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"...Schallplatten erleben gerade ein kleines Comeback und es freut mich, dass «Majors & Minors» auch auf Vinyl zu kaufen ist..."
Nicht der Tiger aus China, Indien oder Sumatra schlendert durchs Dickicht, sondern jener aus England. Die Tygers Of Pan Tang haben sich mit ihrer Compilation «Majors & Minors» die letzten Jahre aus dem dichten Fell gekratzt und dabei Juwelen ans Tageslicht gebracht, die jeder Metal- und Hard Rock-Fan gehört haben muss. Interviewpartner und Urmitglied Robb Weir (Gitarre), Jack Meille (Gesang), Gavin Gray (Bass), Craig Ellis (Schlagzeug) sowie Neuzugang Francesco Marras (Gitarre) wetzen noch immer die Krallen und sind gefährlicher als manch andere Combo, die zumindest von sich behaupten noch "dangerous" zu sein. Die 1978 gegründete Truppe hat nichts von ihrem Flair verloren. Die Lieder bauen auf den tollen Gitarrenriffs auf, den gefährlich schneidenden Pranken, dem erhabenen Gesang in Form des majestätischen Tigerkopfs und einer monströsen Rhythmusmachine in Form des schweren Tierkörpers. Das sind die Merkmale einer musikalischen Legende, die, wie der Tiger, leider zu einer aussterbenden Spezies gehört.
MF: Wer hatte die Idee zu «Majors & Minors»
Robb: Die ist auf meinem Mist gewachsen (lacht). Craig, abgesehen davon dass er ein fantastischer Schlagzeuger ist, ist unser künstlerischer Leiter (lacht) und Master, wenn es um unsere Videos geht. Es ist mir ganz wichtig, dass man «Majors & Minors» nicht als «Best Of» sieht, sondern zu einer solchen verschmolzen ist! Es sind unsere Lieblingssongs der letzten vier Alben, seitdem Jack in die Band einstieg, "our italian stallion". Eine «Best Of» sollte die ganze Karriere einer Truppe abdecken, «Majors & Minors», deckt aber nur einen Teil davon ab. Die Plattenfirma teilte diese grossartige Idee mit uns. Target Records ist eine unglaubliche Company und sie meinten, wenn wir diese Scheibe so veröffentlichen wollen, stehen sie hinter uns. Wir wollten den nächsten Level erreichen, wählten also diese Tracks aus und versuchten «Spoils Of War» mit einem Orchester zu versehen. Wir kontaktierten einen Freund von uns, der ein fantastischer Keyboarder und Pianist ist. Er hörte sich das Lied an und schrieb die Orchesterparts dazu. Ich war mit der Originalversion von Fred Purser auf «Ritual» nicht ganz zufrieden. Er war unser Gitarrist zwischen 1982 und 1983, als wir «The Cage» aufnahmen. Wir haben über all die Jahre nie den Kontakt zueinander verloren. Fred hat einen sehr fein ausgearbeiteten Mix erstellt. Als er mir den ersten Mix schickte, sagte ich zu ihm: "Fred, wir brauchen mehr Orchester. Nimm Violinen oder was immer das Lied benötigt".
Jetzt klingt es grossartig, auch wenn sich die Fans vielleicht zuerst daran gewöhnen müssen. «Plug Me In» haben wir vorher noch nie veröffentlicht, davon gibt es nur einen Download. All diese kleinen Extras oder Bonustracks gibt es auch auf schwarzem Vinyl und in drei unterschiedlichen Splatter-Farben. Da sind wirklich fantastisch geworden. Schallplatten erleben gerade ein kleines Comeback, und es freut mich, dass «Majors & Minors» auch auf Vinyl zu kaufen ist. Wir spielten mit der Idee ein Doppel-Vinyl zu veröffentlichen. Diese zu produzieren wäre nicht so teuer gewesen, aber die Postgebühren sind schweineteuer geworden. Unglaublich, dass dieses Porto heute doppelt so viel kostet. Das macht keinen Sinn, wenn man für das Porto gleichviel zahlt wie für ein Doppelalbum. Auf der CD sind alle fünfzehn Songs zu hören. Das Artwork ist wirklich schön geworden. Was Craig hier gezaubert hat, ist der Wahnsinn. Seine Ideen sind wirklich clever. Wir sprachen über einige Dinge, Craig nahm diese auf und hat alles mit seiner Arbeit noch getoppt. Schau dir nur das Cover an und das Auge des Tigers. Weisst du Martin, letztes Jahr wollten wir ein paar Shows spielen, um «Ritual» zu promoten. Doch plötzlich stand die Welt still und alles wurde geschlossen (lacht). Seit März 2020 habe ich meine Bandkumpels nicht mehr gesehen. Seit fünfzehn Monaten, wie verrückt ist das denn? Letzten Sonntag sah ich zum ersten Mal Gavin, unseren Bassisten, wieder. Ich besuchte ihn in seinem Homestudio, um meine Gitarren für eine neue 3-Track-EP einzuspielen, die Ende dieses Jahres ans Tageslicht kommen wird. Dabei stellen wir unseren neuen Gitarristen Francesco Marras vor (grinst), da es seine ersten Aufnahmen mit der Band sind. Das wird ziemlich aufregend.
