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04. November 2023, Pratteln - Z7
By Tinu
Sie kehrten ins Z7 zurück und füllten den Konzert-Tempel in Pratteln sehr gut aus. Die Rede ist von den rockenden, respektive "toten" Gänseblümchen, besser bekannt als The Dead Daisies. Wieder vereint mit Sänger John Corabi und Neubassist Michael Devin (ehemals Whitesnake) im Gepäck, stellte dieser Gig Grossartiges in Aussicht. Zumal man die Qualitäten der (von Gitarrist David Lowy) in Sydney gegründeten Truppe und aktuell mit vielen Ami-Muckern erweiterte Combo auf der Bühne schätzen und lieben gelernt hat. Die Erwartungen waren somit hoch, und die Jungs boten die zu erwartende, coole Show.
Spike
Als Support hatten TDD den ehemaligen The Quireboys Sänger Spike mit dabei. Noch immer besitzt der Engländer eine unglaublich tolle, aussagekräftige, kernige und leicht an Rod Stewart erinnernde Stimme sowie den Schalk in seinen Augen, was er sich aber mit seiner Performance leider immer mehr verscherzt. Nur mit einer akustischen Gitarre bewaffnet bestieg der sichtlich angeheiterte Barde die Bühne in seinem bekannten Look. Ganz ehrlich, keiner kann diese Klamotten dermassen authentisch tragen wie Spike, der mit seinen witzigen Aussagen versuchte, das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Dass man ihn dabei nicht immer verstand, lag definitiv nicht an seinem Akzent, als er beim Publikum immer wieder nachfragte.
Dass er seine erfolgreiche Vergangenheit bei den Quireboys zelebrieren würde, war so sicher wie das Amen in der Kirche, und wohl kein anderer Sänger dürfte dies mehr als er. Dass mit «I Don't Love You Anymore» ein Gänsehaut-Moment auf sicher zu vernehmen war, lag somit auf der Hand. Daneben versuchte Spike die Konzert-Besucher zu animieren, was dann mit zunehmender Spielzeit auch klappte, aber hinter den Erwartungen blieb und zudem nicht darüber hinweg täuschten konnte, dass er, alleine auf der Bühne stehend, eher eine tragische Figur abgab. In einem kleinen Club kommt die Show von Spike sicher bestens zur Geltung, doch hier an diesem Abend, respektive im vergleichsweise grossen Z7, verpuffte dies leider. Mein Quireboys Herz blutete und litt deshalb einige Qualen. Da half auch der Versuch nicht viel, das Ruder mit dem Whitesnake Cover «Here I Go Again» nochmals herum reissen zu wollen.
The Dead Daisies
Soeben von einer zweitägigen Japan-Tour heimgekehrt, war das Z7 der erste Halt auf dieser Europa Konzertreise. Die Bühne war spartanisch eingerichtet und schnell wurde klar, dass an diesem Abend, frei nach dem Motto von Aerosmith "Let the music do the talking", gerockt werden sollte. Mit den Intros von den Rolling Stones («Gimme Shelter») und Aerosmith («Sweet Emotion») wurde der Auftritt eingeklingelt, bis sich die Silhouette von Über-Schlagzeuger Brian Tichy hinter dem Schlagzeug erhob. Bleiben wir gleich kurz bei Mister Tichy. Es ist nicht nur sein Power-Drumming, sondern auch die Art und Weise wie er spielt. Stetig drehten sich die Drumsticks in seinen Fingern oder er schmiss seine Stöcke hoch in die Luft.
Allein ihm zuzusehen war eine wahre Freude, wie auch sein Drum-Solo, das er mit viel Spass in den Backen zockte. Ohne ihn sind The Dead Daisies definitiv eine andere Truppe! Mit den ersten Klängen zu «Resurrected» betrat nun auch der Rest der Truppe der Bühne, und jeder der Musiker war ein Hingucker! Speziell Neubassist Michael Devin, den ich bei Whitesnake eher als ruhigen, stets im Hintergrund stehenden Tieftöner wahrnahm. An diesem Abend entpuppte er sich jedoch als Zulieferer grandioser Backing-Vocals und als Banger der Spitzenklasse, der sich immer in Bewegung zeigte. Mit seinem gelben Aerosmith Shirt und den braunen Locken war er Mustermusiker und Lausbub in einem. Neben ihm stand, mit seiner bekannten, coolen Art, Mastermind David Lowy, der die Rhythmus-Gitarre souverän wie immer bediente.
