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17. März 2023, Dübendorf – The Hall
Text & Pics by Oliver H.
Drei verdammte Jahre musste die Fangemeinde auf die bereits im Jahre 2020 zusammengestellte «State Of Unrest» Tour warten. Ein prächtiger Leckerbissen, von Essens langlebigen Legenden Kreator und allzeit Favoriten Lamb Of God ins Leben gerufen, um eine Tour zu absolvieren, die Schockwellen durchs Land schickt. Mit den thrashigen Anheizern von Municipal Waste konnte die Metal-Party rund um den Erdball schliesslich beginnen. Glücklicherweise stand auch ein Termin im schweizerischen Dübendorf auf dem Programm. «The Hall» war gut gefüllt – und dies mit Leuten, die sehnsüchtig auf diese Tour gewartet haben!
Municipal Waste
Die Energie war an diesem Freitag irgendwie anders, die Fans eher ruhig und abwartend, gerade so, als würde in Kürze etwas ganz Spektakuläres passieren. Vielleicht war es auch nur die Dankbarkeit die durchschimmerte, dass dieses Ereignis nun doch stattfinden darf. Als Municipal Waste jedenfalls die Bühne betraten, war das Gebrüll der Menge gross – fast wie in einem ausgewachsenen Stadionkonzert! Die gewundenen Riffs donnerten mit dem ersten Speed-Bullet-Track «Demoralizer» herein – ein Oldschool Thrash-Track, der ironischerweise letztes Jahr auf dem neuen Album «Electrified Brain» veröffentlicht wurde. Tony Foresta war in bester Laune und sein bellender Gesang war souverän wie klar zugleich. Etwas erstaunt über die Zurückhaltung des Schweizer Publikums in Sachen Circle-Pits, nahm er nach dem Opener gekonnt ironisch die abendliche Interaktion mit dem Publikum auf. Die Saat fiel auf fruchtbaren Boden, denn bis zum Ende ihres Sets konnte er sich nicht über fehlende Bewegung der Menge beklagen.
«Mind Eraser» bretterte mit knirschenden Riffs im Exodus-Stil von der Bühne herunter, begleitet von bellenden Vocals und liess die Menge mit Bodysurfern herum springen. Der Set bestand aus weiteren Tracks vom neuen Album und Fan-Klassikern. «Grave Dive» bot eine monströse Riffparade, während «High Speed Steel» eher im Punk Thrash mit schnellen Riffs und lustigen Fret-Slides beheimatet ist. «Wave Of Death» schien der Favorit von Band und Publikum zu sein. Dieser Track bot Elemente des Death Metal mit Municipal Wastes charakteristischem Thrashing. Die Menge wurde aufgefordert, nach vorne aufzurücken und so viele Crowdsurfer durch zu schicken, wie die Hände tragen können. Municipal Waste wurden nicht enttäuscht! Die Party war so richtig im Gange, als die aus Richmond (Virginia) stammende Combo auch schon den Schlusskracher «Born To Party» anstimmte. In der kommenden Umbaupause liess sich am Merchstand beeindruckend ablesen, wie kompetent und überzeugend die Truppe mit diesem Gig abgeliefert hat.
Setliste: «Demoralizer» - «Breathe Grease» - «Mind Eraser» - «The Thrashin' Of The Christ» - «Poison The Preacher» - «Grave Dive» - «You're Cut Off» - «Sadistic Magician» - «Slime And Punishment» - «Headbanger Face Rip» - «Blood Vessel» - «High Speed Steel» - «Wave Of Death» - «Born To Party»
Lamb Of God
Das Backdrop von «Omens», der neuen Platte, die erst kürzlich veröffentlicht wurde, schimmerte auf der abgedunkelten Bühne. Die Lichter waren spärlich eingeschaltet und sollten auch nach Start des Lamb Of God Sets zur atmosphärischen Stimmung beitragen. Langsam wurden menschliche Silhouetten erkennbar, und das tiefe Glockenspiel des allseits bekannten Intros wurde hörbar. Zum gegebenen Zeitpunkt legten Willie Adler (Gitarre), Mark Morton (Gitarre), John Campbell (Bass) und Art Cruz (Drums) richtig los, dann sprang noch Randy Blythe in die Mitte der Bühne und die Energie verschob sich in die wartende Menge. «Memento Mori» war als Opener sicher eine gute Wahl, denn dieser Song hat Feuer! Von so viel gebieterischer und aggressiver Energie liessen sich die Fans in der Halle anstecken, und manche mussten ihr Bier einfach meterweit wegschleudern, um Hände und Körper frei zu haben.
Die typischen LOG-Riffs prügelten auf die Massen ein und trieben sie an, weiter in Bewegung zu bleiben. Mit leisen, knurrenden Gutturals oder hohem Kreischen beherrschte Blythe die Menge. Der Sound war auch an diesem Abend ein vernichtendes Erlebnis von Riffs und Blastbeats, die miteinander kollidierten, während Randy dem Ganzen sein Knurren verlieh. LOG sind bekannt dafür, auch die Fans der ersten Stunde musikalisch nicht zu enttäuschen. So zeigten sie auch an diesem Abend keine Scheu, nostalgische und ältere Tracks in ihrem aktuellen Set wieder zu beleben. «Contractor» strömte so in die Hall, zusammen mit «11th Hour» und «Laid To Rest». Somit dürften auch die alten Fan-Hasen, zur Pause, mit einem breiten Grinsen die Halle verlassen haben. Trotz all des Lobes muss ich allerdings anmerken, dass mich zur Hälfte hin etwas das Gefühl beschlich, dass die Truppe schleppend und leicht eintönig wirkte.
