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Vor 3000 Jahren, wir sitzen am Greifensee. Unsere Häuser stehen auf Pfählen, zwischen Knochen und Bronzewerkzeugen liegen die Spuren der Jagd und Rituale. In dieser Welt aus Holz, Blut und Rauch wurzelt Arkhaaiks «Uihtis» – ‘die Jagd’.
«Geutores Suhnos» eröffnet das geplante Ritual. Das Feuer zischt und wir atmen seinen heissen, bitteren Rauch ein, während die Nacht hereinbricht. Der Himmel ist schwarz, der Mond blass und starrt uns an wie ein Auge, das nie blinzelt. Wir kauern in der Dunkelheit, die Bäuche angespannt, die Finger steif um das aschschwarze Holz unserer Speere gekrallt. Die Trommeln beginnen – langsam und tief wie das Herz des Berges, das erwacht. Sie klingen nicht wie Musik. Sie klingen wie der Boden selbst: lebendig und bebend unter den Schritten von Tieren. Wir spüren es in unseren Knochen.
Mit «Hagrah Gurres» wird der Klang lauter, schwer und dicht. Er zieht sich durch die Luft, als würde ein Auerochse durch nassen Boden stapfen und seine Atemluft in der Kälte dampfen. Die Gitarren setzen ein, nicht singend, sondern zerschmetternd – langsam wie Steine, die einen Abhang hinunterrollen, dann plötzlich schnell und scharf wie ein Wolf, der sich auf die Kehle stürzt. Bei «Hrkþos Heshr Hiagom» bewegen sich die Jäger wie Schatten. Der Rhythmus schleicht sich leise an und bricht dann in ein kolossales Riff aus, das sich wie der Tod selbst anfühlt.
«Kerhos Mehnsos» schliesst den Kreis: Stammstrommeln hallen wider, Hörner rufen wie Wind durch Knochen und ein Geräusch erhebt sich, das von Vögeln, Hirschen oder Geistern stammen könnte. Es verklingt im Schein des Feuers und den Schatten der Höhle – ein langer Atemzug aus Rauch und Asche. Die Stimmen in Uihtis dienen der Angst. Sie dienen der Macht. Sie sprechen nicht in Worten, die wir kennen, sondern in einer alten Sprache, zerbrochen wie Knochen, scharf wie Feuerstein, rekonstruiert aus einer Zeit, als unsere Vorfahren ihren Göttern und ihrer Beute zum ersten Mal eine Stimme gaben. Wir müssen die Worte nicht verstehen, denn unser Blut versteht sie.
Die vier Songs sind lang – zehn, zwölf, fünfzehn Minuten – und kreisen wie die Geduld eines Raubtiers. Die Band – Karapan Darvish und Fauth Menetekel mit Voidgaunt am Schlagzeug – hat es nicht eilig. Sie pirscht sich an, wartet und schlägt dann mit schwarzen Doom-Riffs zu, die so dick wie Schlamm sind. Mit scharfen Blastbeats, die wie Krallen zuschlagen, und mit schamanischen Chören, Hörnern und Naturgeräuschen, die die Musik lebendig, gefährlich und rituell wirken lassen, schlägt sie zu.
Und wenn der letzte Ton verklingt, ist er nicht verschwunden. Das Feuer spuckt, der Rauch kräuselt sich, der Stamm isst und murmelt, die Nacht atmet wieder langsam. Eine Hand, rot von Blut und Asche, drückt gegen die kalte Wand der Höhle. Die Spur wird bleiben, durch viele Winter, durch viele Söhne, durch Geister und Stille. So auch Uihtis – ein Klang von Jagd und Hunger, von Blut und Himmel, so alt wie das erste Feuer, so schwer wie der letzte Atemzug, für immer getragen von Wind und Stein.
Zusatz: Der Text ist in einer rekonstruierten proto-indoeuropäischen Sprache (PIE) verfasst – der hypothetischen Vorform vieler europäischer und asiatischer Sprachen (darunter Latein, Griechisch, Sanskrit, Germanisch und Keltisch).
Diese Sprache wurde nie schriftlich festgehalten; Linguisten haben sie anhand von Wortstämmen und Grammatikregeln rekonstruiert, die sich aus späteren Sprachen ableiten lassen. Arkhaaik hat mit einem Spezialisten zusammengearbeitet, um die Texte zu erstellen, sodass sie wie etwas klingen, das vor etwa 4.000 bis 6.000 Jahren gesprochen worden sein könnte. So wurde beispielsweise bereits auf dem ersten Album («dʰg̑ʰm̥tós», 2019) PIE verwendet – der Titel selbst bedeutet ‘Erde’ oder ‘Boden’.Auf «Uihtis» (‘die Jagd’) basieren auch alle Songtitel «Geutores Suhnos», «Hagrah Gurres», «HrkÞos Heshr Hiagom» und «Kerhos Mehnsos») auf rekonstruierten PIE-Wurzeln, die oft mit Jagd, Ritualen oder Himmelsbildern in Verbindung stehen.
Lukas R.