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30. Oktober 2024, Pratteln - Z7
By Tinu
Man kann über Cover- und Tribute-Bands denken was man will. Wer auf eigene Kreativität steht, dem werden solchen Truppen kaum einen Groschen aus den Hosentaschen ziehen. Auf der anderen Seite werden es irgendwann aber genau diese Formationen sein, welche die grossen Bands noch am Leben erhalten, wenn die Originale das Parkett schon lange verlassen haben. Wer aber mit einer solchen Hingabe und dermassen authentisch die Klassiker von Iron Maiden auf der Bühne zelebriert wie Kirsten Rosenberg (Gesang), Wanda Ortiz (Bass), Linda McDonald (Drums), Nikki Stringfield (Gitarre) und Shani Kimelman (Gitarre), dem gebührt ein grosses Lob. Die Ladys treten nicht nur als The Iron Maidens auf, sondern lassen auch viele Requisiten aus vergangenen Tagen ihrer Vorbilder in der Show einen wichtigen und wertvollen Platz einnehmen. Ganz abgesehen davon, dass man bei den Mädels Songs geboten bekommt, welche die Originale noch nie oder nur sehr selten live spielten.
Darkness Surrounding
Manchmal frage ich mich echt, welche Leute sich einen Support für einen Headliner aussuchen. Die Wuppertaler Darkness Surrounding passten ungefähr so gut zu The Iron Maidens wie Nutella zu Fisch. Die Band um Sänger Tim präsentierte sphärischen Death Metal mit growligen Vocals und einer feinen, weiblichen Stimme (Gitarristin Kessi). Der Mischgesang liess den Sound sicherlich abwechslungsreicher erklingen, konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Applaus eher verhalten, denn euphorisch war. Den vorderen Reihen schien das Ganze mit zunehmender Spieldauer zu gefallen, sah man doch immer wieder Fans, die ihr Haupthaar zum Sound der Deutschen propellerartig drehen liessen. An anderer Stelle, sprich mit einem passenden Haupt-Act, hätten Darkness Surrounding sicherlich überzeugen können. An diesem Abend schien es aber, dass die zahlreichen Iron Maiden Fans nur auf die eisernen (Jung-) Frauen warteten.
The Iron Maidens
Wie ihre Vorbilder, starteten die Girls ebenso mit dem bekannten UFO Track «Doctor Doctor» als Einstieg in die leider nur 75 Minuten dauernde Show. Auch wenn das, was in dieser Zeit geboten wurde, ausserordentlich wie grandios war, blieb dieser Wermutstropfen leider (fett) an The Iron Maidens kleben. Somit ist aber der einzige "Schwachpunkt" bereits erwähnt und wir tauchen ein in die Welt einer Band, welche die Metal-Szene nachhaltig mitgeprägt hat. Mit dem (nicht vom Band kommenden) «The Ides Of March» starteten die Ladys in einen Set, der sich mehr als nur sehen und hören lassen konnte. Das nachfolgende «Wrathchild» präsentierte eine angriffslustige Truppe, die sich von Song zu Song steigerte, noch mehr Sicherheit und Souveränität gewann. Herrlich war es mitanzusehen, wie Wanda ihren Fuss auf die Monitor-Box stellte und den Bass immer wieder wie ein Maschinengewehr in das gut gefüllte Z7 hielt.
Wer da nicht umgehend an Steve Harris dachte, hat Iron Maiden noch nie live gesehen. Die Schweissbänder an ihren Handgelenken gehörten dabei ebenso dazu, wie die coole Bühnendeko, die mit zwei Treppen links und rechts des Drums an eine vergangene Zeit erinnerte. Diese beiden Treppen führten zu einem Laufsteg, der den Damen, erhöht hinter dem Schlagzeug, immer wieder Platz für ihre agile Bühnenshow bot. Das Backdrop mit einer Iron Maidens erinnerte dabei an die «Killers» Zeit. Das legendäre "scream for me Pratteln!" durfte an diesem Abend ebenso wenig fehlen, wie Eddie, der seinen Auftritt als Cyborg bei «Wasted Years» hatte, aber auch bei «Powerslave» und als Teufel bei «The Number Of The Beast». Wanda liess es sich bei «The Trooper» nicht nehmen, zuerst nur die Schweizer Fahne und dann zusammen mit dem "Union Jack" den Fans einen Gruss von der Bühne herunterzuwinken.
