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"...Es ist keine radiotaugliche Musik, das muss ich einfach mal so sagen, und ich finde das gut..."
Die Niederrheiner Truppe Elvellon ist ein aufstrebender Stern am glorreichen Symphonic Metal Himmel und dürften spätestens nach ihrem Debüt «Until Dawn», zumindest in Symphonic-Kreisen in aller Munde sein. Ihr neues Album «Ascending In Synergy» erscheint am Freitag, 17. Mai 2024. Es ist zugleich das Debüt bei Napalm Records. Im Vorfeld durfte ich mit Gilbert Gelsdorf (Gitarre) und Nele Messerschmidt (Vocals) über die neue Platte, die Geschichte dahinter und ihre Zukunftspläne sprechen.
MF: Schön, dass es mit dem Interview klappt. Wie geht es euch denn? Wie ist die derzeitige Stimmung im Elvellon-Lager?
Gilbert: Bei uns ist soweit alles super! Bald kommt die neue Platte heraus, und deshalb machen wir heute für ein paar Stunden Interviews, aber das ist schon ok.
MF: Da es mit Sicherheit Leser gibt, die Elvellon noch nicht kennen, könnt ihr euch und euren musikalischen Werdegang kurz vorstellen?
Nele: Ich glaube es war 2009, als ich von unserem Schlagzeuger angesprochen wurde, ob ich nicht Lust hätte, bei seiner Band vorzusingen. Er hätte gehört, dass ich singen kann (grinst). Wir haben uns dann relativ schnell verabredet und uns im Proberaum in Moers getroffen. Da habe ich auch den Keyboarder Pascal kennengelernt und habe mich sehr schnell wohlgefühlt. Schliesslich, nach ein paar Wochen, war ich fest dabei. Von da an haben wir im besagten Proberaum angefangen…, Songs kann man dem noch nicht sagen, aber angefangen, die ersten Fragmente, die für Elvellon gemacht wurden, zu schreiben. So haben wir viel gejammt, geübt und ausprobiert, bis dann wirklich die ersten Songs entstanden sind.
Gilbert: Ich habe früher in einer Band gespielt, die sich mit Elvellon den Proberaum geteilt hat. So habe ich erste Sachen gehört und fand das ganz schön cool. Im Anschluss habe ich mit ihnen erste Demos aufgenommen, einfach weil ich Bock auf das Projekt hatte. Zu der Zeit hatten sie noch einen anderen Gitarristen, und ich sagte dann zu ihnen, dass sie ihn doch raus schmeissen und stattdessen mich nehmen könnten (lacht laut) und das haben sie glücklicherweise dann auch gemacht. Dann haben wir 2012 oder 2013 neue Demos aufgenommen, diesmal richtig im Studio mit Schlagzeug und allem Drum und Dran.
Daraus ist schliesslich unsere erste EP «Spellbound» geworden, die wir 2015 veröffentlicht haben. Rückwirkend gesehen war das eine ganz schöne Hau-Ruck-EP, denn wir haben einfach alles da raufgepackt, was wir bis dato hatten. Ja, und seitdem existieren wir relativ kontinuierlich als Gruppe, geben gerne Live-Konzerte und touren gerne, was zwischenzeitlich zu unserem Debüt-Album «Until Dawn» geführt hat, das wir 2018 veröffentlicht haben. Das Release-Konzert haben wir sogar 2019 als DVD veröffentlicht, und nun freuen wir uns, am 17. Mai unser neues Album «Ascending In Synergy» vorstellen zu dürfen.
"...dass dieser Prozess sehr aufwändig ist und viel Zeit in Anspruch nimmt. Dennoch sind wir uns einig, dass dies die stimmigste Art zu arbeiten ..."
MF: Durch euer Debüt «Until Dawn» standet ihr damals zuvorderst auf dem Sprungbrett. Weshalb sind bis zu «Ascending In Synergy» doch wieder sechs lange Jahre vergangen (Pandemie einmal ausgeschlossen)? Habt ihr euch bewusst soviel Zeit gelassen?
