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"...Es wurde alles im Self-Made-Stil eingespielt..."
Mario Le Mole kennt man von Mind Odyssey her, einer Truppe, die zwischen 1993 und 1999 als Berliner Combo auf sich aufmerksam machte und dabei auch immer wieder im Z7 Halt einlegte. Mario, der schon mit der Ostberliner Band Merlin seine ersten Erfolge feiern konnte, hatte damals ein sehr heisses Eisen im Feuer. Auch wenn sich Mind Odyssey nie offiziell aufgelöst haben, wurde es nach der Jahrtausendwende ziemlich still um die Truppe.
2022 startete Mario seine Solo-Karriere und veröffentlichte ein beachtliches Album, das den Titel «Restless Man» trägt. Knapp zwei Jahre später steht nun «Evolution» in den Startlöchern. Eine Scheibe, die noch besser klingt als ihr Vorgänger und erneut im Alleingang von Mario eingespielt wurde. Was seit dem solistischen Debüt alles passiert ist und was es sonst noch zum neuen Album zu sagen gibt, erfahrt Ihr in den folgenden Zeilen.
MF: Was hat sich seit «Restless Man» getan?
Mario: Eigentlich viele negative Dinge, da ich fast mein Gehör verloren hätte. Ich wurde operiert, und es sah eine Weile nicht gut aus mit dem Heilungsprozess. Aktuell ist es, Gott sei Dank, wieder besser geworden, aber ich kann nur noch mit Hörgeräten leben. Das ist bei mir erblich bedingt, heisst diese Otosklerose hatte schon meine Mutter. Seit vielen Jahren trage ich zwei Prothesen in meinen Ohren. Damit konnte ich halbwegs gut leben. Nach 25 Jahren ging eine zu Bruch. Die Revision war nicht gerade lustig. Daher war musikalisch nicht viel los, da ich meine Ohren nicht einsetzen konnte.
MF: Heute ist alles wieder gut?
Mario: Es ist besser, aber im Moment meide ich Lautstärke und Konzerte.
MF: Somit bist du sicher nicht auf Tour gegangen mit deinem Debüt-Album?
Mario: Das war geplant und ein Wunsch von mir, aber es sollte nicht sein. Ich hoffe, dass ich das wirklich noch einmal hinbekomme, und dank des zweiten Albums wird das Repertoire an Liedern schon länger ausfallen (grinst).
MF: Sind deine Erwartungen mit dem ersten Album erfüllt worden?
Mario: Für mich ist das Album relativ gut gelaufen, und es gab viele positive Resonanzen. Zudem hat es sich gut verkauft (grinst zufrieden). Es wurde alles im Self-Made-Stil eingespielt, und für diese Verhältnisse darf ich mich nicht beklagen. Ich kann das mit den Alben von Mind Odyssey vergleichen, sei es anhand der Verkäufe oder der Rückmeldungen der Leute. Ich war überrascht, dass allein mein Name bei so vielen Menschen noch nicht in Vergessenheit geraten ist. Nach so vielen Jahren sind Mind Odyssey noch immer ein Thema, und die Leute sprechen mich auf die Band an. Dass die Truppe ein Begriff ist, verstehe ich, aber dass allein mein Name die Leute dazu bewegt, eine CD zu kaufen, war überraschend. Ich erhielt viele schöne Rückmeldungen, die mich stolz gemacht haben.
MF: Wo siehst du die Unterschiede hin zum neuen Album «Evolution»?
Mario: Meine persönliche Meinung dazu ist…, bei «Restless Man» haben mich die Reaktionen der Fans überrascht, weil sie nicht geglaubt haben, dass die Musik so heavy ausfallen würde. In meinen Augen war die Scheibe nicht so hart. Ich denke aber, dass «Evolution» heavier ausgefallen ist. Es sind mehr härtere Nummern zu hören. Mit «Chase The Buck» ist sicherlich der härteste Track zu hören, den ich jemals geschrieben habe. Ähnlich klingt «In The Dark» vom «Nailed To The Shade» Album.
MF: Das Werk ist in meinen Augen auch kompakter geworden.
Mario: Ja, das kann sein, dass es soundtechnisch noch kompakter ist, das stimmt.
MF: Hast du alles wieder selbst eingespielt?
Mario: In der Tat habe ich wieder alles selbst eingespielt, bis auf das Solo in «Carved In Stone». Das Stück ist eine Komposition von Dan Uhden, meinem alten Mind Odyssey Kollegen. Wir wollten das zusammen machen, aber es kam leider nicht dazu. Mit seinem Einverständnis habe ich das Lied trotzdem verwendet. Das Solo stammt von ihm.
"...Bock auf eine Band habe ich immer noch..."
MF: Wie kommt es, dass du alles selbst machst? Hast du keinen Bock mehr auf eine Band oder willst du den Überblick behalten?
