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Falls Ihr die "alten" ABIGAIL WILLIAMS geliebt habt, dann hört hier vor dem Kauf unbedingt vorher mal rein, denn es ist ist alles ganz anders. Abigail Williams' sechstes Album «A Void Within Existence» kommt unerbittlich, introspektiv und erschütternd ehrlich daher.
Nach über zwei Jahrzehnten Bandgeschichte führt Frontmann Ken Sorceron eine verjüngte Besetzung, heisst ein nun komplettes Quartett mit Vance Valenzuela (Gitarre), John Porada (Bass) und dem herausragenden Mike Heller (Schlagzeug), in dunklere und persönlichere Gefilde als je zuvor. Der Eröffnungstrack «Life Disconnected» bricht mit einem cineastischen Gefühl der Angst los. Hellers Schlagzeug verankert dabei das Chaos mit messerscharfer Präzision, während Sorcerons Gesang existenzielle Auflösung heraufbeschwört.
«Void Within» beschleunigt das Tempo mit vernichtenden Riffs und wechselnden Dynamiken, die an Momente aus «In The Absence Of Light» erinnern, jedoch mit einer weitaus kontrollierteren Wut. «Nonexistence» ist einer der düstersten Songs des Albums, eine Elegie über Depression und Zerfall, die klare Gitarren-passagen mit Ausbrüchen roher, schwärzlicher Aggression ausbalanciert. Das überraschende, bluesige Solo durchdringt den Song wie eine Erinnerung im Nebel. «Still Nights» ist unerbittlicher Angriff, bei dem Atmosphäre und Gewalt miteinander verschmelzen.
Der Song erinnert an die Grösse von Dimmu Borgir, ist jedoch von allem Pomp befreit und auf seine Essenz reduziert. Die beiden Songs «Talk To Your Sleep» und «Embrace The Chasm» erweitern die emotionale Tiefe des Albums. «Talk To Your Sleep» lockt mit gespenstischer Atmosphäre und eindringlichen Basstönen, «Embrace the Chasm» vermittelt eine nihilistische Eleganz: vielschichtig, traurig und mit einem seltsam fesselnden Charme, der unter dem Chaos verborgen liegt. Der Abschluss «No Less Than Death» markiert mit seinen neun Minuten kontemplativer Verzweiflung und schliesslich Befreiung ein Meisterwerk.
Klare Vocals schweben durch schimmernde Dissonanzen, bevor sie in einer gewalttätigen Katharsis zusammenbrechen und in einer sternlosen Stille enden, die sich verdient anfühlt. «A Void Within Existence» jagt nicht nach Genre-Orthodoxie. Die Band geht über die Oberflächen des Black Metal hinaus und bleibt dabei ihrem Kern treu: emotionale Intensität und existenzielle Abrechnung. Mit Dave Oteros kristallklarem Mix und Eliran Kantors trostlosem Cover-Artwork (genial) präsentieren sich Abigail Williams hier von ihrer raffiniertesten, unerschrockensten und menschlichsten Seite. Eine verbrannt-suchende Reise durch das, was übrig bleibt, wenn alle Illusionen weggefallen sind.
Lukas R.