Nele: Zum einen war das eine persönliche und zum anderen eine musikalische Sache. 2019 hatten wir eine ganz tolle Festival-Saison, wobei wir ganz viel Spass und ganz viel gelernt hatten. Wir durften in Barcelona und in Tschechien spielen, wir waren auf Tour mit Visions Of Atlantis, was für uns eine ganz tolle Erfahrung war. Dann kam Covid und hat uns einen riesigen Rückschlag verpasst. Wir sind 2019 wirklich alle davon ausgegangen, dass wir durchstarten und dies unser Jahr werden würde, und plötzlich sassen wir stattdessen im Lockdown. Das war der erste Part.
Der zweite Part ist der, dass wir als Band sehr demokratisch funktionieren. Es ist also nicht so, dass sich einer hinsetzt und einen Song schreibt, sondern dass machen wir alle gemeinsam. Es ist uns super super wichtig, dass jeder irgendwo seinen Anteil zum Song beiträgt, denn nur so können wir unser Potenzial richtig ausschöpfen. Jeder hat eine Stimme und alle sind gleichwertig.
Diese Arbeitsweise war während des Lockdowns so nicht möglich. Wir sind uns bewusst, dass dieser Prozess sehr aufwändig ist und viel Zeit in Anspruch nimmt. Dennoch sind wir uns einig, dass dies die stimmigste Art zu arbeiten ist, die wir auch gar nicht ändern möchten. Wir haben uns innerhalb der Band und mit "ihnen" gut abgesprochen. Sie haben uns sehr darin gestützt, uns bei der Umsetzung Zeit zu lassen, da es ja unser Debüt bei "ihnen" werden sollte.
MF: Du hast es kurz angesprochen. Mit "ihnen" meinst du euer neues Label Napalm Records, bei dem ihr mit «Ascending In Synergy» untergekommen seid. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Nele: Das war auch 2019 als wir auf Tour waren mit Visions Of Atlantis und Thomas Caser, der spielt bei ihnen Schlagzeug, hat uns überraschend am letzten Abend der Tour zur Seite genommen, wir haben uns Backstage hingesetzt und dann ist die berühmte Frage gefallen: "Wollt ihr Rockstars werden?".
MF: Es ist also nicht bloss ein Mythos, diese Gespräche gibt es wirklich noch?
Nele: Ja richtig. Wir alle sind mit dieser Band gestartet, um…, zumindest ich hatte diesen naiven Traum, irgendwann einmal einen Platten-Vertrag bei Nuclear Blast oder Napalm Records zu haben, und das war immer unser Ding. Keiner wusste, was das bedeutet, aber ganz nach dem Motto "chase the dream" haben wir weiter gemacht. An diesem Abend, nach der Frage, haben wir uns alle angeguckt und waren uns auch ziemlich schnell einig. Bald darauf kamen dann schon die Papiere per Post, und wir haben unterschrieben.
"...Die einzelnen Songs sind nun mehr Fragmente, die sich an einem roten Faden orientieren..."
MF: Und deshalb kommt nun das bereits angekündigte Album heraus. Welches Konzept, welche Geschichte steckt hinter «Ascending In Synergy»?
Gilbert: Also, unser Debüt-Album «Until Dawn» war ein strenges Konzept-Album. Beim Songwriting und den Texten haben wir uns sehr stark am Konzept orientiert. Das war etwas, dass wir schon früh im Schreibprozess zum neuen Album beschlossen haben, nicht mehr so zu machen. Es war damit auch schnell klar, dass für «Ascending In Synergy» mehrere Leute Texte schreiben werden und dass es keine Geschichte mehr sein wird, die von vorne bis hinten einen Zusammenhang hat. Die einzelnen Songs sind nun mehr Fragmente, die sich an einem roten Faden orientieren.
Nele: Die Arbeitsweise hat sich schon sehr verändert, und gerade lyrisch hat eigentlich jeder der Band etwas beigesteuert. Vermutlich ist es schon deshalb zu einer viel bunteren Kollektion geworden, was es fast unmöglich macht, das Ganze dann unter ein reglementiertes Konzept zu setzen.
