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24. April 2023, Pratteln - Z7
By Rockslave
Es ist jetzt genau ein Vierteljahrhundert her, seit ich damals über das vierte Studio-Album «Clone» auf die britischen Progressive Metal Masters Threshold aufmerksam wurde. Das war auch gleichzeitig das Debüt von Frontmann Andrew "Mac" McDermott (R.I.P), der mich mit seiner hammermässigen Gesangsstimme richtiggehend elektrisierte. Bis zu seinem Ausstieg im Sommer 2007 lieh Mac sein Sangesorgan insgesamt sechs Alben (inklusive «Wireless - Acoustic Sessions» von 2003) und hinterliess ein unauslöschliches Vermächtnis, das mit seinem tragischen Tod vier Jahre danach noch bedeutsamer wurde. Erst mit dem späteren Aufarbeiten der ganzen Bandgeschichte nahm ich zudem wahr, dass Macs Vorgänger Damian Wilson und Glynn Morgan waren. Also genau die zwei Frontleute, die auch die Ära nach Mac wieder prägen sollten. Die aktuelle Bandgeschichte, respektive seit Herbst 2017, schreibt nun Glynn erfolgreich weiter. Mit im Gepäck hatte man das brandneue Album «Dividing Lines» und mit Oddland sowie Virtual Symmetry zwei Support-Bands als Anheizer.
Oddland
Obwohl die vierköpfige Combo aus Turku, Varsinais-Suomi, Finnland schon vor zwei Dekaden (!) gegründet wurde, 2011 in der Heimat an der "Finnish Metal Expo" teilnahm und als Gewinner des "Suomi Metal Star" hervor ging, hatte ich bislang noch nie was von den Jungs zuvor gehört oder gesehen. Solls geben sowas, und erstaunt bei der Menge an Metal-Bands weltweit ja nicht wirklich. Auf dem Papier kriegten wir es mit einer Progressive Metal/Rock Truppe zu tun, die nach eigenem Bekunden erst den zweiten Gig in der Schweiz spielte. Der Fokus der ausgewählten Songs lag dabei auf dem aktuellen, dritten Longplayer «Vermilion» (2022). Der Opener «Resonance» brachte zunächst sehr düsteres Riffing hervor, das gar etwas dissonnant klang, bevor der klare Gesang von Sakari Ojanen einsetzt und, zusammen mit einem schönen Guitar-Solo von Jussi Poikonen, ein melodischer Kontrastpunkt gesetzt wurde. Ebenso fällt das prägnante Bass-Spiel von Joni Palmroth mit seinem 5-Stringer auf.
«Vermilion Pt.2: Below» lässt anschliessend ein paar orientalische Klänge frei, bevor es nachher wieder mit Nevermore-artigem Riffing weiter geht und der kräftige Gesang gewisse Reminiszenzen an Devin Townsend (ohne dessen Bombast-Raserei) aufkeimen lässt. Soundmässig wird noch einiger Druck freigesetzt und doch bleiben die ruhigeren Momente, wie auch bei «Vermilion Pt.4: Feed The Void», hängen, wo Jussi mit einem mir nicht bekannten, elektrisch verstärkten Blasinstrument Saxonphon-ähnliche Töne erzeugt. Der Range zwischen brachial und lieblich ist bei den Finnen fliessend, und mit «Ire» ab dem Debüt «The Treachery Of Senses» (2012), bot das Quartett das volle Paket, für das Oddland mit ihrer Musik stehen. Obwohl das Publikum zwangsläufig proglastig war, erzeugte der teils sehr sperrige Sound keine Begeisterungsstürme, aber dennoch sehr ordentlichen Applaus. Ein weiteres und womöglich zugänglicheres Müsterchen folgte noch mit «Skylines, ehe der bloss etwas über halbstündige Ausflug ins Oddland'sche Universum mit «Unity» einen würdigen Abschluss fand.
Setliste: «Resonance» - «Vermilion Pt.2: Below» - «Vermilion Pt.4: Feed The Void» - «Ire» - «Skylines» - «Unity»
Virtual Symmetry
Dass die zweite Band aus dem Kanton Tessin, also der Schweiz stammte, hätte ich ohne die Infos zum Konzert auf der offiziellen Z7-Homepage nicht gewusst. Somit musste also meine Wenigkeit schon zum zweiten Mal zu Kreuze kriechen und sich ernsthaft fragen, ob da ein Weilchen gepennt wurde oder dies ein weiterer Zufall ist?! Auf jeden Fall ist es so, dass Gitarrist und Mastermind Valerio Æsir Villa zwischen 2009 und 2012, also noch bevor 2014 die Single «Program Error (We Are the Virus)» erschien, als Multiinstrumentalist, sprich One-Man-Show unterwegs war. Mit dem Formieren einer Band, zu der mitunter der sackstarke, italienisch-stämmige Sänger Marco Pastorino (Even Flow, Fallen Sanctuary, Temperance und weitere) gehört, wurde 2016 das Debüt «Message From Eternity» veröffentlicht, gefolgt von «Exoverse» (2020) und dem selbstbetitelten, dritten Werk von letztem Jahr. Weiter gehören hier, neben einzelnen Singles, noch die EP «X-Gate» (2017) und das Live-Album «XLive Premiere» (2018) dazu. Nicht übel würde ich mal meinen, und obwohl hier Circus Maximus, Dream Theater und auch Pagan's Mind sowie DGM als musikalische Vergleiche genannt werden können, blieb die Truppe bisher, zumindest für meine Begriffe, eher unsichtbar.
