Freitag, 25. April 2025

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Freitag, 25 April 2025 04:40

Wald Rock Open Air, für einen guten Zweck. Veranstalter im Gespräch über 30 Jahre "Rocken im Wald" Empfehlung

"Eintritt frei" steht zum 30. Mal an der Eingangspforte zum "Waldrock Festival" in Röthenbach bei Herzogenbuchsee im Kanton Bern. Der Event findet vom 25. bis am 26. Juli 2025 statt und hat neben Mud Slick, Voltage Arc, tHola, Angry Alliance, Bony Moronie, Skansis sowie Unchain auch den absoluten Top-Headliner Dare im Programm.

Mit viel Herzblut, Leidenschaft und Freude werden die Veranstalter wieder eine für den Fan organisierte Party auf die Beine stellen und, wenn wieder alles wie in den Vorjahren klappt, dank den Spenden der Besucher wieder unzählige Kinderaugen in einem Heim glücklich machen. Wie es zum "Waldrock Festival" kam und welche Hürden Sacha Lanz und sein Team aus dem Weg räumen mussten, berichtet uns der Sänger von Angry Alliance.

"Die ersten beiden Jahre zahlten wir die Spende an die Kinderheime aus der eigenen Geldbörse."

MF: Wie entstand das "Waldrock"?

Sacha: Vor über dreissig Jahren gründeten wir Intruder, hatten den Drang aufzutreten und verschickten dazu unsere Tapes. Das Internet war noch ein Traum der Zukunft. Da unsere Fähigkeiten noch ausbaubar waren (lacht), konnten wir nicht an Festivals auftreten und so entstand die Idee, dass wir selbst eines organisieren und auf die Beine stellen. Am Stammtisch wurde aus der Idee eine klare Vorstellung dessen, was letztlich zum "Waldrock" wurde. Was wir von Beginn weg wussten, ist, dass wir mit diesem Event kein Geld verdienen wollten. Der Eintritt sollte frei sei und den Bands die Möglichkeit geboten werden, aufzutreten. Die ersten beiden Jahre zahlten wir die Spende an die Kinderheime aus der eigenen Geldbörse, da wir schlicht und ergreifend zu wenige Einnahmen hatten. Mit fünfzig bis hundert Besuchern blieb einfach nichts übrig. Jede Band die auftrat, brachte etwas mit, damit wir Equipment auf der Bühne hatten. Nach drei, vier Jahren hatte sich das "Waldrock" einen Namen gemacht, und die Besucher erschienen zahlreicher. Es wurde immer grösser und nun können wir die Leute schon zum 30. Mal in Röthenbach begrüssen.

MF: Wie sucht ihr euch die Kinderheime für die Spenden aus?

Sacha: Mir war nicht bewusst, dass es eine dermassen grosse Anzahl an Kinderheimen gibt. Wir wollen die Gelder in der näheren Umgebung spenden, aber nach drei Dekaden wird dieses Einzugs-Gebiet nun ein bisschen grösser. Jeder von Organisations-Komitee bringt seine Ideen mit und dann diskutieren wir, wohin das Geld gespendet wird. Wichtig ist uns, dass die Spenden für die Kinder verwendet werden und nicht für einen neuen Computer im Büro des Chefs.

"...Die Grube ist nach dem Open-Air jeweils sauberer als vorher...."waldrock25b

MF: Wie schwer oder einfach war es, ein geeignetes Gelände für das Festival zu finden?

Sacha: Einer der auch am Stammtisch sass, meinte, im Wald hätte es eine Grube und er sei der Meinung, dass sich diese sehr gut dafür eignen würde. Wir besichtigten sie darauf und waren sehr beeindruckt von der Grösse, die uns passend erschien. Da der Platz Privat-Eigentum ist, mussten wir den Bauer um seine Erlaubnis bitten, die Grube zu benützen. Sofern wir den Platz sauber verlassen würden, hatte der Besitzer keine Einwände. Die Grube ist nach dem Open-Air jeweils sauberer als vorher (grinst). Wer noch nie da war… Es ist ein idyllischer Ort mit den beleuchteten Bäumen. Nach dem zehnten oder zwanzigsten Festival überlegten wir uns, grössere Bands zu engagieren und Eintritt zu verlangen. Aber seien wir ehrlich, es wäre dann nicht mehr das "Waldrock Festival".

MF: Strom und Wasser waren…

Sacha (lachend): …natürlich nicht vorhanden, aber dafür Bäume (lacht). Zu Beginn war das eine Herausforderung. Beim ersten Open-Air stand der Headliner plötzlich im Dunkeln. Keine Musik und kein Licht mehr. Wir hatten alle Kabel kontrolliert, bis jemand feststellte, dass das Notstrom-Aggregat Diesel benötigt und der Tank leer war (lacht). Nachdem wir an der Tankstelle Diesel geholt hatten und der Tank wieder gefüllt war, konnte das Konzert zu Ende gespielt werden (lacht). Es war eine Herausforderung, weil es in dieser Grube, ausser den Bäumen, wirklich nichts gibt. Es gibt dazu lustige Anekdoten. Einer der Anwohner meldete sich zum Beispiel bei der BKW (Stromversorger) und beschwerte sich, dass immer, wenn die Musik lauter werde, sein Stromnetz zusammenbricht.

"...Ab diesem Moment wusste ich, auch die Gemeinde steht hinter unserem Anlass..."

