Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
05. Mai 2024, Aarburg – Musigburg
By Tinu
Die Musigburg hat sich für mich in den letzten Jahren zum absoluten Kult-Schuppen hochgearbeitet. Was der Veranstalter da in letzter Zeit an geilen Bands auf die Bühne gebracht hat, ist unglaublich! So überraschte es auch nicht, dass der Chilene Ronnie Romero, den man von Elegant Weapons, Rainbow, CoreLeoni, Gotus, Vandenberg oder der Michael Schenker Group her kennt, den Weg in die Musigburg fand. Auch wenn Ronnie an diesem Abend stimmlich leicht angeschlagen war, was seiner Performance nur einen minimen Abstrich in der Haltungsnote verlieh, sang Mister Romero so noch immer 99.9 % all seiner Kontrahenten in Grund und Boden.
Fire Rose
Die Oberbaselbieter gehören zu den Truppen, denen man in den letzten Jahren nicht ausweichen konnte, weil sie immer wieder im Vorprogramm eines Headliners auftraten. Die Jungs um Gitarrist Simi Giese bieten guten Hard Rock, der bestens in die Achtziger gepasst hätte und dank den Doppel-Leads (Simi und Florian Giese) einen kleinen Quervergleich zu Iron Maiden und Judas Priest zulassen. Was hier bei mir somit offene Türen einrennen sollte, änderte sich mit andauernder Spielzeit jedoch eher hin zu einem komischen Gefühl. Die Leads wurden immer und immer wieder gespielt, oftmals ziemlich identisch. Leider ohne das Flair, welches andere Truppen, wie die oben Genannten, erreichen. Hier ist oftmals weniger mehr und erzielt aber eine bedeutend packendere Wirkung. Dies hinderte die Jungs aber nicht daran, mächtig Spass auf der Stage zu zeigen und stetig in Bewegung zu sein. Sänger Philipp Meier beeindruckte dabei immer wieder mit seinen Screams, die er gezielt und effektiv einsetzte. Die Double-Bass Drums drückten und liessen einen breit grinsenden Simon Sutter auf seinem Drum-Hocker erstrahlen.
Ja, die Truppe verbreitete definitiv Freude in Aarburg, und zumindest den Fans schien das Präsentierte zu gefallen. Ganz grosses Kino war die Ansage von Frontmann Philipp, der die Anwesenden bat, am Schluss des Konzertes zum Merchstand zu kommen. "Ihr müsst kein Merch von uns kaufen, aber bitte legt etwas in die Kollekte. Das gesammelte Geld spenden wir wieder krebskranken Kindern". Das war eine echt rührende Geste und liess den Fünfer letztlich sehr sympathisch rüberkommen. Fire Rose verzauberten das Publikum, und auch wenn sich ab der Mitte des Sets gewisse Lieder zu wiederholen begannen, beendeten die Jungs ihren Gig mit furiosen Vibes und hatten definitiv mehr Plus- als Negativpunkte gesammelt. Allerdings liesse sich über das Outfit streiten und die Reinheitsgebote des Hard Rocks und Heavy Metals als heiligen Gral zu Rate ziehen. Wer nämlich einen solchen Sound zelebriert, bei dem reichen Lederklamotten alleine nicht aus, um zu verkörpern was man spielt.
Ronnie Romero
Wie schon angemerkt und laut Ohrenzeugen-Berichten erwähnte Ronnie, dass er dank einer Klima-Anlage in einem Hotel Probleme mit seiner Stimme kriegte und es im Raum stand, den Gig zu canceln. So stand der Südamerikaner mit einer etwas raueren Stimme auf der Bühne und eröffnete seinen Gig mit «Stand Up And Shout» von Ronnie James Dio. Der Sound beim Opener musste sich zuerst noch finden, und so erwies sich der Einstieg als eher holprige Angelegenheit. Auch schien sich der Bass durchs ganze Konzert hindurch wie bei Metallicas «And Justice For All» anzuhören (also nicht präsent), was den warmen Rock- und Metal-Tracks doch ein bisschen den Schneid abkaufte. Dies hielt Ronnie aber nicht davon ab, wie gewohnt immer wieder durch seine Haare zu streichen und mit einem spitzbübischen Lächeln nicht nur die weiblichen Fans auf seine Seite zu ziehen. In den folgenden knapp neunzig Minuten liess die Ronnie Romero Band im Grundsatz nichts anbrennen. Zieht man aber die Alex Beyrodt And Friends Gala Show am diesjährigen ICE ROCK Festival als Vergleich hinzu, hinkte die Solo-Band von Ronnie spürbar hinterher. So, nun aber genug gemotzt!
