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"...eine kleine Brauerei hier vor Ort angefragt, ob wir nicht Lust hätten, gemeinsam ein Korpiklaani-Bier herzustellen. Bei diesem Angebot konnten wir natürlich nicht nein sagen..."
Zur Band gehören neben dem aus Lahti stammenden Sänger und Gitarristen Jonne Järvelä, der Akkordeonspieler Sami Perttula, Tuomas Rounakari an der Violine, Kalle „Cane“ Savijärvi an der Gitarre, Frischfleisch Samuli Mikkonen am Schlagzeug sowie Bassist Jarkko Aaltonen . Mit Jarkko habe ich mich über die Entwicklung und Musik der Band, das neue Album „Jylhä“ und Erlebnisse auf Tour und während des Lockdown unterhalten. Er verriet mir auch etwas über die Natur in seiner Heimat und wie er am besten entspannt. Die Truppe steht jedenfalls mehr als bereit, um die Welt in Grund und Boden zu spielen.
MF: Ich habe Korpiklaani im März 2019 in der Schweiz das letzte Mal gesehen. Genau genommen im Z7 in Pratteln. Was habt ihr Jungs seit damals getrieben?
Jarkko: Hallo, ja das ist schon ziemlich lange her, lass mich überlegen. Bestimmt haben wir gerade noch die Tour zum letzten Album fertig gemacht. Das war vermutlich so bis im November. Dann hatten wir eine kleine Pause, bis Anfang des Jahres 2020. Da war schon einiges sehr unsicher aber trotzdem, ich glaube es war im Januar, gingen wir noch für ein paar Shows nach Japan. Für uns lief es bis dahin also ganz normal und wir taten all die Dinge, die man eben als Band so tut. Danach war eigentlich geplant, im März und April ein neues Album aufzunehmen, wobei wir noch nicht viel dafür gearbeitet hatten. War dann ja auch nicht weiter schlimm. Wie du bestimmt sehr gut weisst, kam dann Corona, alles wurde verschoben, gestrichen und am Schluss durften wir überhaupt nichts mehr machen. Wir mussten sehr schnell umdisponieren, haben dann erstmal anstatt einem neuen Album, einen eigenen Wodka herausgebracht, ein Streaming Konzert lanciert und fünf Videos gedreht, da wir nicht mehr live spielen konnten.
MF: Es klingt fast so, als hätte Covid19 für Korpiklaani auch seine guten Seiten. Ist das so?
Jarkko: In diesem bestimmten Fall, ja. Wir haben vieles umgesetzt, das schon lange angedacht war aber die Zeit dafür einfach fehlte. Dann hatten wir auch viel mehr Zeit, um an neuer Musik zu arbeiten. Fürs neue Album haben wir, das erste Mal überhaupt in der Bandgeschichte, Vorproduktionen gemacht. Wir gingen für sämtliche Aufnahmen von Schlagzeug, Gitarre, Bass und dem ganzen Rest ins Studio. Es war diesmal auch wirklich leicht im Studio zu arbeiten, da wir überhaupt keinen Zeitdruck hatten. Dort hatten wir ganz viel Zeit zum Tüfteln und neue Ideen auszuprobieren, damit es vielleicht ein etwas anderes Album wird.
MF: Du hast es gerade vorweggenommen. Bald erscheint euer elftes Studioalbum und in diversen Promotionsschreiben habe ich gelesen, dass diese Platte ein Korpiklaani-Werk sein wird, wie es bis dahin noch keines gegeben hat. Kannst du mir verraten, was der grösste Unterschied zu früheren Platten ausmacht?
Jarkko: Oh, das ist lustig. Da hat wohl die Promoabteilung etwas übertrieben (lacht). Ich finde es immer schwierig, wenn mit Vorschusslorbeeren um sich geworfen wird. Aber gut. Ich weiss gar nicht, was der grösste Unterschied zu unseren alten Alben ausmacht. Was wirklich neu ist, ist unser Drummer (lacht). Ansonsten ist es wohl wirklich der Pandemie geschuldet, dass wir mehr Zeit hatten für gewisse Details, die jetzt vermutlich den Unterschied zu den Vorgängern ausmachen. Vielleicht haben wir… wie soll ich das erklären? Vielleicht haben wir bei einigen Songs mehr musikalische Einflüsse einarbeiten können als normalerweise. Es könnte sein, dass sich dies jetzt aufs ganze Album auswirkt und es so klingt, als wäre etwas ganz neu. Aber ehrlich gesagt kann ich es gar nicht so genau sagen, denn meiner Meinung nach, ist uns einfach ein grossartiges Korpiklaani-Album gelungen, wie einige andere zuvor auch schon.
