Dienstag, 21. Oktober 2025

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Donnerstag, 16 Oktober 2025 21:04

Testament – Obituary – Destruction – Nervosa in Pratteln Empfehlung

16. Oktober 2025, Pratteln - Z7
By Tinu (tin) & Rönu (rön) & Oli (oli) - Pics by Tinu

Unter dem Namen «Thrash Of The Titans» machte dieses geniale Package zum Glück auch Halt in der Schweiz, genauer im altehrwürdigen Z7 in Pratteln. Es erstaunte bei diesen Bands jedenfalls nicht, konnte man einen Tag vorher ein ausverkauftes Haus vermelden. Mit Oli, Tinu und meiner Wenigkeit war auch eine kleine Delegation von Metal Factory vor Ort, wobei Erstgenannter mit seiner Anreise von Brienz herkommend wenig Glück hatte. Er steckte in etlichen Staus fest, wobei er es dann kurz vor Beginn des Konzertes doch noch rechtzeitig in die Halle schaffte.

Gespannt konnte man einmal mehr auf den Sound des Headliners sein, denn Testament hatten in der Vergangenheit oft ein eher unglückliches Händchen was das anbelangt. Ob es diesmal besser war? Darüber wird Tinu sachlich berichten. Olis Favoriten heute Abend waren die Death Metal Veteranen von Obituary, während ich auch voller Vorfreude auf den Auftritt der brasilianischen Ladies von Nervosa hinfieberte. Es war also alles angerichtet für einen ordentlichen Abriss, denn genau das konnte man von diesen namhaften Bands erwarten. (rön)

Nervosa
Ich staunte Bauklötze, als ich mich beim ersten Song von Nervosa umdrehte. Trotz der frühen Anspielzeit war das Z7 bereits sehr gut gefüllt, und die brasilianische Thrash-Death-Abrissbirne konnte Vollgas geben. Nach den Abgängen von Fernanda Lira (Crypta) und Diva Satanica (Bloodhunter) hat Gitarristin und Bandgründerin Prika Amaral das Mikro gleich selbst übernommen und ausserdem eine neue Frauschaft um sich geschart. In dieser Konstellation habe ich Nervosa noch nicht gesehen. Wenig überraschend stand der letzte Longplayer «Jailbreak» im Mittelpunkt des Sets, wobei «Seed Of Death» den Auftakt machte. Kompromisslos feuerte die Band ihre Riffs in die Halle, und so gelang es ihnen, bereits einen Moshpit zu generieren.

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Die charismatischen Ex-Sängerinnen konnte Prika musikalisch durchaus ersetzen, in Sachen Bühnenpräsenz und Ansagen stand sie allerdings im Schatten ihrer Vorgängerinnen. Wenn sie allerdings ihre lange Mähne schüttelte, war das schon ein Hingucker. Als Highlights des Gigs entpuppten sich, wenig überraschend, «Jailbreak» und «Endless Ambition», wobei ich den Knaller «Under Ruins» schmerzlich vermisst habe. Trotzdem haben Nervosa der Meute schon mal richtig eingeheizt, und diese Vorlage mussten Destruction erstmal annehmen. Oli, ist ihnen das gelungen? (rön)

Setliste: «Seed Of Death» - «Behind The Wall» - «Kill The Silence» - «Perpetual Chaos» - «Venomous» - «Jailbreak» - «Endless Ambition»

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Destruction
Nun, die deutschen Thrash-Legenden und Teil der "The Big Teutonic 4" gaben sich alle Mühe, die angeheizte Stimmung weiterzuziehen. Schmier und seine Crew von Destruction betraten die Bühne mit dem Klassiker «Curse The Gods» und lösten damit den ersten von vielen Moshpits des Abends aus. Die Band war sichtlich in Spiellaune, obwohl Damir Eskić wohl kein guter Indikator dafür ist, denn dieser Mann ist gefühlt immer gut drauf. Der Vierer liess kaum Zeit zum Verschnaufen, bevor er mit dem rasanten «Nailed To The Cross» und dem aggressiven «Scumbag Human Race» weitermachte. Die Menge tobte im ausverkauften Z7 bei der wilden Interpretation des Fan-Favoriten «Mad Butcher», während die ikonischen Riffs und die heisse Energie des Songs das Chaos im Pit bestimmten.

