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"...So kommt ein grosser Anteil der alten Luft und Brise zurück..."
«Giants & Monsters» heisst die neue Meisterscheibe von Helloween. Das Album beinhaltet alles, was man sich von den Kürbissen erhofft wie wünscht und klingt nochmals eine Runde flüssiger als der eh schon starker Vorgänger «Helloween». Es sind nicht nur die Songs, sondern auch das grandiose Cover und die starken sowie lustigen Texte, bei dem es sich lohnt, sich intensiver damit und den Jungs auseinanderzusetzen.
Andi Deris (Gesang und Interview-Partner), Michael Kiske (Gesang), Michael Weikath (Gitarre), Kai Hansen (Gesang und Gitarre), Sascha Gerstner (Gitarre), Markus Grosskopf (Bass) und Dani Loeble (Drums) überlassen nichts dem Zufall und zeigen sich von einer bärenstarken Seite, spielen mit technischen Kabinett-Stückchen, lassen die Melodien aus dem Ärmel purzeln und können neben dem Gasgeben auch mal ruhiger ans Werk geben. Was hinter dem Album steckt und was die Truppe so stark macht, das erzählt uns Andi im folgenden Gespräch.
MF: Was hat sich beim Songschreiben, Aufnehmen und Produzieren von «Helloween» hin zu «Giants & Monsters» verändert?
Andi: Es war ein bisschen lockerer. Wir versuchten bei «Helloween» allen zu zeigen, dass Michi und Kai wieder an Bord sind. Da musste der Schwerpunkt auf dieser alten, neuen Kiste liegen, angereichert mit viel Michi und Kai. Das hat alles super funktioniert. Kai hat, Gott sei Dank, Gas gegeben, was ich für mich persönlich nicht als selbstverständlich erachten würde. Lägen alle Augen auf mir, wenn ich da als alter, zurückgekehrter Mucker wieder bei Helloween bin und abliefern muss, stelle ich mir dies nicht einfach vor, aber Kai hat dies mit «Skyfall» bravourös gemeistert. Die Nummer hat eingeschlagen und vielen Leuten gezeigt, dass die Jungs wieder zurück sind. So kommt ein grosser Anteil der alten Luft und Brise zurück. Der Druck war da, dass wir dies hinkriegen und ich bin mir sicher, das haben wir sehr gut gelöst (grinst zufrieden).
Dieses Mal haben wir einfach geschrieben (lacht) und schauten, was wie zusammenpasst. Wir hatten wieder viele Tracks übrig, wie beim letzten Mal. Wichtig war, dass die Mischung stimmt, weil wir wissen, dass wir noch immer viele Kunden haben, welche sich ein Album anhören und kaufen. Ich selbst besorge mir nach wie vor Alben und will mir die auch anhören und nicht nur einen bedröppelten Song streamen. Ich will ein Album! Mit der Erkenntnis, dass unsere Kundschaft dies auch so handhabt, relaxt eine Scheibe kauft, sich zurücklehnt und die neuen Lieder geniesst. Dies in der Hoffnung, dass das Material auch gefällt (lacht).
So sind wir alle aufgewachsen, und so soll es auch sein. Die Mischung muss immer gut sein und dies hilft, wenn du viele Lieder zur Auswahl hast. Dieses Mal hatten wir, Gott sei Dank, so viele wie noch nie. Wir könnten morgen nochmals ins Studio gehen und ein völlig geniales Werk aufnehmen (grinst), weil noch so viele da sind, dies es nicht auf «Giants & Monsters» geschafft haben. Warum? Erstens würde die Scheibe zu lang werden und zweitens würde die Mischung nicht mehr stimmig sein. Nach einer Speedmetal Nummer von acht oder neun Minuten brauchst du danach etwas zum Runterkommen, bevor der nächster Kracher kommt. Das hat aber wirklich super funktioniert. Zum Glück hat es dieses Mal mit der Ballade geklappt («Into The Sun»). Die wollten wir schon bei «Helloween» draufpacken. War gut gemeint damals, aber hat nicht gepasst. Du kennst die Geschichte?
MF: Nein, lass bitte hören.
