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"...je mehr Songs man schreibt, desto besser werden sie auch. Seit über 30 Jahren komponiere ich Material. Dabei bin ich in der komfortablen Situation, dass dies, was ich bin, auch ausleben kann..."
The Almighty gehörten Ende der achtziger und anfangs der neunziger Jahre zu meinen Lieblingstruppen. Nicht nur der kraftvolle Power-Rock überzeugte mich, sondern speziell der Mann am Mikrofon, der mit seiner Biker-Mentalität eine gefährliche "kick ass"-Attitüde darstellte. Wie so oft und auch in diesem Fall, trieb der Grunge sein Unwesen, und plötzlich war der Sound von The Almighty alles andere als angesagt. Dessen Sänger, Ricky Warwick, musste sich dem Trend unterwerfen. Lange wurde es still um den singenden Gitarristen, bis er plötzlich als Singer/Songwriter im Vorprogramm von Def Leppard in Erscheinung trat und später das Angebot erhielt, bei Thin Lizzy einzusteigen. Dort sollte er die grossen Fussabdrücke der Legende Phil Lynott füllen. Was er problemlos tat, da er den Songs mit dem nötigen Respekt und Selbstvertrauen neues Leben einhauchte. Was ihm sicherlich zu Gute kam, war seine Herkunft. Dank seinen irischen Wurzeln konnte sich Mister Warwick problemlos in das Songmaterial von Thin Lizzy einleben und trat den angestaubten Thin Lizzy mächtig in den Allerwertesten. Aus Thin Lizzy wurden die Black Star Riders, die mittlerweile mit vier Studioalben und unzähligen Shows das Erbe von Thin Lizzy weitertragen. Der umtriebige Ricky veröffentlichte zwischenzeitlich Solo-Alben und hat soeben mit «When Life Was Hard And Fast» einen richtigen Urknall veröffentlicht. Ein Werk, das die Seele des Rock'n'Roll's versprüht. Dabei spielt die Stimme von Ricky nach wie vor eine gewichtige Rolle, wie auch das Feingefühl beim Songwriting. Schlummert im Belfaster noch immer seine wilde und ungehobelte Biker-Mentalität von damals? Was gibt es zum neuen Album zu sagen? Das lest ihr in den folgenden Zeilen.
MF: War «When Life Was Hard And Fast» geplant oder erst durch das Virus und die damit verbundene freie Zeit eine Idee, die zum Laufen kam?
Ricky: Nein, das Album wurde schon vor der Pandemie geschrieben.
MF: Ist der Albumtitel eine Art Biographie deines Lebens?
Ricky: Ja, es schaut zurück in die Zeit, als ich in Belfast aufwuchs, und beschreibt meine Hoffnungen und Träume als Kind. Die ganze Zeit bevor es überhaupt Internet und Handys gab. Als unsere Generation noch Kinder waren, verstehst du? Die Zeit, in der du dir keine Betrüger vorstellen konntest und alles "rein" war. Eine Zeit, in der ich nun zurück schaute, aber damals nach vorne blickte.
MF: Wie hast du deine Band zusammen gestellt?
Ricky: Das Album wurde von Bassist Robbie Crane, mit dem ich bei den Black Star Riders spiele, eingespielt. Zusammen mit Keith Nelson, den ich über meinen guten Freund Richard Fortus (Guns n' Roses) kennenlernte. Keith wiederum kannte Xavier Muriel, der das Schlagzeug einspielte.
MF: Hast du nie geplant mit Damon Johnson Songs zu schreiben? Zumindest bei den Black Star Riders wart ihr ein phänomenales Songwriter-Team.
