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"...Einen ganzen Tag zu verplempern mit warten und reisen, um dann zwei Stunden am Abend auf der Bühne zu stehen…, ich bin viel zu kreativ, um den ganzen Tag rum zu sitzen..."
Überraschung! Da treffen sich drei ehemalige Accept-Musiker (Udo, Peter, Stefan) per Zufall für die Produktion des U.D.O.-Albums «We Are One», und daraus resultiert wenig später eine EP, bei welcher der Erlös den Band- und Crew-Mitgliedern von U.D.O. zu Gute kommen wird. Das Ganze nennt sich Dirkschneider And The Old Gang. Mit von der Partie sind Udo Dirkschneider (U.D.O., ehemals Accept), sein Sohn Sven (U.D.O., ehemals Saxon), Peter Baltes (ehemals Accept), Stefan Kaufmann (ehemals Accept und U.D.O.), Mathias Dieth (ehemals U.D.O.) und Manuela Bibert. Aus Spass und mit unbekümmerter Art zimmerten die Dame und die Herren drei Songs aufs Parkett, welche sicher durch die Stimme von Udo sehr nahe bei U.D.O. liegen, aber durch die Kreativität nicht eine blosse Kopie dessen sind. Was Stefan, Peter und Mathias nach ihrem Ausscheiden bei U.D.O. und Accept taten, wie sie zu DATOG stehen und welche Pläne nicht umgesetzt werden, das sagen sie uns im folgenden Interview.
MF: Wieso seid ihr bei Accept oder U.D.O. damals ausgestiegen?
Peter: Das war mir klar, dass dies die erste Frage ist (grinst). Das ist ein bisschen kompliziert. Accept war nicht mehr die Band, in der ich aufgewachsen bin. Ich fühlte mich nicht mehr als Bandmitglied, sondern wie ein angemieteter Musiker. Gewisse Leute übernahmen die Kontrolle, vom Finanziellen übers Kreative. Zudem hatte ich keine Lust mehr, immer das gleiche Album zu machen (grinst). So kamen viele Dinge zusammen, dass ich mich zum Ausstieg entschied. Schnell wurde geäussert, dass ich mich in den Ruhestand gesetzt hatte, was aber nicht der Tatsache entsprach. Ich arbeite an meinem Soloalbum, habe beim Soloalbum von Mick Mars mitgespielt, aber auch für Film und Fernsehen in Amerika. Ich bin gerne zu Hause, durch Corona hat sich bei mir nichts verändert. Ich stehe um sieben Uhr morgens auf, gehe in mein Studio und arbeite. Das hätte ich schon fünf Jahre früher machen sollen (lacht).
Mathias: Das war 1991, die Zeit des Umbruchs. Ich war mit U.D.O. auf Tour. Das war alles wunderbar. Grunge wurde gerade zum grossen Ding. Wir waren eine Metal-Band der alten Schule. So was war nicht mehr gefragt. Die neunziger Jahre waren ein fürchterliches Jahrzehnt für den Metal. 1991 sah ich keine Perspektive mehr. Der Plattenvertrag ging flöten. BMG kaufte RCA auf, und sie wollten kein neues U.D.O.-Alben veröffentlichen. Mit Dieter Dierks hätten wir schauen müssen, bei wem wir ein neues Werk hätten veröffentlichen können. Mit Grunge startete ein Wendepunkt meines Lebens. "Ich bin 27 Jahre jung, was mache ich?" Es schien, als ginge es mit U.D.O. nicht mehr weiter. Ich musste entscheiden, will ich wieder von vorne anfangen und Demos aufnehmen? Davon hatte ich aber die Nase gestrichen voll. Mit 27 Jahren kann ich noch was Neues starten. So begann ich Jura zu studieren und schloss mit der Musik ab. Das Thema Accept ging mir fürchterlich auf die Nerven. Dieses permanente "…ist ja ganz nett, was ihr mit U.D.O. macht, aber es ist nicht Accept. Wann gibt es die denn wieder?" Vielleicht