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09.06 – 11.06. 2022, Interlaken - Flugplatz
By Oliver H.
Das "Greenfield Festival" in Interlaken gehört mittlerweile zur Speerspitze, was Festival Live-Gigs der härteren Musik betrifft. Es ist auch einer der frühesten solcher Events, der im Jahr stattfindet. Dieses Mal stand das Ganze ganz unter dem Motto "Reanimation", hat man die letzten zwei Jahre geplant, um es schlussendlich doch in den Wind zu schiessen. Während drei Tagen gaben sich Grössen aus der Alternative-, Hardcore- und Metal-Szene die Klinke in die Hand, um ein Festival-Publikum zu begeistern, das nicht ganz so war, wie die Jahre zuvor. Zwar hatte man das Gefühl, dass der Altersdurchschnitt wieder gestiegen ist, jedoch mehr Hipster und Partygänger aller Art dazu kamen. Entertainment wurde gross geschrieben und ungestörter Musikgenuss konnte fast nur im Pit genossen werden, was ich persönlich schade fand. Aber wer bin ich schon, um das beurteilen zu können? Ein ausverkaufter Anlass gibt den Organisatoren schliesslich recht.
Erster Tag (Donnerstag, 09.07.2022)
POWERWOLF
Was traditionell mit Alphornklängen begann, wurde bald schon durch Kirchengesänge und Orgelspiel ersetzt. Die Deutschen Powerwolf gaben einmal mehr ihre "Metal Messe" zum Besten und nahmen den schwitzenden Sündern die Beichte ab. Vom ersten Ton an vermochten sie zu überzeugen, obwohl sie an dem Tag ohne ihre Stamm-Gitarristen Charles und Matthew Greywolf auskommen mussten. Leider schien dem Herrgott die leicht blasphemische Darbietung nicht so gut zu gefallen, denn es gab immer wieder Windböen während des Auftritts. Diese unterdrückten den Sound der Wölfe lautstärkenmässig, und stellenweise wurde er sogar ganz verweht. Das führte dazu, dass die Stimmung nicht gerade zum Headbangen einlud, sondern eher zum konzentrierten Zuhören. Leider war das, wie in der Einleitung bereits erwähnt, wegen all der Quasselstrippen um einen herum nicht ganz einfach. Organist Falk-Maria Schlegel und Sänger Attila Dorn liessen die Puppen trotzdem tanzen. Mit ordentlich Rauch und Licht arbeiteten sich die Deutschen in ihrem Set vorwärts. Zum Ende hin sorgten die Mitsing-Parts, angeheizt durch Dorn, beim Wolfpack doch noch für ausgelassene Stimmung und eine weitere Messe fand ihren versöhnlichen Abschluss. Mein persönliches Highlight war dann später das kurze Gespräch mit dem Powerwolf-Vocalisten, der sich frisch geduscht und bebrillt unter die Leute mischte, um sich die amerikanische Kult-Kombo Korn anzusehen.
THE OFFSPRING
Die Vorfreude auf die amerikanischen Punk Rock Urgesteine The Offspring war gross. Bereits 2019 hatten sie das verregnete Greenfield-Gelände in einen Party-Hexenkessel verwandelt. Das Wetter zumindest passte erneut, denn als sie ihren Auftritt begannen, goss es wieder wie aus Kübeln. Vielleicht war es auf die irdische Darbietung auch nur eine weitere Reaktion des Himmels. The Offspring hatten auf jeden Fall Spass, und die Fans im Pit gingen ebenfalls mit. Wer aber weiter herum verteilt stand und sich den Gig so ansah, wurde schnell mit Langeweile beseelt. Das, was die Band um Dexter Holland präsentierte, wirkte nämlich ziemlich abgedroschen und leicht altbacken. Ihr neues Material gefiel der DRS3-Fraktion besonders gut, und die alten Gassenhauer versetzten Fans der ersten Stunde in Feierlaune. Über die ganze Zeit des Auftritts gesehen, passierte in der Menge und auch auf der Bühne jedoch nicht viel Inspirierendes. So war es dann auch nicht weiter schlimm, als sie nach einer guten Stunde mit «Self Esteem» den Abschluss fanden.