Andi: Die ruhige Nummer kam nicht aufs Album, weil die Idee vom Produzenten war, sie einige Töne runter zu tunen, damit die Menschen auch mitgrölen können. War ein einleuchtender Einwand, aber hat der Nummer die Seele geraubt. Waren die hohen Töne nicht mehr da, hat der Song nicht mehr gestrahlt und wurde austauschbar. Kannst du eine solche Ballade an Bon Jovi weiterreichen, weil nicht mehr Helloween zu erkennen ist…, am Arsch lecken, und lasst uns das Ding wieder auf die originale Höhe hochmachen. Michi war super begeistert, weil er den Track in der Original-Höhe eingesungen hat. Das strahlte wunderbar. Also, warum sollten wir dies ändern? Lasst die Ballade sein wie sie ist und daraus ein Duett machen. Die Nummer geht um Reinkarnation und dann ist es umso geiler, wenn man sie zu zweit singt. Es war die richtige Entscheidung und wurde richtig geil…
MF: …wie auch das komplette Album! Kann man sagen, dass die neue Scheibe runder geworden ist und sich flüssiger anhört?
Andi: Ja, das ist dem Umstand geschuldet, dass nicht mehr diese Volllast auf das komplizierte Gestrick von früher lag. Damals dauerte eine klassische «Keeper» Platte um die vierzig Minuten Spielzeit. Da fehlten zwei bis drei Lieder für eine heutige CD-Länge, die du bringen musst. Sonst bekommst du wieder die Peitsche, auch wenn 38 bis 40 Minuten in den Achtzigern völlig normal waren. Heute würden alle schreien: "Ihr Arschgeigen!" (lacht). Machst du eine «Keeper» in der heutigen CD-Länge, sind die Leute erschlagen, obwohl sie damals schon mit Nummern wie «Dr. Stein», «Future World», «A Tale That Wasn't Right» und «I Want Out» ums Eck kamen. Songs, um die Platten aufzulockern.
Das würde heute nicht mehr reichen, weil du die Leute noch zehn bis fünfzehn Minuten länger nervst (lacht). Diese glorreiche Zeit von damals mit vierzig Minuten, zurücklehnen und geniessen, wird heute überzogen und kann ans Nervenkostüm gehen. Für mich jedenfalls (grinst). Damals waren die 40 oder nur 38 Minuten eine Länge, die du in voller Konzentration geniessen konntest. Umso wichtiger ist es heute, bei einer längeren Spielzeit, dass du diese Auflockerer drin hast. Du musst das Werk über die gesammte Spielzeit spannend halten, sonst bin auch ich "off". Da ich mich als ganz normalen Idioten beschimpfe (lacht), wird es der Masse wohl auch so ergehen.
"...Vom Text geht sie in die "happy, happy Helloween" Richtung..."
MF: «A Little Is A Little Too Much» scheint eine typische "Andi-Nummer" zu sein?
Andi: Könnte man so sagen. Vom Text geht sie in die "happy, happy Helloween" Richtung. Bei Pink Cream 69 oder meinen anderen Bands hätte es diese Nummer durchaus auch geben können, wobei ich glaube, dass ich mit dem Text damals nicht mutig genug gewesen wäre. Da muss man eine gewisse Erfahrung haben, dass die Leute einem dies auch abnehmen. Rückblickend war dieses Thema echt ganz witzig, aber als es damals Realität war, war es alles andere als spassig (lacht). Du wolltest deine absolute Flamme, die du da vor dir hattest, nicht komplett enttäuschen, nach einem zwei oder fünf Sekunden Akt (lacht). Witzigerweise kennen alle meine alten Kumpels dieses Szenario. Damals wurde immer der gutgemeinte Ratschlag gehandelt von wegen denk an etwas, das absolut Scheisse ist oder übel riecht. Alle Männer kennen das Spiel (grinst) und ich musste, bevor ich siebzig bin und nicht mehr kann, dies als Text aufs Blatt bringen (lacht). Dieses Thema hat mich damals, zusammen mit meinen Freunden, doch sehr bewegt (grinst). Zu der Zeit hat sich bloss keiner gewagt, etwas darüber zu schreiben (lacht).
