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"...Etwas später kam die Hard Rock und Sleaze Welle wieder auf. Da waren wir aber nicht wirklich dabei, sondern die erfolgreichen Truppen kamen alle aus Skandinavien..."
Nach Brainstorm und Pump gründete Sänger Marcus Jürgens 20DarkSeven und veröffentlichte mit dieser Truppe bereits zwei coole Rock-Scheiben. «Roar» und «Momentum» bestachen durch kernige Riffs und viel hartem Rock. 20DarkSeven ist eine Combo, die man sich unbedingt anhören sollte und speziell Ozzy-Fans, welche Gefallen an seinen jüngsten Scheiben finden, sollten bei den Schwaben unbedingt rein hören. Dass es die Truppe aber nicht immer einfach hat(te) und dies nicht nur während der Epidemie-Zeit, das verriet der Shouter im folgenden Interview. Aber zuerst galt es den neusten Streich «Catch A Fire» genauer unter die Lupe zu nehmen, beziehungsweise nach der Herkunft der Voodoo-Lady auf dem Frontcover zu fragen.
MF: «Catch A Fire» rockt ganz schön. Wie kam es zum neuen Album?
Marcus (lachend): Das müsste mit ziemlicher Sicherheit unser «Hysteria»-Album sein, was die Länge der ganzen Entstehungsgeschichte angeht (lacht). Gegenüber anderen Bands, die mit der Musik Geld verdienen…, die sind sicherlich schneller als wir. Bei uns stellt sich immer die Frage, wie man ein neues Album finanziert. Aus diesem Grund sind wir nicht immer die Schnellsten. Die letzte Scheibe veröffentlichten wir 2017. Da sind schon ein paar Tage ins Land gezogen (grinst). Wie bei anderen Combos hat uns die COVID-Geschichte einen tierischen Strich durch die Rechnung gemacht. Im Sommer 2019 starteten wir mit dem Songwriting. Das Ziel war, die Tracks im Proberaum zusammen zu komponieren, was etwas länger dauert. Wir befanden uns auf einem guten Weg, da sechs Lieder dort entstanden sind. Dann knallte COVID-19 wie ein Komet auf die Erde und wir wurden komplett ausgebremst. Wie wenn du mit 200 km/h auf der Autobahn fährst und voll in die Pedale treten musst. Da ging einen Moment gar nichts mehr. Bis der Punkt kam, an dem wir sagten: "Scheiss drauf, wir müssen weiter machen" (lacht). Bis alles aufgenommen, arrangiert, gemischt und gemastert war, verstrich einige Zeit. Eigentlich wollten wir im Mai 2021 releasen. Daraus wurde aber nichts, und jetzt wird das Album im November erscheinen.
MF: Auch wenn euch das Virus behindert hat, gab es den positiven Aspekt, dass ihr euch noch intensiver mit dem Soundmaterial auseinander setzen konntet?
Marcus: Das traf definitiv so ein! Irgendwann war unser Abgabetermin "gecrasht". So konnten wir im Studio noch intensiver am Material arbeiten. Das war definitiv ein positiver Effekt.
MF: Wo siehst du die Entwicklung bei 20DarkSeven?
Marcus: Wir haben bei «Catch A Fire» sehr viel Wert darauf gelegt, dass es ein abwechslungsreiches Album wird. Ich sehe unsere Entwicklung darin, dass wir uns nicht wiederholen mit dem, was wir tun. Bei anderen Truppen mag dies funktionieren, wenn sie immer den gleichen Sound und die gleichen Songs veröffentlichen. Teilweise auch den gleichen Look des Albums beibehalten. Wir finden das unfassbar langweilig, und deswegen versuchen wir uns nicht zu wiederholen. Ich denke, das ist uns mit «Catch A Fire» sehr gut gelungen, weil das Album anders klingt. Vom Sound und den Songs her unterscheidet sich die neue Scheibe von seinen Vorgängern. Die Arrangements sind garantiert anders als bei «Momentum», ohne uns selber zu verleugnen. Es klingt noch immer alles nach 20DarkSeven. Das ist eine Kunst, und dies empfinde ich als Weiterentwicklung.