Als die Kontroll-Person bei uns auf dem Platz war und den Dieselmotor hörte, wusste er, dass dieser angebliche Strom-Zusammenbruch nichts mit uns zu tun hatte (grinst). Wir hatten keine Ahnung, wie dieses Festival im Dorf aufgenommen wird. Insbesondere wenn die Langhaarigen Röthenbach in Besitz nehmen. Nach fünfzehn Jahren stand eine ältere Frau vor mir und fragte mich, ob ich der Veranstalter sei. Sie bekleide das Amt der Gemeinde-Präsidentin und finde das eine supertolle Idee mit diesem Open-Air in ihrem Dorf. Wieso wir sie nie angesprochen hätten, wegen einer Spende? Ab diesem Moment wusste ich, auch die Gemeinde steht hinter unserem Anlass.

MF: Denkt man in solchen Momenten, dass man die Klinken vielleicht mehr hätte putzen sollen, um Spendengelder zu erhalten?

Sacha: Vielleicht, aber das ist nicht unser Ding. Ab dem 20. Festival stellten wir eine professionelle Ton- und Lichtfirma an. Aus dem Grund, weil grössere Bands ihre Ansprüche geltend machten und wir nicht immer selbst an den Knöpfen drehen wollten. Somit hatten wir mehr Zeit, Diesel aufzufüllen (lacht). Die Jungs kosten Geld. Mit unserem Waldrock-Büchlein waren wir auf der Suche nach Sponsoren. So konnten wir die Kosten des Drucks und die der Ton- sowie Lichtfirma decken. Die Sponsoren sind alles Kollegen oder Freunde von uns.

MF: Was bezahlt ihr den Bands?

Sacha: Die treten, mit ein paar wenigen Ausnahmen, alle gratis auf. Diejenigen welche aus dem Ausland anreisen, denen bezahle ich die Übernachtung, aber aus der Kasse des "Waldrocks" bekommt keine Band Geld.

MF: Wie schwer ist es Truppen zu finden, wenn sie keine Gage erhalten, da die Musiker nicht erst seit Corona nur noch mit ihren Auftritten überhaupt etwas verdienen?

Sacha: Zu Beginn traten nur Combos aus der Umgebung auf. Mit dem Namen der uns vorauseilt und dem Umstand, dass wir die Einnahmen jeweils an ein Kinderheim spenden, können sich die Band einmal im Jahr damit arrangieren, ohne Gage zu spielen. Nach Corona wurde es natürlich schwieriger, aber die Voraussetzungen sind für alle gleich. Klar, die sind nicht für alle händelbar, aber die Truppen wissen, dass ihnen eine gute Sound- und Licht-Anlage zur Verfügung steht und die Stimmung dort immer gut ist.

MF: Wie schwer ist es mit entsprechenden Auflagen, die ihr von Gesetzes wegen einhalten müsst?waldrock25c

Sacha: Wir sind in der Schweiz, und somit müssen wir einen kompletten Bundesordner an Auflagen berücksichtigen. Von Jahr zu Jahr kommt etwas Neues dazu, insbesondere das Thema Mehrweg-Geschirr. Das Verkehrs-, Sicherheits-, Selbstkontrolle- und Hygienekonzepte müssen alle ebenso berücksichtigt werden.

"...Nach dreissig Jahren wissen wir, wer, was, wie zu tun hat..."

MF: Was waren die grössten Herausforderungen?

Sacha: Wir machen alles selbst, heisst vom Bühnen-Aufbau bis zum Ausschank des Biers. Dies alles ohne vorhandenes Wasser und Strom. Vom Notstrom-Aggregat müssen die Kabel noch auf die Bühne, in die Küche oder an die Bar gelegt werden. Alles ist mit grossem Aufwand verbunden, doch nach dreissig Jahren wissen wir, wer, was, wie zu tun hat. Der Event findet nicht in einer Halle statt. Du kommst da an, Stecker in die Steckdose und alles läuft. Dafür ist der Wald idyllischer.

MF: Der Eintritt ist frei, aber es gibt eine Kollekte, bei der die Besucher eine Spende entrichten können.

Sacha: 2024 hatten wir 7'000 Franken in den Spendenkassen. Zusammen mit den Einnahmen bei den Getränken und dem Essen konnten wir somit 14'500 Franken spenden. Wenn die Besucher keinen Eintritt zahlen, dann wird vielleicht das eine oder andere Getränk mehr konsumiert und sie spenden ein bisschen mehr, mit dem Bewusstsein, dass es einem guten Zweck zugutekommt. Kürzlich sprach ich mit einem Gast, der das "Waldrock" schon jahrelang besucht und auch selbst Konzerte organisiert. Er meinte: "Das Beste an deinem Festival ist, wenn ich das "Waldrock" besuche, jeder, sei es Besucher oder Helfer, ein breites Lächeln im Gesicht trägt. Man sieht ihnen an, dass sie gerne arbeiten, weil sie wollen und nicht müssen!" Das ist eines der schönsten Komplimente, welches man erhalten kann.

MF: Dann wünsche ich euch weiterhin ganz viel Spass und ein sonniges, 30-jähriges Jubiläum. Danke für die Zeit und den Einblick, den du uns ins "Waldrock Festival" gewährt hast.

Sacha: Danke dir für deine Zeit und ich freue mich, dich am Waldrock begrüssen zu dürfen.

 

 

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