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22. Juni 2022, Zürich – Komplex 457
By Rockslave - All Pics by Tinu
Ich hätte echt nicht gedacht, dass bereits wieder fast vier Jahre ins Land gezogen sind, seit ich Megadeth (zusammen mit Judas Priest) in der "Samsung Hall" in Dübendorf (heute: "The Hall") letztmals live hatte aufspielen sehen. Ebenso krass ist die allgemeine Bilanz, die man für diesen Zeitraum ziehen kann, denn seither hat sich einiges zugetragen und verändert auf unserem Planeten Erde, das sich in dieser Ausprägung wohl niemand auch nur in den kühnsten Träumen hätte ausmalen können! Das Positivste sei vorweg erwähnt, sprich dass ich mit meinen bald 58 Jahren trotz zwei Jahren Pandemie nie ernsthaft erkrankt bin, das Gleiche für die Familie wie enge Freunde gilt und ich letztes Jahr erstmals Opa wurde! Das überstrahlt Corona, den Krieg in der Ukraine und die Sorgen um das Klima bei Weitem! Zudem sorgte das beschissene Virus dafür, dass wenigstens die Passion zu den harten Klängen keinen Deut schwächer wurde, im Gegenteil! Dazu gehört auch wieder der vermehrte Besuch von Live-Konzerten, und obwohl erst gerade am Vortag bei Whitesnake und Europe zu Gast, fasste ich mir, trotz Komplex 457, ein Herz und machte mich keine 24 Stunden später wieder auf in Richtung Zürich.
Megadeth
Diese Location ist ja, bis auf ganz wenige Ausnahmen, nicht gerade bekannt für audiophilen Hochgenuss, und darum meide ich das Komplex stets, wenn möglich. Ausnahmen bestätigen die Regel, und zumindest heute Abend sollte sich mein "Wagemut" auszahlen. Während sich Kollege Tinu mit der Kamera in Richtung Foto-Pit bewegte, krallte ich mir erst mal ein Bier und platzierte mich vorerst ziemlich in der Mitte der Halle. Da es keine Vorband gab, musste man sich noch etwas in Geduld üben, bevor das Inferno losbrach. Die Halle war optisch gut gefüllt, wenn auch weit weg vom Status "sold out". Der Alters-Mix zeigte sich ordentlich durchmischt, wobei es schon auffiel, dass die junge Generation in der Überzahl war. Megadeth befanden sich zu dem Zeitpunkt auf der "Europe 2022" Tour und waren da mitunter auch Gast bei zahlreichen Festivals wie "Hellfest" (Fr), "Rockfest" (Fin), "Sweden Rock Festival" (S) oder "Graspop Festival (Be). Zwischen den einzelnen Gigs wurden auch ein paar Hallen gebucht, und dies bescherte uns unter anderem die Schweizer Stipp-Visite der amerikanischen Kult-Thrasher um Mastermind Dave Mustaine. Wenn sich privat, beruflich und weltgeschichtlich Änderungen einstellen, macht das auch vor Line-ups von Metal-Bands nicht halt. Der gewichtigste Wechsel betrifft den Posten am Bass, wo sich Dave Ellefson (1983 bis 2002 und 2010 bis 2021) wohl definitiv verabschiedet hat, respektive vom Chef gefeuert wurde. Die Gründe dazu finden sich zur Genüge im Netz. Sein Posten wurde mit James LoMenzo (Ex-White Lion) nach dessen Zeit zwischen 2006 und 2010 quasi erneuert, während Kiko Loureiro (Ex-Angra) seit 2015 und Dirk Verbeuren (Ex-Warrel Dane und dutzende weitere Combos) seit 2016 in Lohn und Brot bei Mr. Mustaine stehen.
Da das neue Album «The Sick, The Dying... And The Dead» erst anfangs September erscheint, stand noch der Vorgänger «Dystopia» (2016) im Vordergrund. Als klassischer Opener wird in den letzten Jahren ja nach dem Intro oft bis eigentlich immer «Hangar 18» gespielt. So auch in Zürich, aber dass der Mob dann bereits nach wenigen Sekunden voll steil geht, hätte ich so nicht gedacht, ja nie erwartet! Der Moshpit nahm sogleich urwüchsige Ausmasse an, und dessen enthielt sich Opa Slave ziemlich schnell, denn diese "Scheisse" brauche ich definitiv nicht mehr. Den beteiligten Fans gefiel die sich unentwegt drehende Raserei aber vorzüglich. Die Band nahm das erfreut zur Kenntnis und erwiderte ihrerseits mit unbändiger Power! Dazu kam, dass der Sound insgesamt überraschend druckvoll und transparent daher kam, was in dieser Halle eine echte Seltenheit ist! Die Songauswahl der «Dystopia»-Ära ähnelte sich, wobei sich hierbei für jeden Die-Hard Fan unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema ergeben. Bei «A Tout le Monde» ist man sich allerdings immer einig, sprich fehlt dieser Klassiker wie heute Abend, dann ist das in etwa so, wie wenn Deep Purple «Smoke On The Water» auslassen würden. Doch das konnte die positive Bilanz dieses total mitreissenden Auftrittes jedoch zu keiner Zeit schmälern. Man wähnte sich stimmungsmässig glatt in den 80ern/90ern, und selbst eine kleine "Wall Of Death" wurde vom agilen Mob noch angezettelt, Wahnsinn! Gesanglich war Dave solide unterwegs, heisst ein Meistersänger wird er nie mehr werden, aber das war Lemmy von Motörhead auch nicht. Nach knappen achtzig und aufgrund der Hitze sehr schweisstreibenden Minuten ging ein denkwürdiges Konzert zu Ende und hinterliess nur glückliche Metalheads!
Setliste: «Prince Of Darkness (Intro)» - «Hangar 18» - «The Threat Is Real» - «Dread And The Fugitive Mind» - «Angry Again» - «Conquer Or Die!» - «Dystopia» - «Sweating Bullets» - «The Conjuring» - «Trust» - «Wake Up Dead» - «Symphony Of Destruction» - «Peace Sells» - «Holy Wars... The Punishment Due» - «Silent Scorn» (Outro)