Kann aber auch nur mein Empfinden gewesen sein! Jedenfalls kam zum Schluss hin nochmals richtig Leben in die Bude. Ein gotteslämmerlicher Auftritt ist nur echt, wenn er das allmächtige «Redneck» im Set enthält! Der Song besticht durch verdrehte Riffs und zermalmende Vocals, die die Nacht jeweils mit einem Rausch an Energie und einem Ansturm von alten Erinnerungen beenden. Gewünscht, gespielt! So musste auch nach diesem Auftritt niemand geknickt von dannen ziehen. Die Altmeister des Pure American Metal haben eindrucksvoll gezeigt weshalb sie, auch nach Jahren, noch immer ganz oben stehen.
Setliste: «Memento Mori» - «Ruin» - «Walk With Me In Hell» - «Resurrection Man» - «Ditch» - «Now You've Got Something To Die For» - «Contractor» - «Omerta» - «Omens» - «11th Hour» - «512» - «Vigil» - «Laid To Rest» - «Redneck»
Kreator
Nach einer weiteren Umbaupause lag die Bühne nun in dunklem schwarz, und die Halle wurde von blauen Blitzen überschwemmt. Zwei arme Teufel flankierten, auf stehenden Pfählen aufgespiesst, den äusseren Bühnenrand. Schliesslich ertönte ein langes und zitterndes Heulen, von niemand anderem als Miland «Mille» Petrozza, der so den Einmarsch Kreators ankündigte. «Hate Über Alles» vom gleichnamigen neuen Album machte den Anfang. Mit majestätisch kraftvollen Riffs von Petrozza und Sami Yli-Sirniö, den Tieftönen von Frédéric Leclercq, die donnernd neben den Beats von Jürgen «Ventor» Reil liefen, weckte der deutsche Vierer die letzten bierseligen Träumer in der Halle. Die kratzenden Riffs des Openers zogen sich gleich zu «Hail To The Hordes» durch, und Milles Gesang geleitete einen kraftvoll und gebieterisch durch diesen kriegerischen Titel. Die Spannung des Publikums wurde vom Sänger ausgenutzt, um die erste Wall Of Death des Abends einzufordern. Es sollten noch weitere folgen! Jedenfalls sorgten das Bullet-Speed-Riff und die Double-Bass Drum-Salven von «Enemy Of God» für den nötigen Soundtrack, während in der Menge Körper und Biere kollidierten. Die Gitarren erzeugten marschierende Riffs, zahlreiche Tempowechsel und verschiedenste energetische Stimmungen. Kreator blieben dran, das Publikum auch! Bereit, «Satan Is Real» in sich aufzunehmen.
Die Energien, die live freigesetzt wurden, waren in jeder Pore des Körpers spürbar. Kantige Riffs und gewundene Melodien ballerten einem um die Ohren, während die Stärke von Milles Stimmumfang den Rest erledigte. Rote Blitze erhellten die Bühne, bevor Mille sich erneut an die Menge wandte. "Danke, dass ihr drei Jahre auf uns gewartet habt!." Im Anschluss war das Publikum wieder vereint in kollektiver Raserei für die druckvollen und brutalen Riffs von «666 - World Divided». Tracks wie diese laden ausserdem dazu ein, mitzusingen und die Fäuste zu recken. Mille war in Plauderlaune und fragte, während er die «Flagge des Hasses» schwang: "Wie viele Oldschool-Metalheads sind heute Abend in der Show?" Die Antworten kamen prompt. Es war aber nicht so, dass die Musik wegen der Plauderei zu kurz gekommen wäre! Es war ein Abriss erster Güteklasse!
Schliesslich marschierten noch maskierte Speerhalter von der Seite her auf die Bühne, um neben den gepfählten Figuren Platz zu nehmen. Die Szenerie mit den vermummten Probanden, bewaffnet mit "Leuchtschwertern", wirkte wie aus einer Star Wars Sequenz, bis man durch ein dunkles und melodisches Riff wieder in die Realität zurück befördert wurde. Der letzte Track «Pleasure To Kill» beendete schliesslich das Kreator-Set mit absolut wahnsinnigem Speed-Riffing und Drumkit-Thrashing. Die Beinarbeit, die «Ventor» dabei leistete, war absolut phänomenal. In Kombination mit den bösen Monster-Riffs und dem dämonischen Gesang waren alle geölt für eine unfallfreie Heimfahrt. Die drei Jahre Warten haben sich definitiv gelohnt, denn das starke Line-up hat ohne Zweifel gezeigt, dass es nach wie vor Spass an seinem Beruf hat und alle aus gutem Grund Meister ihres Fachs sind.
Setliste: «Hate Über Alles» - «Hail To The Hordes» - «Awakening Of The Gods» - «Enemy Of God» - «Phobia» - «Satan Is Real» - «Hordes Of Chaos (A Necrologue For The Elite)» - «666 - World Divided» - «Phantom Antichrist» - «Strongest Of The Strong» - «Flag Of Hate» - «Violent Revolution» - «Pleasure To Kill»