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"...Screams oder auch die Clean-Vocals empfand ich stets viel schwieriger zu erlernen als die Growls..."
Die Schweizer Combo Irony Of Fate stand bereits als Vorband für Jinjer und Nervosa auf der Bühne. Im achten Jahr ihres Bestehens präsentieren uns die Melodic Death-Metaller nun mit «Wicked & Divine» ihr zweites Studioalbum. Darauf haben sich die Schweizer um Frontfrau Cveti Stojmenova ganz dem groovig-melodischen Knüppel-Sound verschrieben. Anscheinend mit Erfolg, denn 2021 sollten die Musiker die Bühne mit Fleshgod Apocalypse und Ex Deo teilen. Mehr dazu erfahrt Ihr von Bassist Tom Zürcher und Cveti Stojmenova im ausführlichen Interview.
MF: Für all diejenigen, die euch noch nicht kennen, gehen wir ein wenig in der Zeit zurück. Wie lange gibt es euch eigentlich schon, und was hat euch auf die Idee gebracht, eine Band zu gründen?
Tom: Ein waschechtes Gründungsmitglied bin auch ich nicht. Lass mich kurz überlegen. Das waren Lars (Gygax) und Raffael (Kühni), die beiden Gitarristen und der ehemalige Trommler Dave, die sich etwa vor sieben Jahren, also im Frühjahr 2014 trafen, um Musik zu machen. Sie begannen zusammen zu üben und es funktionierte. So haben sie sich gesagt, dass es wohl an der Zeit wäre, eine Band zu gründen. In Sachen Musik funkten alle auf einer ähnlichen Frequenz, und so suchten sie bald darauf, per Inserat, einen Bassisten und einen Sänger. Ungefähr im August desselben Jahres habe ich mich schliesslich gemeldet und stiess ebenfalls zur Band.
MF: Wenn man euch heute einem Genre zuteilen müsste, käme ja doch am ehesten der Melodic Death infrage. Habt ihr in euren Anfangstagen auch mal andere Phasen gehabt?
Tom: Also als ich dazu stiess, hatte doch jeder von uns noch eine etwas andere Vorstellung von der Musik, die produziert werden sollte. Vielleicht sollte aber eher Cveti etwas dazu sagen. Wie war es damals, als du zur Band dazu kamst?
Cveti: Ich würde schon sagen, dass ihr immer Melodic Death gespielt habt. Also das erste Lied, das ich gehört habe («Unleashed Your Chains») war klar Melodic Death. Die anderen Songs waren zwar ziemlich krass thrashig, aber trotzdem würde ich den Hauptteil der Musik dem Melodic Death zuschreiben.
MF: Cveti, als du zur Band kamst, hast du unter den Jungs eine Veränderung gespürt? Und Tom, konntest du bei Cvetis Einstieg eine gewisse Veränderung wahrnehmen?
Tom: Ja absolut! Da war eine deutliche Veränderung zu spüren. Ich muss hier noch voraus schicken, dass unser ehemaliger Sänger auf einer deutlich anderen musikalischen Welle gesurft war, als der Rest der Band. Das darf ich hier mit Bestimmtheit sagen. Bei ihm ging es eher in Richtung Death und Doom Metal. Als sie zur Truppe stiess, war insofern eine Veränderung zu spüren, dass sie betreffend Songwriting viel offener war als Andreas. Dadurch konnten wir musikalisch viel mehr experimentieren. Hast du dir die erste Platte einmal angehört? «Where All Daylight Dies» war der erste Track, den wir erst komplett fertig geschrieben haben, als Cveti bereits in der Band war. Bei diesem Lied kannst du sehr gut hören, dass wir mit experimentieren begonnen hatten. Die musikalische Veränderung war beim Sängerwechsel sicher grösser, als beim ersten Wechsel unseres Schlagzeugers (lacht).
Cveti: Ich habe mir gar nicht viel dabei gedacht oder vorgestellt. Ich wollte weder mir noch den Jungs Druck auferlegen, deshalb bin ich mit der "lass uns doch einfach mal machen"-Haltung an die Sache ran gegangen.
MF: Du hattest also keine grossen Erwartungen an die Band und an die Jungs?
