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"...Mit der Zeit wuchsen wir als Band und es wuchs auch langsam unsere Freundschaft. Durch dieses Album wurden wir eigentlich zu einer Familie..."
Die Thrash Metal-Institution Nervosa, greift trotz teilweise spitzer Zungen, nach dem Abgang von Fernanda Lira und Luana Dametto, mit gnadenloser Frauenpower an und lässt die Welt im „Perpetual Chaos“ zurück. Die neue Platte erschien am 22. Januar 2021 über Napalm Records. Das neu formierte Quartett stellt seine Fähigkeiten für ungestüme, stechend-scharfe Riffs und klaren, aggressiven Gesang auf 13 explosiven Titeln deutlich unter Beweis. Die neue Besetzung - mit Gründerin und Gitarristin Prika Amaral und den talentierten Neuzugängen Mia Wallace am Bass, Eleni Nota am Schlagzeug und Diva Satanica als Sängerin - greift in klassifizierender Thrash Metal-Manier an, während prägnante Death Metal-Elemente Nervosa einen zeitgemässen Touch der Extraklasse verleihen. Neu-Drummerin Eleni Nota, stand Metal Factory via Skype, Rede und Antwort.
MF: Hallo Eleni, es dauert nur noch ein paar Tage, bis eure vierte Platte „Perpetual Chaos“ auf den Markt kommt. Bitte erzähl mir doch etwas über das neue Album.
Eleni: Also, erstens sind wir sehr stolz auf das Album und freuen uns sehr, dass wir es rausbringen dürfen. Es waren viele Wochen harter Arbeit. Man darf dabei nicht vergessen, dass wir zum Zeitpunkt, als wir ins Studio gingen, vier völlig unterschiedliche Personen waren, die sich noch nicht wirklich oder gar nicht kannten. Um ehrlich zu sein, haben sich vier Fremde getroffen, die gemeinsam ins Studio gingen, um eine Platte zu machen. Mit der Zeit wuchsen wir als Band und es wuchs auch langsam unsere Freundschaft. Durch dieses Album wurden wir eigentlich zu einer Familie. Wir haben uns ausser viel Zeit gelassen, viel experimentiert, ausprobiert und sind uns jetzt aber sicher, dass das Resultat fantastisch geworden ist.
MF: Soviel kann ich jetzt schon sagen, es ist wirklich ein tolles Album geworden. Gratuliere! Welche Themen haben euch bei dieser Platte besonders beschäftigt?
Eleni: Themen die uns beschäftigen, sind ganz oft düster. Die schlechte Seite der Menschheit, Fanatismus, politische Korruption, Missbrauch der Tiere und Krieg. Für dieses Album ist uns hauptsächlich der Mensch mit seinen übelsten Eigenschaften Pate gestanden.
MF: Was würdest du sagen? Ist „Perpetual Chaos“ ein typisches Nervosa-Album oder gibt es etwas ganz speziell Neues?
Eleni: Grundsätzlich ist „Perpetual Chaos“ schon als Nervosa-Album zu erkennen. Die Thrash Metal-Wuzeln sind rauszuhören, Death Metal-Einflüsse sind vermehrt vertreten sowie klassische Anleihen von Motörhead haben den Weg auf die Platte gefunden. Wir haben versucht, all diese Elemente ins die neue Album zu bekommen, ohne dass es künstlich wirkt. Ich liebe auch das letzte Nervosa-Album, trotzdem denke ich, dass wir etwas Neues geschaffen und auf der neuen Scheibe tolle Einflüsse neu verarbeitet haben.
MF: Was denkst du? Wie gross war der Einfluss des neuen Band Line-Up’s aufs Album?
Eleni: Mia Wallace hat einen Black Metal-Hintergrund, der sich sicher auf den Sound niedergeschlagen hat. Diva Satanica kommt eher aus der Death Metal-Ecke und hat auch diesen typischen Death-Growl-Gesang. Die Songs sind sicher Death lastiger geworden und nicht mehr ganz so thrashig wie beim letzten Album „Downfall Of Mankind“. Ich selber, komme mehr aus der Progressive Metal-Richtung, was sicher auch in einer Form einen Einfluss auf das Album hatte. Uns ging es aber als Band, beim Erarbeiten der Songs gar nicht darum, eine stilgerechte Platte zu machen sondern sie sollte uns voll und ganz widerspiegeln. Das ist uns, so glaube ich, nicht schlecht gelungen.