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Es war pure, unverfälschte Thrash-Glückseligkeit, eine Rückbesinnung auf die Gründungs-Jahre des Genres, dargeboten mit der Technik und Power des 21. Jahrhunderts. Schliesslich gipfelte der Abend in der ultimativen Thrash-Erklärung: «Bestial Invasion». Das war rohe, ungezähmte Wildheit, ein perfekter Sturm aus Geschwindigkeit, Chaos und Metal-Geschichte, der das Publikum nach vierzig Minuten ziemlich erschöpft, begeistert und mit dem Sound einer wahrhaft legendären Band zurückliess. Einziger Wermuts-Tropfen meinerseits: die beiden Gitarren waren durchwegs zu leise, und das Schlagzeug dominierte über weite Strecken ihren Sound, was das normalerweise messerscharfe Vergnügen etwas trübte. (oli)

Setliste: «Curse The Gods» - «Nailed To The Cross» - «Scumbag Human Race» - «Mad Butcher» - «No Kings No Masters» - «Thrash ‘Til Death» - «Bestial Invasion» - «Destruction»

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Obituary
Zeit zum Herunterfahren war es allerdings noch nicht, denn zwei Bands kamen ja noch. Die grossartigen Death Metal Helden Obituary aus Florida waren an der Reihe, die eine Stunde lang harte, knackige Riffs lieferten und passenderweise mit «Redneck Stomp», ihrer Hitsingle, wenn man so will, begannen. Da sich die Veröffentlichung von «Cause Of Death» zum 35sten Mal jährt, ist die Setliste stark mit Songs aus dem Klassiker-Album geprägt. Dennoch präsentierten die Floridianer mit «Sentence Day» und «A Lesson In Vengeance» neuzeitliches Musikgut und bewiesen mit «The Wrong Time», dass sie auch nach vier Jahrzehnten Bandbestehen noch immer harschen Death Metal spielen können, der ihrem einzigartigen Stil treu bleibt. Die Band war mit Freude bei der Sache, und die wuchtigen Riffs von Trevor Peres sowie Kenny Andrews liessen die ersten Crowdsurfer über die Köpfe des Publikums hinwegsegeln.

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John Tardys Stimme, ein charakteristisches, kehliges Brüllen, klang so monströs wie vor drei Jahrzehnten schon. Die etwas langen Pausen zwischen den jeweiligen Tracks wiesen hingegen in eine etwas andere Richtung, aber das war den Fans allerdings egal. Die Show erreichte ihren Höhepunkt bei der Kombination aus «Chopped In Half» und «Turned Inside Out», eine akustische Zerstörung, eine schwindelerregende Darbietung von Tempo-Wechseln und wilden Riffs, die den Pit in Raserei versetzten. Zum Abschluss liessen die unverkennbaren ersten Töne von «Slowly We Rot» den Raum förmlich explodieren. Das letzte, hallende Feedback hinterliess eine begeisterte Menge mit blauen Flecken. Das Publikum feierte die Amis wie die Band des Abends ab, wie sie manch einer danach entsprechend so nannte. (oli)

Setliste: «Redneck Stomp» - «Sentence Day» - «A Lession In Vengeance» - «The Wrong Time» - «Infected» - «Body Bag» - «Dying» - «Cause Of Death» - «Turned Inside Out» - «I’m In Pain» - «Slowly We Rot»

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Testament
Um die Frage von Rönu gleich vorneweg zu beantworten…, ja…, der Sound war gewaltig und klar! Viele Besucher waren der Meinung, dass Testament noch nie einen solch guten Sound hatten (ich denke aber, dass der letzte Gig im Z7 schon sehr gut war). Was aber weniger zu meiner Freude beitrug, war der stetige Nebel, in dem sich die Band um Sänger Chuck Billy präsentierte. Wieso zum Teufel scheint dies aktuell der grosse Shit zu sein?! Erstens sehen die Jungs nicht grottenschlecht aus, als dass man sie nicht sehen dürfte und zweitens sind Silhouetten nicht gerade das Gelbe von Ei, vor allem zum Photographien!

