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Es gibt Scheiben, die zünden nicht auf Anhieb. Da braucht es dann viele Durchläufe, bis der sprichwörtliche Funke endlich mal überspringt. Und schon kann man einem Tonträger plötzlich sehr viel abgewinnen, den man ursprünglich bestenfalls als durchschnittlich erachtete. Diese Situation habe ich schon des Öfteren erlebt.
Aber es gibt auch den eher seltenen Fall, bei dem genau das Gegenteil passiert. Da empfindet man eine Veröffentlichung zunächst als ganz passabel, weil sie zweifellos ein paar coole Ideen enthält, doch danach erweist sich jeder zusätzliche Hördurchgang als zunehmend anstrengend bis zu dem Punkt, an dem man sich das Teil eigentlich nicht mehr anhören möchte. Leider ist das fünfte Album der schwedischen Psych/Stoner-Rocker JIRM (bis zu ihrer 2014er Scheibe «Spirit Knife» nannten sie sich noch Jeremy Irons & the Ratgang Malibus) genau so ein seltener Fall. Dass die Hochzeit zwischen Soundgarden-Groove und schräger Pink Floyd-Psychedelik funktionieren kann, haben sie auf ihren früheren Releases bewiesen, da legten sie den Fokus allerdings auch eher auf das extrovertierte Rocken als auf das introvertierte Grübeln und Hadern. Auf «The Tunnel, The Well, Holy Bedlam» dominiert hingegen der vertonte Weltschmerz.
Jeder Song hat seine grossen Momente, das steht nicht zur Debatte, aber insgesamt wurden die einzelnen Titel für meinen bescheidenen Geschmack zu sehr aufgeblasen, indem man gewisse Passagen einfach gefühlte hundertmal wiederholt. Wenn dies dann noch mit einem Minimum an Instrumentierung passiert, begleitet von einem Sänger, der minutenlang sein Wehklagen in die Welt hinaus schreit und einem regelmässig auftauchenden Saxophon, das wohl für den erhöhten Avantgarde-Faktor sorgen soll, dann kann das mit der Zeit durchaus an den Nerven zerren. Bezeichnenderweise ist der Opener «Liquid Covenant» mit seinen 6:59 Minuten der kürzeste und auch der beste der sechs Tracks, weil in ihm das fragile Verhältnis zwischen Volumen und Substanz genau stimmt. Ein paar mehr Songs dieses Kalibers, und meine Bewertung wäre ganz anders ausgefallen, aber in diesem Fall passiert mir bei den anderen Nummern, gemessen an ihrer Länge, einfach zu wenig. «The Tunnel, The Well, Holy Bedlam» ist zweifelsohne ein ambitioniertes Werk, doch die vier Jungs sind noch zu viel mehr fähig, dessen bin ich mir absolut sicher.
Mirko B.