Cveti: Nicht wirklich, nein. Ich wusste ja bei meinem Einstieg nicht, wo die Truppe stand. Es existierten schon mehr Songs, als mir vielleicht lieb gewesen wäre. Die älteren Songs nämlich, jene die ohne mich geschrieben wurden, bereiten mir heute noch mehr Mühe beim Singen als die neueren Sachen. Die neuen Songtexte sind durchs Band aus meiner Feder entstanden, und ich hatte kaum Probleme, meine Vocals dazu zu schreiben. Für den instrumentalen Teil sind sowieso die Jungs zuständig, würde ich mal sagen. Natürlich bin ich oft bei der Entstehung dabei, sage auch klar was mir passt und was ich ändern würde, technisch verstehe ich aber nicht so viel wie die Jungs und deshalb lasse ich sie meist ihr Ding machen. Im Normalfall kommt richtig gutes Zeug dabei heraus. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor ein paar Jahren in den Ferien war, waren die zwei Songs «Oceans Of Doom» und «Six Feet Deep» bei meiner Rückkehr bereits fertig gestellt.
Tom: Das stimmt. Das muss 2017 gewesen sein, als du in Los Angeles warst.
Cveti: Genau! Ich war etwa vier bis fünf Wochen in den Staaten, und als ich zurück kam, habt ihr mich mit zwei neuen Songs überrascht, die einfach nur geil klangen. Es war einfach nur genial.
MF: A propos genial. Deine Stimme gilt in Kennerkreisen auch als genial. Meines Wissens waren auch die Jungs ziemlich überrascht, als sie dich das erste Mal "röhren" hörten. Wie hast du deine Stimme trainiert, dass du dermassen growlen kannst?
Cveti: Ich glaube, dass mir diese Art von Gesang einfach ziemlich gut liegt. Ich habe mich das erste Mal mit YouTube-Tutorials dazu versucht. Natürlich habe ich damals noch nicht so geklungen, wie ich heute klinge. Wäre ja auch nicht gut. Jedenfalls verglichen mit heute, waren meine damaligen Gesangsversuche katastrophal, dennoch lag mir diese Art zu singen einfach. Screams oder auch die Clean-Vocals empfand ich stets viel schwieriger zu erlernen als die Growls. Deswegen bin ich vermutlich auch dabei geblieben.
MF: 2018 kam dann schliesslich euer Debüt «Pray For Freedom... Prepare For Extinction» auf den Markt. Die Reaktionen waren durchwegs positiv. Drei Jahre sind noch nicht lange her, aber wenn ihr trotzdem einen kleinen Rückblick wagt und schaut wo ihr jetzt steht, was habt ihr für Gefühle dem Debüt-Album gegenüber?
Cveti: Wir sind heute sicher mehr eine Einheit, eine Band würde ich sagen, auch was das Songwriting betrifft.
Tom: Beim ersten Album wurden natürlich alle Songs draufgepackt, die wir bis dahin produziert hatten. «Falling Away» ist meines Erachtens der allererste Song, den sie noch ohne mich geschrieben haben. Beim Debüt merkt man einfach, dass es sich um das ganze Spektrum, sprich Songs von der Band-Gründung bis kurz vor der Produktion handelt. Wir haben auch immer wieder von verschiedenen Personen Rückmeldungen erhalten, dass wir teilweise Black Metal («Sleeping Death») spielen, mit «Six Feet Deep» hat man das Gefühl, bei Iron Maiden angekommen zu sein und bei «Unleashed Your Chains» ist man wieder in einer anderen Sparte angelangt. Beim zweiten Album ist es wirklich so, dass wir einen musikalischen roten Faden haben. Logisch, dass noch jeder Musiker seine eigene Note mit einbringt, aber im Grossen und Ganzen klingt es viel strukturierter und einheitlicher. Ich kann mich noch gut an die Entstehung vom Titeltrack «Wicked And Divine» erinnern. Der Breakdown in diesem Song basiert auf der Zahl "Pi". Also 3,1415... und so weiter (Cveti lacht im Hintergrund!). Lars hat diesen Song nach einem ganz simplen Prinzip geschrieben. Er wollte einfach einen Track kreieren, der auf der Zahl "Pi" aufgebaut ist. Manchmal entstehen die Songs einfach aus den abstrusesten Inspirationen heraus. Der Song «Epitaph» von der ersten Scheibe hat einen tierisch bösen Breakdown. Dieser Song wurde auch nur geschrieben, weil wir einen brutalen Breakdown-Song schreiben wollten (lacht). Irgendwie hat diese Methode bis heute auch ganz gut funktioniert.