Als Kampfpilotin mit einer ledernen Mütze sah man die Sängerin bei «Aces High», während sie den Schlusspunkt bei «Powerslave» mit einer federnen Maske sang. The Iron Maidens überliessen nichts dem Zufall und brillierten auch als Musikerinnen. So gab die ehemalige Phantom Blue Schlagzeugerin Linda wuchtig den Takt an, dies immer mit einem breiten Grinsen im Gesicht versehen. Zusammen mit Wanda, die in ihrer Rolle als Steve Harris förmlich aufblühte, bildeten die beiden die Rhythmus-Maschine, auf die sich die beiden Gitarristinnen (die blonden Haare flogen immer wieder im Takt) verlassen konnten und dabei ihre Riffs, Akkorde und Solos mit zunehmender Spielfreude und einem noch breiteren Grinsen ins Publikum pfefferten. War dies jeweils auf der linken und rechten Bühnenseite, oder zusammen als Duett. In der Mitte stand derweil Kirsten, die bei den Solos ihren Ladys den Spot überliess. Sie sang mit einer unglaublichen Sicherheit und meisterte selbst die hohen Schreie bei «The Number Of The Beast», «Hallowed Be Thy Name» oder «Aces High» mühelos.
"Do you feel the holy spirit?" wollte die Shouterin wissen. Ja, man spürte ihn, auch weil die Setliste Schmankerl bereithielt, die man heute von den Inspiratoren nicht mehr vorgesetzt bekommt (okay, vielleicht auf der kommenden «Run For Your Lives» Tour 2025?!) - «Remember Tomorrow» widmete Wanda dem kürzlich verstorbenen Iron Maiden Sänger Paul Di'Anno. Mit welcher Hingabe diese Nummer speziell von den beiden Gitarristinnen gespielt wurde, sucht seinesgleichen. Das nachfolgende und in meinen Augen immer schmerzlichst vernachlässigte «Flash Of The Blade» zeigte auf, was für eine grandiose Nummer dieses Lied ist. Die brillante Gitarren-Arbeit und der freche Rhythmus belegten dies auf eindrückliche Art und Weise. Wie auch «The Loneliness Of The Long Distance Runner». Auch wenn dieser Track damals auf der «Somewhere In Time» Scheibe etwas unterging, hat er bis heute nichts von seiner Faszination verloren und wurde an diesem Abend von The Iron Maidens zu Recht intoniert.
Nach langer Zeit wieder einmal «Murders In The Rue Morgue» hören zu dürfen, kam einem niederknienden und zu geniessenden Moment gleich. Dass daneben auch die grossen, schon erwähnten Hits gespielt wurden, rundete einen Set ab, der das Beste aus der Frühphase vom Debüt «Iron Maiden» bis und mit «Somewhere In Time» präsentierte. Was will der alte Maiden Fan also mehr? Musikalisch wie auch showtechnisch bot das Quintett eine richtig geile Performance und wurde von den Anwesenden verdient abgefeiert. Mit "danke schön, thank you so much!" bedankte sich Kirsten nach «Aces High» (welches von «Churchill's Speech» vom Band eingeläutet wurde) beim Publikum. Hoffen wir nun, dass uns The Iron Maidens bald wieder beglücken werden und erneut einen Abstecher in der Schweiz machen. An diesem Abend taten sie, was ihr Auftrag war. Sie spielten ihren Set mit viel Hingabe, wie Leidenschaft und liessen dabei keinen Zweifel darüber aufkommen, dass sie diese Klassiker ohne jeden Zweifel spielen und sich mit jedem weiteren, gespielten Gig einen noch besseren Ruf gutschreiben lassen dürfen.
Setliste: «Intro (Doctor Doctor – UFO)» - «The Ides Of March» - «Wrathchild» - «The Evil That Men Do» - «Wasted Years» - «The Trooper» - «Remember Tomorrow» - «Flash Of The Blade» - «The Number Of The Beast» - «Murders In The Rue Morgue» - «Hallowed Be Thy Name» -- «Churchill's Speech» - «Aces High» - «The Loneliness Of The Long Distance Runner» - «Powerslave»