DANKO JONES
Mr. Danko Jones gab sich ebenfalls die Ehre, auf der Nebenbühne aufzuspielen. Er brachte mit seinem rauen und ungefilterten Rock-Sound die Menge zum Kochen. Der angeblich geheime Sohn von Jimi Hendrix spielte locker und entspannt auf, Zungenakrobatik und Gesichtsgrimassen inklusive. Er und seine Band zeigten reichlich Spielfreude, die vom Publikum gewürdigt wurde. Allerdings fiel sein Auftritt dem leidigen Thema der Konzert-Überschneidungen ein wenig zum Opfer, da ein Grossteil der Versammelten zum Korn-Auftritt dislozierten.
KORN
Die Band des Freitagabends hiess Korn. Eine Band, von der ich nicht viel erwartet habe, da die US-Amerikaner nicht zu meinen Alltags-Lieblingen gehören. Ihr in den 90ern als Nu-Metal bezeichneter Sound stiess in der Community auf offene Ohren. Jonathan Davis, der, wie er selbst sagt, unter Depressionen leidet, zog glücklicherweise einen guten Tag ein. Er strahlte und grinste bereits beim Betreten der Hauptbühne, bevor er das Mikro aus seinem legendären H.R. Giger Mikrofonständer heraus zog. Ihr Sound groovte, war laut und erfüllte die Nacht, die mittlerweile völlig windstill geworden war. Besonders fiel der optisch normal aussehende Schlagzeuger von Korn auf, der mit so einer Intensität bei der Arbeit war, dass es einfach Spass machte, ihm zuzuschauen. Er bearbeitete seine Küche mit Inbrunst, während die Saitenfraktion über die Bühne wirbelte. Der Platz vor der Hauptbühne war gerammelt voll, und die Fans wippten im Takt eines jeden neuen Songs mit. Besonders alte Titel wie «Blind» und andere sorgten für ein Stimmungshoch im Publikum. Als Korn ihr Set nach neunzig Minuten beendeten, war eine tiefe Zufriedenheit bei den Fans und der Band zu spüren, die noch lange nachhallte.
Zweiter Tag (Freitag, 10.06.2022)
BAD RELIGION
Der Samstagnachmittag begann mit geschmeidigem Punk der revolutionären Truppe Bad Religion. Ihr Sound ist schnell, schmissig und dennoch nicht weichgespült. Greg Graffins Stimme ist auch nach über vierzig Jahren unverkennbar und läuft wie eine gut geölte Maschine. Er bringt politische wie kirchenkritische Songs geschmeidig unter die Leute, ohne dabei wütend zu klingen. Der in die Jahre gekommene Fünfer gab von Anfang an Vollgas und brachte die Menschen dazu, sich bereits am Nachmittag bei sengender Hitze zu versammeln. «Punk Rock Song» oder «21st Century (Digital Boy)» veranlassten die Fans mitzusingen, und es wurde getanzt und gehüpft, dass der Spass nur so um sich griff. Im Verlauf des Konzerts fehlte es allerdings ein wenig an musikalischen Höhepunkten und Abwechslung. Wieder einmal zeigte sich deutlich, dass Bad Religion unbestritten zur Elite des Punk gehören und sie die Krone mehr als verdient haben. Allerdings sind sie auch besser in Clubs oder kleinen Hallen aufgehoben, da ihre Energie dort mehr überspringt, als auf grossen Konzertbühnen. Dennoch hat ihr Auftritt viel Spass bereitet, und sie dürften nach der Show wieder ein paar jüngere Fans dazu gewonnen haben.
