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06. und 07. September 2024, Hüttikon (ZH) - Hüttikerberg
By Rönu
Ja, man glaubt es kaum, aber obwohl die Line-ups schon in den vergangenen Jahren meinem Geschmack entsprachen, hatte ich es bisher nie ans "Meh Suff Festival" in Hüttikon geschafft. Dieses Jahr war es aber soweit, ich feiere Premiere und reise zum ersten Mal an den krönenden Abschluss der Open Air Saison. Auch 2024 warteten einige Knaller auf die Besucher, mit dem Höhepunkt Emperor, welche seit fünfzehn Jahren nicht mehr in der Schweiz waren. Der Wettergott meinte es gut, denn beide Tage waren trocken, dies notabene zwischen zwei Regentagen. Pünktlich zum Mittagessen traf ich auf der Waldlichtung ein, und Roxx führte mich erstmal durch das Gelände. Alles top organisiert und zum ersten Mal kam ich in den Genuss des tollen Service im Backstage-Bereich.
Der Zugang zum Fotograben ist zwar etwas abenteuerlich und auch der Durchgang zum Backstage Bereich etwas schmal geraten, aber sonst? Alles wirkt familiär und man merkt das Herzblut der Macher praktisch überall. Es verwunderte deshalb nicht, dass pünktlich zu ersten Band schon eine stattliche Anzahl Fans vor der Bühne wartete. Etwas, das ich an anderen Festivals schon ganz anders erlebt habe.
Freitag, 06.09.2024 (Erster Tag)
Echo vom Aathal
Die Ehre der Eröffnung fiel auf das Trio um die Ex-Drifter Mitglieder Peter Wolff, Roland Ribi und Gabor Szabo. Ganz ehrlich, viel erwartet habe ich nicht, denn die auf YouTube gefundene Single «Hellhorn», der Bandname und das volkstümliche Outfit hatten mich nicht wirklich gepackt. Umso schöner, wenn man dann so richtig überrascht wird. Nach einem Alphorn Intro legten die Jungs so richtig los und legten eine fulminante Show hin. Der Mix aus Heavy und Thrash fand nicht nur bei mir Anklang, und so darf ich EVA den innoffiziellen Titel "Posititve Überraschung" gerne überreichen. Wäre an der Zeit für ein komplettes Album!
Causam
In Sachen Bühnenbild lagen die Black Metaller Causam ganz weit vorne. Mit Corpsepaint und viel Kunstblut hinterliessen auch die Musiker einen mächtigen Eindruck. Doch schlussendlich zählt die Musik, und auch da bekam man einiges geboten. Der atmosphärische und melodiöse Black Metal in Kombination mit der Spielfreude machten den Auftritt zu einem wahren Genuss. Ebenso erfreulich war die Tatsache, dass sich Causam noch im Bühnen-Outfit viel Zeit für ihre Fans nahmen. Wow, was für ein Auftakt!
Embrace Your Punishment
Die Franzosen sorgten im Anschluss für erste Mosh- und Circle Pits. Kein Wunder, denn der Mix aus Brutal Death und Metalcore ist für solche Tätigkeiten prädestiniert. Eifrige Metal Factory Leser wissen jedoch, dass ich mit dieser Spielart nicht viel anfangen kann und mir deswegen eine Pause gönnte. Die Masse von der Bühne hatte aber sichtlich Spass, und das Zusammenspiel zwischen Band und Publikum war vom Feinsten.
Cân Bardd
Mein Interessen-Thermometer schlug aber gleich wieder aus, denn die drei Alben der Genfer zählen zur absoluten Sahne des Atmospheric Black Metals und sind für mich auf einer Stufe der Marke SAOR oder Summoning. Zudem habe ich die Band noch nie live erleben können. Nach dem Genuss des Konzertes fälle ich folgendes Urteil. Cân Bardd sind auch auf der Bühne grandios, allerdings entfaltet sich die Musik besser im Dunkeln. So blieb die Stimmung zwar gut, aber nicht ausgelassen. Sicher werde ich die Band bald auch mal in einem Club live erleben.
Insanity Alert
Die österreichischen Thrasher von Insanity Alert waren nun genau der richtige Wachmacher. Das Motto «Alles Kaputt in einer Minut» ist sowas auf den Punkt. Fünfzig Minuten Moshpits, Humor und Fun Thrash der Marke Municipal Waste, D.R.I. oder S.O.D. - Titel wie «Bohemian Moshedy» oder «Run To The Pit» reichten eigentlich schon aus, um das "Meh Suff" zu einer einzigen Party-Wiese zu verwandeln. Dazu sorgten die Aufforderung auf dem Laufschrift-Display für einige Lacher: "Death To Toblerone", "Wo sind die Hände?", "MOSH!". Dazu der charmante Tiroler Dialekt von Sänger Heavy Kevy, der mit seinem derben Humor und seinem Hawaii-Hemd Comedy pur ausstrahlte. Musikalisch gehörten die Jungs nicht zu den besten Bands, aber in Sachen Spass waren sie ganz vorne.