MF: Ihr könnt also nach wie vor hinter eurem alten Material stehen, auch wenn es vielleicht etwas chaotischer daher kommt?
Tom: Ich kann absolut noch hinter unserem ersten Album stehen.
MF: Wir wollen auch gar nicht zu lange in der Vergangenheit verweilen, aber dennoch seid ihr im Anschluss an die erste Veröffentlichung live ziemlich durch die Decke gegangen. Unter anderem habt ihr in der Schüür Luzern für Nervosa den Abend eröffnet. Wie ist es für euch, mit den sogenannt "Grossen" auf der Bühne zu stehen?
Cveti: Es war einfach nur geil. Ich glaube, dass ich für die ganze Band spreche, wenn ich sage, dass es sich dabei um einen der geilsten Gigs gehandelt hat, die wir bis heute gespielt haben. So viele Leute haben uns erst an diesem Abend für sich entdeckt. Die Fans kamen nach dem Konzert an unseren Merchstand, haben uns gratuliert, Komplimente für die Musik gemacht und wollten immer wieder CDs unterschrieben haben und Fotos mit uns machen. Das fühlte sich ganz unwirklich an. Vermutlich haben wir noch nie so viel Merch verkauft, wie an diesem Abend.
Tom: Gerade mit Nervosa hatten wir schon zweimal gespielt. Das eine Mal in Luzern und das zweite Mal im Gaskessel in Bern. Für mich persönlich war der Auftritt in Bern fast noch eine Spur geiler. Wie du vermutlich weisst, läuft in Bern "metaltechnisch" rein gar nichts. Dann zu sehen, wie all diese Leute, die normalerweise die typischen Metal-Locations besuchen, nun alle nach Bern pilgern, das war ein echter Wow-Moment. Wir haben es tatsächlich geschafft, dass die Leute nach Bern kommen wegen der Musik. Das war wirklich eine sehr krasse Erfahrung für mich.
MF: Die Schüür Luzern ist ein beliebter Spielort für euch. Auch die Release-Party wird dort stattfinden. Habt ihr einen speziellen Bezug zu diesem Lokal?
Cveti: Also unser Manager von Metalstorm hat das Ganze geplant, und deswegen sind wir wieder zurück zur Schüür Luzern gekommen. Das ist eigentlich nur wegen ihm. Wir haben nämlich schon öfters über Locations gesprochen und haben uns auch gefragt, was für uns in Frage käme, und so war es mehr als praktisch, das Ganze über ihn abwickeln zu können. Aber klar, es steht natürlich auch ausser Frage, dass es sich bei der Schüür um eine wirklich geile Location handelt.
"...Ich finde es wichtig, auch optisch aufzufallen. Man kann eine Band nämlich auch anhand ihrer Kleidung identifizieren..."
MF: Cveti, dein Bühnenoutfit hat sich über die Jahre wie gefestigt. Ein blutverschmierter Rock, ein auffälliges Äusseres, ein bisschen schockieren. Was ist die Idee dahinter?
Cveti: Es geht eigentlich ganz zu meinen Anfängen zurück. Ich fing an, mich für die Konzerte zu schminken, weil es mir einfach wohler war, und ich fand es auch cool, auf und neben der Bühne etwas Kreatives zu machen. So habe ich mir einfach rote Farbe geschnappt, die Hände bemalt und mich am weissen Kleid ausgetobt. Ich wollte schauen, wie es so ankommt. Es war aber nicht als Konzept geplant, dass es genau so ein Outfit werden muss. Mit dem Prototypen und der Idee, dass die Jungs auch so etwas machen könnten, ging ich zur Bandprobe. Die Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen (lacht). Sie fanden eine Bühnenuniform nicht besonders erfrischend. Trotzdem konnte ich sie überreden, zumindest auch etwas Farbe zu verwenden. Jetzt zur neuen Platte haben wir aber alle ein Bühnenoutfit, das wir sogar herstellen liessen, damit es doch ein wenig einheitlicher aussieht. Ich finde es wichtig, auch optisch aufzufallen. Man kann eine Band nämlich auch anhand ihrer Kleidung identifizieren.
MF: Wie bereits kurz erwähnt, eure neue Scheibe «Wicked & Divine» ist draussen. Was gibt es über dieses Album zu berichten?
