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Metal Factory since 1999
05. August 2025, Aarburg - Musigburg
By Rockslave
Sechs lange Jahre mussten Fans auf ein neues Album der amerikanischen Metal-Band Prong warten. Die Pandemie mit all ihren Unsicherheiten und Verwerfungen, aber auch erfreuliche Ereignisse im Privatleben von Sänger und Gitarrist Tommy Victor werden als Grund genannt. Die Rede ist vom aktuellen Album «State Of Emergency", das inzwischen bereits zwei Jahre auf dem Buckel hat. Ein fesselndes Werk ist es geworden, ausgestattet mit der gewohnt unbändigen Energie einer Gruppe, die bereits seit Mitte der Achtziger an vorderster Front agiert. Wobei "Gruppe" auf Tommy reduziert werden kann, denn er alleine verkörpert eigentlich Prong.
Die Liste der ehemaligen Mitstreiter weist mittlerweile eine ordentliche Länge auf, aber letztlich braucht es nur den Kapitän, der den Kurs vorgibt. Da sich Master Victor bekanntlich nicht gerne einengen lässt, finden sich auf dem genannten Album verschiedene Stile wie Punk, Metal, Post-Punk-Lärm, etwas Doom, Blues und Thrash. Wahrlich ein interessantes Potpourri, wo der Begriff "Crossover" dazu nicht passender sein könnte. Um dem auf Tour noch eine Schippe draufzupacken, hatte man Escuela Grind aus New York mit dabei, deren Bandname den Weg unmissverständlich vorgab!
Escuela Grind
Meine stilistische Baustelle wäre das ja nicht gewesen, aber manchmal muss man eben über den eigenen Schatten springen und die Scheuklappen ablegen. Um solche Situationen zu umgehen, sprich im Wissen darum (YouTube lässt grüssen!) hätte ich bloss später kommen müssen. In offizieller Mission für Metal Factory unterwegs, geht sowas natürlich nicht, und das war letztlich auch mein Glück, denn sonst wäre die Rubrik "schade, hast was verpasst!" bedient worden. Freilich hatte ich noch nie was von dieser Combo gehört vorher, aber was da pünktlich um 20:00 Uhr von diesem Quartett losgetreten wurde, hatten meine Lauscher noch nie erreicht. Angeführt von Frontfrau Katerina Economou wurde der Hebel ab Sekunde eins umgelegt. Die überschäumende Energie auf der nicht sehr grossen Bühne in der Musigburg führte zunächst mal aber zu einem Sturz über ein Kabel, der glücklicherweise ohne Folgen blieb.
Zu meiner Überraschung spielte die Band, zu der noch Gitarristin Kris "Krissy" Morash (plus ein unbekannter Live-Gitarrist) und die Rhythm-Section, bestehend aus Justin Atamirano (b) sowie Jesse Fuentes (d) gehörten, eine überaus groovige Mucke. Eingebettet ins Grind-Gerüst ergab sich ein kruder Stil-Mix mit heftigsten Vocal-Attacken. Dazu gesellten sich natürlich auch schnellere, grindige Parts, was zusammen und von Anfang an eine gute Stimmung unter dem Publikum anfachte. Dies liess die Temperatur im Innenraum und den Durst nach einer "wall of death" kontinuierlich ansteigen. Die halbe Stunde verflog dabei ziemlich schnell, hinterliess aber nur zufriedene Gesichter. Wie schon vor dem Konzert, wurde der Merchstand nach dem Konzert sogleich wieder in Betrieb genommen. Obwohl mir das Ganze soweit mundete, zumindest überwiegend, fehlte letztlich der Kick dann doch, um sich noch ein Vinyl zu krallen, aber als Support war der Vierer aus New York spitze.