MF: Auf „Jylhä“… spricht man das eigentlich so aus?
Jarkko: Ach, das war zumindest genug nah dran… (lacht)
MF: Auf „Jylhä“ gibt es keinen offensichtlichen Song über Alkohol. Seid ihr erwachsen geworden oder bin ich einfach nur der finnischen Sprache nicht mächtig?
Jarkko: Ja, wenn du darauf anspielst, dass es keine Songs wie „Wodka“ oder „Bier, Bier“ gibt, die den Alkohol bereits im Titel tragen, dann hast du recht. Es gibt aber schon Songs wie zum Beispiel „Pidot“, das auf Deutsch „Fest“ bedeutet oder auch „Huolettomat“, mit denen doch einige Partylieder vertreten sind. Sie sind aber nicht mehr ganz so drastisch auf Alkohol ausgelegt, wie einige andere unserer Lieder.
MF: Wenn wir jetzt schon beim Thema Alkohol sind, welches Bier würdest du mir empfehlen, wenn ich in Finnland Durst verspüren sollte?
Jarkko: Oh (lacht), das ist eine sehr schwierige Frage, denn es gibt hunderte verschiedene Biere in Finnland und es kommt ganz darauf an, welche Sorte du gerne trinkst. Aber grundsätzlich kann man nicht viel falsch machen. Wir haben ganz viel gutes Bier in Finnland. Es gibt eine Menge kleiner Brauereien, die ihr ganz spezielles Bier brauen. Was aber bestimmt jeder einmal getestet haben sollte, ist das Korpiklaani-Bier. Das wäre bestimmt ein guter Start…
MF: Ach, ihr habt eigenes Lagerbier?
Jarkko: Ja genau! Das war vor etwa drei Jahren oder so, da hat uns eine kleine Brauerei hier vor Ort angefragt, ob wir nicht Lust hätten, gemeinsam ein Korpiklaani-Bier herzustellen. Bei diesem Angebot konnten wir natürlich nicht nein sagen. Das Bier ist dann auch wirklich gemeinsam mit uns entstanden. Es war nicht so, dass sie einfach ein normales Bier mit unserer Etikette versehen haben. Es ist wirklich gemeinsam mit uns allen entstanden. Geschmack, Farbe… einfach alles. Wir mussten nicht sie anfragen, wie das manche andere Bands auch tun, um ihr „eigenes“ Bier zu haben, sondern sie haben uns gefragt. Das war schon ganz speziell für uns und eine grosse Ehre!
MF: Sehr schön! Hast du eigentlich auch oder noch musikalische Vorbilder?
Jarkko: Nun, mittlerweile ist diese Thematik nicht mehr ganz so präsent wie früher. Damals als Teenager hatte ich natürlich schon Vorbilder, die mich inspiriert haben und es mein Ziel war, eines Tages so zu werden wie die. Ich merke aber gerade, dass ich heute nicht mehr so denke und es mir eher schwer fällt, dir darauf eine anständige Antwort zu geben (lacht).
MF: OK! Kein Problem. Vielleicht hilft dir ja die nächste Frage dabei, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Welche Art von Musik hörst du dir privat an?
Jarkko: Ich höre mir ganz verschiedene Musik und Musikstile an. Bevor wir mit diesem Interview begonnen haben, habe ich mich gerade durch die massiv grosse Thin Lizzy-Boxset gearbeitet. Da sind sogar alle Demos enthalten und Thin Lizzy war eine brillante Band, da sind sogar die Demos brillant.
MF: Dann bist du eher bei den Veteranen der Rockmusik verankert?
Jarkko: Ja schon eher. Es gibt nicht viele moderne Bands, die mein Interesse wecken können. Sollte es doch mal eine neue Band geben, die mich interessiert, ist es ganz oft so, dass es sich um ältere Musiker handelt, die ich bereits kenne und gerne höre, die sich aber neu formiert haben, um gemeinsam Musik zu machen. Ich bleibe also irgendwie immer dem Ursprung des Rock‘n‘Roll treu.