sollte es nicht sein. Auch wenn wir den Accept-Sänger in der Band hatten, spielten wir was anderes. Wir bekamen diesen Schatten nicht weg. Es war nicht eine Entscheidung gegen Udo, sondern ich wollte in meinem Leben einen anderen Schritt gehen. Am Studieren hatte ich Riesenspass und spielte faktisch zwanzig Jahre lang nicht Gitarre (grinst). Was witzig ist, wir versuchten damals noch eine Band ohne Udo auf die Beine zu stellen. Mit dem Übergangsnamen "Fuck und Co" (lacht). Wie nahmen ein paar Demos auf, da waren noch Bodo am Bass und Stefan Schwarzmann am Schlagzeug dabei. Wie versuchten den Sänger von Vengeance, Leon Goewie, an Land zu ziehen. Bodo und Stefan sprangen zu Running Wild ab. Mit einer anderen Besetzung versuchte ich es weiter, aber das verlief sich alles im Sand. Das war auch gut so (grinst). Ich hatte mit der Gitarre abgeschlossen. Jetzt ist es schön, dass sie wieder da ist. Aber die musiklose Zeit musste sein. Ich musste mich in einem anderen Bereich etablieren, damit ich wieder den Raum habe, mich mit der Gitarre zu beschäftigen. Heute macht mir das Spielen mehr Spass als jemals zuvor (lacht).
Stefan: Das hatte mehrere Gründe, dass ich damals U.D.O. verlassen habe. Meine Rückenprobleme waren sicher ein wichtiger Teil davon. Dazu kam, dass ich nicht mehr so viel auf Tour sein wollte. Das berühmte Beispiel ist: Das war 2010 oder 2011, als wir in Südamerika auf Konzertreise waren. In vierzehn Tagen stand ich vierzehn Stunden auf der Bühne. Den Rest verbrachte ich mit Fliegen und dem Warten im Hotel, auf den Soundcheck, das Flugzeug oder den Shuttle-Bus. Vor ein paar Jahren unterhielt ich mich mit Andy Scott (The Sweet), und er sagte zu diesem Thema: "Ja, kenne ich. Hurry up and wait" (grinst). Ich war damals 52 und dachte mir, dass dies zu viel vertane Lebenszeit ist. Ich habe immer gerne live gespielt, das war nie das Problem, aber das Drumherum… - Bei Produktionen arbeite ich sehr intensiv an einem Projekt. Dies kann zwei bis vier Monate dauern. Im Falle von «We Are One» (U.D.O. Album) über ein ganzes Jahr. Danach hast du ein neues Produkt in den Händen. Bei einer Tournee repetierst du jeden Abend was Schönes. Das ist auch toll, zusammen mit dem Publikum. Das will ich nicht abstreiten, aber es wäre schön, wenn diese Zeit vor und nach dem Konzert etwas intensiver wäre (grinst) und man nicht 22 Stunden am Tag überhaupt nichts macht (lacht).
MF: Was hast du in der Zwischenzeit gemacht?
Stefan: Sehr viele Videos für die Industrie. Da gehts auch um Erwachsenenbildung. Ich habe zum Beispiel für U.D.O. auch Blu-rays geschnitten und jede Menge Audio-Produktionen gemacht. Wir haben gerade die Gesangs- und Schlagzeug-Aufnahmen für das neue U.D.O.-Album «Game Over» abgeschlossen. Auch wenn ich nicht der Produzent des Albums bin, übernehme ich gewisse Aufgaben. Seit mehr als eineinhalb Jahren bin ich sieben Tage die Woche im Studio am Arbeiten, habe mir jetzt aber einen Segelurlaub gegönnt (grinst). Neunzig Prozent der Arbeit bereitet mir richtig grossen Spass. Seit Peter bei Accept ausgestiegen ist, haben wir wieder engeren Kontakt zusammen. Wir schreiben, nicht für etwas Besonderes, sondern einfach so und schauen dann, wofür man dieses Material verwenden könnte. So sind auch die Lieder für DATOG entstanden.