MF: Wieso nur eine EP und nicht ein komplettes Album?
Robb: Gut, zuerst erscheint die EP…, das neue Album ist fertig komponiert, aber noch nicht aufgenommen. Wir haben die vorhandene Zeit genutzt, zu Hause während des Lockdowns, um neue Ideen auszutauschen. Auch mit Francesco. Es sind dreizehn Lieder geworden, davon werden zehn auf dem neuen Album sein. Die restlichen drei werden als Bonustracks verwendet. Es wird langsam Zeit (lacht), dass wir uns wieder im Studio treffen können. Francesco lebt in Deutschland, und wir müssen uns gedulden, bis sich die Welt wieder normalisiert hat, so dass wir uns wieder im Aufnahmetempel treffen können. Können wir dann endlich wieder auf Tour gehen, haben wir gleich zwei Alben, die wir den Fans vorstellen (lautes Lachen).
"...Diese vierzig Konzerte hätten unter anderem zusammen mit Def Leppard in Mexico City stattgefunden, einige davon zusammen mit Foreigner..."
MF: Wenn du deinen alten Klassiker hörst, bist du nicht traurig, dass du und die Band nicht den gleichen Erfolg hattet wie andere Truppen?
Robb: Gut…, also…, hmm…, gute Frage. Weisst du Martin, jeder muss tun, was er tun muss. Wir sind glücklich, dass wir mit einer grossartigen Agency zusammen arbeiten. Wir spielen noch immer die Shows, welche uns angeboten werden. Wir hatten einige Gigs letztes Jahr, die leider abgesagt werden mussten. Diese vierzig Konzerte hätten unter anderem zusammen mit Def Leppard in Mexico City stattgefunden, einige davon zusammen mit Foreigner, und dabei wären wir auch nach Australien gekommen. Alles wurde auf dieses Jahr verschoben und nun wurde nochmals alles verschoben. Das ist der Lauf der Geschichte. Aber wenn alles gut geht, werden wir dieses Jahr zum ersten Mal wieder als Erstes auf einem Festival auftreten können. Das wird das erste Mal sein, dass wir wieder auf einer Stage stehen, und dies vor 3‘500 Leuten, zusammen mit den Black Star Riders. Hoffen wir, dass es klappt (grinst). Nach neuzehn Monaten endlich wieder auf der Bühne stehen (lacht), wie wird sich dies anfühlen (grinst)? Das fühlt sich sicher wie ein Neustart an (lacht).
MF: Wie wichtig ist Jack für die Tygers…
Robb: …er ist das Juwel in der Band. Als wir ihn fanden und er von Italien zu uns flog, spielten wir eine sehr kleine Audition. Nach 54 Sekunden stoppte ich dieses Vorspielen, hob den Arm, schaute in die Runde, drehte mich zu Jack und sagte: "Wenn du Mitglied bei uns sein möchtest, du hast den Job!" Seine Antwort war: "Wow! Ehmm…, yes..., please!" (lacht). "Lass uns den Song zu Ende spielen, dann gehen wir an die Bar und genehmigen uns einen Drink" (lacht). Es war ein kurzer Moment um festzustellen, dass Jack genau der Sänger war, nachdem wir suchten. Er war das nächste Kapital in der Geschichte der sensationellen Sänger von Tygers Of Pan Tang. Jack schreibt grossartige Melodien und ist ein so netter Mann. Ein richtiger Komiker, wie eine "One-Man-Show" (lacht).
MF: Wieso hat euch Micky Crystal verlassen?
Robb: Er wollte andere Dinge tun. Er ist Musiklehrer, das lag ihm mehr, wie auch das Produzieren. Ich denke, er wusste was er tat und die Band war dazu das richtige Sprungbrett, um neue und andere Dinge auszuprobieren. Nichts ist für die Ewigkeit, ausser ich, der nun schon seit 53 Jahren in dieser Truppe ist (lautes Lachen). Aber das ist eine andere Geschichte (lacht). Man sieht ja, was die Band aus mir gemacht hat (lacht). Als Micky uns verliess, suchten wir nicht nur in der näheren Umgebung nach einem neuen Gitarristen, sondern international. Francesco war einer, der uns sein Tape zukommen liess. Er wurde uns von unserem Freund Frank Pané, dem Gitarristen von Bonfire empfohlen. Francesco ist ein sehr talentierter Gitarrist. Das Komische an der Sache ist, dass ich ihn noch nie traf. Dieses ganze Virus-Ding hat es vereitelt. Wir führten endlose Telefongespräche, bis tief in die Nacht. Tauschten neue Ideen und Songs aus. Was bei dieser speziellen Art des Songwritings entstand, ist sehr lobenswert. Die neue Scheibe wird zur richtigen Zeit aufgenommen und produziert. Wenn die Welt sich wieder aus dem Lockdown erhebt (lacht). Es ist nicht einfacher geworden, da wir nicht alle in der gleichen Stadt leben. Jacklebt in Florenz, Francesco wie gesagt in Deutschland, nahe der belgischen Grenze. Diese ganze Logistik müssen wir überwinden, damit wir alle in ein Studio bringen. Wir werden wissen, wie es zu verwalten ist (grinst). Wir sind ein grossartiges Team, das zu den Tygers wird. Wie auch unser Management und unsere Plattenfirma. Es funktioniert, und das macht mich sehr glücklich wie dankbar.