MF: Was willst du uns mit «Catch A Fire» sagen? Sieht man sich das Cover an, denkt man an eine Voodoo Lady…
Marcus: …wenn du die Bandfotos siehst (lachend)…, wir versuchen uns immer neu zu definieren. Das Album ist inhaltlich relativ düster ausgefallen. So bilden Texte, Cover und Fotos eine Einheit. «Catch A Fire» bedeutet so viel wie "go to hell" oder "burn in hell". Wir haben das Metal-Klischee bedient, ohne es auszusprechen (lacht). Da hat alles gepasst, auch zum Cover. Uns war danach, aber es hat keinen besonderen Hintergrund (lacht).
MF: Das Line-up hat sich seit dem letzten Album wieder verändert, was sind die Gründe dafür?
Marcus: Dass du das so siehst, liegt vielleicht daran, dass wir ein bisschen von der Bildfläche verschwunden sind, aber eigentlich haben wir mit Vitali Schogenov nur einen neuen Trommler in der Band. Der ist aber auch schon einen Moment dabei (lacht). Auf der letzten Tour war Selly Bernhardt verhindert, so mussten wir mit einem befreundeten Gitarristen auftreten, der einen wundervollen Job gemacht hat. Auf dieser Tour war Vitali schon an Bord, aber er hat noch auf keinem Album gespielt. Mit Christoph Renner am Bass, Selly und mir ergibt sich eigentlich eine stabile Besetzung (grinst).
MF: Ihr habt alle noch einen normalen Job. Wann kam für dich der Entscheid, nicht zu 100 % auf die Musik zu setzen?
Marcus: Das ist schon lange so. Bist du achtzehn Jahre jung, hast du den Traum Rockstar zu werden (grinst) und von der Musik leben zu können. Nach jeder Dekade (lacht), habe ich meine Erwartungen zurück geschraubt. Ich stellte fest…, als deutsche Band ist es unfassbar schwer, den Durchbruch zu schaffen. Wie viele Truppen aus Deutschland sind in den letzten vierzig Jahren richtig bekannt geworden? Das sind die Scorpions, Rammstein, Accept, Helloween und mit kleinen Abstrichen in den achtziger Jahren noch Bonfire und Victory, die rund um den Globus getourt sind. Klar, Destruction touren auch auf der ganzen Welt, aber richtig gut von der Musik leben zu können, gross und bekannt werden, dass auch das Mainstream-Publikum von dir Kenntnis nimmt, das passierte deutschen Combos nicht all zu oft. Eine Initialzündung waren für mich die Anfangstage von Pump, als wir dieses Hard Rock Ding starteten. Damals, als keiner sich für diese Musik interessierte, beziehungsweise spielte, verwendeten wir den Albumtitel «Against Everyone's Advice», der einen ganz bestimmten Hintergrund hatte. Wir traten in Jeanshosen, Cowboy Stiefeln und offenen Hemden auf. Dafür wurden wir von vielen belächelt. Wir fanden es jedoch gut, und das waren unsere "Roots".
Etwas später kam die Hard Rock und Sleaze Welle wieder auf. Da waren wir aber nicht wirklich dabei (lacht), sondern die erfolgreichen Truppen kamen alle aus Skandinavien. Damals waren wir viel jünger und sahen noch wesentlich besser aus (grinst). Aber das kann ja nicht der Grund gewesen sein, dass kaum jemand von uns Notiz nahm. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir mit Pump extrem starke Lieder am Start hatten. Trotzdem reichte es nicht auf dem gleichen Level wie die Skandinavier "mit zu schwimmen". Da realisierte ich zu 100 %, das wird wohl nix. Vielleicht hätte ich mit zwanzig Jahren nach L.A. auswandern sollen (grinst), dann wäre vielleicht einiges anders geworden. Keine Ahnung…, wir haben mit Pump unheimlich viel Geld für die Produktionen ausgegeben und uns immer gefragt: "Woran liegt es? Warum klappt es nicht?" Das war aber noch lange kein Grund, alles hinzuschmeissen. Es ist schwierig nachzuvollziehen, warum es bei den Nordländern funktionierte und bei uns nicht. Der Prophet im eigenen Lande, der nichts zählt? Ich weiss es nicht…, in deinem Heimatland der Schweiz ist es möglich, als semiprofessionelle Band im Vorprogramm von Iron Maiden zu spielen. Bei euch funktioniert das. Probier dies in Deutschland, das ist ein Ding der Unmöglichkeit! Ich weiss, das ist Jammern auf hohem Niveau. Ich habe mit Pump wirklich unheimlich tolle Sachen erleben dürfen. Wir supporteten Queensrÿche, Dokken und spielten die Tour mit Axel Rudi Pell. Das war alles super, und ich will mich nicht beklagen, aber es gab schon Momente, da haben wir uns gewünscht…, oder ich fragte mich: "Wieso gehts nicht weiter?"
