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17. November 2024, Pratteln – Z7
By Rockslave
Auch wenn der charismatische, unvergleichliche und unersetzliche Frontmann Dan McCafferty bereits seit zwei Jahren nicht mehr unter uns weilt, respektive sich schon vor elf Jahren aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen musste, sind Nazareth immer noch aktiv. Das liegt in erster Linie daran, dass Bassist Pete Agnew, der mittlerweile 78 Jahre auf dem Buckel trägt, dies alles als letztes, noch verbliebenes Ur-Mitglied physisch immer noch zu stemmen vermag. Dazu war die Wahl von Carl Sentance (Ex-Persian Risk, Ex-Krokus) sicherlich kein Fehltritt, auch wenn sein Vorgänger dadurch nicht kompensiert werden kann. In den vergangenen neun Jahren hat der aktuelle Frontmann aber eindrücklich bewiesen, dass vor allem die alten und zahlreichen Klassiker nach wie vor in mehr als würdigem Rahmen wiedergegeben werden können, und nur das zählt. Das fanden erstaunlich viele Besucher auch, die bereits vom Support-Act Seraina Telli bestens unterhalten und aufgewärmt wurden.
Seraina Telli
Die Schweizer Chart-Stürmerin, die in den letzten Monaten ausgiebig in der Schweiz und auch in Europa als Anheizerin die Bühnen stürmte, spielt nun die Trümpfe des gut gemischten Kartenspiels aus. Von Natur aus schon mit einer brillanten wie variantenreichen Gesangs-Stimme gesegnet, hat sich die Aargauerin spürbar weiterentwickelt und ist schlicht geboren für die Bühne. Ihr aktuell überaus farbiges, äusseres Erscheinungsbild kann mit einer unbändigen Lebensfreude gleichgesetzt werden, die sich stets in einer überaus agilen Performance entlädt. Kaum angefangen, übernahm sie das Zepter und gab die Zügel bis zum Schluss nicht mehr aus der Hand. Das Publikum hatte gar keine andere Wahl, als dazu zu antizipieren, und Seraina stand als Zeremonien-Meisterin stets im Mittelpunkt.
Die Energie, die sie auf Basis ihrer rockigen Songs freisetzte, füllte jeden Quadratmeter der Halle aus. Flankiert von Gitarristin Esmée van Sinderen (Ex-Cobra Spell) und Dead Venus Kollege Mike Malloth (Drums) wurde ein ordentliches Rock-Feuerwerk gezündet. Dabei wurden erlesene Tracks ihrer ersten beiden full-lenght Alben «Simple Talk» (2022) und «Addicted To Color» (2023) ausgesucht, die allesamt ihre Wirkung nicht verfehlten. Trotzdem mussten die Konzert-Besucher zuerst aus ihrer Komfort-Zone herausgerissen werden. "Ihr seid so leise!" skandierte die putzmuntere Frontfrau, die mich oft an Lzzy Hale erinnerte. Der aufbrandende Schluss-Applaus war mehr als verdient und vom Hinweis begleitet, dass Seraina Telli nächstes Jahr als Headlinerin auffahren wird. Dann nichts wie hin da!
Setliste: «Addicted To Color» - «Wish You Well» - «I'm Not Sorry» - «Take Care» - «Not One Of Your Kind» - «Think!» - «All Your Tears» - «Song For The Girls» - «Modern Warrior»
Nazareth
Beim letzten Auftritt vor einem Jahr in der Mühle Hunziken in Rubigen (BE) war ich nicht dabei, dafür aber beim vorletzten Gig an gleicher Stelle. Trotz dem kultigen Ort mit dem einzigartigen Ambiente und der jeweils unmittelbaren Nähe zur Band, vermochte mich der Auftritt der schottischen Rock-Legende nicht so zu fesseln, wie sonst. Das würde heute Abend im Z7 erfreulicherweise anders ausfallen. Das lag sicher auch am vergleichsweise überraschenden Aufmarsch an Besuchern (man sprach von gegen 900!), die an diesem Sonntagabend, mindestens teilweise, den "obligaten Tatort-Krimi" im TV aussen vor liessen. Dass diese Entscheidung goldrichtig war, wurde vorab schon mal mit dem tollen Support-Act gebührend eingeleitet und entwickelte sich darauf zum Selbstläufer.
Das letzte Studio-Album «Surviving The Law» kam 2022 heraus, und dessen Tour beinhaltete mit «Psycho Skies» gerade mal einen neuen Track, und heuer konzentrierte man sich bei der Songauswahl mitunter wieder auf Alben zwischen 1973 («Loud'n'Proud») und 1983 («Sound Elixir»). Letztes Jahr lag der Range zwischen 1973 und 1980 («Malice In Wonderland). Somit war klar, was einen erwarten würde, nämlich eine weitere Retrospektive aus dem weitläufigen Backkatalog. Warum dabei, und da wiederhole ich mich bei jeder Naz-Live-Rezis gebetsmühlenmässig, leider erneut keine Songs vom Killer-Album «No Mean City» (1978) vorgesehen waren, wäre mal eine Frage in einem Interview wert. Nichtsdestotrotz war die Setliste natürlich dennoch edel besetzt und hatte für alle etwas parat.
Nach dem unabdingbaren Intro «Caoineadh Cú Chulainn», wo die Gedanken stets hin zu Manny Charlton, Darrell Sweet und Dan McCafferty wandern, verriet schon das erste Guitar-Riff von Jimmy Murrison zum Opener «Miss Misery», dass dies wohl eines der besseren Gastspiele in Pratteln werden würde. Dies umso mehr, als ein schon fast etwas aufgedrehter Carl Sentance quicklebendig in den Song einstieg und auch die Körpersprache von Altmeister Pete Agnew andeutete, dass alles in Butter war. Der Rest war dann eigentlich nur noch ein Schaulaufen der Rock-Legende, die "halt" das spielte, was die Leute hören wollten, inklusive natürlich der beiden Musts «Dream On» und «Love Hurts». Als Ganzes resultierten jedoch neunzig wunderbare Konzert-Minuten, die viel zu schnell vorbei gingen.
Setliste: «Caoineadh Cú Chulainn (Intro)» - «Miss Misery» - «Razamanaz» - «Shanghai'd In Shanghai» - «Love Leads To Madness» - «This Flight Tonight» - «Holiday» - «Heart's Grown Cold» - «Beggars Day» - «Changin' Times» - «Hair Of The Dog» - «Love Hurts» - «Morning Dew» -- «Turn On Your Receiver» - «Where Are You Now» - «Go Down Fighting»