahrzehnte damit verbracht haben, den rasanten melodischen Hardcore ihrer frühen Werke mit mitreissenden Hooks und glänzender Produktion zu versehen, kommt vier Jahre nach «Nowhere Generation» ihr zehntes Studio-Album «Ricochet» auf den Markt. Die Platte der vier Veteranen Tim Mcilrath (v), Joe Principe (b), Brandon Barnes (d) und Zach Blair (g), ist ein Werk, dessen Bombast von gerechtem Zorn gespiesen wird.
«Ricochet» enthält zwölf Tracks und brillante Texte, die etwas Aufmerksamkeit verdient haben. Das Album beginnt mit dem kraftvollen und energiegeladenen «Nod», das die Band bereits im Januar 2025 veröffentlicht hatte. «I Want It All» ist leidenschaftlich und emotional, während der Titeltrack wieder nach vorne treibt. Anschliessend bringt «Damage Is Done» eine gewisse Schwere mit sich, gefolgt von «Us Against The World», das noch schwerer und trauriger ist. «Black Crown» nimmt wieder an Fahrt auf und an Entschlossenheit zu, gefolgt vom energiegeladenen und kraftvollen «Sink Like A Stone».
«Forty Days» besticht durch schwere Refrains und «State Of Emergency» marschiert erneut mit grossen Schritten vorwärts und gewinnt dabei immer mehr an Kraft. Mir persönlich fehlt am Album aber der Dreck und der treibende Dampf im Kessel! Die Songs weisen nur noch Bruchstücke des Punks auf und bewegen sich hauptsächlich im Midtempo-Bereich. In Zusammenarbeit mit der Produzentin Catherine Marks und dem Mixer Alan Moulder schaffen Rise Against zwar den Spagat zwischen Rock, Emotionen, Kitsch und hochglänzender Aufnahme-Technik, jedoch auf Kosten des Spasses.
Oliver H.
https://www.youtube.com/embed/fPRWdZrSnq4
Es gab da mal eine Band, die sich Sister Sin taufte und mich mit ihrem Arsch-tretenden Sound völlig begeisterte. Was 2002 bis 2015 meine Wege mit viel Freude kreuzte und ich dabei Liv Jagrell (Gesang) bei den Interviews sehr schätzen lernte, hat sich die Band LIV SIN seit 2016 in eine völlig andere musikalische Form verwandelt.
Statt mit kernigen Gitarren-Riffs, vorantreibenden Rhythmen und einem kernigen Gesang, geht die Schwedin nun den Weg des Nu Metal, gepaart mit gegrowlten Parts und schon fast Death Metal artigen Parts. Genau nicht meine Baustelle. Obwohl Sony Larsson mit seinen Solos immer wieder den Weg hin zu alten Sounds sucht, bleibt ein eher kaltes, hartes und wütendes Werk zurück, welches rein gar nichts mehr mit den Grosstaten von früher zu tun hat. Wer auf modernen Metal steht, sollte hier aber unbedingt reinhören, denn dafür scheinen die Lieder auf «Close Your Eyes» doch wieder zu gut zu sein!
Tinu
https://www.youtube.com/embed/HzmNFS0atRc