MF: Wie kam es zur erneuten Zusammenarbeit mit Udo?
Peter: Das war wunderbar und ganz interessant. Ich hatte mit ihm nie Probleme, das hatten die anderen zwei und hielt mich da immer zurück. Ich besuchte meine Mutter, die bei Stefan im gleichen Ort lebt. Es klingelte an der Türe und Udo stand da. Das letzte Mal sahen wir uns 2005. Das war ganz lustig. Wir unterhielten uns die ganze Nacht. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte bei «We Are One» mit zu komponieren. So flog ich immer wieder zu Stefan, und wir schrieben ein paar Sachen zusammen. Wir denken genau gleich. Aus diesem Grund sind unsere Treffen immer sehr ergiebig. Ich hatte haufenweise Ideen, welche für die Accept-Alben stets abgelehnt wurden, weil sie zu kompliziert oder zu progressiv waren.
Mathias: Das lief über Stefan Kaufmann. Mit ihm und Udo hatte ich immer wieder Kontakt. Vor knapp zehn Jahren begann ich wieder Gitarre zu spielen. Dabei waren auch Dinge mit einem Flamenco-Gitarristen, den ich kennen lernte, weil sein Sohn mit meiner Tochter zusammen im Kindergarten war (grinst). Er hat mich wieder an die Gitarre geführt, mit einem Stil, der nix mit Heavy Metal am Hut hat. Stefan trat an mich heran und sagte: "Wir machen ein Projekt mit Udo und brauchen noch einen Sologitarristen". Zuerst war ich skeptisch, weil es schon U.D.O. und Dirkschneider gibt. Stefan hat mir Manuela vorgestellt und gesagt, dass Peter mitspielt. Er erklärte mir auch die Charity-Geschichte. So kam es, dass ich nicht nur die Gitarre eingespielt, sondern auch die Verträge eingetütet habe. Da konnte ich zusätzlich unterstützen (lacht). Das ist eine richtig tolle Geschichte. Stefan ist ein so genialer Musiker und Produzent. Wenn ich komme, ist der Tisch gedeckt und ich kann meine Gitarren einspielen. Das kommt mir entgegen, weil ich beruflich sehr eingespannt bin. Ich würde momentan gerne täglich vierzehn Stunden Gitarre spielen, aber es geht nicht (lacht).
"...Es ist schön, wenn man am Ende wieder dahin kommt, wo alles begann..."
MF: Fühlt sich diese Zusammenarbeit wie ein "coming home" an oder wie war es für dich, wieder mit 3/5 von Accept im Studio zu stehen?
Mathias: Es war ein bisschen wie ein nach Hause kommen. Viele Dinge haben sich nicht geändert. Udo lässt mich und Stefan machen. Ich bin mit Stefan immer gut klar gekommen, auch wenn es ab und zu Reibereinen gab (grinst). Als Produzent musst du die Musiker antreiben (lacht). Er bringt es fertig, mich zu Leistungen anzustacheln, und ich verlasse dabei die Komfortzone. Wir sind immer gut klar gekommen. Stefan war skeptisch, weil er sich überlegte: "Kann der Dieth das noch?" Die Solo-Parts waren noch nicht komponiert, das wurde mir überlassen. Das gefällt mir sehr. Was ich ablieferte, schien ihnen zu gefallen. So fing die konstruktive Zusammenarbeit an (grinst). Eines kam zum anderen. Das hat einen tierischen Spass gemacht, auch wenn ich logischerweise nervös war (lacht). Es freut mich, wenn dir mein Spiel gefällt. Ich spiele noch in einer Jazz-Band, die mir unglaublichen Spass macht, einfach, weil ich mich da musikalisch zu Hause fühle. Udos Stimme ist "unique". Ich kann mich da locker eindenken und glaube, das Resultat kann sich hören lassen. Man soll sich nicht selber loben, aber das Resultat ist ganz gut geworden. Das hat nix mit Metal-Geschredder zu tun (grinst).