Kalmah
Apropos musikalisch: Das schlicht «Kalmah» betitelte, letztjährige Album der finnischen Melo-Deather landete in meiner Bestenliste weit oben. Gegenüber der Darbietung von Insanity Alert war das VOM Sound her eine Offenbarung. Die Performance war routiniert und absolut auf den Punkt gespielt, aber der Funke wollte irgendwie nicht so ganz auf die Meute überspringen. Insgesamt war es trotzdem ein kurzweiliger, solider Gig.
Paradise Lost
Die Briten sind auch schon über 35 Jahre im Geschäft und wissen genau, wie man das Publikum abholen kann. Mit einer ausgewogenen Setliste (klar das «As I Die» nicht fehlen durfte!) wurden Paradise Lost dem Status eines CO-Headliners absolut gerecht. Die Bühne wurde dabei in mächtig Rauch gehüllt, was in Verbindung mit der Lightshow die Atmosphäre generierte, welche perfekt zur melancholischen Musik passte. Persönlich hätte ich natürlich nur zu gerne ein, zwei Songs vom «Gothic» Album gehört, aber das war dennoch eine coole Show.
Overkill
Jetzt war die Lust bei mir gross nach einer echten Thrash-Keule, und wer wäre prädestinierter dafür als Overkill? Stilgerecht in grünes Licht getaucht betraten Blitz, D.D. Verni und ihre Mitstreiter die Bühne, um sie eine Stunde später mit der Gewissheit zu verlassen, dass man die Fans begeistert hat. Highlight war natürlich wieder einmal «In Union We Stand», aber auch das letztjährige, sackstarke Album «Scorched» kam zu Ehren. Die Amerikaner wurden ihrem Status als Headliner absolut gerecht und wohl nicht nur ich hätte der Band gerne noch etwas länger zugehört.
Vreid
Tja, nach dem Headliner ging es aber noch weiter, und auch wenn sich die Reihen wieder etwas lichteten, durften die Norweger von Vreid vor einer beachtlichen Kulisse loslegen. Zugegeben, ich habe mich bisher kaum mit der Band beschäftigt, aber nach diesem Konzert werde ich nicht darum herumkommen, denn Vreid legten einen beachtlichen Gig hin. Getragen von der immer noch beachtlichen Publikumsmasse und der packenden Atmosphäre wurde der melodische Black Metal zu einem wahren Genuss.
Les Projets d’Athéna
Mittlerweile war es schon weit nach ein Uhr frühmorgens, als das Duo aus Frankreich die Bühne betrat. Nach Vreid verliessen zwar viele Besucher das Festival-Gelände oder liessen den Abend im Fest- oder im 90er-Zelt ausklingen, aber ein paar Hartgesottene wollten sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Die Band verfügte nämlich mit Hades über einen echten Roboter als Schlagzeuger, welcher auch die Intros spricht. Durchaus speziell ist auch das Gemisch aus elektronischen Metal, Industrial, Death und Groove Metal. Dazu kam erschwerend dazu, dass die Klarstimme von Frontfrau Audrey, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig ist. Kein Wunder hatte das Duo es schwer, für Stimmung zu sorgen.
Samstag, 07.09.2024 (Zweiter Tag)
Ernte
Den Auftakt zum zweiten Tag markierten die Black Metaller von Ernte. Eigentlich handelt es sich ja nur um ein Duo, welches live aber zum Trio mit Drummer mutiert. Musikalisch weist man internationales Niveau auf, aber auch die ganze Ästhetik und das Bühnenbild wussten zu gefallen. Genau wie Causam am Vortag, bewiesen auch Ernte, dass wir in der Schweiz eine hervorragende und aktive Szene haben. Ein starker Gig einer hoffnungsvollen Band.
Knife
Bei der nächsten Band wusste ich genau, was mich erwartet. Räudiger Black Thrash und eine gnadenlos mitreissende Live-Performance. Das haben Knife schon oft bewiesen, und auch heute Abend lieferte die Band voll ab! Spielfreude, unbändiger Bewegungsdrang und eine klare Ansage gegen Faschismus und ihre Mitläufer (natürlich auch gegen die Wahlen im Osten und einer gewissen Partei). Tja, und wer Songs wie «White Witch – Black Death» oder «Black Leather Hounds» im Repertoire hat, vermochte natürlich auch beim "Meh Suff" für ein begeistertes Publikum zu sorgen. Saustark!
