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Metal Factory since 1999
08. Mai 2025, Winterthur - Gaswerk
By Lukas R. - Pics by Jasper Dassen
Am 08. Mai 2025 erlebten wir im Gaswerk in Winterthur ein kraftvolles Doppel-Konzert mit Fvzz Popvli und Temple Fang. Der Veranstaltungsort gibt auf seiner Website sehr treffend an: "1996 eröffnet - im selben Jahr, in dem sich Take That auflösten. Zufall? Kaum!" Da muss ich zustimmen, und in der Nacht des 08. Mai passierte hier etwas Magisches.
Akt I: Fvzz Popvli - Ein energischer Auftakt
Kurz, schmierig und psychedelisch. Den Abend eröffneten die Jungs von Fvzz Popvli aus "bella Italia". Eine Stoner Punk Truppe, die mit ihren dreiminütigen, punkigen Sleaze-Rock-Songs sofort für Stimmung sorgte. Ihre Energie war einfach ansteckend! Der Gitarrist driftete dabei immer wieder in herrlich freakige, psychedelische Sphären ab und sprang auch immer wieder in die Menge hinein. Die Band spielte ihr komplettes neues Album durch, heisst ein knackiger, halbstündiger Ritt und heizte allen ordentlich ein. Drei sympathische Typen, die einen mitreissenden Auftakt ablieferten.
Akt II: Temple Fang - Wenn die Zeit verschwindet
Nach kurzer Umbaupause betraten Temple Fang die Bühne und nahmen uns mit auf eine unglaubliche Reise. Mit ihrem frisch veröffentlichten Album im Gepäck, das bereits überall Bestnoten einheimste (unter anderem 10/10 bei Metal Factory), brauchte das niederländische Quartett keine Minute, um klarzumachen, was uns erwartet. Was folgte, waren zwei Stunden (!) pulsierender, wabernder Space-Gitarren-Fuzz und Feedbacks, eingebettet in eine hypnotische Trance voller musikalischer Meisterschaft.
Obwohl Jevin de Groot körperlich der Kleinste war, füllte er die ganze Bühne mit seiner Präsenz. Er begann mit einem stillen Moment vor einem kleinen buddhistischen Schrein und hob dann ab - buchstäblich und musikalisch. In den nächsten zwei Stunden zog er uns alle in seinen Bann. Er sang und spielte die wohl coolste Gitarre, die ich je gesehen habe. Aber das war keineswegs eine One-Man-Show. Ivy van der Veer, der zweite Lead-Gitarrist, zauberte einige der schönsten Hippie- und Freak-Soli, die meine Ohren je gehört haben.
Manchmal erinnerte sein Sound an "Luk Thung Psychedelia", diese Verschmelzung ländlicher thailändischer Folkmusik mit westlichen elektrischen Texturen, wie ich es sonst nur von Khruangbin kenne. Sein Spiel hat die Songs nicht nur ergänzt, sondern jedes Stück zu einem echten Meisterwerk gemacht. Normalerweise würde ich hier eine Setliste einfügen. Bei Temple Fang spielt das aber keine Rolle, denn jeder einzelne Song ist ein Universum für sich.
Daan Wopereis sass fast versteckt hinter den anderen, aber sein Schlagzeug-Spiel dröhnte durch den ganzen Raum. Er ist ein echter "Schlagzeug-Alchimist" sprich einer, der gewöhnliche Beats in etwas Transzendentales verwandelt. Sein Spiel war kraftvoll, wunderschön, innovativ und unfassbar präzise. Kein Wunder, dass er mitten im Set zwei Drumsticks zerbrach. In der Mitte, über den anderen thronend, stand Dennis Duijnhouwer, der musikalische Anker des Ganzen. Er teilte sich den Gesang mit Jevin, seine Stimme weich und melodisch.
Was aber noch wichtiger war: Seine Basslinien verleihten den sonst frei fliessenden Klanglandschaften Struktur. Ohne ihn wäre es Chaos gewesen, aber mit ihm gereichte es zur coolsten Musik, die man live erleben kann. Sie spielten grosse Teile ihres neuen Albums «Lifted from the Wind», eine wahre Reise für Kopf, Herz und Seele. Ich liess mich einfach mittreiben. Als sie das Publikum nach Wünschen fragten und jemand «Jerusalem» rief, legten sie sofort los und tauchten nahtlos in diesen mächtigen Klassiker ein. Es wirkte völlig spontan und war es auch.
Dennis bestätigte mir das nach dem Konzert: Wir spielen bei jedem Konzert andere Songs, andere Versionen. Manchmal sind wir selbst überrascht, was das Publikum ruft, aber wir greifen es einfach auf und spielen los…" (Man fragt sich: Hätten Take That das je hinbekommen?) Ein Fan neben mir rief mit Tränen in den Augen: "Das ist Musik! Das ist echte Musik!" Er hatte so verdammt recht.
Mehr kann man sich von einem Konzert nicht wünschen. Zwei Stunden lang haben Temple Fang nicht einfach nur gespielt, sie haben ihre Musik gelebt. Sie haben jeden einzelnen Ton geliebt, zelebriert und neu erfunden. Vergessen wir Schubladen wie Stoner oder Freak Rock. Nennen wir es beim Namen: die innovativste und schönste Rockmusik, die dieser Planet zu bieten hat.
Was kann diese Band besser als fast jede andere? Ich glaube es ist, dass sie sich Zeit nehmen. Zeit nehmen einen Song aufzubauen, ihn auf der Bühne immer wieder neu zu erfinden und zu zelebrieren. Und sich und das Publikum dabei ernst zu nehmen. Als wir danach alle mit einem fetten Grinsen nach Hause gingen, war eines klar: Wir waren dabei, als Magie geschah. Und ja..., vergesst Take That!