MF: Welche Songs des Albums haben für euch eine tiefere, persönlichere Bedeutung und weshalb?
Gilbert: Ich glaube, da sind Nele und ich ziemlich einer Meinung, weil wir beide «Ocean Of Treason» sehr lieben. Ein Song, der sich auch in den Proben grossartig anfühlt und einfach Spass macht. Das hätte eigentlich auch eine Single sein können… verdammt eh… (lacht). Vielleicht ist er ein bisschen zu heavy dafür (lacht). Man liebt ja irgendwie alle seine Kinder, und so ist es auch bei unseren Songs.
Für mich gibt es auf der neuen Platte auch keine "Filler-Tracks" sondern nur "Killer-Tracks", wobei «The Aftermath Of Life» oder generell zu den Songs, bei denen ich die Texte geschrieben habe, hat man schon eine etwas engere Bindung. Das hat auch spezifische Gründe aber die dürfen wir erst am Releasetag verraten (lacht geheimnisvoll).
Nele: Bei mir ist es wirklich ähnlich wie bei Gilbert. Ich liebe auch «Ocean Of Treason» aber deswegen liebe ich die anderen Songs nicht weniger. Ich tue mich immer sehr schwer damit, wenn die Frage kommt, aber wenn ich noch einen nennen müsste, dann wäre das «A Legacy Divine» (lacht). Der hat eine ganz ganz tiefe Bedeutung für mich und es war auch eine ganz andere Herangehensweise.
Nicht aus der Position des Erlebenden zu schreiben…, «A Legacy Divine» ist für mich so die Einladung des Lebens, das war besonders beim Schreibprozess eine kleine Herausforderung, mich aus der Rolle des Erlebenden heraus zu bewegen. Aber es war auch superspannend.
"...aber wir sehen uns jetzt als der Fels in der Brandung, der der die Flagge hochhält, für diese Art Musik zu machen..."
MF: Ich finde, dass die aktuelle Platte an Härte zugelegt hat, dennoch hat eure Musik immer etwas Verträumtes an sich. Brauchen die Menschen wieder mehr Geschichten, die sie träumen lassen?
Nele: Ich glaube das Heavyere kommt von daher, dass wir in den letzten sechs Jahren als Band gewachsen sind. Zum einen musikalisch und zum anderen haben auch unsere Persönlichkeiten diverse Prozesse durchlaufen, die uns haben reifen lassen. (längerer Pause) Gilbert, möchtest du auch noch etwas dazu sagen?
Gilbert: Jaaa, sehr gerne! Wir hatten auf der letzten Platte auch schon härtere Songs drauf wie «The Puppeteer» zum Beispiel. Ich denke auch, dass wir als Gruppe dynamischer geworden sind. Wir hatten schon früher härtere Songs, die sind jetzt einfach noch eine Spur härter geworden sind, und wir hatten schon früher verträumte, orchestrale Songs, die jetzt einfach noch verträumter und orchestraler ausgefallen sind (lacht). Ich glaube, dass wir schlicht die Türen etwas weiter geöffnet haben, in dem Rahmen, in dem wir die Songs schreiben.
Und ja, absolut! Die Welt braucht verträumte Songs. Ich selber höre sehr gerne verträumte Musik. Dieses Verträumte war schon seit unseren Anfängen ein Bestandteil unserer Musik und ich finde, dass es momentan auch das ist, was uns im Genre Symphonic Metal auszeichnet. Es ist so unser Steckenpferd, es ist ein Aspekt, der uns sehr wichtig ist, uns an den richtigen Stellen Zeit zu lassen.
Es ist keine radiotaugliche Musik, das muss ich einfach mal so sagen und ich finde das gut. Wir nehmen uns wirklich Zeit für Details, die für den Algorithmus bei Spotify eher hinderlich sind, aber wir sehen uns jetzt als der Fels in der Brandung, der der die Flagge hochhält, für diese Art Musik zu machen. Und da bleiben wir auch!
