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"...Es ist die grösste Produktion, bei der ich jemals ein Teil davon war, und das Ganze ist grösser als Iron Maiden..."
Dino Jelusick hat mit seinen 31 Jahren schon sehr viel erreicht. Er war nicht nur der Sieger des ersten "Junior Eurovision Song Contests" von 2003, sondern stand inzwischen auch mit Whitesnake wie The Dead Daisies auf der Bühne und hatte mit Animal Drive eine vielversprechende, eigene Band am Start. Eine Truppe, die aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem damaligen Label und Dino leider nicht mehr existiert, respektive nicht mehr thematisiert werden soll. Nun steht mit Jelusick eine neue Band in den Startlöchern, die am 21. April 2023 in Trübbach (Jonnys Lion Cave) und am 22. April 2023 in Münchenstein (Rockfact) auftreten wird.
MF: Dino, wie geht es dir?
Dino: Ich bin ein bisschen müde, da wir gerade an neuen Liedern für das kommende Album arbeiten. Es ist ein sehr langer Prozess, während dem wir immer wieder Dinge ändern (grinst). Da Animal Dive nicht mehr existieren, haben mein Gitarrist Ivan Keller und ich Jelusick gegründet. Mit dieser Band werde ich auch bei den anstehenden Konzerten aufmarschieren und mit einem neuen Schlagzeuger wie Bassisten auftreten.
MF: Welche Songs werdet ihr spielen?
Dino: Wir werden neben unseren eigenen Liedern auch zwei Nummern bringen, die ich zusammen mit Michael Romeo eingesungen habe. Natürlich werden wir auch einige Animal Drive Tracks spielen und Lieder von Dirty Shirley. Mal sehen, welches Material es in die Setliste schaffen wird, sprich vom kommenden Album, das im September dieses Jahres erscheinen wird.
MF: Was können wir von den neuen Liedern erwarten?
Dino: Es wird heavier werden, aber auch eine progressive Seite beinhalten. Dabei wollen wir aber nicht zehn Minuten lang verrückte Dinge spielen (lacht). Diese Prog-Elemente sind jedoch sehr groovig und catchy.
MF: Wie bist du damals zum Singen gekommen?
Dino: Meine Eltern haben mich immer unterstützt, und so konnte ich an vielen Wettbewerben teilnehmen wie auch am "Junior Eurovision Song Contest" auftreten. Daraus ergaben sich immer wieder neue Möglichkeiten, und Schritt für Schritt konnte ich meine Fähigkeiten weiter entwickeln sowie meinen Weg gehen. "Here I am!" (lacht). Wenn ich dir hier die ganze Geschichte erzähle, würde es den Rahmen dieses Interviews sprengen. Jahr für Jahr passierten so viele Dinge und es entstand ein regelrechtes Theater, sprich so viele unterschiedliche Bands und Musikstile. Aber alles hat dazu geführt, wie ich heute singe und performe. Von Pop über Blues, Soul, Rock, Metal und Funk habe ich alles ausprobiert, und nun bin ich hier.
MF: Wie sind deine Erinnerungen an deine ersten Konzerte und den "Junior Eurovision Song Contest"?
Dino: Ich war elf Jahre jung und bereit für die grossen Bühnen. Glaub es oder nicht, ich stand in Spanien, Italien, Rumänien oder Weissrussland auf der Bühne. Als ich beim "Junior Eurovision Song Contest" auftrat, war dies ein historischer Moment. Es war der erste Anlass, bei dem ich mit elf Jahren das Lied schrieb, mit dem ich auftrat und gewann. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was da gerade passierte. Erst ein paar Wochen später, als ich wieder zu Hause ankam, realisierte ich, was geschehen war. Ich setzte mich hin und der Prozess, was danach folgte, kam in Bewegung. Das war ein unglaublicher Moment.
MF: Wenn man so jung ist, entwickelt sich der Körper noch. Hattest du nie Probleme mit deiner Stimme?
Dino: Ich hatte vor neun Jahren eine Stimmband-Operation. Die hatte aber nichts mit einer falschen Gesangstechnik zu tun. Danach hat sich meine Stimme anders angehört und entwickelt. Habe ich viel oder wenig geschlafen? Habe ich zu viel getrunken? Viele Dinge können die Stimme beeinflussen. Ich konnte auf auf jeden Fall nicht mehr so hoch singen, und es fühlte sich kratziger an. Es war nicht meine Absicht, dass sich die Stimme rauer anhört. Es war eine harte Zeit, und ich benötigte zwei Monate, um wieder sprechen und singen zu können. Als ich erneut damit begann, war jedoch alles wieder da und ein schöner Moment. Gott sei Dank hatte ich durch die Operation keinen bleibenden Schaden an meiner Stimme erlitten. Mein Gesang wird seither immer besser, und das ist grossartig.
MF: Ein sicherlich grosser Anteil deiner Karriere sind die Auftritte zusammen mit dem Trans-Siberian Orchestra. Wie kam es dazu?
Dino: Sie sahen mich im Internet und mochten meine Stimme. Sie luden mich darauf zum Vorsingen nach Florida ein, und so wurde ich Mitglied bei ihnen.
MF: Wie war das für dich, mit diesem Ensemble auf den ganz grossen Bühnen zu stehen, neben all diesen bekannten und berühmten Musikern?
Dino: Grossartig! Es ist die grösste Produktion, bei der ich jemals ein Teil davon war, und das Ganze ist grösser als Iron Maiden. Jedes Jahr, wenn wir fünfzehn ausverkaufte Arenen-Konzerte spielen..., es ist wirklich surreal.
MF: Du hast in all diesen Ländern gespielt und bist auch auf den grössten Bühnen in den Staaten zu Hause. Was hat sich dadurch verändert oder was war anders für dich?
