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27. Februar 2025, Pratteln - Z7
By Roger W.
Wer dem Fastnachts-Treiben in der Innerschweiz am Schmutzigen Donnerstag ausweichen wollte und dabei im Z7 landete, kam bis zu einem gewissen Grad vom Regen in die Traufe, denn an diesem Abend gab es durchaus auch etwas Fasnacht. Das betraf zumindest Kilmara und Nanowar Of Steel, während sich Dynazty als seriöse Band präsentierten. Im Vergleich zur Fasnacht kam man im Z7 aber in den Genuss von guter bis sehr guter Heavy Metal Musik. Und so soll es ja auch sein, wobei das Package aus den drei Bands viel Abwechslung bot.
Kilmara
Ist das ein Gruppe bestehend aus Automechanikern? Das fragten sich wohl viele beim ersten Anblick der spanischen Heavy Metaller Kilmara. Die «Uniformen» des Quintetts entsprachen durchaus einer, die man in einer Autogarage erwarten würde. Wer aber die Patches auf den Anzügen genauer betrachtete und dazu das Backdrop und die Seitenbanner anschaute, stellte schnell fest, dass die fünf Musiker eigentlich Astronauten darstellen wollten, welche im 80er-Jahr-Outfit ein Raumschiff eines 2-dimensionalen Weltraum-Computerspiels steuern. Dies klassisch mit zwei Joysticks. Die Truppe wirkte durchaus sympathisch und engagiert und stellte schnell klar, dass sie aus Barcelona kommen. Gegründet 2003 präsentierten sie auf dieser Tour ihr in diesem Jahr erschienenes Album «Journey To The Sun» , von dem sie gleich mehrere Stücke spielten. Das gefiel vielen im Publikum, allerdings nicht allen. Wobei sich die Band professionell auf die gut mitmachenden Leute im Publikum konzentrierte und schon mal die grosse Gemeinschaft von Fans und Bands beschwor.
Das Songwriting hat zwar noch Luft nach oben, rockte aber anständig und dynamisch. Die Keyboards ab Band liefen wohltuend dezent im Hintergrund, so dass man vor allem das live gespielte wahrnehmen konnte. Im Vergleich zu den nachfolgenden Bands hatte das Zusammenspiel von Kilmara jedoch noch Luft nach oben. Das war an diesem Abend aber für viele im Publikum zweitrangig, so dass das Mitsing-Spiel am Schluss hervorragend funktionierte. Kilmara hinterliessen für mich einen positiven, aber keinen überragenden Eindruck. Sehr schön war allerdings, dass sie als erste der drei Bands bereits über stolze 45 Minuten Spielzeit erhielten. Das zeugt davon, dass sich die drei Gruppen fair behandeln. Das drückte sich auch damit aus, dass sie den gleichen Platz auf der Bühne wie Nanowar Of Steel nutzen durften und auch ihr grosses Backdrop hing. So geht Fairness!
Nanowar Of Steel
Nach einer kurzen Umbaupause war es Zeit für die italienischen Blödelbarden Nanowar Of Steel, wobei hier eigentlich nur die Texte, die Verkleidung und die Bühnen-Präsenz lustig sind. Musikalisch haben es die fünf Musiker mit ihren zwei Hauptsängern faustdick hinter den Ohren, aber das stand heute definitiv nicht im Vordergrund, sondern das Entfachen einer lustigen Party. Das fing bereits beim Intro an, bei dem in Anlehnung an US-Präsident Trumps Wahlspruch «Make America Great Again» «Make Furniture Great Again» erklang. Als dann beim Sabaton-artigen «Passadena 1994» neben A-, O-, noch G-Gesänge gefordert wurden, waren endgültig sämtliche Dämme gebrochen. In «Disco Metal» bauten die Italiener verschiedene bekannte 80er-Jahre-Disco-Lieder ein, die sie kurz anspielten. Eine längere wie lustige Geschichte gab es zur Einleitung von «...And Then I Noticed She Was A Gargoyle».
Toll auch, dass neben den beiden Sängern auch immer wieder der Gitarrist und der Bassist Hauptgesänge übernahmen. Bassist «Getto Panceri 666» bewies mehrmals seine Deutschkenntnisse. So sang er nicht nur «Der Flucht des Käpt'n Iglu auf Deutsch», sondern verkündete auch auf Deutsch, dass sie nun zurückschlagen würden. "Wenn Künstliche Intelligenz jetzt Musik kreiert, dann machen wir jetzt im Gegenzug Musik wie ein Computer." Es waren genau solche kleinen Dinge, bei denen man merkte, dass hinter der ganzen Blödel-Fassade von Nanowar Of Steel deutlich mehr steckt. Man könnte gar mutmassen, dass es sich hier um Uni-Professoren handelt, die mit der Band endlich mal die Sau rauslassen dürfen. Zum Schnee-Eulen-Lied «Il Cacciatore Della Notte» wirbelte einer der Sänger in Schneeeulen-Vollmontur verkleidet über die Bühne, und schwitzte dabei merklich.