ALESTORM
Bereits als die überdimensionale Gummi-Ente auf der Bühne aufgeblasen wurde, war klar, da ist etwas im Busch. Daraus stiegen schliesslich die aschottischen Pirate Metaller von Alestorm. Wie gut diese Genre-Bezeichnung allerdings noch passen sollte, konnte während ihrem Auftritt getestet werden. Mit ihrem Hit «Keelhauled» eröffneten sie den Party-Reigen, wobei sie die Scharen der Fans sofort in der Tasche hatten. Unter ihnen zeichnete sich augenscheinlich schnell ab, wer Alestorm-Anhänger war. Baseballcap, Trägershirt, Shorts, die Socken bis zu den Knien hoch gezogen und die Treter in Chucks verstaut. Das alte Song-Material machte mir noch zuweilen Spass, aber mit dem neueren Zeugs, das viel Party-lastiger daher kommt, haben sie mich verloren. Dem Publikum schien jedoch genau das zu gefallen – Party und saufen! Der Ballermann kam in Form von Alestorm nach Interlaken, und die Meute frass ihnen aus der Hand. Als die Schotten schliesslich den Disco-Kracher «Hangover» zum Besten gaben und der Refrain dazu bis zur hintersten Reihe mitgegrölt wurde, war mir klar, dass nun die Zeit gekommen war, mich zu verdrücken, um nach etwas Essbarem zu suchen.
BURNING WITCHES
Eine geballte Ladung Oldschool Metal wurde schliesslich von der Schweizer Formation Burning Witches geboten. Der Fünfer hat in den letzten Jahren enorm Boden gut gemacht und ist auf Festivals ein gerne gebuchter Act. Mittlerweile weiss ich auch warum. Romana Kalkuhl und ihre Hexen haben ja eine Show abgeliefert, das war echt der Hammer! Zum einen für die Fans, zum anderen aber auch für die Fotografen. Die Showeinlagen der Ladies – wow – da kann sich manche grosse Truppe eine dicke Scheibe davon abschneiden. Das Posing ist das eine und der Sound war natürlich auch mehr als überzeugend. Egal, ob vom neuen Album oder älteres Material, die Songs haben direkt gezündet und sind bei den Fans angekommen. Dem Fünfer hat man die Spielfreude von der ersten Sekunde an angemerkt, und die neue Sängerin Laura Guldemond, sowie die neue Gitarristin Larissa Ernst, die ja auch nicht mehr "so neu" sind, haben einen hervorragenden Job gemacht. Leider sind auch sie geschnitten worden und zwar mit dem Auftritt der deutschen Death Metal Kombo Heaven Shall Burn.
HEAVEN SHALL BURN
Der Himmel brannte wirklich! Während die Roadies die Bühne für den insgeheimen Headliner herrichteten, gelangten die Fans zum Scooter-Song «Always Hardcore» in die richtige Stimmung – und es klappte – aus mir unerfindlichen Gründen. Nach dieser kleinen Party erschienen die Bandmitglieder, und am Schluss betrat Sänger Marcus Bischoff die Bühne. Ihre Präsenz auf der Bühne war absolut kraftvoll, und das Publikum war genauso stark. Als optischer Auftakt wurden erst einmal Konfetti-Schlangen aus diversen Kanonen abgefeuert. Als sich der Plastik-Teppich auf die Fans gelegt hatte, durften auch die Fotografen in den Graben steigen. Ein Crowdsurfer nach dem anderen erreichte von nun an den Pit, und man merkte sofort, dass die Band ihr Publikum im Sack hatte. Wie nicht anders zu erwarten, ballerten die Deutschen aus allen Rohren. Marcus Bischoff war von der Szenerie dermassen geflasht, dass sein traditionelles rotes Hemd nicht einmal den ersten Song überstand. Nebst viel Licht, Stroboskopen und Rauch, boten Heaven Shall Burn auch ordentlich Feuer. In den ersten Reihen ist der Schweiss mit Sicherheit auf der Haut verdunstet. Das Bühnenbild, das ein eindrucksvolles Weltuntergangsszenario darstellte, tat sein Übriges zur Stimmung. Die atemberaubende Lichtshow sowie die passend eingesetzte Pyrotechnik und eine gut gewählte Setlist machten ihren Auftritt unvergesslich. Die Menge verliess den Platz anschliessend erschöpft, aber auch sehr zufrieden.