Dino: Es ist grossartig zu sehen, auf welchem Niveau gewisse Produktionen basieren. Ein Teil davon zu sein, bei all diesen unglaublichen und berühmten Musikern, ist wunderbar. Ich hatte davor keine solchen Erfahrungen gemacht. Nacht für Nacht auf einer solchen Bühne zu stehen..., es gibt keine grosse Bühne auf der Westseite der USA, auf der ich nicht aufgetreten bin. Es war und ist eine unglaubliche Erfahrung. Ich kann deine Frage, was neu ist, nicht beantworten, denn heute ist es für mich wie der Gang ins Büro. Es hat etwas von einer gewissen Normalität und ist alltäglich geworden (grinst). Es ist die Wahrheit, jedes Jahr gehe ich für zwei Monate auf eine Reise, die nicht grösser sein kann. Dadurch begann ich aber die kleineren Clubs mehr zu lieben, weil ich als Sänger den Leuten so viel näher sein kann und nicht alles so weit von mir weg ist.
"...Ich möchte lieber die Antriebsfeder in meiner eigenen Combo, als ein No-Name-Musiker in einer weiteren Truppe..."
MF: Du hast in vielen Bands gesungen und gespielt. Was ist dir lieber, ein Mitglied von Dirty Shirley, Animal Drive oder Whitesnake zu sein oder deine eigene Truppe aufzubauen?
Dino: Meine eigene Band von Grund auf aufzubauen, das ist mein Ziel, und daran arbeiten wir gerade. Ich möchte lieber die Antriebsfeder in meiner eigenen Combo, als ein No-Name-Musiker in einer weiteren Truppe sein. Viele würden lieber bei Whitesnake oder woanders spielen. Meine Band bedeutet für mich aber meine Lieder und meine Persönlichkeit, die ich einbringen kann. Ich anerkenne den Legenden-Status der bekannten Gruppen, in denen ich Mitglied sein durfte. Singen für Glenn Hughes und solche Dinge waren zum Beispiel eine unglaubliche Erfahrung, aber nun ist Jelusick mein Ding.
MF: Wie wichtig waren diese Bands für dich, um das Musikgeschäft kennen zu lernen?
Dino: Ivan und ich hatten schon eine Band am Start, bevor diese grossen Namen ins Spiel kamen. Seit 2009 hatten wir unsere eigene Truppe. Wir durften und mussten unsere eigenen Erfahrungen sammeln. Ich wurde ein besserer Frontmann und Sänger, und logischerweise verwende ich nun all meine gelernten Dinge, um meine neue Combo zu einer besseren zu machen. Wir wollen nun unser erstes Album veröffentlichen und versuchen, damit erfolgreich zu werden. Jede Band verfolgt die gleichen Pläne. Man will in grösseren Clubs wie Hallen auftreten und erfolgreich sein. Wir werden sehen, was passieren wird. Es wäre schön, wenn ich die Zukunft voraussehen könnte (lacht). Drei Jahre, nachdem wir mit Animal Drive an den Start gingen, konnten wir in Europa für Guns n' Roses eröffnen. Dann kam der Lockdown und vieles konnte nicht mehr weiter existieren. Heisst, wir starten nun wieder bei null.
MF: Denkst du, dass es heute für junge und neue Bands einfacher ist als in den Achtzigern?
Dino: Nein, es ist abscheulich! Wenn du nicht den Hintergrund mitbringst, den ich habe und keine guten Verbindungen an der Hand hast, gibt es keine Garantie, dass du erfolgreich sein wirst. Meine Art zu singen bot in den Achtzigern mehr Möglichkeiten, um erfolgreich zu sein. Dieses oldschoolige und bluesige Singen, wie es Ronnie James Dio und Sammy Hagar taten. Heute ist es mehr dieser flache Pop-Gesang oder das Growlen, welches angesagt ist. Ich mag beides, bin aber einer dieser Oldschool-Sänger. Die Leute, die diese Art des Singens bevorzugen, sind eher ältere Fans, von vierzig bis sechzig Jahren. Die jüngeren Fans werden den traditionellen Hard Rock erst in zehn Jahren für sich entdeckt haben, sprich wenn alle Legenden gestorben sind. Ich habe keine Ahnung, wohin die Reise gehen wird. Für Metal sieht die Zukunft zwar rosig aus, denn Bands wie Gojira füllen die Stadien, und ihre Musik ist populärer als Rock. Das ist zumindest meine Sichtweise.
"... Komponierst du also einen Song, der fünf Minuten dauert, interessiert dies niemanden mehr..."
MF: Sind die sozialen Medien für Bands eher ein Fluch oder ein Segen?
Dino: Beides! Es ist ein Segen, denn gäbe es die sozialen Medien nicht, hätte ich nicht mit all diesen grossen Musikern zusammen arbeiten können. Es ist aber auch ein Fluch, weil die Leute nicht mehr fokussiert sind, sondern immer nur den neuesten Dingen folgen. Ihr Interesse an einem Thema gilt gerade mal für zwanzig Sekunden. Komponierst du also einen Song, der fünf Minuten dauert, interessiert dies niemanden mehr. Alles wurde dadurch sehr schnelllebig und ist es nach wie vor.
MF: Dann hoffen wir, dass du gegenüber Trends und der Schnelllebigkeit noch lange standhalten kannst und die Fans weiterhin mit deiner ausdrucksstarken Stimme erfreuen wirst. Alles Gute für deine Zukunft mit Jelusick oder wo Du auch immer ein Teil davon sein wirst. Danke für die Zeit…
Dino: …immer wieder gerne. Ich freue mich darauf, wieder in der Schweiz auftreten zu können, weil dies wirklich mein Lieblingsland ist. Ich danke dir für alles und bis bald.