"...Ich glaube einfach, dass wir in unserer Musik ein Gefühl, eine Emotionalität haben, die andere Gruppen nicht so teilen..."
MF: Der Symphonic Metal ist ja auch ein Genre, welches seit Jahren von Bands geradezu überschwemmt wird und stark unter Klischees zu leiden hat. Was ist euer Geheimnis, das eure Musik so frisch und eigenständig klingt?
Gilbert: Ja, da sprichst du auf jeden Fall etwas an, zu dem ich gerne Stellung nehmen würde. Ok, Nele? Das ist ein Gedanke, den ich auch sehr häufig habe und den Satz: "Eigentlich höre ich mir solche Musik nicht an, aber ihr macht das richtig cool!", den hören wir sehr oft. Es löst dann auch bei uns die Frage aus, woran es denn liegen könnte. Ich glaube, das liegt an mehreren Faktoren. Erstens schreiben wir unsere Songs, das klingt jetzt vielleicht etwas hochdramatisch, aus unseren Herzen heraus. Wir jagen nicht dem besten Refrain hinterher, wir versuchen nicht das härteste Riff zu kreieren, und so ist das eigentlich bei allem, das wir tun. Das sind nicht die Massstäbe, an denen wir uns orientieren, sondern an der obersten Stelle steht beim Songwriting eine Emotion.
Das kann aus einem Jam heraus, zwischen unserem Schlagzeuger und Keyboarder entstehen, wenn sie etwas zusammendaddeln, und manchmal sind es nur zwei Takte, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie etwas Spezielles haben. Dann überlegen wir, wie man nach diesen zwei Takten weiter machen könnte. Das Gefühl ist immer das Ziel, auf das wir zugehen möchten. Ich habe einfach das Gefühl, dass in vielen anderen Gruppen und Bands, die Sache mit der Emotion anders abläuft, dass da anders geschrieben wird. Das ist auch völlig ok, das darf alles so sein. Ich glaube einfach, dass wir in unserer Musik ein Gefühl, eine Emotionalität haben, die andere Gruppen nicht so teilen. Ich glaube der zweite Punkt ist der, dass wir unsere Wurzeln im Metal vom Anfang der 2000er schlagen.
Gerade als unser Genre angeführt wurde durch Nightwish, Epica oder Within Temptation, da war ganz viel Herz da. Ich habe zu der Zeit diese Musik kennen und lieben gelernt. Viele Gruppen haben mit den Jahren diese Art von Musik ein wenig verlassen, was auch völlig ok ist. Eine gewisse Entwicklung darf oder muss ja irgendwie da sein, und viele Bands klingen heute anders als damals. Bei den meisten liegen auch um die zwanzig Jahre dazwischen. Ich habe manchmal so die Vorstellung was wäre, wenn die Band XY in einem Parallel-Universum immer noch dieselbe Musik machen würde, wie sich das heute anhören könnte.
Ich glaube aber auch, dass es für viele Fans einen nostalgischen Aspekt in unserem Sound gibt. Es gibt ja einige Bands, bei denen du sofort sagst, dass sie diesen typischen Led Zeppelin Sound der 70er machen, aber nur eben jetzt. Greta van Fleet sind ja genau so eine Nummer. Man hört das, freut sich ein bisschen, da man den Sound von früher kennt, aber jetzt ist es eben eine neue Band, die noch viel Energie besitzt und die jungen Musiker auf der Bühne Vollgas geben. Da fühlt man sich automatisch auch wieder ein bisschen jünger (lacht).
Ich sehe das ja auch bei unseren Konzerten. Unsere Zuhörerschaft, viele Männer, zwischen vierzig und fünfzig Jahren alt, einige Damen gibt es natürlich auch, aber du merkst einfach, dass die aus dieser Ecke, dass sie aus dieser Zeit stammen. Und die freuen sich wirklich darüber, dass da jetzt eine Band steht, die ihre Musik noch immer so spielt.