Ricky: Nein, denn dies ist ein Soloalbum von mir (grinst). Damon hat Black Star Riders vor ein paar Jahren verlassen, um sein eigenes Ding voran zu treiben. Er macht Seins und ich Meines. Da es ein Solo-Album ist, wollte ich mit vielen unterschiedlichen Leuten zusammenarbeiten, die nicht unbedingt mit Black Star Riders in Verbindung gebracht werden, abgesehen von Robbie. Er ist einer der besten Bassist der Welt. Ich denke nicht, dass ich Damon benötige, damit ich neues Material komponiere. Ich denke eher, dass er eher mich benötigt, um mit seinem Zeugs endlich ans Tageslicht zu kommen (lacht). Weisst du, je mehr Songs man schreibt, desto besser werden sie auch. Seit über 30 Jahren komponiere ich Material. Dabei bin ich in der komfortablen Situation, dass dies, was ich bin, auch ausleben kann. Bei den Black Star Riders liegt der Fokus dabei eher auf den Erwartungen der Fans, und gibt somit eine gewisse Richtung vor. Ich schreibe jeden Tag an neuen Ideen und liebe es sehr, mich dabei zu verwirklichen. Ich sehe das, wie bei einem Wein. Je älter er ist, desto besser (grinst).
MF: Wo siehst du die Unterschiede zwischen «When Life Was Hard And Fast» und seinem Vorgänger «When Patsy Cline Was Crazy And Guy Mitchell Sang The Blues»? Ich denke, das neue Material ist um einiges rockiger ausgefallen.
Ricky: Wenn man immer neue Lieder komponiert, wird sich das Neue anders anhören als sein Vorgänger. Aus dem einfachen Grund, weil andere Erfahrungen und Erlebnisse das Songwriting beeinflussen. Andere Persönlichkeiten spielen die Tracks ein und verleihen ihnen ein völlig anderes Lebensgefühl. Eigentlich ist es ganz einfach. Wenn du mit anderen Musikern zusammenspielst, wird sich ein Album anders anhören. Das ist auch der Grund wieso ich es liebe, Solo-Alben zu veröffentlichen und mit vielen unterschiedlichen Leuten zusammen zu arbeiten. Wie dieses Mal mit Andy Taylor, Luke Morley (Thunder), Joe Elliot (Def Leppard) oder Dizzy Reed (Guns n' Roses).
MF: «Time Don’t Seem To Matter» wurde von deiner jüngsten Tochter Pepper eingesungen…
Ricky: …ich schrieb den Song für sie (lacht), und sie hat mit mir zusammen gesungen. Es war unglaublich. Sie ist eine richtig gute Musikerin und singt fantastisch. Sie kam ins Studio, sang mit mir das Stück ein…, unglaublich! Das war wirklich ein sehr spezieller und glücklicher Tag für mich. Das kommt einem Traum gleich, der wahr wird. Ja, ich bin verdammt stolz (grinst). Ich sagte ihr: "Ich habe hier dieses Stück über dich geschrieben, es wäre toll, wenn du mit mir zusammen singen würdest". "Kein Problem Dad!", war ihre Antwort. Sie hat eine grossartige Arbeit abgeliefert.
MF: «Fighting Heart» ein weiterer grossartiger Track auf dem neuen Album. Warst du denn immer ein kämpfendes Herz?
Ricky: Ja, absolut! Ich gab nie auf, liess mich nie brechen und war immer ein Schwerstarbeiter. Ich habe immer an mich und meine Arbeit geglaubt und blieb stark. Ich war überzeugt, dass sich ehrliche und harte Arbeit einmal auszahlen wird.
MF: «You're My Rock'n'Roll»..., das Tagebuch deines Lebens?
Ricky: Nein (lacht). Der Song feiert den Rock'n'Roll und zeigt, wie viel mir die Musik in den letzten Jahren gegeben hat und wie wichtig Rock'n'Roll in meinem Leben war und ist.
MF: Bist du eher ein Rock'n'Roll Soldier oder ein Sklave?
Ricky (lacht): Gut… (überlegt). Ich liebe den Rock'n'Roll und dies 24/7. Ich liebe die Musik und liebe es, ein Teil davon zu sein. Ob ich ein Sklave bin? Wenn dieser nicht ohne ihn leben kann, dann ja (lacht). Aber! Ich sehe es als Segen. Ich liebe ihn, bin glücklich und es ist eine Leidenschaft machen zu können was ich tue. Das sind alles sehr positive Dinge. Was ist bei einem Sklaven positiv? Nichts, oder? (lacht).