Mit seinen eigenen Songs wurde auch der Sound besser. Wer nun denkt, dass «Castaway On The Moon», «I've Been Losing You», «Chased By Shadows» und «Crossroad» gegenüber den Klassikern abfallen würden, sah sich getäuscht. Auch wenn diese Tracks sicherlich (noch) nicht den Stellenwert wie zum Beispiel ein «Smoke On The Water» oder ein «Seperate Ways» aufweisen, so fühlte man die Intensivität, welche die Romero-Songs ausstrahlten. Intensiv ist eh alles, was der Südamerikaner anfasst. Seine Stimme besitzt eine Wärme und Ausstrahlung, wie sie heute nur noch sehr selten zu finden ist. Man erkennt Ronnie unter Millionen seines Handwerkes heraus, und auch wenn er oftmals als Cover-Sänger belächelt wird, weil er in so vielen Bands die Rolle von berühmten Vorgängern übernahm, so schmettere ich diesen Frevlern ein simples "machts doch besser!" entgegen. Mit Rainbows «Stargazer» griff der Shouter dann ganz tief in die Legenden-Kiste und liess keine Wünsche offen, wie man diesen Track mit Hingabe, Leidenschaft und Inbrunst singt.
Ronnie lässt kein übersteuertes Ego zu, welches seinen Mitmusikern das Licht und den Platz auf der Bühne streitig machen könnte, und das hat er auch gar nicht nötig. Mit seiner kecken, sympathischen und frechen Art "feierte" er zum Beispiel seinen Trommler ab. "Yesterday we played just for fun and without any rehearsal this track. It's the favorite song of our drummer, so tonight we make him happy!" als Einleitung zu Journeys «Separate Ways». "Oh it’s time for the end. Yes, believe me, this is a Swiss time!", während Mister Romero auf seine Uhr zeigte, mit einem breiten Grinsen ins Publikum lächelte und einen weiteren Beweis dafür lieferte, dass er seine sympathische Art nicht in der Garderobe oben liegen gelassen hat. Oder als ihm ein Besucher seinen Geldbeutel hinstreckte und Ronnie meinte: "Okay, we can play ten songs more!" Er spielte jeweils mit der aktuellen Situation, ohne aufgesetzt zu wirken, sondern mit einem Charme auftrumpfte, wie ihn heute nur noch sehr wenige beherzt auf der Bühne ausleben. Als sich die Band von der Bühne verabschieden wollte, sagte Ronnie: "You want more (zum Publikum gerichtet)? They payed for this, what are you doing (zu seinen Bandkumpels gerichtet)?"
Auch wenn «Rainbow In The Dark» langsamer gespielt wurde, als in der Original-Version von Dio, hatte die Truppe mit dem offiziellen Abschluss-Track «Long Live Rock'n'Roll» und dem dazugehörenden Mitsingspiel so ziemlich alles richtig gemacht. Und dies lag nicht nur an «Kill The King» und den Whitesnake Nummern, sondern zu einem sehr grossen Teil am Meister selbst. Mit dem Deep Purple Klassiker «Burn» wurde der Abend souverän abgeschlossen. Ronnie und seine Jungs liessen sich zu Recht von den Anwesenden feiern und stiegen nach 85 Minuten die steile Treppe zu den Backstage-Räumlichkeiten hoch. Wo immer Ronnie als Nächstes auftreten wird und mit welcher Band, sollte nicht erst seit diesem Abend allen ins Bewusstsein rufen, dass solche Musiker, wie Ronnie Romero einer ist, in der heutigen Zeit eher Mangelware geworden sind. Die alten Helden werden irgendwann abtreten, aber mit Ronnie haben wir eine Persönlichkeit, welche das Flair ausstrahlt sowie Hingabe und genug Passion in sich trägt, um die Musik als das am Leben zu erhalten, was sie immer war und sein sollte. Die unverfälschte Persönlichkeit eines Musikers in Songtexten, Harmonien und Klängen auf die Bühne zu bringen.
Setliste: «Stand Up And Shout (Dio Cover)» - «Castaway On The Moon» - «I've Been Losing You» - «Chased By Shadows» - «Stargazer (Rainbow Cover)» - «Love Ain't No Stranger (Whitesnake Cover)» - «Crossroad» - «Kill The King (Rainbow Cover)» - «Separate Ways (Journey Cover)» - «Crying In The Rain (Whitesnake Cover)» - «Smoke On The Water (Deep Purple Cover)» - «Rainbow In The Dark (Dio Cover)» - «Long Live Rock'n'Roll (Rainbow Cover)» -- «Burn (Deep Purple Cover)»