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27. November 2024, Pratteln – Z7
By Tinu
Das heutige Konzert erinnerte mich an den 29. April 2016. Damals spielten D-A-D nämlich auch im Z7, hatten aber Thundermother im Vorprogramm, während etwas mehr als sechs Jahre später wieder eine Frauentruppe das Vorprogramm bestritt. The Hot Damn! bereiteten mit ihrem punkig angehauchten Hard Rock, der aber auch Siebziger-Einflüsse verarbeitet, bei einigen Anwesenden viel Freude. Im Vergleich mit Thundermother zogen die Britinnen aber den Kürzeren.
The Hot Damn!
Glücksgefühle verspürten die Ladys aus England, da sie zum ersten Mal in der Schweiz spielen konnten. Mit ihren farbigen Outfits brachten sie nicht nur den Regenbogen auf die Bühne, sondern auch ein weisses, aufgeblasenes Einhorn, welches relativ schnell die Nähe von Bassistin Lzi Hayes suchte. Beziehungsweise sich der Hals der Bassgitarre zu nahe an das Einhorn heranwagte und sich dieses dann prompt auf die Seite legte. Dies blieb aber der einzige "Fauxpas", den sich das Quartett erlaubte. Ansonsten überzeugten es mit einer angriffslustigen Bühnen-Performance, bei denen synchrone Fuss-Kick-Bewegungen ebenso zum guten Ton gehörten, wie auch eine stets agile Show. Das gut gefüllte Z7 taute, je länger der Auftritt der Ladys dauerte, auf. Was den Damen allerdings noch fehlt, sind die Hits, welche Thundermother schon 2016 im Repertoire führten. Doch auch so konnten The Hot Damn! die Fans zum Mitsingen animieren und liessen sich, trotz des abrupten Endes, gebührend feiern. Als der letzte Ton verklang, verschwanden die Damen umgehend, ohne sich vom Publikum zu verabschieden, und kamen wieder zurück…, um ihr Material selbst von der Bühne zu tragen. Soviel dazu, wenn sich "Frau" ihre Karriere zuerst noch erarbeiten müssen!
D-A-D
Die Mannen um den singenden Gitarristen und Spassmacher Jesper Binzer wussten genau, wie sich eine erfahrene Band zu präsentieren hat. Dass dabei Bassist Stig Pedersen, mit schwarz bemalten Alice Cooper Augen und bei den alten Tracks («Jonnie», «Riding With Sue», «It's After Dark») den Leadgesang übernahm, wieder mit seinen ausgefallenen Bass-Modellen zu einem breiten Grinsen oder lauten Lachen beitragen würde, war absehbar. War es die Rakete, der Doppeldecker-Flieger oder die gläserne Version seiner jeweils zweisaitigen Instrumente. Was Stig spielte, besass Tiefgang, Power und eine mitreissende Energie. Mister Pedersen, der wie ein Stierkämpfer bekleidet war, liess es sich (ab und zu auf der Bass-Drum stehend) mit einer schauspielerischen Meisterleistung (er verwendete seinen Bass als Paddel) bei «Riding With Sue» den Lacher auf seiner Seite zu verbuchen.
Mit Laust Sonne, haben die Jungs einen klassischen Trommler in den eigenen Reihen, der mit wenig Werkzeug das Grösstmögliche herausholt. "Ich habe eine schlechte Idee, aber ich habe eine…", kündigte Jesper in holprigem Deutsch den Schlagzeuger an". Das hier ist die Laus, der Laus, das Laus. Laust braucht viel Liebe, damit er Schlagzeug spielen kann. Darum sagt alle, oh Laust wir lieben dich!" - Eine Aufforderung, welcher das Publikum sehr gerne und lautstark nachkam. Vor dem Trommler war es Jespers Bruder Jacob, der mit einem schwarzen Zylinder auf der Bühne stand und wirklich grossartige Solos spielte. Wie das Flamenco-artige bei «Laugh'n' A 1/2 », welches er auf seiner akustischen Gitarre und nur in Begleitung seines Bruders spielte. Oder das eher modernere bei «Everything Glows» sowie das mit einem Country-Touch versehene zu «Grow Or Pay». Hier fragt man sich wirklich, von wem Volbeat ihre Ideen wohl gestohlen haben? D-A-D waren bekanntlich viel früher mit solchen Sounds am Start.