Prong
Soviel ich weiss, hatte ich den Headliner zumindest bislang noch nie live gesehen. Weder am "Sweden Rock Festival", noch beim BYH!!!-Festival zierten sie jemals das Billing, aber zumindest beim "Hellfest" finden sich Einträge für 2013 und 2017. Meine Verbindung zu dieser Truppe geht jedenfalls zurück auf «Rude Awakening» von 1994, und dies als einzelne CD, die im Regal steht. Das hatte aber ausgereicht, dass mein Interesse für diesen Auftritt geweckt wurde, zumal die Musigburg ja nur etwas mehr als Viertelstündchen von mir zu Hause weg liegt. Vor Ort angekommen war der Anteil an bekannten Gesichtern erfreulicherweise nicht gerade wenig, was der Vorfreude einen zusätzlichen Schub verlieh. Bevor es um 21:20 Uhr losging, befand sich der Grossteil der Leute aufgrund der sommerlichen Temperaturen noch draussen, aber kaum ging es drinnen los, strömten die gut 150 Leute (oder einige mehr) rein vor die Bühne.
Mainman Tommy Victor, der nebst dem Gesang auch noch Gitarre spielt, hatte Drummer Tyler Bogliole (Electrocutioner) und Bassist Christopher Dean mitgebracht. Letzterer spielt(e) mitunter auch zusammen mit Nita Strauss (Alice Cooper, Ex-The Iron Maidens). Was auf den ersten Blick zusammengewürfelt schien, entfaltete schon bald seine Wirkung. Im Vorfeld war zu vernehmen, dass Prong "weit über zwei Stunden" spielen würden, heisst es war sogar die Rede von zweieinhalb Stunden und fast dreissig Songs! Darin enthalten war das komplette «Cleansing» Album von 1993, und was schon auf dem Papier für Freudentränen sorgte, entpuppte sich in der Folge als ziemlich kultige Performance. Mit jedem gespielten Song mehr stieg die eh schon bierselige Stimmung in ungeahnte Höhen, mehrere Mosh-Pits inklusive. Den berühmten Vogel schoss schliesslich Tiefton-Mann Dean ab, als dieser kurz von der Bühne stieg und eine Polonaise (!) startete. Ein Bild für die Götter und offenbar nicht nur The Night Flight Orchestra vorbehalten.
Wäre diese kurz vor Schluss abgehalten worden, hätte man sich wegen dem total (vom verschütteten Bier) verklebten Boden nicht mehr fortbewegen können! Das lässt erahnen, welche Party da vor Ort im Gange war. Da diese Tour unter dem Banner von wegen "31 Years of Cleansing" lief, erstaunte es dann hinten raus nicht, dass dieses Album , wenn auch nicht in der Reihenfolge des Studio-Werkes, komplett durchgespielt wurde. Einen Wermutstropfen hatte das Ganze allerdings für all diejenigen Besucher, die mit dem ÖV angereist waren und sich um 23:00 Uhr herum notgedrungen verabschieden mussten. Das war natürlich angesichts der ausgelassenen Stimmung ein Dämpfer, denn das Konzert dauerte, inklusive direkt angehängter Zugabe von «However It May End», bis um 23:30 Uhr. Tommy war sichtlich kaputt und verliess die Bühne umgehend, heisst wort- wie grusslos. Das kam überraschend und trug eine leicht befremdliche Note, aber das vermochte den genialen Auftritt in keinster Weise zu schmälern, im Gegenteil!
Setliste: «Beg To Differ» - «Senseless Abuse» - «One Outnumbered» - «Unfortunately» - «Out Of This Misery» - «Corpus Delicti» - «No Question» - «Broken Peace» - «Home Rule» - «Test» - «The Descent» - «For Dear Life» - «Disbelief» - «Ultimate Authority» - «Eternal Heat» - «Sublime» - «Not Of This Earth» - «Prove You Wrong» - «Unconditional» - «Lost And Found» - «Freezer Burn» - «Cut-Rate» - «Rude Awakening» - «revenge...Best Served Cold» - «Inheritance» - «Another Worldly Device» - «Whose Fist Is This Anyway?» - «Snap Your Fingers, Snap Your Neck» - «However It May End»