Zum abschliessenden «Valhallejua» durfte dann das Publikum hinknien und wieder tanzen. Als Tribute für Schweden schraubte einer der Sänger zum Schluss einen Ikea-Tisch zusammen und gab ihn ins Publikum. Wer den Wahnsinn hier nicht nachvollziehen kann, der sollte sich unbedingt die kreativen Videoclips der Band zu Gemüte ziehen. Denn die meisten der im Z7 gespielten Lieder kennt man von diesen Clips. Live sind sie aber nochmals eine Spur wilder. Nanowar Of Steel erwähnten zudem, dass sie vor neunzehn Jahren im Z7 ihren ersten Auftritt ausserhalb von Italien gespielt hatten. Toll, dass sie es seither regelmässig in der Schweiz tun. Mit einer Spielzeit von einer Stunde und fünfzehn Minuten hatten sie gar einen rund fünf Minuten längeren Auftritt als die nachfolgenden Dynazty. Dies unterstrich die Co-Headliner-Funktion. Auch wenn Nanowar Of Steel und Kilmara auf der Bühne das abgedeckte Dynazty Schlagzeug dulden mussten.
Setliste: «Sober» - «Stormwarrior Of The Storm» - «Pasadena 1994» - «Wall Of Love» - «Disco Metal» - «...And Then I Noticed She Was A Gargoyle» - «Burn Voyage» - «Uranus» - «HelloWorld» - «Il Cacciatore Della Notte» - «Norwegian Reggeaton» - «Der Fluch des Käpt'n Iglo» - «La Polenta Taragnarock» - «Valhallejua»
Dynazty
Meine Befürchtung, dass sich das Z7 nach Nanowar Of Steel etwas leeren würde, erwies sich als unbegründet. Rein von den Reaktionen der Anwesenden her waren die Schweden Dynazty aber doch die klaren Headliner. Ich selbst kannte sie von einem Review ihres vierten Albums «Renatus» von 2014, hatte sie aber danach aus den Augen verloren. Nach Pratteln zogen mich vor allem Nanowar Of Steel und die Schwärmerei eines Kollegen, der Dynazty am selben Ort im Vorprogramm von Sonata Arctica erlebt hatte und sie damals gar besser fand als die bekannten Finnen. Und tatsächlich überzeugten mich die Schweden mit ihrem Auftritt. Dabei untermalten sie ihren Heavy und Power Metal oft mit tanzbaren Keyboard-Melodien ab Band, die aber meist dezent im Hintergrund gemischt blieben und vor allem jeweils zu Beginn der Lieder wahrgenommen wurden.
Dass sie laut Sänger Nils Molin die einzige seriöse Band des Abends waren, unterstrichen sie mit ihren Outfits und mit ihrem Auftreten. Hier waren schlicht Rocker auf der Bühne. Gesanglich war Molin klar der beste Sänger des Abends, und offensichtlich sang er auch wirklich live. Letzteres war auch bei Nanowar Of Steel der Fall, wobei man da noch teilweise Luft nach oben bemerkte. Apropos ab Band: Im Akustik-Teil spielte Schlagzeuger George Egg Keyboard und überliess schliesslich die grosse Bühne nur mit Tastenklängen für den Sänger. Dieser sorgte gerade mit «My Darkest Hour» für Gänsehaut. Dass Dynazty auch richtig rifflastig und hart spielen können, bewiesen sie in der zweiten Konzert-Hälfte mit «Presence Of Mind» und «The Human Paradox», bevor es mit «Dream Of Spring» episch wurde und die beiden Gitarristen nochmals gross Punkten konnten. Schön, dass Dynazty auf ein langes Schlagzeug-Solo verzichteten und diesem nur wenig Platz einräumten.
Das Ende von «Dream Of Spring» hätten sie zudem in die Länge ziehen und danach von der Bühne verschwinden können. Sie blieben aber und fügten die vermeintliche Zugabe «Heartless Madness» nahtlos an. Dieses Lied entpuppte sich als grosser Hit, den Dynazty für ausufernde Mitsing-Spiele nutzten. Im Vergleich zur Studio-Version klang das Lied um einen deutlichen Zacken härter, weniger nach Disco-Pop und schlicht besser. Vom Original bekomme ich Bauchkrämpfe, obschon ich die Qualität des Liedes erkenne. Letztlich geriet aber «Heartless Madness» zum verdienten Abschluss-Song, der diesen Abend und die Leistung von Dynazty im Z7 würdig abschloss. Danach trat bestimmt niemand enttäuscht den Heimweg an.
Setliste: «Fortunes Favors The Frave» - «Game Of Faces» - «Naural Born Killer» - «The Grey» - «Waterfall» - «Instinct / The With, Highwas Star» - «Acoustic-Medley (ev. «My Darkest Hour», «Power Of Will») - «Yours» - «Call Of The Wild» - «Drum-Solo» - «Presence Of Mind» - «The Human Paradox» - «Dream Of Spring» - «Heartless Madness»