Tom: Ich glaube, das Erste was man dazu erwähnen muss, ist das Thema Planung. Wenn Corona sich nicht dazwischen gefunkt hätte, wäre die ganze Platte sehr strategisch durchgeplant gewesen. Wir haben in einem grösseren Spektrum nach einem Mischer gesucht und im Gegensatz zum ersten Album konnten wir die Tracks filtern. Es fanden nicht alle Songs, die wir geschrieben haben, auch den Weg auf das neue Album. Das ist auch immer wieder eine enorme Herausforderung, da man beim Filtern Kompromisse eingehen muss. Gerade für Cveti war es zu Beginn sehr brutal, als wir uns gegen einen ihrer Favoriten entschieden haben. Wir sind grundsätzlich sehr professionell an die Sache heran gegangen. Die ganzen Aufnahmen wurden im Heim-Studio von unserem Gitarristen Lars gemacht. Fairerweise muss ich an dieser Stelle auch sagen, dass wir für Videos und dergleichen, dank Corona, etwas mehr Zeit für die Produktion hatten. Ohne diese auferlegte Zwangspause wäre die Zeit verdammt knapp geworden. Der Planungs- und Strategieanteil war bei dieser Platte so hoch wie noch nie.
MF: Und wie hast du diesen Prozess so erlebt Cveti?
Cveti: Ziemlich ähnlich. Es ging viel speditiver vorwärts als bei den letzten Aufnahmen. Wir haben uns Deadlines gesetzt, bis dahin mussten die Demos fertig sein. Im Anschluss schickten wir diese unserem Mischer, der wieder an uns zurück und so weiter. Dadurch waren wir gezwungen, schneller zu arbeiten, aber weil die Songs bereits existierten und nur aufbereitet werden mussten, ging das relativ zackig. Ich kann mich gut daran erinnern, es war Dezember vor einem Jahr, ich hatte ein paar Tage frei und in dieser Zeit sollten vier komplette Texte verfasst werden, denn die Songs mussten nach Termin fertig gestellt werden. Es hat dann auch geklappt, aber besonders beim Song «Mayhem» war ich kurz vor dem Verzweifeln. Ich hatte bereits drei verschiedene Texte geschrieben, alle wieder weggeschmissen und bin dann doch zur ersten Version zurückgekehrt.
MF: Höre ich das richtig heraus, dass im Gegensatz zum ersten Album, doch etwas an Spontanität und vielleicht auch kreativer Arbeit verloren gegangen ist?
Tom: Ja, das ist schon richtig. Der ganze Ablauf war wirklich sehr getaktet. Zuerst die Demos, dann das Mischen, dann der finale Mix. Es passierte vielmehr Schlag auf Schlag zwischen uns und dem Mischer, als noch bei der ersten Platte. Den finalen Mix hielten wir schon innert Kürze in den Händen.
MF: Welche Themen werden auf dem neuen Album behandelt?
Cveti: Die Texte entstehen eigentlich immer so, dass ich einfach drauflos schreibe. Die Struktur eines Songs inspiriert mich beim Schreiben. Schlussendlich, wenn ich heute das ganze Album so betrachte, hat es inhaltlich viel mit inneren Konflikten zu tun. Wie der Titel «Wicked & Divine» schon sagt, prallen Welten aufeinander. Jeder einzelne Song ist aber von einer anderen Quelle inspiriert. Ich kann mich zum Beispiel von Filmen inspirieren lassen, von Comics und manche Dinge entstehen einfach im Kopf. Es ist wirklich ganz unterschiedlich.
MF: Es sind also nicht alles persönliche Themen, die dich und dein Umfeld betreffen?
Cveti: Doch, eigentlich schon. Auch wenn ich mich von einem Comic inspirieren lasse, ist es doch ein persönliches Bild das ich habe und von dem ich inspiriert werde. Der Ausschlag gab zwar der Comic, aber der Text ist schlussendlich persönlich und Interpretationsauslegung eines jeden einzelnen.
MF: Was mir persönlich sofort ins Auge stach, ist, dass euer Coverartwork auf den ersten Blick eine ziemliche Ähnlichkeit mit dem Benediction-Album «Skriptures» aufweist. War das Absicht oder ist das schlicht Zufall?
