Swiss Hard Rock and Heavy Metal Magazine since 1999
You can reach us via email or phone.
+41 (0) 79 638-1021
17. Oktober 2022, Zürich - Volkshaus
By Rockslave
Eigentlich wäre die Tour zum 50-jährigen Jubiläum der britischen Rock-Ikone ja schon vor zwei Jahren geplant gewesen, aber durch die unsägliche Corona-Pandemie schob sich das Ganze auch hier um zwei Jahre nach hinten. Letztlich spielte es aber keine Rolle, denn das Volkshaus in Zürich war heute Abend ziemlich gut gefüllt, wenn nicht gar "sold out". Mastermind Mick Box, mittlerweile auch 75 Jahre alt geworden, erfreut sich, wie die anderen Bandmembers glücklicherweise auch, einer nach wie vor guten Gesundheit. Das ist auch nötig wenn man bedenkt, wie viele Konzerte diese Band alljährlich immer noch zu spielen vermag! Vor fast genau vier Jahren gastierten Uriah Heep auch hier in Zürich anlässlich der «Living The Dream» Tour. Dies ist das sackstarke, sprich noch aktuelle Studio-Album, das im nächsten Jahr den heiss erwarteten Nachfolger kriegen wird. Bis dahin wird die Kult-Band noch bis in den Dezember hinein live zu sehen sein. Zur Feier des halben Jahrhunderts gab es eine spezielle Tour, die erstens ohne einen Support bestritten und zweitens in zwei Sets aufgeteilt wurde. Der erste Part war rein akustisch gehalten und danach ging es, wie gewohnt, mit Schmackes zur Sache!
Uriah Heep
Acoustic Set
Eher ungewohnt war die heutige Regelung für die Fotographen, denn für einmal wurde nicht erlaubt, die Musiker aus der üblichen Nähe abzulichten. Der Grund war in diesem konkreten Fall freilich der selbe wie das letzte Mal, hiess "no barricades", also keine Absperrungen vor der Bühne! Dass man jedoch, vor allem zum Akustik-Set, keine herum wuselnden Presseleute wollte, leuchtete allerdings ein, keine Frage. Dafür wurde jedoch der Blankoschein in der Beziehung gewährt, dass die insgesamt nur drei Medien-Vertreter (meine Wenigkeit eingeschlossen) sich sonst überall frei bewegen und während der gesamten Konzertdauer (!) betätigen konnten. Dabei war schnell klar, dass dies dann überwiegend auf dem Balkon oben vonstatten ging. Tele-Objektiv sei Dank, gelangen mir dann so genügend gute Fotos. Überhaupt konnte man das Konzert von dort herab fast am besten miterleben. Kurz nach 20:00 Uhr ging es pünktlich los, aber nicht mit Musik, sondern mit eingespielten Gratulationen zum Jubiläum, wo dann mitunter Namen wie Def Leppard, Steve Lukather (TOTO), Pete Agnew (Nazareth), Rob Halford und Richie Faulkner (Judas Priest), Joey Tempest (Europe), Franics Rossi (Status Quo), Biff Byford (Saxon), Alice Cooper, Joe Lynn Turner, Scott Gorham (Ex-Thin Lizzy, Black Star Riders), Vanilla Fudge, Steve Harris (Iron Maiden), Ian Anderson (Jethro Tull, spielte noch eine kleines Ständchen!), Brian Tatler (Diamond Head), Blue Öyster Cult, Deep Purple (ganze Band) und sogar Paul Stanley (KISS) wie auch Brian May (Queen) zu den Gratulanten zählten.
Anschliessend kam die Truppe unter grossem Applaus auf die Bühne und nahm die vorgesehenen Plätze ein. Um sowas, also einen akustischen Part überhaupt spielen zu können, braucht es die entsprechenden, sprich passenden Songs dazu, und solche haben Uriah Heep zur Genüge an der Hand. Als Opener wurde «Circus» vom 73er-Album «Sweet Freedom» gewählt, gefolgt von «Tales» («The Magician's Birthday, 1972). Schon nur das klang einfach superb und beim anschliessenden Classic «Free Me» (ab «Innocent Victim», 1977) wanderten meine Gedanken sogleich wehmütig zum ehemaligen Frontmann John Lawton, der letztes Jahr unerwartet mit knapp 75 Jahren verstarb. «Come Away Melinda», einer eher seltenen Cover-Version im Backkatalog der Briten und die übrigens auf dem Debüt «…very ’eavy …very ’umble» (1970) zu finden ist, konnte in der originalen (akustischen) Fassung gespielt werden. Obwohl die Geräuschkulisse hierzu fein und lieblich klang, reagierte das Publikum mit zunehmender Begeisterung. Der erwartete Peak wurde dann natürlich mit «Lady In Black» gesetzt, dessen Refrain deutlich lauter als während eines normalen Konzertes mitgesungen wurde. Die insgesamt gespielten Songs waren wohl gewählt, auch wenn es natürlich noch einige weitere Perlen wie «Heartless Land» oder das wunderbare Lied «Question» (beide auf «Sonic Origami», 1998) oder «Dream On» («Sea Of Light», 1995) gegeben hätte. Unter dem Strich war der erste Part des Abends mehr als stimmig und könnte, je nachdem, zu einem späteren Zeitpunkt durchaus wiederholt werden. Für mich jederzeit!