JINJER
Auf sie haben eine Menge Fans gewartet – Jinjer. Was vor ein paar Jahren noch ein Geheimtipp war oder der Sparte "ich weiss nicht so recht" angehörte, ist nun der absolute Renner unter den Metalheads. Aggressiv und laut ging es los, und die Band setzte ein klares Zeichen! Trotz dem Wissen um Jinjer war auf den Gesichtern einiger Leute der Schock sichtbar, als die Sängerin Tatiana Shmailyuk ihre Stimmvielfalt auspackte. Unterstützt wurde sie von der makellosen und technisch sehr versierten Rhythmus-Fraktion um Roman, Wlad und Jewhen. Gemeinsam bilden sie eine ukrainische Naturgewalt. Dies liessen sie mit gelb blauem Licht auch immer wieder durchschimmern. Eine Laudatio auf den Frieden war natürlich Pflicht, kam gut an, und die Fans bedankten sich im Gegenzug bei einzelnen Songs mit Refrain-Gesängen. Die Menge tanzte und sang sogar dann immer noch, als die Band sich langsam verabschiedete. Die Fans erhielten noch Plektren und Drumsticks, während sich die Truppe aus dem nac wie vor umkämpften Gebiet von Donezk noch etwas feiern liessen. Jinjer sind aus der heutigen Metal-Szene nicht mehr weg zu denken, und die Fans können es kaum erwarten, sie wieder live zu sehen!
AT THE GATES
Der schwedischen Genre-Pioniere aus Göteburg machten an diesem Abend ebenfalls keine Gefangenen, und die kleinere Bühne stand ihnen offensichtlich besser zu Gesicht als die Hauptbühne, die sie bereits vor ein paar Jahren bespielen durften. Die Stimmung war heiss und konzentrierte sich voll auf die Fans vor der Bühne. Frontmann Tomas Lindberg war, wie fast immer, in toller Spiellaune und suchte von Anfang an den Kontakt zum Publikum. Seine Markenzeichen, sprich Cap und Holzfällerhemd, waren an dem Abend ebenso präsent, wie seine unverkennbare Stimme. Für einige anscheinend krächzend nervig, da diese das Gelände deshalb bald verliessen, und für andere war es eben der perfekte At The Gates Klang. Vor der Bühne war es richtig voll, heisst bevölkert von wahren Metalheads! Sie dankten es den Schweden, dass sie noch wahren den Death Metal ans Greenfield bringen, und es störte auch nicht weiter, als die restlichen Radio Metal Zuhörer:innen das Feld räumten, um Volbeat zu sehen. At The Gates peitschten ihr Programm durch, versprühten Power wie Spielfreude, und sie zogen mich einfach in ihren Bann! Die Abwechslung der Setliste war dabei äusserst gelungen.