Mario: Zum Teil beides. Bock auf eine Band habe ich immer noch (grinst). Das hat sich aber alles so entwickelt und war keine bewusste Entscheidung. Ich trage seit Jahren so viele Ideen mit mir herum und wollte die schon lange aufnehmen. Dazu kam es noch nicht, weil ich technisch noch nicht in der Lage war. Mir ein grosses Studio leisten zu können, lag nicht drin. Im Laufe der Jahre hat sich viel Technik angesammelt, die ich aufbauen konnte, und ich habe mich damit weiter entwickelt. Anfang 2022 war ich in der Lage, die Songs so aufzunehmen, wie ich es mir vorgestellt habe. Man muss das grosse Kino, das man im Kopf hat, in ein kleines Format bringen. Früher war es ein totaler Trugschluss, dass alles, was man aufnahm, laut und gross sein sollte. Wenn es fertig war, klang es trotzdem klein. Man muss alles ins richtige Format bringen und zum Klingen bringen. Da hat man seine Vorbilder im Kopf. Ich habe meine Ideen damit verglichen und mich gefragt: "Wie klingt es, und kann ich das so veröffentlichen?" Bis zu dem Moment, als ich dachte: "Ja, das knallt" (lacht).
MF: Dann hast du auch selbst produziert und aufgenommen?
Mario: Alles stammt komplett von mir, auch das gesamte Mastering.
MF: Was willst du uns mit der «Evolution» mitteilen?
Mario: Die Evolution ist ein Thema, das mich schon immer fasziniert hat. Darwin und seine ganzen Theorien. Das Album ist aber nicht nur auf seine Ideen gemünzt, sondern auch auf unsere Gesellschaft und deren Entwicklung. Mit der Thematik spielte ich schon auf dem «Schizophenia» Album von Mind Odyssey. Da gab es ein Stück, das «Evolution» hiess. Das Ganze habe ich nicht mit dem mahnenden Zeigefinger geschrieben, sondern eher wie einen Zeitstrahl der Entwicklung.
MF: Wenn ich mir das Cover anschaue, inwieweit handelt das neue Album von KI?
Mario: Die künstliche Intelligenz ist aktuell ein grosses Thema. Auf eine gewisse Weise hat es damit zu tun, auch weil eine gewisse Angst in mir vor dieser Intelligenz schlummert. Vieles ist damit möglich, aber es beinhaltet auch einige negative Aspekte, die dadurch entstehen können. Das gehört auch zu diesem erwähnten Zeitstrahl. Diese Entwicklung der Menschheit: vom behaarten Typen mit Keule bis hin zur technischen Intelligenz. KI wird in naher Zukunft eine grosse Rolle spielen.
MF: Würdest du Musik mit KI schreiben?
Mario: Als Unterstützung kann ich mir das vorstellen. Aber wenn ich jetzt auf Taste A drücken könnte und die Maschine erstellt mir einen Refrain…, davon lasse ich die Finger. Das ist Selbstbetrug oder lächerlich. Aber es wird in naher Zukunft so kommen. Es gibt schon einige Programme, die in der Musik mehr als nur eine Unterstützung sind. Ich kenne das aus anderen Musikrichtungen. Wer weiss, wie lange es noch Schauspieler geben wird?
"...Wahrscheinlich verkümmert dadurch irgendwann die Musik..."
MF: Geht mit KI auch das künstlerische Flair verloren?
Mario: Definitiv! Wahrscheinlich verkümmert dadurch irgendwann die Musik. Warum sollte ein Junge, der heute mit sechs oder sieben Jahren beginnt, Gitarre zu spielen, das noch tun, wenn er bald nur noch Knöpfe drücken muss? Es erschreckt mich teilweise schon. Ich bin mit zig Programmen in Berührung gekommen und habe auch einiges an Samples erstellt. Da gibt es Programme für das Riffing einer Gitarre. Drückst du auf den Knopf, hast du einen Akkord, der mir persönlich vom Sound her nicht so gefällt. Aber man kann damit gewisse Stellen in der Musik unterlegen. Für Leute, die nicht in ein grosses Studio gehen oder die Räumlichkeiten dazu haben, kann das ein Vorteil sein. Für mich wird das jedoch nur begrenzt eingesetzt.
MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?
Mario: Ich muss mich gehörmässig wieder herantasten. Das ist fast wie ein Kleinkind, das mit dem Laufen beginnt. Wenn ich das wieder so hinbekomme, dass ich mich sicherer fühle, dann versuche ich, mit diesen beiden Alben aufzutreten, auch wenn es nur ein paar Konzerte sein werden.
MF: Danke dir für das Gespräch, und weiterhin alles Gute, besonders für dein Gehör!
Mario: Herzlichen Dank und sehr gerne.