Setliste (Acoustic): «Circus» - «Tales» - «Free Me» - «Come Away Melinda (Cover The Weavers)» - «Confession» - «Rain» - «The Wizard / Paradise / Circle Of Hands» - «Lady In Black»
Electric Set
Es war, bis auf ein paar Ausnahmen, nicht zu übersehen, dass die heutigen Besucher des Zürcher Volkshauses einen ziemlich hohen Altersdurchschnitt aufwiesen, was ja angesichts der aufspielenden Band kein Wunder war. Trotzdem fragte ich mich, ob es da nicht einige Leute darunter hatte, die nach dem "Unplugged-Part" etwas überrascht sein würden, wenn Mick Box und seine Kollegen die Amps zum Rauchen bringen. Nach einer relativ kurzen Umbaupause von etwa einer halben Stunde setzte «Against The Odds» als zweiter Opener (wie auch auf «Sea Of Light» am Anfang stehend) die erste lautstarke Duftmarke, die mit «The Hanging Tree», dem nächsten Lawton-Song (ab Firefly, 1977) für eine fette Gänsehaut meinerseits sorgte. Spätestens mit «Traveller In Time» tauchte man tief in den erfolgreichen "Heep'schen Musik-Kosmos" der 70er-Jahre ein und stellte dabei erfreut fest, dass das Material von 1972 («Demons And Wizards») keinem Verfallsprozess unterworfen ist, im Gegenteil. «Between Two Worlds» von 1998 («Sonic Origami») war der "drittjüngste Track" auf der Setliste, und «What Kind Of God» schlug die erste Brücke in die 2000er («Wake Up The Sleeper», 2008). Der Rest war, mit Blick auf die "Electric Setlist", nichts anderes als eine edle Kür von einem Klassiker zum anderen. Die Band spielte wie gewohnt, sprich nach wie vor ultratight auf, was natürlich auf das Konto von Power-Drummer Russell Gilbrook geht, der bei und mit jedem Schlag immer 110 Prozent fährt! Doch all dies wäre nichts ohne den Ur-Motor Mick Box, der sich ebenso keine Blösse gab.
Dazu Tastenmann Phil Lanzon, der den unvergessenen Ken Hensley (R.I.P.) in der gleichen souveränen Art ersetzt hat, wie das Don Airey bei Deep Purple bezüglich des Maestros Jon Lord (R.I.P.) vermochte. Längst angekommen ist auch Bassist Davey Rimmer, der seit 2013 den Platz von Trevor Bolder (R.I.P.) in sehr würdiger Art und Weise übernommen hat. Bleibt noch Frontmann Bernie Shaw, ohne den es Uriah Heep niemals bis hierhin geschafft hätten. Seine 36 Jahre wiegen all seine Vorgänger locker auf, ohne dass diese jedoch in Vergessenheit geraten. Allen voran sind das David Byron und John Lawton. Die Essenz von Uriah Heep, im Gegensatz zu vielen anderen Bands, ist aber die nicht versiegende Fähigkeit, echt gute Songs zu schreiben. Das sind inzwischen so viele geworden, dass selbst nach einem dreistündigen Konzert keine Lücke entstehen würde. Dazu muss man sich nur mal «Living The Dream» anhören, wovon auf der laufenden Tour nur ein einziger Song davon (die Zugabe «Knocking At My Door») berücksichtigt wurde! Solch einen "Luxus" können sich die wenigsten Combos leisten, Uriah Heep hingegen locker! Aber auch hier hängt ein Damokles-Schwert über den Köpfen, denn dieser unnachahmliche Musik-Zirkus kann nur so lange aufrecht erhalten werden, wie die Gesundheit von Mick Box mitmacht. Das bedeutet somit, dass sich nebst den Altfans vor allem die jüngere Generation ranhalten muss, solange die Briten immer noch aktiv sind! Denn eines schönen Tages wird es vorbei sein mit «Easy Livin'» als Zeugnis der guten alten Zeit.
Setliste (Electric): «Against The Odds» - «The Hanging Tree» - «Traveller in Time» - «Between Two Worlds» - «Stealin'» - «Too Scared to Run» - «Rainbow Demon» - «What Kind Of God» - «Sunrise» - «Sweet Lorraine» - «Free'n'Easy» - «July Morning» -- «Gypsy» - «Easy Livin'»