VOLBEAT
Die Dänen polarisieren wie kaum eine andere Band in der Metal-Landschaft. Ihre glorreiche Kombination aus Heavy Metal und Rockabilly sorgt dafür, dass jeweils die eine Hälfte der Menge mit dem Hintern wackelt und die andere Hälfte mit dem Kopf hämmert. Wenn man jemanden nach Volbeat fragt, werden Hände verworfen, und an ihren Konzerten sind dann doch alle anwesend. So auch am Greenfield 2022. Ab Konserve ertönte Motörheads «Born To Raise Hell», bevor die Band die Bühne betrat und mit «Devil’s Bleeding Crown» los legte. Nach einer kurzen Ansprache ("Greenfield, lasst uns ein paar Hörner sehen!") feuerten sie direkt «Pelvis On Fire» und «Temple Of Ekur» hinterher. Für den Rest ihres hitgeladenen Sets machten sie kaum eine Atempause und schwangen sich von einem donnernden Track zum nächsten. Die Menge tobte, ganz zur Freude von Poulsen, der den angeheizten Mob dazu ermutigte, an all seinen Rockstar-Partytricks teil zu nehmen. Dann schwieg er ein wenig, und die Band spielte, als gäbe es kein Morgen mehr. Volbeat sind eine dieser Bands, die live fast nie enttäuschen: glatt und ausgefeilt, aber nie kitschig oder überchoreografiert. Ich persönlich konnte aber mittlerweile nicht mehr sagen, ob Volbeat nun erst drei oder schon zehn Songs gespielt hatten, deswegen packte ich meine sieben Sachen und verliess die feiernde Menge im Pit, die dem dänischen Vierer immer noch huldigte, als ich unter tausenden von Autos mein eigenes Gefährt suchte.
Dritter Tag (Samstag, 11.06.2022)
HAMMERFALL
Oh, diese Typen! Wer auf traditionellen Heavy Metal steht, ist bei HammerFall bestens bedient. Der schwedische Fünfer besticht seit Jahren mit soliden Platten, und live sind sie stets eine Wucht. Für meinen Geschmack spielten die Schweden allerdings viel zu früh am Tag, was jedoch für die wahren Metal-Fans kein Hindernis darstellte. Treu ergeben fanden sie sich vor der Bühne ein, um ihre Idole abzufeiern. In traditioneller Metal-Manier enterten die Herren die Bühne. Anschliessend posten sie für die Fans sowie für die Fotografen und rockten die Bühne in Grund und Boden. Als dritten Song packten sie bereits Klassiker wie «Any Means Necessary» aus, was die Menge zum Durchdrehen brachte. Sänger Joacim Cans sprach mit den Fans und forderte sie dazu auf, gemeinsam mit ihm zu singen. Es entstand ein Menschen-Chor, der lautstark mitsang. Die Gitarrenfraktion um Pontus Norgren und Oscar Dronjak spielte alles an die Wand, während Bassist Fredrik Larsson und Drummer David Wallin den rhythmischen Boden dafür bereit stellten. Als Garant für den typischen HammerFall-Sound machte Frontmann Cans die Show perfekt. Besonders die alten Klassiker fanden bei der Meute regen Zuspruch, und die Zeit verging viel zu schnell. Nach einer guten Stunde hiess es bereits "adieu Swedish Metal", und bis zum nächsten Mal.
BRING ME THE HORIZON
Die Sheffielder Alt-Metaller Bring Me The Horizon waren am Samstagabend in Interlaken angekommen, und Leadsänger Oliver Sykes war wie immer ein übermütiger Zeremonienmeister, der seine Band wie einen Wanderzirkus anpries. Bring Me The Horizon, in passende cremefarbene Markenanzüge gepresst und von einer kompletten Blockbuster-Produktion unterstützt – mit Cyborg-Tänzern und allem Drum und Dran – war dies mehr als eine Rockshow. Es war vielmehr eine hochkarätige Angelegenheit. Ein cineastischer Orchester-Soundtrack eröffnete den Reigen, bevor es in einen Glitch-Core-Rave überging. "Bist du verdammt noch mal bereit, Greenfield?" kreischte Sykes, bevor die Band in das schwärmerische Emo von «Teardrops» aus dem letztjährigen Mini-Werk «Post Human: Survival Horror» ausbrach – der ersten von vier EPs in ihrem «Post Human»-Projekt. Das Set lehnte sich weitgehend an den Arena-Rock ihrer letzten Alben an, insbesondere an den Day-Glo-Cyberpunk und Sci-Fi-Pop von «Amo» sowie «Survival Horror». Bei all dem theatralischen Drama und Bombast – fast schon an MUSE Niveau grenzend – war es eine schweisstreibende Rockclub-Atmosphäre, inklusive Gemeinschaftsgefühl. An diesem Abend hat die agile Truppe bewiesen, was Sykes schon lange wusste – Bring Me The Horizon sind absolut fähig, grosse Hallen und Festivals zu bespassen.