Cveti: Was echt? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ich werde es sogleich googeln…
Tom: Also die Coveridee stammt eigentlich von mir. Es handelt sich dabei um ein mittlerweile 16-jähriges Star Wars-Gamecover. Als es um die Frage ging, was wir denn auf die Platte packen wollen, fand ich die Idee einfach geil, links und rechts die Gegensätze und in der Mitte eine Figur. Deshalb hat dieser Vorschlag gut gepasst. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir erste Ideen für das Cover gesammelt haben. Da habe ich dieses Bild von Star Wars erstmals in die Runde geworfen…
Cveti: Ja genau. Wir haben uns die ganze Zeit Bilder hin und her geschickt, hatten dann erste Entwürfe dazu gemacht, und dann entstand die die Idee mit der Lava auf den Aussenseiten…
Tom: Irgendwie ist mir das magisch zugeflogen, es war eine wahre Inspiration.
MF: Beim Durchhören der neuen Platte ist mir aufgefallen, das habe ich übrigens auch in der CD-Review erwähnt, dass ihr diesmal mehr auf die Karte Spieltechnik gesetzt habt und dafür etwas an Gefühl eingebüsst habt. Ist da was dran?
Tom: Da liegst du völlig richtig! Ich muss ehrlich zugeben, dass die zweite Scheibe viel Technisches beinhaltet und teilweise sehr schwierig zu spielen ist. Ich bin jetzt kein Weltklasse-Bassist, viele andere würden mich locker mit einem Finger an die Wand spielen. Im Vergleich zum ersten Album ist es in Sachen Geschwindigkeit und Technik, etwa doppelt so schwierig. Die Songs enthalten Parts, gerade der Titeltrack «Wicked & Divine» ist für mich ein absolut schwieriges Stück. Ich bin sehr froh, dass ich nicht Gitarrist bin, sondern den Bass spielen darf. Mit der Übung kommt allerdings auch die Routine. Daher gibt es auch Songs, die ich für die Aufnahme simpler eingespielt habe, als ich sie mittlerweile spielen kann. Zuerst hatte ich auch teilweise meine Bedenken, ob diese hochkomplexen Songs funktionieren. Das Zusammenspiel ist sehr fliessend und viel besser als zuerst gedacht. Mit den neuen Songs bin ich nun sehr glücklich.
Cveti: Meine Parts, meine Songs sind jetzt nicht unbedingt schwieriger geworden. Vielleicht bin ich sogar etwas faul geblieben. Damit meine ich, dass ich nicht viel Neues ausprobiert habe. Es war für mich aber bestimmt einfacher, denn ich hatte die fertigen Songs und konnte dazu meine Texte selber schreiben. Für mich war die grösste Veränderung, dass sich gegenüber dem Vorgängeralbum alle Songs selber schreiben konnte. Ich weiss aber genau was Tom meint. Wenn wir heute zusammen proben, spielen wir manche Parts schon anders als bei den Aufnahmen. Dies einfach aus dem Grund, weil es für die Produktion sehr schnell gehen musste. Wir hatten die Songs auch noch nie gemeinsam und vollständig geprobt, als wir mit den Aufnahmen begonnen hatten.
MF: Ihr hättet auch eine grössere Tour geplant gehabt, die aber wegen den Pandemie-Massnahmen ins Wasser fiel. Abgesehen vom neuen Album, habt ihr euch noch anderweitig kreativ ausgetobt oder wie habt ihr eure Wartezeit überbrückt?
Tom: Wir haben uns regelmässig getroffen, um die neuen Songs zu proben. Das Problem dabei ist aber, wenn du einen Auftritt hast und abliefern musst, gehst du ganz anders an die Sache heran. Momentan proben wir einfach, weil wir immer am Mittwoch proben, aber nicht unbedingt der Sache willen. Aus bandtechnischer Sicht würde ich sagen, dass es wirklich eine beschissene Zeit ist. Die Live-Auftritte fehlen uns und somit auch der Ernst an der Sache.
Cveti: Es fehlt das Ziel! Momentan wissen wir wirklich nicht genau, auf was wir hinarbeiten. Natürlich haben wir im Hinterkopf, dass Konzerte einmal wieder stattfinden könnten. Trotzdem fehlt der gewisse Druck, um richtig motiviert an das Ganze heran gehen zu können.
"...denn durch Corona wurden wir dermassen ausgebremst, dass eine offensive Planung keinen Sinn macht..."
MF: Wie hätte denn eigentlich euer Jahr 2021 tourtechnisch ausgesehen?