Epicardiectomy
Die Tschechen aus Prag präsentierten mit Clayton Meade einen neuen Sänger, wobei ich nicht wusste, ob dieser nur für Live-Auftritte am Mikro steht. Gemäss den sozialen Medien traten die Brutal Death Musiker noch nie vor einem grösseren Publikum auf. Auch wenn der eintönige Gesang meinen Geschmack nicht traf, sorgte die Band für mächtig Bewegung im Publikum.
Requiem
Seit über einem Vierteljahrhundert lärmen Requiem schon durch die Schweizer Metal-Szene und gehören somit zu den Routiniers. Wer auf klassischen Death Metal steht, wurde an diesem Samstag Nachmittag perfekt unterhalten. Dass die Band sich mehr auf die Musik und nicht auf das Optische konzentriert, bewies Sänger Michi. Statt genretypisch in Kampfstiefeln, brüllte er die Songs Flip-Flops tragend (!) ins Publikum. Doch Requiem hatten es auch nicht nötig sich irgendwie zu verbiegen. Guter und launiger Auftritt.
Virvum
Gleich nochmal einheimisches Schaffen stand auf der Running Order. Ich kannte die Band gar nicht, und ein Blick auf die Metal-Enzyklopädie brachte schnell zu Tage, dass die Zürcher vor acht Jahren ihr bisher einziges Album veröffentlichten. Nun, progressiver Death Metal ist nicht gerade dazu prädestiniert für Begeisterungs-Stürme zu sorgen, aber für einige Headbanger-Momente konnten die Jungs trotzdem sorgen. Ein solider Auftritt, aber die folgenden drei Bands sollten der Meute anschliessend zeigen, dass da noch viel mehr geht.
Ensiferum
Was für eine Sause! Wie gewohnt, sorgten die Finnen für Begeisterung und massig Circle-Pits. Bassist Sami sprühte dabei vor Spielfreude (wie eigentlich immer) und animierte das Publikum zu noch mehr Lautstärke. Dazu kommt Keyboarder Pekka, der mit seiner Klarstimme die perfekte Ergänzung zu Frontmann Petri Lindroos ist. Einige Überraschungen fanden den Weg in die Setliste, so habe ich «Warrior Without A War» und «Axe Of Judgement» nicht unbedingt erwartet. Schön, dass man immerhin die neue Single «Winter Storm Vigilantes» spielte. Ensiferum und schlechte Gigs? Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Emperor
Ehre, wem Ehre gebührt! Ganze neunzig Minuten standen der norwegischen Legende zur Verfügung, mehr als jeder andere Band des Festivals. Tja, wer einen Genre-Klassiker wie «In The Nightside Eclipse» in der Hinterhand hat, kann sich zurecht rühmen, zu den grossen Bands zu gehören, auch wenn man seit 2001 kein neues Material mehr gehört hat. Das ganze Konzert von Emperor kann mit einem Wort ganz gut beschrieben werden: Ehrfürchtig. So liess sich die Stimmung am besten beschrieben. Die Fans sogen den Auftritt förmlich in sich hinein und genossen die fantastische Darbietung. Die Nordlichter wurden ihrer Reputation gerecht und lieferten einen Gig ab, der sich bestimmt nachhaltig in das Gedächtnis von so manchem Besucher festgebrannt hat.
Messiah
Tja, normalerweise würde jede Band nach zwei solch tollen Gigs auf verlorenem Boden stehen. Nicht so die Schweizer Kultband Messiah. Mit dem Motto «40 Years of Thrashing Madness» legten die Jungs einen Gig hin, der sich gewaschen hatte. Mit einer Spielfreude, die ihresgleichen suchte, nahmen Messiah den Hüttikerberg in Beschlag und holten die letzten Energie-Reserven aus dem Publikum heraus. Schon im Aarauer KiFF, zusammen mit Coroner, waren Messiah bärenstark, und es scheint wirklich, als dass die Band gerade ihren zweiten Frühling erlebt. Abriss Pur!
Rectal Smega
Als definitiver Rausschmeisser durften um halb zwei in der Nacht die Niederländer ihr Grind-Geprügel loslassen. Das war natürlich um diese Zeit eine etwas undankbare Aufgabe, aber die Protagonisten liessen sich davon nicht beirren und beendeten die "Meh Suff" Ausgabe 2024 mit einem soliden Auftritt, auch wenn sie in meiner persönlichen Hitliste keinen Spitzenplatz belegen. Das war aber nach solch starken Bands und Konzerten auch nicht zu erwarten.
Fazit
Den Gang zu meinem ersten "Meh Suff Festival" bereue ich keineswegs, im Gegenteil. Ein fantastischer Open Air Abschluss mit Wetterglück und geiler Mucke. Was will man mehr? Meine musikalische Top-5 des Festivals waren Overkill, Knife, Ensiferum, Messiah und Causam. Die positive Überraschung das Echo vom Aathal, welches bestens unterhalten hat.