Das Zentrum der Show war einmal mehr Jesper, der mit seinen Grimassen und seinen "in Deutsch" gehaltenen Ansagen immer wieder für heitere Momente sorgte. "Ich kenne zwölf deutsch Wörter" war der Beginn einer oftmals leicht stotternden Begleitung während der Show. "Ah, sehr gute, liebes Publikum" ein weiterer, wie "sehr fucking gut" oder "und jetzt, eine neue Lied". Er ist und bleibt ein Sympathikus, dem man jeden Blödsinn abnimmt und mit grossem Applaus honoriert. Jesper besitzt nach wie vor eine Charakter-Stimme, die sicherlich nicht zu den besten, aber zu den eigenständigsten gehört. «Everything Glows» sang Mister Binzer zuerst mit tiefer, bedrohlicher Stimme, bis sein kräftiges Stimm-Volumen wieder zum Vorschein kam. "Ich bin sehr gut in Deutsch! Vielleicht ein bisschen langsam. Das nächste Lied ist die Tschingel. Oder wie heisst das? Single?" Ob Single («Speed Of Darkness») vom neuen Album oder alte Kracher, die punkige, rockige, in etwas Rockabilly getränkte und hart rockende Musik von D-A-D begeisterte von der ersten bis zur letzten Sekunde. Es waren aber in der Tat die Klassiker von «No Fuel Left For The Pilgrims», die dem Konzert in Form von «Jihad», «Rim Of Hell», «Point Of View» und dem unsterblichen Klassiker «Sleeping My Day Away» den Stempel aufdrückten.
Im gleichen Atemzug muss aber auch erwähnt werden, dass es sich die Truppe leider verkniff, «Girl Nation» oder «Lords Of The Atlas» zu spielen. Die Setliste war mit fünf neuen Tracks («1st, 2nd & 3rd», «The Ghost», «Speed Of Darkness», «God Prays To Man», «Keep That Mother Down»), jedoch mit keinem Song des Vorgängers «A Prayer For The Loud» bestückt. Dazu gesellten sich das unkaputtbare «Bad Craziness» wie auch das funkige «Monster Philosophy» mit seinen moderneren Tunes und ein paar weitere Hits. "Hände hoch!" oder "Danke, es ist eine seehr cooler Abend" war eine der vielen Danksagungen, welche der Sänger ans Publikum verteilte. Band, wie auch Fans hatten sehr viel Spass und belegten, dass Musik in erster Linie eins sein soll, nämlich Balsam fürs Herz und die Seele. Nach dem aus allen Kehlen mitgesungenen «It's After Dark» ("I'm looking at the sky, I'm trying not to cry, coz' it's over, the're turning down the light, it's late now, I guess it's time to say goodbye. Coz' it's after dark now, and Disneyland is closed, we′ve been served icecold beer…") war Schluss.
Die kultigen Dänen liess sich nach der Show von den Fans feiern, schleuderten Gitarren-Pleks wie Drum-Sticks in die Massen und verliessen unter lautem Beifall die Bühne. So manches "From the pale lips of a youth who lay, I'm sleeping my day away, and when the night comes to the city I say, I'm sleeping my day away" entwich beim Nachhausegehen den Lippen der Anwesenden, und viele erinnerten sich gerne an die Lagerfeuer-Romantik bei «Grow Or Pay» zurück. D-A-D ziehen ihre Fans am Ende jedes Konzertes auf ihrer Seite. Aus dem einfachen Grund, weil sie authentisch und mit dem was sie darbieten, in sich stimmig sind. Hier wird dem Besucher nichts vorgegaukelt, sondern man wird auf eine musikalische Reise mitgenommen, welche jeden vor Begeisterung schwindlig werden lässt (es fehlte nur noch das Karussell, welches beim letzten Auftritt am Sweden Rock auf der grossen Bühne stand). Truppen wie D-A-D sind eine aussterbende Spezies, wie der bengalische Tiger. Wir sollten deshalb zu beidem Acht geben!
Setliste: «Jihad» - «Evil Twin» - «1st, 2nd & 3rd» - «Rim Of Hell» - «Point Of View» - «The Ghost» - «Grow Or Pay (Extended W/Guitar Solo #1 As Outro)» - «Jonnie» - «Riding With Sue» - «Speed Of Darkness» - «Keep That Mother Down» - «Reconstrucdead (Extended W/Guitar Solo #2)» - «Everything Glows (Extended W/Drum Solo)» - «Monster Philosophy» - «Bad Craziness» -- «God Prays To Man» - «Sleeping My Day Away (Extended W/Guitar Solo #3)» - «Laugh'n' A ½ (Extended W/Guitar Solo #4)» - «It's After Dark»