MF: Wie schwer ist es Musiker zu finden, welche die Passion und das gleiche Feuer für die Musik entfachen wie du, aber auch wissen, dass es bloss ein Nebengeschäft bleibt und trotzdem Herzblut rein stecken?
Marcus: Deswegen gab es immer wieder diese Besetzungswechsel, die aber eigentlich nicht geplant waren (lacht). Gründest du eine Band, willst du mit diesen Leuten immer zusammen sein, Alben aufnehmen und auf Tour gehen. Aber oft sind es private Gründe oder die Arbeit, die es dann mit der Band nicht mehr zu- oder vereinbaren lassen. Anstatt den Job zu verlieren, schmeisst man lieber fünf Gigs hin. Das ist schwierig, aber ich habe vollstes Verständnis dafür. Persönlich war ich immer in der glücklichen Lage, dass ich beides gut hinbekommen habe. Es ist schwer und ein Spiessrutenlauf. Man will aber auch nicht laufend die Bandmitglieder austauschen. Es ist die Kunst, dass man über die Jahre hinweg versucht, sein Glück im selben Line-up zu finden.
MF: Du hast vorhin L.A. erwähnt. Hattest du den Traum Rockstar zu werden und wärst du dafür bereit gewesen alles hinzuschmeissen, oder stand eher der schwäbische Gedanke "Schaffe, schaffe, Häusle baue"“ im Vordergrund, um sich abzusichern?
"...Was will ich denn in L.A.? Ich bin nicht der Typ für den Nirvana Stil..."
Marcus: Für mich war es extrem wichtig, eine Ausbildung zu haben. Die hätte ich in keiner Form schleifen lassen. Natürlich hatte ich den Traum, alles stehen und liegen zu lassen (grinst), nach L.A. oder New York auszuwandern und mit der Musik mein Glück zu versuchen. Ob unterbewusst ein Sicherheitsdenken dabei war, das mich nicht in eine unsichere Zukunft blicken lassen wollte, kann ich dir nicht sagen. Keine Ahnung mehr, wieso ich diesen Schritt nicht gewagt habe. Der Gedanke war da, aber es kann auch sein als ich damals auf den Sprung war…, da lag Hard Rock und Metal endgültig am Boden. Das war zu der Zeit mit Brainstorm. Wahrscheinlich dachte ich mir: "Was will ich denn in L.A.? Ich bin nicht der Typ für den Nirvana Stil" (lacht).
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Marcus: Wir wollen zurück auf die Bühne (lacht). Ende November werden wir eine kleine Indoor-Show auf einem Festival in Belgien spielen. Das treten tolle Bands wie FM, die Electric Boys oder China auf. Einen Tag später spielen wir in Oberhausen. Ich dachte nicht wirklich, dass wir dieses Jahr nochmals auf die Bühne kommen (grinst). Es wäre schön, wenn wir das neue Album noch mehr promoten dürften. Wie sagt man so schön? "Vor dem Album ist nach dem Album". Wir werden sicher wieder zusammenstehen und ein paar neue Tracks komponieren. Längerfristig in die Zukunft plane ich nicht. Alles was du dir vornimmst, kommt eh komplett anders. "What happens, happens!" (lacht).
MF: Danke für die Zeit und das Interview.
Marcus: Das war doch klar, vielen Dank dir für das Interview.