Tom: Unsere verschobene Tour mit Fleshgod Apocalypse ist auf dem Schlitten. Allerdings steht sie durch die Pandemie noch immer auf wackligen Beinen. Beim "Wacken-Battle" wären wir auch dabei und beim "Meh-Suff" ist ein Auftritt geplant. Vielmehr steht zurzeit nicht auf dem Programm, denn durch Corona wurden wir dermassen ausgebremst, dass eine offensive Planung keinen Sinn macht. Dennoch sind wir überzeugt, dass wenn es wieder anläuft mit Konzerten, man darf schliesslich noch träumen, wir sicherlich innert Kürze viele weitere Gigs buchen können. Allerdings stehen die heute noch nirgends geschrieben. Wir stehen aber schon parat, um den Einsatz im rechten Moment nicht zu verschlafen.
MF: Beim Greenfield-Festival, das ziemlich direkt vor meiner Haustür liegt, habt ihr doch auch in einer Form mitgewirkt. War dies ein Wettbewerb, ein Konzert oder um was handelte es sich dabei?
Tom: Also wir waren bei der "Greenfield-Foundation-Tour" teilweise mit dabei. Das hat aber leider mit dem Festival an und für sich nichts zu tun…
MF: Ach, ich dachte, dass man sich allenfalls einen Platz beim Festival erspielen konnte…
Cveti: Nein leider nicht. Das wäre schön gewesen. Wir wurden aber schon mehrmals bezüglich dieser Gigs von Personen angesprochen. Leider musste ich ihnen immer wieder sagen, dass es eine Greenfield unabhängige Konzertreihe ist und wir leider dadurch keinen Platz am Festival erhalten.
MF: Es gibt ja etliche Bands, die im Bandraum proben, vielleicht auch mal eine Platte aufnehmen und ein paar Konzerte spielen. Was ist aber eigentlich euer Ziel mit Irony Of Fate? Möchtet ihr einmal von der Musik leben können oder spielt ihr einfach solange es Spass macht?
Tom: Ich würde sofort meine Arbeitsstelle an den Nagel hängen, um als Berufsmusiker tätig sein zu dürfen.
Cveti: Ja absolut! Das würde ich unterschreiben. Ich glaube, dass dies für alle in der Band so zutrifft.
MF: Denkt ihr, dass diese Einstellung vonnöten ist, damit man seriös an die Sache heran geht?
Cveti: Ich glaube, das braucht es wirklich. Denn ohne diese Einstellung hätten wir niemals so viel Energie, Zeit und finanzielle Mittel ins Projekt "Irony" gesteckt, wie wir es bis dahin getan haben.
Tom: Ich halte mich an den Grundsatz, wenn man etwas halbbatzig angeht, das Resultat auch nur halbbatzig sein wird. Und das ist etwas, das wir mit der Band auf keinen Fall wollen. Deshalb braucht es schon eine gewisse Seriosität und den Willen, die Sache ernsthaft anzugehen.
MF: Was glaubt ihr, wie also die Zukunft von Irony Of Fate aussehen wird?
Cveti: Gute Frage, aber schwierig zu beantworten. Ich wünsche mir natürlich, dass wir endlich auf diese Tour mit Fleshgod Apocalypse und Ex Deo gehen dürfen. Und danach hoffe ich, dass die nächste Tour kommt und die übernächste und die überübernächste. Im Anschluss ein weiteres Album und dass es so gut weiterläuft für uns, wie vor der Pandemie.
Tom: Ich hoffe, dass wir stetig die Stufen aufwärts gehen, dass wir als Band wachsen und dass die nächste Tour nicht auch gleich unsere Abschiedstour sein wird. Für mich persönlich müsste noch eine Tour mit Lacuna Coil dabei sein. Dann bin ich zufrieden.
MF: Und mit wem würdest du gerne einmal eine Tour bestreiten, Cveti?
Cveti: Wow! Ich möchte eigentlich nur auf Tour gehen. Mir ist das grundsätzlich egal mit wem. Ich muss sagen, dass ich die geplante Tour mit Ex Deo schon jetzt ziemlich lustig finde. Ich kenne die Jungs bereits als Fan seit vielen Jahren, wir haben auch schon ein paarmal zusammen getrunken, und deswegen freue ich mich besonders jetzt sogar mit ihnen die Bühne teilen zu dürfen. Ich hoffe wirklich nur, dass wenn wir mit ihnen touren, dass nicht so viele "Shots" getrunken werden, denn die Jungs trinken ziemlich viel. Besonders "Steph" (Stéphane Barbe), der bei Kataklysm Bass spielt und bei Ex Deo Gitarre, der hat den ganzen Abend während unseres Gesprächs "Shots" getrunken, einer nach dem anderen. Unsere Unterhaltung bestand eigentlich nur aus "Shots" trinken…
MF: Die Konversation wäre also noch ausbaufähig…
Cveti: Ja absolut (lacht).