Stefan: Mit Udo habe ich über all die Jahre zusammen gearbeitet. Insofern ist das nix Neues (grinst). Mit Peter habe ich 2014 das letzte Mal zusammen gearbeitet, als ich die «Blind Rage» eingetrommelt habe. Wir hatten immer lockeren Kontakt zueinander, und dank den modernen Medien fast täglich. Es ist ein bisschen wie Fahrrad fahren, man verlernt es nie (lacht). Sobald der andere einem gegenüber sitzt, verfällt man in die Verhaltensweisen, die man vor vierzig Jahre schon besass (lacht).
Peter: Ja, es war wieder ein "nach Hause kommen". Es ist schön, wenn man am Ende wieder dahin kommt, wo alles begann. Das ist, wie wenn man von einer Reise nach Hause kommt (grinst zufrieden). Udos Stimme ist dermassen markant! Wir hatten die Möglichkeit, bei diesen drei Songs was anderes auszuprobieren. Das hat mir Riesenspass gemacht.
MF: Nach welchen Grundstrukturen habt ihr die Songs geschrieben?
Stefan: «Where The Angels Fly» war der erste Song von DATOG und ein "left over" von der «We Are One». Das war nicht ein Überbleibsel, weil er zu schlecht war, sondern weil auf der CD nichts mehr Platz hatte. Udo und ich waren der Meinung, dass es schade wäre, wenn dieser Track in der Schublade liegen bleiben würde. Dann kam er auf die Idee: "Wollen wir daraus nicht ein Duett mit Peter machen? Haben wir doch seit vierzig Jahren nicht mehr gemacht, und das wäre bestimmt schön". Der Gesang von Manuela war schon aufgenommen. Wir waren uns einig, der muss auf jeden Fall bleiben. Somit bestand kein Masterplan, sondern eins kam zum anderen (grinst). Da U.D.O. nicht auftreten konnten, kam die Idee auf, dass wir der Crew ein bisschen unter die Arme greifen. Auch wenns nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist. Daraus entstand die Idee, diese Single zu veröffentlichen, und die Einnahmen kommen der Band von Udo und seiner Crew zu Gute, eine Art Charity. Ich war der Meinung, dass nur ein Track ein bisschen wenig ist. Musiker schreiben immer (grinst). An «Face Of A Stranger» haben Manuela und ich gearbeitet, so hat sich alles entwickelt. Ich wollte und konnte keine Solos spielen, da ich ein Rhythmusgitarrist mit Leib und Seele bin (grinst). Es war naheliegend, wenn man von der "old gang" spricht, dass es nur einen geben kann, und das ist Mathias. Ich lud ihn auf ein Abendessen ein, sprachen dabei ein bisschen um den heissen Brei herum und sagte dann zu ihm: "Es wäre schön, wenn du die Solos nicht nur spielen, sondern auch komponieren könntest". Er hatte keine Vorgaben, sondern sollte diese anhand dessen schreiben, wie er den Song fand. Das hat er sensationell umgesetzt, und der Zeitaufwand war wegen Corona immens, da wir immer nur zu zweit arbeiten konnten. Das Gleiche auch bei den neuen Videos. Das hat alles endlos lange gedauert. Alleine fürs Shooting brauchten wir zwei Wochen, was man unter normalen Umständen in zwei Tagen gefertigt hätte. Wir kennen uns alle über Facetime, aber Manuela kannte Peter persönlich noch nicht. Vielleicht hat das Ganze somit eine eigene Atmosphäre erhalten. Weil man sehr intensiv mit den einzelnen Musikern zusammen gearbeitet hat. Wir hatten zum Glück keinen Zeit- oder Erfolgsdruck. Hoffen wir, dass die Fans das Produkt annehmen und wir möglichst viel Geld für die U.D.O.-Band und Crew einspielen können.