Der grosse Held an der Sechssaitigen war aber einmal mehr Doug Aldrich, der sein Instrument streichelte, quälte, in die Höhe hob und ihm viele grossartige Riffs wie Solos entlockte. Doug suchte dabei immer den Kontakt zum Publikum und liess sich auf die Spässe mit Mister Corabi ein. Und genau Letzterer ist einfach die perfekte Rampensau, die nun wieder am Mikrofon von TDD steht und genau dahin gehört. Mit seinen neu gebräunten Locken und dem Bart mimte er den Biker, Rocker und Entertainer zugleich. Seine kernige Stimme stammt noch immer nicht von diesem Planeten, und mit einem frechen Blick sowie einer einzigen Handbewegung hatte er das Publikum im Z7 locker im Griff.
Er animierte, stachelte an und bedankte sich mit den Worten "your awesome motherfuckers!" Er ist und bleibt der Inbegriff eines Frontmannes, der seine Wege auf der Bühne geht, den solierenden Gitarristen ihren Platz lässt oder zusammen mit seinen Kumpels am Abrocken ist. Grosses Kino war auch die Vorstellung seiner Bandmitglieder, wo jeder kurz einen Song anspielen konnte und bei denen er sich "bedankte", dass diese sich mit seiner Ex-Frau vergnügten. Zitat: "Als ich eines Abends nach Hause kam, sass da dieser Typ auf meinem Sofa (damit ist Michael gemeint). Auf die Frage wer er denn sei, meinte meine Ex, dass dies der Pool-Boy wäre. Komisch, dabei hatten wir doch gar keinen Pool. Danke mein Freund, dass du meine Ex gefi*** hast!" Musikalisch strichen die Jungs quer durch ihre Gänseblümchen Karriere und spielten tatsächlich auch Songs aus der Phase mit Glenn Hughes (Johns Nachfolger und Vorgänger).
So kamen zum Beispiel «Born To Fly», «Bustle And Flow» und «Unspoken» zu Ehren. Aber auch aus dem ersten Album «Revolución» (2015) wurden «Mexico» sowie «Something I Said» gespielt, wobei John an der Stelle zur akustischen Gitarre griff. Es war dieser bluesige Hard Rock, der mit kernigen Riffs («Long Way To Go») gewürzt wird und einen sofort in den Bann zieht. Zudem die emotionalen Momente, wie auch die bekannten und beliebten Cover-Versionen der Jungs, wenn sie «Midnight Moses» oder «Fortunate Son» spielen und das Z7 damit zum Glühen brachten.
Dass die Herren auch eine Nummer von Whitesnake intonieren würden, war klar. Immerhin waren Michael, Brian und Doug ehemalige Mitglieder der weissen Schlange. Nach einer kurzen Huldigung an einen der besten Rock-Sänger (David Coverdale) sangen John und Michael (was für eine geile Stimme der hat!) zusammen «Slide It In», wobei John den Michael liebevoll von hinten umarmte. Auch wenn ich von diesem Gig begeistert bin, so blieb nicht ganz verborgen, dass die Band offensichtlich nicht ihren besten Abend einzog. Lag es an den möglichen, technischen Problemen (Doug schaute immer wieder zu seinem Gitarren-Techniker herüber) oder etwa daran, dass die Jungs noch nicht zu 100 % eingegroovt waren? Ich hatte The Dead Daisies auf jeden Fall schon in einer killenderen Art und Weise auf der Bühne erlebt. Trotzdem darf man mit Fug und Recht behaupten, dass die Jungs einen vorzüglichen Auftritt abgeliefert haben und die zahlreichen Fans mit einem breiten Grinsen in deren Gesichtern in die kalte November-Nacht entliessen. Somit bloss ein Jammern auf verdammt hohem Level!
Setliste: «Intro (Gimme Shelter / Sweet Emotion)» - «Resurrected» - «Rise Up» - «Dead And Gone» - «Make Some Noise» - «Miles In Front Of Me» - «Face I Love» - «Unspoken» - «Bustle And Flow» - «Drum Solo Brian Tichy» - «Something I Said» - «Lock'n Load» - «Born To Fly» - «Band Introductions (Highway To Hell / Living After Midnight / Heaven And Hell / Smoke On The Water / We're An American Band)» - «With You And I» - «Fortunate Son (Creedence Clearwater Revival Cover» - «Mexico» - «Midnight Moses ( The Sensational Alex Harvey Band Cover)» -- «Long Way To Go» - «Slide It In (Whitesnake Cover)»