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Nun gut, zumindest feuerten die Jungs aber Funkenregen und Stichflammen ohne Ende ab. Wie die aber zum jeweiligen Sound passten oder ob der Pyro-Techniker einfach nach Lust und Laune aufs Knöpfchen drückte, wird sicherlich ein gut gehütetes Geheimnis bleiben. Zu sehen, wie die Songs aber mit Feuer-Fontänen unterstützt wurden, besass definitiv seinen Reiz. Die Security hatte mit den unzähligen Crowdsurfern alle Hände voll zu tun, die sich den Weg über die Köpfe der Besucher bahnten. Neuerdings wird dies selbst vom Surfer noch mit dem Handy gefilmt! Da hoffe ich doch nur, dass das Smartphone plötzlich auf den Boden segelt und nicht mehr aufgefunden wird. Echt Leute, was soll der Scheiss?

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Nun aber genug der Motzerei und wenden wir uns besser der grossartigen Show von Testament zu. Die Jungs stiegen nach dem Intro von den Beastie Boys («Fight For Your Right») mit «D.N.R.» kraftvoll ins Geschehen ein. Mit dem seit zwei Jahren in der Band Schlagzeug spielenden Chris Dovas hat die Thrash Legende ein junges und hungriges Double-Bass-Drum-Monster in die eigenen Reihen geholt. Der Junge spielt die Parts mit einer unglaublichen Dynamik und konnte sich bei seinem Solo von seiner kraftvollsten Seite zeigen. Zusammen mit Bassist Steve DiGiorgio wird ein Rhythmus-Teppich vorgelegt, auf dem sich die beiden Gitarristen nach Herzenslust austoben können. Während Eric Petersen selten Solos spielt, überlässt er dies dem sensationellen Saiten-Zauberer Alex Skolnick. Was dieser einmal mehr solierte, sucht seinesgleichen und vermischte die harten Thrash-Klänge mit filigranen, leicht Klassik-inspirierten Momenten.

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Dazwischen stand der Metal-Manitu in Person. Chuck sang nach seiner überstandenen Krebskrankheit (2001) wie ein junger Gott. Ob mit cleanen, aggressiven oder gegrowlten Parts, Mister Billy stand seinen Mann und animierte das Publikum immer wieder aufs Neue. "Hell yeah! How you're doing out there? You guys singing with me?" war die Einleitung zu «More Than Meets The Eye». Die Fans sangen lautstark mit und machten diesen Track zu einem der Höhepunkte des heutigen Abends. Dass Testament zu den abwechslungsreichsten Metal-Bands der Szene gehören, wurde mit der wunderschönen Ballade «Return To Serenity» (sie wurde dem Dad von Chris gewidmet, der gegen Krebs ankämpft), dem Groove-Knaller «Electric Crown» (der Hit an diesem Abend!), der Thrash-Hymne «Native Blood» und dem schon fast Black und Death Metal liken «Infanticide A.I.» manifestiert.

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Auch wenn die neuen Tracks über eine unglaubliche Klasse verfügen, gegen die alten Killer kamen sie nicht (immer) an. So waren es «Practice What You Preach», «Sins Of Ommission» (was für eine Göttergabe!) und der Abschluss mit dem genialen «Into The Pit», was die grössten Reaktionen hervorrief. Sensationell waren dabei die Doppel-Leads bei «First Strike Is Deadly», wo die beiden Gitarristen zeigten, wie man ein geiles Zweier-Solo spielt.

"How you're feeling tonight? Hell yeah!" Sie fühlten sich gut, die Fans und feierten die US-Boys ab. Schade, dass Testament nur knapp 75 Minuten auf der Bühne standen, heisst bei vier Bands an diesem Abend war dies leider so zu erwarten, trotzdem hinterliessen Chuck und seine Jungs eine spielfreudige, aggressive und mit viel Spass in den Backen dargebotene Show. Da darf man sich auf das nächste Mal freuen, bei einer längeren Show den Arsch versohlt zu kriegen, denn es gäbe noch ganz viele Klassiker, die gespielt werden könnten. (tin)

Setliste: «Intro – Fight For Your Right (Beastie Boys Song)» - «D.N.R. (Do Not Resuscitate)» - «WWIII» - «Practice What You Preach» - «Sins Of Omission» - «Native Blood» - «Trail Of Tears» - «Low» - «More Than Meets The Eye» - «Drum Solo Chris Dovas» - «First Strike Is Deadly» - «Infanticide A.I.» - «Shadow People» - «Return To Serenity» - «Electric Crown» - «Into The Pit»

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