MF: Zu dieser Kategorie gehöre ich übrigens auch…
Gilbert: (allgemeines Gelächter) …schön!
"...wie sehr wir eigentlich "out of touch" sind mit allem. Vor allem mit uns selbst und wie wichtig das aber ist..."
MF: Das Album-Cover von «Ascending In Synergy» ist sehr gelungen. Wer ist dafür verantwortlich, und wie ist der Brückenschlag vom Artwork hin zur Musik, beziehungsweise zum Titel des Albums?
Nele: Ich tue mich immer etwas schwer damit, wenn ich den Namen des Künstlers aussprechen muss, deshalb schaue ich auf dem Vinyl noch einmal kurz nach. Peter Sallai (mortpaintgraphics), ein wunderbarer Künstler, den auch Napalm (Records) für uns entdeckt hat. Er hat wunderbar umgesetzt, was wir uns vorgestellt haben. Wasser ist eine unterschätzte Kraft. Wasser kann so ruhig sein, kann so schön sein. Du läufst am Strand entlang, schaust aufs Meer und bist plötzlich total ruhig. Und andererseits besitzt das Meer eine unbändige Kraft.
Das Album-Artwork zeigt diese zwei Personen, die in diesem Strudel sind. Es versinnbildlicht, wieder in Kontakt mit sich selber zu kommen und sich selber wieder zu entdecken…, diese Erfahrungen ins eigene Leben zu integrieren. Einerseits ist ja dieser Strudel, diese Kugel, die zeigt, dass du in diesem Chaos steckst und gleichzeitig bist du auch geschützt und hast die Möglichkeit aufzugehen, mit ihr eins zu werden.
Das war etwas, das ich während Covid besonders gemerkt habe, wie sehr wir eigentlich "out of touch" sind mit allem. Vor allem mit uns selbst und wie wichtig das aber ist. Darum geht es dann auch in unseren Songs und auf das ganze Album bezogen hat der Peter Sallai wirklich eine grossartige Arbeit gemacht und meine Vision wirklich sehr gut umgesetzt. Auch meine tollen Band-Kollegen haben mich in dieser Sache sehr unterstützt (lacht).
MF: Seit «Until Dawn» wird euch viel positive Aufmerksamkeit zuteil! Ihr seid plötzlich jemand. Ist das fürs musikalische Schaffen eher Fluch oder Segen?
Nele: Ich denke, dass ganz viel damit zusammenhängt, wie man das selber sieht oder sehen möchte. Schliesslich zwingt uns keiner dazu, auf Social Media irgendetwas Preis zu geben oder zu posten. Wir machen das jetzt grundsätzlich alle nicht so gerne, und wenn man nach einem Konzert nicht gerade beim Merchandise steht, hat man immer wieder die Möglichkeit, sich zurück zu ziehen. Für mich persönlich ist dieser Rückzug wahnsinnig wichtig, ich brauche das. Aber nicht etwa, um mich vor den Menschen zu schützen, sondern weil es für mich schnell zu überwältigend wird.
Auf der einen Seite ist es superschön, aber auf der anderen Seite werde ich einfach zu schnell überwältigt. Und was heisst "jemand sein"? Das finde ich ganz schwierig und glaube, wenn man vorher niemand war, ist man das auch jetzt nicht. Die äusseren Umstände ändern sich zwar, aber ich habe das Gefühl, dass es ganz viel mit der inneren Einstellung zu tun hat, wie man auf Dinge reagiert oder auf sie zugeht. Wie gesagt, uns zwingt niemand zu etwas, dass wir nicht möchten. Wir müssen nicht drei Stunden herum stehen und Kontakte pflegen, obwohl eher Pause angesagt wäre.