Das änderte sich heute Abend schlagartig, als der Gewalts-Opener «The Paradise Of Lies» quasi das Portal hin zum Prog-Universum weit aufriss! Angeführt durch Valerios üppige Gitarrenwand und Tastenmann Marco Bravis Keyboard- und Synthie-Sounds brachte Maestro Pastorini seinen messerscharfen wie glasklaren Gesang in Stellung. Was dann, zusammen mit der Rhythm-Section Alessandro Poppale (Bass) und Alfonso Mocerino (Drums seit 2019 und Nachfolger von Davide Perpignano) folgte, liess manche Kinnlade kraftlos nach unten klappen! Du heilige Scheisse, was war denn das für ein hammermässiges Brett?! Während rund vierzig Minuten zogen Virtual Symmetry voll vom Leder, und da muss man sich schon fragen, warum so eine begnadet aufspielende Truppe nicht bekannter ist?! Die hinterlegte Visitenkarte wurde vom mittlerweile zahlreicher vor der Bühne stehenden Publikum verdient wie lautstark abgefeiert. Letztlich war das Z7 aber nicht mal zu einem Drittel gefüllt, was für einen Montagabend natürlich nicht weiter erstaunte. Hoffen wir, dass die Tessiner Top-Progger bald wieder live zu sehen sein werden.
Setliste: «The Paradise Of Lies» - «Safe» - «Exodus» - «My Story Unfolds» - «Fantasie di verità» - «Come Alive»
Threshold
Nach der mehr als sehr gelungenen Darbietung der Schweizer Prog-Walze von "ennet dem Gotthard" musste der Headliner nun noch ein Schippe nachlegen. Dass dies gelingt, war aufgrund der Dichte an griffigen Songs und Epen eigentlich keine Frage. Allerdings wird es bei der Menge an geilen Nummern zunehmend schwieriger, hier die richtige Balance zu finden. Und wie man es auch anstellt, wird es immer Fans geben, deren Lieblings-Songs durch Abwesenheit auf der Setliste "glänzen". In Zeiten des Internets und konkret der Site setlist.fm besteht allerdings die Möglichkeit, Frust oder Freude schon vor dem Konzert zu erzeugen, wenn man zufälligerweise nicht gerade dem Tour-Start beiwohnt. Das war heute Abend jedoch nicht der Fall, heisst zuvor fanden schon ein paar Gigs statt und am Vorabend gastierte man in den Niederlanden. Der prüfende Blick auf die Setliste offenbarte dann halt auch in meinem Fall schon zum Voraus, dass vor allem die neue Scheibe gleich mit sieben der insgesamt zehn Songs bedacht wurde. Da vom Vorgänger «Legends Of The Shires» (2017) vier Nummern ausgewählt wurden, blieb bezüglich alten Krachern halt nicht mehr viel übrig. In meinem Fall wurde «Clone» damit gänzlich ausgeblendet, ebenso fehlten ein paar grossartige Mac-Dinger wie «Ravages Of Time», «Light And Space» oder «Pilot In The Sky Of Dreams.
Nichtsdestotrotz gaben sich Threshold vor einem vergleichsweise mickrig kleinen Backdrop und keinerlei Bühnenschmuck keine Blösse und lieferten im gewohnten Rahmen ab. Da Rhythmus-Gitarrist Pete Morten seit 2017 leider nicht mehr mit von der Partie ist, wird Karl Grooms Gitarre jeweils voll über beide Kanäle gepumpt. Soweit so gut, aber manchmal entstehen halt doch einzelne Löcher, ganz zu schweigen davon, dass früher um einiges mehr gepost wurde. Glynn schnallte sich ab und an zwar eine Gitarre um (denn spielen kann er und wie!), aber seine Einsätze waren nur punktuell. Vielmehr hatte er noch mit dem temporären Ausfall des In-Ear Systems zu kämpfen, und da hatte man das Gefühl, dass nur deswegen, weil er sich eben nicht mehr hörte, der eine oder andere, "schiefe Ton" die Folge war. Zum Glück konnte diese ärgerliche Einschränkung bald behoben werden. Für Unterhaltung sorgte derweil Drummer Johanne James, der mit seinen Drum-Sticks ein paar Gimmicks auspackte und das Publikum zeitweilen zum Mitklatschen animierte. Keyboarder Richard West wirkte hinten derweil fast etwas verloren, aber die benötigten Passagen liessen nichts anbrennen. Das Selbstvertrauen ins neue Songmaterial war offensichtlich und wurde von den gut antizipierenden Fans lautstark gewürdigt. Ich fand die letzte Tour ingesamt aber besser.
Setliste: «Haunted» - «The Domino Effect» - «Slipstream» - «Let It Burn» - «The Shire (Part 2)» - «Mission Profile» - «Defence Condition» - «Pressure» - «Silenced» - «Snowblind» - «Complex» - «Lost In Translation» -- «King Of Nothing» - «Small Dark Lines»