MF: Korpiklaani läuft ja unter der Schiene „Folk Metal“, mit Einflüssen von Humppa. Was ist für euch das wichtigste, wenn ihr einen neuen Song schreibt?
Jarkko: Also, erstens würde ich sagen, dass unsere Musik keine Referenz für Humppa mehr ist. Das wird uns immer noch gerne nachgesagt aber für mich ist der letzte Song mit Humppa-Einflüssen, bestimmt schon 15 Jahre her. Dann glaube ich, dass die Basis für gute Musik, gute Songs sind. Wenn du das nämlich nicht hast, dann kannst du die ganze Sache auch bleiben lassen. Ich bin deshalb auch wirklich sehr glücklich darüber, dass wir in der Band ein paar gute Songschreiber und Komponisten haben.
MF: Wer schreibt den die meisten Songs bei Korpiklaani?
Jarkko: Das ist eindeutig Jonne (Järvelä). Jonne schrieb auch auf dem neuen Album die meisten Songs. Er ist unser kreativster Kopf. Zwei Songs auf „Jylhä“ hat auch unser Akkordeonist Sami (Perttula) beigesteuert. Für die älteren Alben hat er auch schon immer mal wieder Material geschrieben.
MF: Der Wald und die finnische Natur sind ja gängige Themen, die ihr in den Texten immer wieder aufgreift. Wir wichtig sind diese Themen für euch persönlich?
Jarkko: Meinst du die Texte oder den Wald?
MF: Ach so, ich meine natürlich, wie persönlich wichtig euch die Natur Finnlands ist.
Jarkko: (lacht) Jetzt ist es mir klar. Deine Frage hat mehrere Antworten beinhalten können (lacht erneut)… das war lustig… nun, die Lyrics sind uns sehr wichtig, denn sie transportieren, zusammen mit der Musik, eine gewisse Stimmung. Wenn man diese Stimmung nicht verbreiten kann, dann ist der ganze Track wertlos. Die Lyrics sind meines Erachtens die Seele eines Songs. Sie erzählen eine Geschichte, sie transportieren Gefühle und sie sind sehr wichtig für uns und auch für mich persönlich. Ich muss vielleicht noch anfügen, dass mir dies nur bei unserer Musik wirklich wichtig ist. Bei Bands die ich mir einfach anhöre, achte ich komischerweise weniger auf die Texte.
"...Du kannst im Zentrum einer Stadt leben und spazierst fünf Minuten in eine beliebige Richtung, dann stehst du schon mitten im Wald..."
MF: Und nun doch noch einmal zur Natur. Wie wichtig ist für dich die Natur deiner Heimat? Schliesslich transportiert ihr seit Jahren ein klares Bild an eure Fans…
Jarkko: Natürlich ist die Natur für uns alle sehr wichtig! Vielleicht wissen wir sie in Finnland nicht ganz so zu schätzen, denn hier ist überall Natur. Wir haben nie zu wenig davon. Du kannst im Zentrum einer Stadt leben und spazierst fünf Minuten in eine beliebige Richtung, dann stehst du schon mitten im Wald. Wir haben so viel Wald, da kannst du einfach mal spazieren gehen, ohne dauernd andere Menschen zu treffen.
MF: Du musst also kein „Mökki-Bewohner“ (Mökki=(Wald)Hütte) sein, um der Natur nahe zu kommen?
Jarkko: Nein, wirklich nicht. Die Natur und der Wald sind sehr leicht zu finden.
MF: Geht ihr bei Korpiklaani nebenbei eigentlich noch „normalen“ Jobs nach oder konzentriert ihr euch vollumfänglich auf die Musik?
Jarkko: Also ich habe noch eine andere Arbeit aber die anderen nicht…
MF: Was machst du denn beruflich, wenn ich fragen darf?
Jarkko: Darauf möchte ich hier nicht näher eingehen.
MF: OK, das respektiere ich natürlich. Hast du neben der Musik noch Zeit für Hobbys, die dir einen Ausgleich bieten?