Peter: Gute Riffs, das war wichtig, an dem sich der Zuhörer orientieren und erinnern kann. Der Rest ergab sich. Tolle Brücken, also Übergänge die anders sind, das ist auch wichtig. Mit Udos Stimme hat man das Harte und Extreme und die haben wir dieses Mal mit Manuela verbunden. Das ist eine neue Facette, die auch für Udo etwas Neues war. Ich bin mir sicher, diese Verbindung, auch mit meiner Stimme, hört sich sehr gut an und vermittelt dem Zuhörer ein neues wie unterschiedliches Klangbild. Ich singe gerne, auch zu Hause. Auch für mein Soloalbum. Darum hat es mir richtig Spass gemacht, für DATOG ein paar Zeilen einzusingen. Das hört sich mit den anderen Gesangsstimmen sehr interessant an. Es gibt viele Sängerinnen, die in diesem symphonischen Metal zu Hause sind. Aber drei unterschiedliche Stimmen auf einem Lied ist was Neues.
MF: Habt ihr beim Einspielen nicht Blut geleckt und hättet am liebsten gleich ein komplettes Album eingespielt?
Stefan: Nö (lautes Lachen). Mit Udo und Peter arbeite ich seit Jahren zusammen. Mathias hat immer wieder ein paar Solos auf den alten U.D.O.-Platten gespielt. Mit ihm wieder zusammen zu arbeiten, war eine supertolle Sache. Er hat zwei Solos abgeliefert, die jenseits von Gut und Böse sind. Die sind dermassen sensationell! Das hat richtig Spass gemacht. Verstehe mich nicht falsch (lacht), auch das Arbeiten mit Udo und Peter hat Spass gemacht, aber das war nix Neues, sondern halbwegs normal. Was richtig cool ist, mit den beiden Jungen was zu machen. Manuela hat eine Ausbildung aus Musical-Sängerin. Mit ihr kann ich mich auf einem anderen Level unterhalten, was du mit einem "normalen" Rock'n'Roller nicht kannst (grinst). Sven hat als Trommler andere Auffassungen. Das ist eine Herausforderung, hat aber ebenso tierischen Spass bereitet. Ob aus diesem Projekt ein Album folgt… - Man darf eines nicht vergessen. Udo und Sven sind bei U.D.O. involviert. Sobald wieder Konzerte stattfinden, werden die beiden zuerst achtzehn Monate nachholen und die Welt abgrasen. Manuela hat ein Engagement, welches sie bis Ende November im Atem hält. Was ich super finde, da sie wieder Geld verdienen kann. Mathias führt eine sehr gut gehende Kanzlei (lacht). Aus diesen Gründen stellt sich die Frage nicht nach einem kompletten Album. Wir sind Musiker und haben Spass an der Musik. Deshalb schliesse ich weder etwas aus, noch ist was geplant. Wir sind in der schönen Situation, dass wir unsere Berufs-Leben haben, mit denen wir alle, auf verschiedene Art und Weise, erfolgreich sind. Wenn wir das tun, dann nicht unter der Prämisse einer normalen Profi-Truppe, sondern aus Spass an der Freude. Das muss etwas Demokratisches sein, bei dem alle sagen: "Geiler Song!" Wenn die Welt da draussen "toll" sagt, dann freuen wir uns. Sagt sie "na ja", hatten wir wenigstens Spass dabei (grinst). Wenn man vor 100'000 Jahren die Musik als Hobby startete und Profi wurde, dann ist es heute einfach schön, wenn man ein solches Projekt als Hobby durchziehen kann, ohne einem gewissen Druck ausgesetzt zu sein (grinst zufrieden).