MF: War es schwierig für dich, vom progressiven Metal in ein anderes Genre umzusteigen?
Eleni: Ja, es war zu Beginn schon etwas komisch, Trash Metal zu spielen. Ich war es nicht gewohnt und musste ziemlich an meinen Blast Beats, den Double Bass-Parts und anderen Techniken arbeiten. Ich habe während der Vorbereitungszeit auch ganz viele Thrash-Alben gehört, damit ich es im Kopf habe… und es dann nachgespielt. Wenn man es nämlich fest im Kopf hat, fällt es leichter, es mit dem Körper nachzuspielen. Es war wirklich etwas speziell und die ganze Umstellung hat ca. einen Monat gedauert.
MF: Es war also richtig harte Arbeit?
Eleni: Ja genau. Es war eine grosse persönliche Herausforderung!
MF: Welche musikalischen Einflüsse sind für Nervosa zurzeit enorm wichtig?
Eleni: Das sind zum einen sicher die klassischen Vorbilder wie Megadeth, Sepultura, Sodom oder Kreator. Mein persönlich grösster Einfluss war oder ist noch immer Joey Jordison. Ob bei Slipknot oder Sinsaenum. Er ist unglaublich. Ansonsten wären da noch Igor Cavalera oder Eloy Casagrande als wichtige Vorbilder in Sachen Schlagzeug spielen. Mia kam direkt von Abbath. Ihre Art zu spielen ist klar vom Black Metal beeinflusst und Bands wie Abbath oder Immortal gehören unbestritten zu ihren Einflüssen. Prika kommt hingegen vollen Herzens aus der Thrash Metal-Ecke und bringt diese Art Einflüsse mit. Sie steht auf all die legendären Truppen die ich schon kurz erwähnt habe aber sie ist besonders ein Fan der deutschen Thrasher von Destruction. Wenn ich mich jetzt so reden höre, würde ich sagen, dass ganz viele Musiker einen grossen Einfluss auf uns haben (lacht).
MF: „Perpetual Chaos“ liegt klanglich doch eher bei einer Death- als einer Thrash-Metal-Platte. Siehst du das auch so?
Eleni: Das sehe ich genauso. Es gibt zwar einige klare Thrash-Elemente, die ganze Platte aber, ist doch eher eine Death Metal-Scheibe geworden. Du hörst also die Einflüsse der einzelnen Mitglieder.
MF: Wie hast du eigentlich den Weg zu Nervosa gefunden?
Eleni: Also es war so, dass Prika mich gefunden hat. Sie suchte nach dem Ausstieg der anderen beiden Mitstreiterinnen nach neuen Mitgliedern. Wir haben uns im April 2020 bereits einmal getroffen aber mehr so nebenher. Während ihrer Suche hat sie ein paar Schlagzeug-Videos von mir gesehen, auf denen ich Metal-Songs covere. Die haben ihr angeblich so gut gefallen, dass sie mir eine Mail geschrieben und mich zum Vorspielen eingeladen hat. Der Rest ist Geschichte (lacht).
MF: Ah wirklich? Total unspektakulär, eine E-Mail und dann eine Zusage…
Eleni: Ja genau (lacht). Total unspektakulär und ja, ich wäre nie auf die Idee gekommen, bei einer Band wie Nervosa nein zu sagen.
MF: Und wie sind Mia Wallace und Diva Satanica zur Band gestossen?
Eleni: Ja, zumindest bei Prika und Diva war das ein wenig anders. Sie haben sich bereits gekannt, da Diva mit ihrer Band „Black Hunter“ schon oft für Nervosa Konzertabende eröffnet hat. Von dem her war es für Prika sicher etwas einfacher, den Kontakt herzustellen. Bei Mia war der Vorgang eigentlich identisch wie bei mir. Sie wurde auch per E-Mail kontaktiert und zum Vorspielen eingeladen.
MF: Darf ich fragen, wie war das für Prika war, als Fernanda und Luana die Band verliessen? Ich kann mir vorstellen, dass es ein echter Schock für sie gewesen ist.