MF: Jetzt noch etwas aus der Kategorie "Nonsens". Wenn ihr eurem Todfeind eine Platte vorspielen müsstet um ihm zu schaden, welche wäre das?
Tom: Oh schwierig! Nein warte, da kommt mir gerade etwas in den Sinn. Es handelt sich nicht um eine Platte, sondern um einen Song. Im letzten Jahr hat doch diese Alternative Grunge Rockband Puddle Of Mudd den Song «About A Girl» von Nirvana gecovert. Der Typ klingt dabei so, wie Kurt Cobain in dem Moment geklungen haben muss, als er sich die Kugel gab (lacht). Das musst du dir echt einmal rein ziehen. Das ist echt etwas vom Schlimmsten, dass ich je gesehen, respektive gehört habe. Geh auf YouTube, spiel diesen Song, lass ihn wirken und du lebst nicht mehr lange. Mir kommt gerade noch etwas Zweites in den Sinn. Als wir an der Greenfield-Foundation-Tour gespielt haben, sind doch Hellvetica ausgefallen und an deren Stelle kam eine Grindcore-Band…
Cveti: Ja genau, die sind das beste Beispiel dafür, wie sich Leute, die selber keinen Metal hören, vorstellen, wie Metal klingt.
Tom: Richtig! So wie die klingen, stellen sich meine Verwandten beim Weihnachtsessen immer vor, dass die Musik klingt, die ich mache (Gelächter). Nein echt, mit diesem Sound kannst du die Leute ziemlich zur Sau machen.
Cveti: Mir kommt gerade gar nichts in den Sinn, ausser vielleicht ab und zu mal ein Betrag von "Blood On The Dancefloor", obwohl ich die teilweise auch richtig abfeiere. Das ist eigentlich die peinlichste und verdrehteste Band, die ich kenne.
MF: Vielleicht ist die nächste Frage einfacher zu beantworten. Auf welcher Platte hättet ihr gerne selber mitgewirkt?
Tom: Ich hätte gerne bei «And Justice For All» und «St. Anger» (Metallica) mitgewirkt, um das zu verhindern oder zumindest zu schauen, dass es besser wird (lacht). Nein echt, jede Band hat vielleicht mal einen Durchhänger, und live zünden die Songs ja richtig super. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, bei welchem Album ich gerne dabei gewesen wäre, denn ich stehe dann immer vor dem Problem, dass ich nichts daran hätte besser machen können.
Cveti: Ich habe viele Lieblingsalben, die ich auch nach zwanzig bis dreissig Jahren immer noch rauf und runter hören kann. Dreissig Jahre vielleicht nicht, da ich erst dieses Jahr 30 Jahre alt werde. Das Album von My Chemical Romance «Three Cheers For Sweet Revenge» höre ich vermutlich seit ich 14 Jahre alt bin und kann das auch heute noch von Anfang bis Schluss durchhören. Ich finde es einfach genial. Es hat einen speziellen Platz bei mir. Ich hätte aber auch bei diesem Album nicht mitwirken wollen, denn es ist schon perfekt und vermutlich hätte ich es nur versaut (lacht).
MF: Ich könnte grundsätzlich noch stundenlang mit euch weiterquatschen, aber mit dem Interview kommen wir langsam zum Ende. Habt ihr noch Werbung in eigener Sache zu deponieren oder sonst noch etwas zu sagen, das gesagt werden muss?
Tom: Oh die letzten Worte, ich hatte gerade viele schlimme Antworten im Kopf parat, aber ich versuche jetzt dennoch eine seriöse Antwort zu geben. Da du das Interview für ein Metal-Magazin machst, sage ich es mal so: "Wenn du einmal eine Band hören willst, die "Parcours" im Metal-Métier macht, dann zieh dir Irony Of Fate rein (Gelächter). Da kommt der Bluff jetzt auch nicht zu kurz aber egal…"
MF: Ich danke euch für die Zeit, die ihr euch genommen habt und danke für das ausführliche wie lustige Interview. Ich hoffe, dass wir uns auch bald live wieder einmal treffen.
Tom/Cveti: Das hoffen wir auch und bedanken uns, dass wir im Interview sein durften.