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Es hat sich vieles verändert im Musikzirkus. Wenn ich an meine ersten Erfahrungen zurück denke, als ich mich in den ganz frühen Achtzigern intensiver mit Hard Rock und Heavy Metal auseinander setzte, war es an der Tagesordnung, dass vielleicht eine Single als Appetit-Happen im Vorfeld eines neuen Studio-Albums ins Rennen geschickt wurde. Dies war alles andere als an der Tagesordnung.
Heute werden schon mindestens drei Songs in die Video-Umlaufbahn geschickt, um das kommende Werk zu promoten. So auch beim neuen Werk von Shakra, wo man sich als geneigter Fan mit «The Way It Is», «Invincible» und «Tell Her That I'm Sorry» schon mal ein Bild davon machen konnte, was der neuste Streich zu bieten hat. Ob man dies gut findet, ist letztlich eine Generationenfrage. Ich für meinen Teil widme mich sehr gerne einem neuen Output, wenn er sich zu Hause in meinem CD-Player dreht und ich mich mit den neusten Sounds "meiner Band" auseinander setzen kann. Aber alles hat sich eben verändert, auch in der Musiklandschaft.
Als ich auf dem Weg ins Studio von Gitarrist Thom Blunier unterwegs bin, ging ich sehr jungfräulich an das neue Werk heran und liess mich überraschen, was mir in ein paar wenigen Minuten vorgespielt werden sollte. Was kann man zu «Invincible» sagen? Es ist eine runde Sache geworden und dies nicht nur wegen des CD- oder Vinyl-Formats! Seit dem Wiedereinstieg von Sänger Mark Fox im Jahre 2015 hat das Quintett mit den Folgewerken immer wieder ein paar Schippen drauf gelegt. Was mit «High Noon» fantastisch begann, wurde mit «Snakes & Ladders» noch übertroffen. 2020 wurde «Mad World» nicht durch schlechte Songs ausgebremst, sondern durch die Epidemie. Bedingt durch Corona wurden immer wieder Konzerte verschoben, und Thom, Mark, Thomas Muster (Gitarre), Cyril Montavon (Bass) und Roger Tanner (Schlagzeug) hatten somit mehr Zeit, sich den neuen Tracks und Ideen anzunehmen. Daraus entstanden zwölf neue Killer, welche Shakra von ihrer bekannten Seite zeigen. Ist somit wieder alles wie es war? Absolut nicht, denn die Jungs haben sich neuen Elementen nicht verschlossen und lassen den Liedern, frei nach dem «Trapped» Muster, immer wieder genügend Spielraum für kleine Breaks oder Unvorhergesehenes.
Los geht es mit dem Country-inspirierten «The Way It Is», das als erste Single bekannt ist und dank des Slide-Gitarrenspiels von Thom (zum ersten Mal bei Shakra) eine völlig neue und passende Note erhält. Was erhalten wurde, ist die unglaubliche Rhythmus-Maschine und das mitreissende Rhythmus-Gitarrenspiel, das dank der nach wie vor perfekt passenden Stimme abgerundet wird. Neu sind sicherlich die Farbtupfer, für die insbesondere Thom verantwortlich ist, der durch sein Spiel und seine solistischen Einlagen immer wieder aufhorchen lässt. Der Opener wird durch das giftige Riff von «The Matrix Unfolds» abgelöst. Hier erinnert das Solo an die kalte Welt des Universums, während das arabische Flair des Titelsongs die Zuhörer sofort wieder auf den Boden der Tatsachen zurück holt. Hier wird die sanfte Strophe sehr geschickt zu einem bissigen und bösen Refrain aufgebaut.
«Devil Left Hell» erinnert derweil an die allerersten Gehversuche von Shakra, ist aber trotzdem meilenweit von dem entfernt. Der typische Riff-Rocker hinterlässt bleibende Spuren, wie auch der wilde Party-Track «On The Wild Side» und der tanzbare «Old Irish Song», der mit dieser bezaubernden Irish Punk Attitüde gesegnet ist und trotzdem die frischen wie feuchten Wiesen von Irland zum Blühen bringt. Hatten Shakra jemals ein Cello in ihre Lieder eingebettet? Nein, aber es passt perfekt zu «Tell Her That I'm Sorry», das keine Ballade geworden ist, sondern ein sanfter Hard Rock Song. Die Ballade auf dem dreizehnten Album heisst «As I Lay Down To Sleep», zeigt mit einem wunderschönen wie unter die Haut gehenden akustischen Einstieg dem Szene-Kitsch den gestreckten Mittelfinger und wartet mit wahren Gefühlen auf. Nach dieser emotionalen Abkühlung treten uns die Jungs wieder gewaltig in die Eier und liefern mit «House Of Rock» den (meiner Meinung nach) besten Track ab. Wir sprechen hier von einem Werk voller Hits und nicht nur von einem hörenswert en Lied! Und das alles nach einem der besten Soli, das Thom auf «As I Lay Down To Sleep» jemals eingespielt hat!
Der wohl "härteste Brocken" erklingt schliesslich mit «Walls Of Hate. Eine Nummer, die zuerst so gar nicht zu Shakra passen will und dem Zuhörer mit sehr viel Abwechslung einiges abverlangt. Hier geht das Quintett nicht den "normalen Weg" eines Songaufbaus, sondern ändert alles in willkürlicher Reihenfolge. Zudem werden mit Mut, Hoffnung, Verzweiflung und Enttäuschung stetig die Emotionen gewechselt und hinterlassen völlig erstaunte Zuhörer. Auch wenn «Walls Of Hate einen sofort erkennbaren Shakra-Track markiert, ist er für die Truppe anders und wird, nach mehrmaligem Anhören, sicherlich zu einem Lieblings-Song der Fangemeinde werden. Insbesondere das Gitarren-Solo hinterlässt ein weiteres Mal offene Münder. Nach den eher "verwirrenden Momenten" geht es zu einem Gitarren-Riff über, das sofort ins Gehör geht. Der treibende Rhythmus von «Between The Lines» wird hingegen von Bass, Drum und Gitarre förmlich zelebriert. Dies auch dank der geilen Gesangs-Performance und dem "Trapped"-artigen Break. Der Schlusspunkt «As Long As I'm Alive» beginnt schnell, bremst ab und legt wieder zu. Mit diesem Stop-and-Go sowie den Polka-artigen Elementen bauen Shakra nochmals einen neuen Part in ihre Musik ein. Mit schallendem Gelächter wird «Invincible schliesslich beendet.
Nochmals haben die Herren ein paar Kohlen mehr ins Feuer geschmissen, um das Eisen seit dem hervorragenden Werk «Mad World», einer klaren zehn Punkte Scheibe, noch heisser zu schmieden. Mit mehr Facetten und einem breiteren Spektrum sowie gesteigerten, feinen Nuancen wurde auf «Invincible» alles richtig gemacht. Wo andere Bands sich auf ihren Lorbeeren ausruhen, dekorieren Shakra ihren Hard Rock noch bunter und schmackhafter. Grosses Kompliment an die Band, die sich erneut von ihrer besten und erweiterten Seite präsentiert.