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Metal Factory since 1999
30. November 2025, Pratteln - Z7
By Tinu
Während andere Leute mit 65 Jahren in Rente gehen, sich um dem Garten, die Rosen und das Getratsche der Nachbarn kümmern, geht die Engländerin Kim Wilde noch immer auf Tour. Die blonde Lady hinterlässt dabei einen sehr souveränen und ehrlichen Eindruck auf der Bühne, kokettiert mit ihrer teils kühlen und unnahbaren Art, bleibt aber trotzdem immer eine begeisterungsfähige Sängerin, die sich auf ihr Talent (noch immer mit dem Groove in den Hüften, tänzelnd wie schwebend über die Bühne gleitend), die Hits und ihre Band verlassen kann.
So auch an diesem Sonntagabend im ausverkauften Z7.
Wobei ich von Hard Rock und Metal Konzerten bei ausverkauften Hallen definitiv eine andere Stimmung vom Publikum gewöhnt bin. Während den Songs lauschte Mann und Frau der Britin ergriffen zu, ergötzte sich an den tänzerischen Posen ihrer Nichte Scarlett Wild oder freute sich darüber, dass Kims Bruder Ricky nicht nur für die grossen Hits zuständig war, sondern noch immer mit einer Rocker-Kluft auf der Bühne stand. Zwischen den Tracks applaudierte man artig, während gegen den Schluss gesungen wurde, als die bekanntesten Kracher aus dem Weihnachts-Paket geholt wurden. Na ja, zu viele waren halt mit dem Filmen der Show beschäftigt!
Kim Wilde
Es war das letzte Konzert der «Closer» Tour, dem neusten Werk von Kim, welches am 31. Januar 2025 erschienen ist. "Get out and buy Kim Wilde records, or was that forty years ago?", gab die sich auf der Bühne sehr agil präsentierende Shouterin mit einem Lächeln zu Protokoll. Als 1981 ihr erstes Album erschien, war es an der Tagesordnung, dass sich die Fans ihre Schallplatten kauften und die ersten Hits wie «Kids In America» oder «Chequered Love» zu dreifachem Gold in ihrem Heimatland führten. Diese Zeiten sind längst vorbei. Der neuste Streich «Closer» ist kein schlechtes Album (dazu sind Nummern wie «Midnight Train», «Trail Of Destruction» und «Hourglass Human» zu gut), aber wer kauft heute noch einen physischen Tonträger?
Kim machte das Beste daraus, präsentierte eine spartanisch eingerichtete Bühne und liess ihren Musikern genügend Platz. Bassist Alan Cowley drehte bei «Chequered Love» richtig auf und wurde mit seinen Kick-Bewegungen zur Gefahr für die komplette Band, wenn er bei diesem Song nicht mit Ricky in bestem Accept Ballett für Feuer auf der Stage sorgte. Neil Jones (Gitarre) verrichtete einen soliden Auftritt und solierte mit sehr viel Feingefühl. Das Hauptaugenmerk lag aber auf Kim und deren Nichte, die sich mit extrem viel Spass auf der Bühne bewegte, ihre Mitmusiker antanzte (anbaggern während des Tanzes erhält eine neue Form!) und gesanglich perfekt zu Kim passte. "It's amazing, I love you!" resümierte Frau Wilde mit einem breiten Grinsen und bedankte sich immer wieder beim Publikum für den sehr warmen Empfang, während sie sich zum wiederholten Male durch die Haare strich.
Wie angetönt, spielte die Sängerin gerne mit dem Publikum, zeigte ihm dabei ihre kalte Schulter und die unnahbare Art von früher, wie man dies aus den alten Videos zu «Cambodia» oder «View From A Bridge» kennt, lächelte ihre Fans aber immer wieder an und liess somit keinen "Graben" zwischen ihr, der Band und dem Publikum aufkommen. Dass sie dabei auch immer wieder die Teufelshörer ins Z7 streckte, überrascht sicherlich nicht nur mich. Ihre herzliche Art steckte an und liess das nicht vorhandene Eis vor Ort schnell schmelzen. Zusammen mit Scarlett, die bei «Never Trust A Stranger» vor ihrer Tante auf die Knie ging, ergänzte sich Kim bestens, gesanglich, wie auch performend durch die Show hindurch. Es war aber unmissverständlich, wer die Chefin im Ring ist. Dies durch die sehr natürliche und dankbare Art von Scarlett.
"Do you have a happy time? So much positive feelings coming on stage", attestierte Kim den Anwesenden, während sich diese langsam aus ihrer "Ruhephase" verabschiedeten und zu den grossen Hits Stimmung machten (es wurde gesungen). Auch wenn «Chequered Love», «You Came», «Cambodia», «View From A Bridge», «You Keep Me Hangin' On» (Kim mit Zylinder auf der Bühne und einer Rose als Geschenk eines Fans) und dem Oberknaller «Kids In America» am meisten punktete, so besassen das Bee Gees Cover («If I Can't Have You»), die Nena Nummer «Anyplace, Anytime, Anywhere» und die neueren Tracks (oben erwähnt) das Potenzial, einen Stimmungsabfall zu verhindern.
Am Ende liessen sich die Lady und ihre Band feiern, bedankten sich herzlich und machten klar, dass Kim Wilde noch immer eine Attraktion ist, die mit ihren poppigen, punkigen und rockigen Sounds auch vierzig Jahre nach ihren grössten Erfolgen zurecht zeigt, dass ein guter Song immer einer bleiben wird und man als grossartige Entertainerin geboren wird, um dies auf der Bühne entsprechend zu zelebrieren.
Setliste: «Hey Mister Heartache» - «You Came» - «Never Trust A Stranger» - «Midnight Train» - «The Second Time» - «Hourglass Human» - «Lighthouse» - «Cambodia» - «Love's A No / You'll Be The One Who'll Lose / Four Letter Word» - «Stone» - «Trail Of Destruction» - «Scorpio» - «Chequered Love» - «View From A Bridge» - «You Keep Me Hangin' On (The Supremes Cover)» -- «If I Can’t Have You (Bee Gees Cover)» - «Anyplace, Anytime, Anywhere (Nena Cover)» - «Kids In America»