Ich finde das auch sehr schön, dass wir mit Napalm (Records) einen Partner haben, der uns die Möglichkeit gibt, das zu zeigen, auf das wir hingearbeitet haben. Nämlich, dass unsere Musik gehört wird, dass wir eine Plattform haben, dass wir unsere Fanbase erarbeiten können. Gerade in der Musik-Branche ist so ein Partner sicher mehr Segen als Fluch. Wenn wir uns da beschweren würden, hätten wir definitiv auf das falsche Pferd gesetzt.
"...Man ist dann eine Band von vier und spielt um 18:30 Uhr, wenn eh noch keiner da ist..."
MF: A propos Plattform. Werdet ihr mit der neuen Scheibe auf Tour gehen?
Gilbert: Das ist leider eine ganz fiese Frage…, momentan…, das Problem ist so ein bisschen, dass wir wegen Covid auch unsere Booking-Agentur verloren haben und bis jetzt noch nicht wirklich irgendwo erfolgreich reingerutscht sind. Auch die Partner von Napalm (Records) sind momentan alle ziemlich besetzt, und es gibt einfach keine richtig freien Slots. Es kommen manchmal schon Tour-Angebote herein, aber die waren für uns nicht wirklich attraktiv. Man ist dann eine Band von vier und spielt um 18:30 Uhr, wenn eh noch keiner da ist.
Du musst aber trotzdem den Leiter damit bezahlen mit mehreren hundert Euro am Tag…, ei, ei, ei. Es ist momentan einfach so. Das müssen wir auch akzeptieren, gerade in dem Bereich, in dem wir sind. Ich will mich hier auch gar nicht beschweren, aber wir verfolgen den Grundsatz, wenn wir etwas machen, soll die Bühne auch etwas mehr für uns da sein. Dementsprechend sieht es leider nicht so aus, als würden wir mit der neuen Platte auf Tour gehen. Wir hoffen derzeit, dass vielleicht noch ein etwas besseres Angebot kommt, aber aktuell ist noch nichts in trockenen Tüchern.
MF: Wenn schon keine Tour, habt ihr zumindest ein paar Festival-Slots erhalten?
Gilbert: Leider ist auch das zu einem Grossteil von der Booking-Agentur abhängig. Manchmal ist es dem Label möglich, irgendwelche Festival-Slots an Land zu ziehen, aber das ist in diesem Jahr auch noch nicht passiert. Wir spielen heuer auf dem "Dong-Festival", was für uns aber immer ein Heimspiel ist. Ansonsten ist leider wirklich nichts geplant.
MF: Meine Fragen habt ihr nun alle beantwortet. Gibt es von eurer Seite letzte Worte, die ihr an die Fans und unsere Leserschaft richten möchtet?
Gilbert: Nele? Willst du anfangen?
Nele: Ich möchte mich im Namen der ganzen Band und ich denke, Gilbert du stimmst mir da auch zu, von ganzem Herzen für die Unterstützung bedanken. Jede Pre-Order, jedes "Liken" auf Social Media, jede Treue-Bekundung geht uns sehr nahe…, oder mir zumindest, und ich freue mich, dass wir jetzt die Möglichkeit kriegen, mit «Ascending In Synergy» viele neue Leute zu erreichen, und unsere eingefleischten Fans werden es sowieso lieben (lacht). Ich freue mich auf die Zeit, die da kommt, und ich bin einfach unglaublich dankbar.
Gilbert: Wenn ihr Bock habt auf Symphonic Metal im Style der frühen 2000er, dann "go for it!" und hört einfach mal rein. Es wird Euch wahrscheinlich gefallen (lacht). Und wenn nicht, dann gefällt es vielleicht auch Leuten, die gar nicht so fest im Metal drin sind. Schliesslich haben wir auch Songs, die etwas allgemein verträglicher daher kommen (lacht). Aber da ihr ja ein Metal-Magazin seid, sind wir hier sicher an der richtigen Adresse!
MF: Dann bedanke ich mich bei euch beiden, dass ihr nicht zur Kirche gegangen seid (Auffahrt) und euch Zeit für dieses Interview genommen habt!
Gilbert: (bekreuzigt sich und grinst zum Abschluss)
Nele: Machs gut, tschau!