Eleni: Also ich denke, dass Prika die richtige Person wäre, um diese Frage zu beantworten aber soviel ich weiss, war es schon erstmal ein Schock. Solche Nachrichten sind für eine Band grundsätzlich schlechte News, ausser man ist zerstritten. Prika ist aber eine sehr starke Person und sie wusste von Beginn der Trennung an, dass es mit ihrer Band irgendwie weitergeht. Wie man sieht, hat sich das positive Denken ausbezahlt und sie hat alles 100-prozentig richtig gemacht. Sie hat an einem Tiefpunkt an sich geglaubt und an die Band geglaubt. Jetzt stehen wir da, zu viert und bringen innert Kürze ein neues Album auf den Markt.
"... falls sich Covid entschliesst, diesen Planeten endlich einmal zu verlassen. Leider steht und fällt alles mit den Covid-19 Massnahmen. Leider..."
MF: Neu kann ja auch eine Chance bedeuten. Welche Chancen für die Band siehst du sonst noch im neuen Line-Up?
Eleni: Um diese Frage beantworten zu können, ist es vielleicht noch etwas zu früh. Wir freuen uns jetzt erst mal, das neue Album zu veröffentlichen. Wir hoffen natürlich, dass die Reaktionen darauf positiv und die Fans ebenso begeistert sind von „Perpetual Chaos“ wie wir. Unser grösster Wunsch wäre natürlich, dass wir die Platte auch live einem Publikum vorstellen könnten. Wir haben schon viele tolle Konzerteinladungen erhalten, falls sich Covid entschliesst, diesen Planeten endlich einmal zu verlassen. Leider steht und fällt alles mit den Covid-19 Massnahmen. Leider!
MF: Wäre in diesem Zusammenhang auch eine Europatournee, beziehungsweise ein Auftritt in der Schweiz geplant?
Eleni: Soviel ich weiss, sind wir wirklich weltweit unterwegs. Wir sollten in Südamerika Auftritte haben, in den USA und in ganz Europa. Somit denke ich, dass wir auch in der Schweiz ein oder zwei Stationen bespielen werden. Wir schaffen es sicher nicht, alle europäischen Länder zu besuchen aber wenn ich richtig informiert bin, hat Nervosa in der Schweiz regelmässig Halt gemacht (lacht).
MF: Wie erlebst du eigentlich die Metal-Szene in Südamerika?
Eleni: Oh, in Südamerika, da gibt es eine sehr starke Metalszene, weil Bands wie Sepultura starke Pionierarbeit geleistet haben. Gerade in Brasilien haben sie sich bis heute einen Heldenstatus erarbeitet. Es gibt noch viele andere grossartige Bands wie zum Beispiel Angra oder Krisiun. Es ist wirklich eine grosse Szene und ich wünschte mir, dass sie weltweit ein wenig mehr Aufmerksamkeit erregen würde. Südamerika erinnert mich ein wenig an meine Heimat Griechenland. Da gibt es auch eine grossartige Metal-Szene. Leider ist es teilweise sehr schwer, im Land Unterstützung für solche Bands zu finden. Sei es finanziell oder gar nur Support für Auftrittsmöglichkeiten. Die meisten dieser Bands agieren aber weltweit noch unter dem Radar der Metal-Fans.
MF: Siehst du da einen Unterschied zu Europa?
Eleni: Ja! Ich sehe da einen grossen Unterschied. In Europa hat Heavy Metal einen gewissen, ja sogar schon Kult-Status erreicht. Natürlich gibt es noch die Underground-Szene aber Bands, die einmal oben angekommen sind, werden oftmals unterstützt und nicht so schnell fallen gelassen. In Europa gibt es zudem viele grosse Metal-Festivals, die von lokalen Anbietern unterstützt werden. Das findet man in Südamerika kaum. Ich finde, dass die Unterstützung für Heavy Metal-Bands in Europa echt grossartig ist. Obwohl Südamerika riesengross ist, glaube ich, dass Europa doch mehr Metal-Bands hat als der südamerikanische Kontinent.
MF: Danke für deine Einschätzung. Wir sind in der Zwischenzeit am Ende des Interviews angelangt. Hast du irgendwelche letzten Worte?
Eleni: Ja, erst mal danke an Metal Factory, dass ich bei euch sein durfte. Es war mir eine Ehre. An alle anderen da draussen, lest das Interview, schaut zu euch und bleibt gesund. Ich danke euch allen für den Support von Nervosa und freue mich sehr, euch bei einem Festival oder einem Live-Auftritte ich echt zu begegnen. Macht‘s gut!
MF: Danke für deine Zeit, tschüss und mach‘s gut.
Eleni: Bye, bye