BATTLE BEAST
Im Verlauf des Tages gaben sich Battle Beast die Ehre, deren Name von der Menge bereits gerufen wurde, bevor sie die Bühne überhaupt betreten hatten. Die Stimmung war aufgeheizt, und Battle Beast starteten mit «Circus Of Doom», dem Titel-Song ihres neuen Albums. Völlig überrascht sahen sie aus, als sie feststellten, dass nicht nur der Veranstaltungsort voll ist, sondern die Schweizer Metal-Fans verdammt laut sein können! Ab den ersten Sekunden von «Circus Of Doom» brach dsa komplette Chaos aus. Der ganze Pöbel schien bei jedem Wort mitzubrüllen, und doch konnte nichts die glühende Kraft der Sängerin Noora Louhimo übertönen, die ihre Freude über den überschwänglichen Empfang nicht verbergen konnte und im Laufe der Show immer aufgeregter, ja intensiver auftrat. Auch ihre Bandkollegen kamen ebenso nicht mehr aus dem Grinsen heraus und trieben ihre Songs aus hymnischem 80er-Metal mit einer Prise Verve des 21. Jahrhunderts voll auf die Spitze. Noora ihre Band waren die ganze Zeit über in Topform. Bei «Eden» sprang die Meute vor der Bühne nochmals ekstatisch auf und ab, und es war nicht schwierig zu verstehen, warum Battle Beast bei ihren Fans so populär sind. Das Schweizer Publikum liebt Metal wie Battle Beast gleichermassen, und die Finnen sind jederzeit wieder willkommen.
BILLY TALENT
Tausende von Fans pilgerten am heutigen Abend maskenlos ans Greenfield, um die Rock-Legende Billy Talent zu begrüssen. Nur die Fotografen wurden mit Schnabeltassen ausgerüstet, da sie der Bühne am nächsten waren. Anyway! Die Lichter gingen aus, als das Eröffnungsriff von «Devil In A Midnight Mass» begann. Es wurde keine Zeit verschwendet, und eine Fülle von Crowdsurfern machte sich auf den Weg nach vorne. Die Setliste war mit einer guten Mischung aus alten und neuen Liedern bestückt. Sie spielten tiefgehende Nummern wie «Fallen Leaves», «Rusted In The Rain» und «River Below» und gaben gleichzeitig jedem die Möglichkeit, Songs wie «Judged» oder «Reckless Paradise» endlich live zu hören. Die beiden letzteren Lieder stammen von ihrem neuen Album «Crisis Of Faith». Ich war erstaunt, wie vielfältig sich das Publikum vor der Bühne zeigte. Überall auf dem Platz sah man Kinder, Teenager, Erwachsene und sogar ältere Generationen, die mitsangen, moshten und BT-Merch trugen. Die Tatsache, dass die Band in der Lage ist, ein solches Publikum unter einem Dach zu fesseln, festigt wirklich den Einfluss, den sie auf die Welt um sich herum hinterlassen haben. Zum Schluss verabschiedeten sich Billy Talent mit den Fan-Favoriten «Try Honesty», «Viking Death March» und «Red Flag». Beim letzteren Song sangen die Fans so laut mit, dass es sich anfühlte, als könnte man sie deutlicher hören als die Band. Danach schloss das Greenfield 2022 seine Tore, und ich warte jetzt schon darauf, was das nächste Jahr musikalisch zu bieten haben wird.