MF: Ich denke, ein weiterer wichtiger Song für dich ist «I Don't Feel At Home»?
Ricky: Ich mag es Lieder zu verfassen, die von meinem Leben stammen und beschreiben, wie viele Stolpersteine es geben kann. Auch Songs über Leute mit ihren Problemen. Dabei versuche ich mit meinem Tracks zu helfen diese Krankheiten zu überstehen. Aus diesem Grund kommt dieses Lied tief aus meinem Herzen und handelt davon, was Drogen alles anrichten können und nicht nur dich selber, sondern auch deine Familie und Freunde treffen kann. Eine Art Hilferuf, die Sucht zu besiegen, aber zu beschämt zu sein, um nach Hilfe zu fragen.
MF: Dann trifft der Spruch von «Sex, Drugs And Rock'n'Roll» zu?
Ricky: Was auch immer es sein soll. Wenn du ein Kind bist und aufwächst, einen Plattenvertrag erhältst und sich die ersten Erfolge feiern lassen. Das muss nicht nur in der Musik sein, sondern betrifft jeden Künstler. Alkohol oder andere Substanzen gehören in gewissen Kreisen zum täglichen Bedarf. Es ist ein Part des Prozesses, was du damit machen willst. Sollen solche Substanzen ein Teil deines Lebens werden? Das ist eine individuelle Entscheidung. Ohne diese Dinge bin ich ein viel geerdeter Mensch, und es liess mich bessere Songs schreiben. Die tollsten Stücke komponierte ich, als ich nüchtern war. Es ist wie ein persönliches Experiment und wird immer weitergehen. Das Musikbusiness ist nicht einfach, wenn du bestehen willst. Wenn du dich nach Sex und Drogen umschaust (lacht), wird beides da sein. Du hast aber individuell die Möglichkeit, dich selber zu entscheiden was du willst.
MF: Hast du dich somit ab und zu einsam gefühlt als Musiker?
Ricky: NEIN! Ich hatte das Glück viele tolle Freunde in der Musik zu haben. Auch wenn es ein Kommen und Gehen ist, am Ende bringt uns die Musik alle zusammen. Ohne Musik würde ich mich alleine fühlen (grinst). Musik ist die Konstanz in meinem Leben.
"...Es gab Momente, in denen man mich als Rock-Star hätte bezeichnen können. Aber es war mir immer wichtiger als Songwriter und Musiker wahr genommen zu werden. Ich verlor nie den Boden unter den Füssen oder wurde zu eingebildet..."
MF: Gab es Zeiten, in denen du dich als Rock-Star gefühlt hast?
Ricky: Es gab Momente, in denen man mich als Rock-Star hätte bezeichnen können (grinst). Aber es war mir immer wichtiger als Songwriter und Musiker wahr genommen zu werden. Ich verlor nie den Boden unter den Füssen oder wurde zu eingebildet. Dafür bin ich sehr dankbar und es war ein Segen, was ich alles erleben durfte. Ich möchte die Leute unterhalten und ihnen mit meinen Liedern eine gute Zeit geben. Ich hoffe, dass wenn sie sich traurig fühlen, durch meine Songs wieder Hoffnung schöpfen können und sie sich besser fühlen. Ich denke nicht, dass dies zu einem Rock-Star passt (lacht).
MF: Was magst du mehr? Im Studio zu sein oder auf der Bühne?
Ricky: Ich mag beides! Ich liebe es neues Material zu kreieren und im Studio aufzunehmen. Mit meinen Mitmusikern an Ideen zu arbeiten und zu sehen, was sich daraus entwickeln kann. Es ist aber auch fantastisch, später mit diesen Ideen auf der Bühne zu stehen und die Reaktionen der Fans zu erleben. Zu sehen, wie die Leute einen Song komplett mitsingen. Das ist ein wundervolles Feeling. Beides sind aber unterschiedliche Erfahrungen.