Jarkko: Etwas praktisches, das sich auch gut mit dem Touren verbinden lässt, ist lesen. Es ist momentan nicht mehr so viel wie früher aber ab und zu, tauche ich schon gerne in andere Welten ein.
MF: Welche Welten sind das? Fantasy?
Jarkko: Nein, überhaupt nicht! Am liebsten lese ich Geschichtsbücher oder Biografien. Die letzte ist allerdings schon etwas länger her. Ich erinnere mich gar nicht mehr daran, was das damals war.
MF: Leider müsst ihr schon eine Weile auf Konzerte verzichten, wir natürlich auch und es bleiben uns momentan nur die Erinnerungen. Kannst du dich noch an ein besonders gutes und schlechtes Konzert-Erlebnis erinnern?
Jarkko: Das ist eine gute Frage. Allerdings kann ich mich an kein Erlebnis erinnern, das speziell heraussticht. Negativ sowieso nicht. Wir hatten so viele tolle Shows erlebt, dass ich da wirklich keine besondere rauspicken kann. Generell ist es bei uns auf Tour so, dass wenn während den ersten paar Auftritten alles glatt läuft, also keine Zwischenfälle mit der Band, den Veranstaltern oder Fans passieren, dann sind wir im Element. Dann ist für uns alles gut und es wird immer ein tolles Erlebnis sein, live zu spielen.
MF: Und wie ist es für euch in der Schweiz zu spielen? Ist das Schweizer Publikum anders als das Finnische?
Jarkko: Nein! Das Publikum unterscheidet sich, abgesehen von der Sprache nicht. Es ist für uns immer schön in der Schweiz zu spielen, denn die Landschaft ist so abwechslungsreich. Wir waren, wenn ich mich nicht täusche, 2005 das erste Mal in der Schweiz. Seither haben wir ja regelmässig in vielen Landesteilen der Schweiz gespielt und es sah eigentlich immer etwas anders aus. Nicht so wie in Finnland. Immer nur Häuser und Wald. Vielleicht ab und zu noch einen See (lacht). Ich kann da echt keinen Unterschied feststellen zwischen den Fans zuhause und bei euch. Es macht immer Spass und ich vermisse es… (seufzt).
MF: Ich kann dir ganz gut nachfühlen. Bist du als gestandener Musiker eigentlich noch nervös, bevor du auf die Bühne gehst?
Jarkko: Ganz klar JA! Live zu spielen ist das grossartigste, das du als Musiker mit deiner Band tun kannst. Du bekommst direkt etwas von den Zuschauern zurück und das soll sich für dich ja gut anfühlen. Diesem Anspruch zu genügen, macht mich teilweise noch immer nervös, obwohl ich genau weiss, dass ich mein Instrument beherrsche. Auf die Stimmung der Fans hat man aber erst einen Einfluss, wenn man ins Set gestartet ist.
MF: Was sind die Pläne von Korpiklaani für 2021?
Jarkko: Die Pläne sind grossartig! Wir haben viele Festivals im Programm und auch einige Tourneen sind geplant. Unsere Agenda ist grundsätzlich voll. Es steht und fällt leider alles mit den Pandemie-Massnahmen in den verschiedenen Ländern. Es steht aber auf einem ganz anderen Blatt geschrieben, ob das alles passieren wird, also ob wir auftreten dürfen. Wir haben eigentlich einen ganzen Jahresplan erstellt aber bis jetzt sind es eben leider nur Pläne. Trotzdem ist es gut Pläne zu haben, denn das gibt einem etwas Normalität zurück. Auf gar nichts zu blicken, wäre viel deprimierender.
MF: Uns bleibt also nichts anderes übrig, als auf bessere Zeiten zu warten.
Jarkko: Ja und besser wird es bestimmt aber sicher nicht überall gleichzeitig und das macht die Sache für uns wieder kompliziert.
MF: Da hast du natürlich auch wieder Recht, hoffen wir das Beste. Wir sind damit auch gleich am Ende des Interviews angelangt. Ich danke dir für deine Zeit und wünsche dir weiterhin gute Gesundheit.
Jarkko: Danke fürs Interesse und wir hoffen natürlich, bald rauszukommen und wieder etwas tun zu dürfen. Gute Nacht oder… ich weiss gar nicht welche Uhrzeit ihr bei euch habt. Mach’s gut. Tschüss!