MF: Gibt es eine Geschichte zum Bandnamen?
Robb: Ja, eine sehr dokumentierte (lacht). Das muss 1977 gewesen sein, da sass ich zusammen mit unserem Original-Bassisten Rocky zusammen. Es gab einige Ideen, wie wir die Band nennen wollten, die wir gerade am Formen waren. "Wie denkst du über Tygers Of Pan Tang?", fragte ich Rocky. "Wow!" war seine Antwort. Ich las gerne Fantasy Science-Fiction Bücher. Es gab Elemente in einem Buch («Stormbringer» von Michael Moorcock), das ich gerade las. Die Geschichte war, dass es um Klippen in Pan Tang ging und dass die Götter einen Pakt mit Tigern eingingen. "Also lass uns doch Tygers Of Pan Tang nennen". Rocky war begeistert von der Idee, und das ist die komplette Geschichte hinter dem Bandnamen (lacht).
MF: Du hast die Band 1983 verlassen, was waren die Gründe dafür?
Robb: An diesem Punkt meines Lebens hatte ich die Schnauze gestrichen voll von…, der Plattenfirma…, wir nahmen gerade das fünfte Album auf, und das Label verlangte von uns, dass wir mit aussenstehenden Songschreibern zusammen arbeiten sollten. Das wollte ich gar keinen Fall. Ich erinnere mich, wie ich bei einem Meeting aufstand und sagte: "Ich will das nicht, das ergibt keinen Sinn. Was wollt ihr damit bezwecken? Wir haben «Wildcat» veröffentlicht und sind damit in den Charts auf Platz 13 gestiegen. Dann kam «Spellbound» raus und wir waren auf Platz 18. Wie soll uns ein externer Songwriter weiterhelfen?" Ich stellte mich dagegen und musste die Truppe verlassen. Es passierten noch andere Dinge, welche der Band den Wind aus den Segeln nahmen, und der Abstieg für die Tygers Of Pan Tang war eine besiegelte Sache. Ich machte diesen Schritt weg von den Tygers, weil ich nicht mehr hinter diesen Entscheidungen stehen konnte. Es ging für mich weiter in einer Band, bis ich 1987 der Musik den Rücken zukehrte. 1999 erhielt ich einen Anruf vom Wacken Festival, um dort eine Reunion-Show zu spielen. Wenn du einmal Rock'n'Roll in deinem Blut hattest, wirst du ihn nie mehr los. Es ist die wundervollste Krankheit, die du dein Leben lang mit dir rumtragen kannst (grinst). Wir fanden wieder zusammen und schrieben neue Lieder. Im Jahre 2001 erschien «Mystical». Das alles war der Startschuss, der noch bis heute erschallt und nicht verklungen ist (grinst zufrieden).
MF: Machst du heute entspannter Musik als noch in der Vergangenheit?
Robb: Ja, ich denke schon! Wenn man jünger ist, sieht man vieles als Wettbewerb und will in den unterschiedlichsten Disziplinen der Beste sein. Dein Name muss in glühenden Buchstaben auf allen Titelseiten stehen (grinst). Heute ist dies viel entspannter.
MF: Sehr schön, was sind die Pläne für die Zukunft?
Robb: Das neue Album muss aufgenommen werden. Vielleicht können wir einige Shows nachholen und dies noch in diesem Jahr. Im Januar 2022 geht es dann auf Tour, da werden wir bei euch in Aarburg spielen (21. Januar 2022). Wir versuchen so viele Konzerte zu spielen wie möglich sind und sprechen darüber eine Show aufzunehmen, wenn wir den richtigen Ort dazu finden.
MF: Robb, herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast…
Robb: …"thank you Sir!" Danke auch für deine tollen Fragen.
MF: Ich freue mich, euch wieder in der Schweiz auf der Bühne zu sehen.
Robb: Wirst du zur Show kommen? Lass es mich wissen, dann sehen wir uns ganz bestimmt. Danke für deinen Anruf und das Gespräch. Pass auf dich auf, dass wir uns im Januar auch sehen.