MF: Du hast es schon angetönt, dass Freunde und Familie wichtig sind in deinem Leben…
Ricky: …Martin, das ist das Wichtigste im Leben! Wichtiger als die Musik. Das Einzige was wichtiger ist als die Musik, ist die Familie und Freundschaft!
MF: Dann hattest du ein sehr relaxtes Arbeiten, als du mit so vielen Freunden deine neuen Lieder einspielen konntest?
Ricky: Die Meisten standen nicht mit mir im Studio, da sie über die ganze Welt verstreut leben. Damit sie ihren Teil einspielen konnte, schickte ich ihnen das Lied per E-Mail zu. Ich bin sehr glücklich, dass diese wundervollen Musiker meine Freunde sind. Alle sind extrem talentiert und grossartige Musiker wie Artisten. Sie spielen in berühmten Bands, von denen ich ein grosser Fan bin. Das sind wunderbare Momente, wenn sie Zeit finden, neben all ihren Aufgaben, mich bei meinem Solo-Album zu unterstützen und sagen: "Ja, wir lieben es bei dir zu spielen"! Das ist eine grosse Ehre für mich.
MF: Vermisst du die Zeit, als eine Band ihr neues Material zusammen im Studio aufnahm?
Ricky: Ich hatte das Glück, dass der Grossteil der Songs zusammen mit der Band im Studio aufgenommen werden konnte. Ich, Robbie, Keith und Xavier. Nur die Gäste spielten ihre Parts bei sich zu Hause in ihrem Studio ein.
MF: Kommen wir noch kurz zu deiner Hauptband, den Black Star Riders. Wie überrascht oder glücklich warst du, als dich damals Scott Gorham anrief und fragte, ob du ein Teil der Vorgängerband Thin Lizzy werden willst?
Ricky: Das war unglaublich, glaub mir! Das Beste, was mir jemals passieren konnte. Es war eine grosse Ehre, diese tollen Lieder von Thin Lizzy singen zu dürfen. Ich liebe es! Die meisten neuen Tracks für das kommende Black Star Riders-Album sind schon geschrieben. Wir hoffen, dass wir im Sommer mit den Aufnahmen beginnen können.
MF: Was war der wichtigste Moment in deinem Leben?
Ricky: Oh, da gibt es sehr viele davon. Nur einen heraus zu heben ist schwierig. Meine Hochzeit, als meine Kinder geboren wurden, all diese Dinge sind für mich sehr, sehr wichtig. Es gibt so viele tolle Momente, da nur einen heraus zu picken ist unmöglich. Ich bin sehr glücklich, viele tolle Dinge erlebt zu haben.
MF: Gab es dafür die schwierigste Zeit?
Ricky: Ja, es gab eine Periode, das war vor ungefähr 20 Jahren, als ich mit viele Dinge zu kämpfen hatte. Es war eine harte Zeit. Ich bin durch sie hindurch gegangen, lernte viel dabei, hab mich von ihr gelöst und ging weiter.
MF: Wie hast du dich somit über all die Jahre verändert?
Ricky: Ich denke, ich bin reifer geworden (lacht) und bin nicht mehr so wütend wie mit 20 Jahren (grinst). Dinge, die mich früher angepisst haben, lassen mich heute kalt. Es ist gemütlicher geworden (grinst).
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Ricky: Das wird sich alles zeigen, wie es weitergeht mit dieser Pandemie. Wenn alle gesund bleiben und es allen besser geht, besteht die Möglichkeit, dass wir wieder zur Normalität zurückkehren können. Ich bin weiterhin am Schreiben von neuem Material, das wir aufnehmen können und hoffe, dass wir bald wieder auf der Bühne stehen können. Ich kann dir aber nicht sagen, wann das sein wird. Das Virus diktiert alles im Moment.
MF: Besten Dank für das Interview. Ich wünsche dir alles Gute, beste Gesundheit und hoffe, dich bald wieder in der Schweiz auf der Bühne zu sehen.
Ricky: Ich danke dir. Absolut, das tönt gut mein Freund. Die Schweiz ist ein wunderschönes Land und ich hoffe, wir können sehr bald wieder bei euch sein. Pass auf dich auf und bleib gesund.