Mathias: Das ist eine schwierige Frage…, wie soll ich die beantworten? Willst du eine ehrliche oder höfliche Antwort (grinst)? Auf ein Album hätte ich Lust. Ideen sind vorhanden, aber wir sind nicht in einem konkreten Songwriting-Prozess. Wir haben keinen Vertrag. Da muss zuerst geschaut werden, ob die Plattenfirma interessiert ist. Fragst du mich nach einer Tour (grinst)…, vier oder sechs Wochen in einem Bus…, nun gut, da springe ich nicht vor Freude hoch. Das ist für mich schwierig umzusetzen. Festival-Auftritte sind okay. Ich bin Perfektionist und gehe meinen Mitmusikern auf den Sack (grinst). Mit einem solchen Projekt auf die Bühne zu gehen, dann muss dies passen. Gerade heute in Zeiten von YouTube-Videos…, früher war das alles anders. Es war laut, jeder hatte Spass und gut war! Heute kannst du jeden Fehler auf YouTube sehen. Da kommen die Hater und kommentieren alles. Das ist doch furchtbar! Bei Rock-Konzerten müsste man Handy-Aufnahmen verbieten. Das ist in meinen Augen eine schwierige Entwicklung. Deswegen würde ich bezüglich der Proben einen grossen Aufwand sehen, damit wir vernünftig auf die Bühne gehen könnten. Zudem, was sollen wir spielen? Es gibt ja noch keine Lieder, ausser dieser drei der EP (lacht). Vielleicht könnte man das eine oder andere von «Faceless World» einbauen und umarrangieren, das war ganz nett. Alles ist machbar, schauen wir, was uns das kommende Jahr bringt. Etwas Konkretes gibt es aber nicht! Ich würde das gerne machen, wenn ich keine andere Arbeit hätte. Aber dass ich so viel Geld verdiene, dass ich meinen Anwalts-Job für ein halbes Jahr an den Nagel hängen kann, das bezweifle ich (grinst).
MF: Gab es für euch einen gewissen Annäherungsprozess oder hat es sofort wieder "klick" gemacht?
Peter: Es hat sofort "klick" gemacht! Da sind gewisse Dinge, die ändern sich nie, auch wenn man sich länger nicht mehr sieht. Man verändert sich nach Aussen hin zu anderen Menschen, aber innen drin bleibt alles gleich. Udo ist froh, dass ich wieder da bin. Ich lasse mich viel lieber von jemandem anderen inspirieren, als immer nur durch meine Sachen. Die sind begrenzt. Für den Zuhörer ist es doch viel spannender, wenn mehrere Leute mitkomponiert haben und ihre Ideen sowie Gefühle einfliessen liessen.
MF: Wir haben U.D.O., aber auch Dirkschneider, wo nur Accept-Songs gespielt werden. Ein Schelm der denkt, dass bei Dirkschneider Peter am Bass und Stefan an der Gitarre auf der Bühne stehen werden?
Stefan: Ne! Okay, ich habe 2018 bei Dirkschneider ausgeholfen als Bill ausfiel. Solche Sachen könnten durchaus vorkommen. Aber…, nein…, für mich…, wahrscheinlich auch für Peter…, würde ich ausschliessen. Klar, man kann einen Special-Event oder ein Festival spielen, aber auf eine Tournee zu gehen, die drei, oder vier Monate dauert…, das schliesse ich für mich aus. Das ist nicht mehr mein Leben. Als Fan kann ich es nachvollziehen, dass da ein gewisser Wunsch vorhanden ist. Mir als Fan würde auch das Herz aufgehen, wenn zum 50-jährigen Bandjubiläum von Judas Priest neben Glenn Tipton, dem es leider gesundheitlich sehr schlecht geht…, es hätte mich sehr gefreut, die Jungs wieder mit K.K. Downing zu sehen. Auf der anderen Seite kann ich die Entscheidung auch verstehen, weil ich selber seit einem halben Jahrhundert Musiker bin. Ich weiss, wie es hinter den Kulissen abgeht, dass der "state of mind" sein kann: "Ich möchte nicht mehr, ich bin auf der Zielgerade meines Lebens". Nicht, dass ich demnächst die Augen zu mache (lacht). Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich mich auf das konzentrieren kann, was mir wirklich Spass macht. Klar haben mir 2018 die neun Shows mit Dirkschneider sehr gefallen, aber jetzt wieder in diesen Tour-Trott einsteigen, schliesse ich für mich aus! Ne Martin, tut mir leid, ich möchte nicht mehr für längere Zeit in einen Tourbus steigen (lacht). DATOG sollen etwas Besonderes sein. Wenn wir was releasen oder auftreten, dann machen wir das aus Spass an der Freude, eben weil wir Sechs eine unglaublich gute Zeit hatten. Nicht weil "die alten Herren jetzt doch noch Geld verdienen müssen!" Sowas habe ich schon oft genug gesehen, bei dem ich dachte: "Aha, da braucht wieder jemand Kohle, und für eine solche Scheisse verkaufst du dich!". Glücklicherweise muss das keiner von uns sechs. Das können nicht viele Musiker von sich behaupten. Wenn dir die Freude fehlt, dann wirst du auf der Bühne auch nicht abliefern.
Peter: Das ist eine Zeitfrage. Udo hat seine Band, und die werden wieder sehr viel auf Reise sein. Mathias und Stefan haben ihre Jobs. Wenn, dann nur im begrenzten Mass. Festivals wären eine Option. Man kommt zu einem gewissen Punkt in seinem Leben, wo Zeit wichtig ist. Einen ganzen Tag zu verplempern mit warten und weisen, um dann zwei Stunden am Abend auf der Bühne zu stehen…, ich bin viel zu kreativ, um den ganzen Tag rum zu sitzen. Das habe ich mein ganzes Leben gemacht, und da habe ich wirklich keinen Bock mehr drauf. Das war auch nicht der Anlass für die DATOG-EP. Wir haben aus einer Laune heraus begonnen. Dazu kam der Spass an der Kreativität. Das dies nun wieder zum Business wird? Das ist immer die Seite, die Scheisse ist. Echt Martin! Die killt und nimmt einem immer die ganze Freude weg. Leider ist das so. Nach Corona wird jeder auf Tour gehen und muss noch einsacken, was er kann. Wir hatten keine Plattenfirma und somit keinen Druck. Das war wie früher im Proberaum, bevor wir unseren ersten Plattenvertrag in der Tasche hatten. Da schrieben wir aus Spass, für was denn sonst (grinst)? Das war bei DATOG genau gleich, einfach auf einem anderen Level. Als alles fertig war, hat mich dies an die alten Accept erinnert, die früheren Jahre. Wir waren eher eine Hard Rock Band und hatten komische Lieder mit komischen Elementen dabei (grinst). Wir waren in unserer kleinen Art sehr vielseitig, denn für uns gab es keine Schublade. Erst in den letzten zehn Jahren sind wir in diese Metal Band Schublade gesteckt worden. Die Lieder müssen diesen Namen tragen und das Album vor Blut triefen. Das ist doch alles Unsinn! «Face Of A Stranger» handelt von einer dementen Person, also wie das ist, wenn man sich selber verliert. Das hat doch nichts mit Hörnern oder Terror zu tun.
MF: Ich danke euch herzlich für die Zeit, die ihr euch genommen habt und hoffentlich sehen wir uns bald wieder.
Mathias: Das hat mir echt Spass gemacht. Danke dir. Pass auf dich auf und vielleicht sehen wir uns bald.
Stefan: Kein Problem. Pass auf dich auf und bleib gesund.
Peter: Ja, pass auf dich auf und gesund bleiben.