MF: Wie wichtig sind die Texte grundsätzlich für dich, und denkst du, dass sich die Leute noch die Zeit nehmen, sich mit ihnen auseinander zu setzen?
Andi: Man bekommt das aus den englischsprachigen Ländern mit. Zum Beispiel für «A Little Is A Little Too Much» habe ich zu achtzig Prozent einen Lacher und zu zwanzig Prozent eher komische Reaktionen erhalten. "Hey Freunde, das gehört zum Rock'n'Roll, und das müsst ihr aushalten". Es ist ein witziger Titel und man hört es der Melodie an, dass die Nummer letztendlich gute Laune verbreiten soll. Der eine der meinte, dass der Text sexistisch sei, dem antwortete ich: "Ich nehme nicht ja selbst auf die Schippe, also warum soll dies dann sexistisch sein? Wenn du dich daran störst, dann denk doch an etwas komplett anderes. Du kannst den ganzen Text anderweitig interpretieren". Aber um auf deine Frage zurückzukommen (grinst), manchmal will ich gute Laune verbreiten, und die gehört auch zu dieser Mischung auf dem Album. Bei heftigeren Themen, wie «Giants On The Run», kann man dies tiefsinnig sehen, muss man aber nicht. Ich habe es tiefsinnig gemeint. Nach so einem Ding brauchst du wieder eine Auflockerung und Humor. Was nichts Neues bei Helloween ist, das gehört auch zur Truppe.
MF: Nochmals kurz zu «A Little Is A Little Too Much». Ich dachte eher, dass der Song eine typische "Andi-Nummer" sei, rein von der Melodie her…
Andi: …ja, das ist wahrscheinlich so, da mache ich mir aber keine Gedanken. Ich schreibe, auf was ich Bock habe. Da sind elf meiner Ideen, sucht euch aus, was euch gefällt. Das ist die fairste Nummer. Da sind auch Titel dabei, die ich für andere Leute schreibe. Die werden aber erst dann freigegeben, wenn meine Leute der Meinung sind, das passt nicht zu Helloween. Da gab es genügend Songs davon. Das Parade-Beispiel war «If I Could Fly» (vom «The Dark Ride» Werk). Die Nummer war für einen anderen Interpreten gedacht. Aber! Weiki war, ohne zu wissen, dass das Ding schon im Vorvertrag vorhanden ist, der Meinung, die kommt auf unser Album. "Bist du sicher? Mit Helloween hat dies echt wenig zu tun". Das war eher Nu-Metal mit ein bisschen Grunge, aber Weiki war so vehement, dass die Nummer dann bei uns blieb (grinst).
Im Nachhinein hat er eh recht behalten, da das Stück fest zu unserem Repertoire gehört und uns damals den Gefallen getan hat, in dieser Richtung ein bisschen freier schwimmen zu können. Obwohl ich mich erinnere, dass während der Release Zeit die «The Dark Ride» in den ersten Wochen schon ein bisschen die Peitsch abbekommen hat. Weil es "dark", sprich nicht so "happy Helloween" und amerikanisch war. Da hatten die "Kritiker" teilweise auch recht, trotzdem besass die Platte auch Speed Metal Kracher. Ich denke, den kritischen Leuten ging es damals eher um den Sound. Der war "American dark". Dies hat damals unser Management gefordert. Weiki war damit überhaupt nicht einverstanden. Ich hatte gemischte Gefühle und habe einfach drauflosgeschrieben. Dieses Album wäre mit einem heutigen Sound auch nicht mehr so "dark". Da bin ich ziemlich überzeugt davon. Vielleicht noch zwei Titel rausschmeissen, durch neue ersetzen und dann hätten wir ein geiles Album.
"...Weiki ist so ein Trüffelschwein und hat immer den richtigen Riecher..."
MF: Das Cover hat damals auch dazu beigetragen, dass man das Werk eher als dunkleres wahrnahm.
Andi: Der Gag dabei war, dass diese Platte für unser englisches Management eine wichtige Scheibe war. Speziell für den US-Markt. Der Knaller ist, dass das Album, welches für den amerikanischen Markt geschrieben wurde, erst zweieinhalb Monate nach dem Release im Rest der Welt in den Staaten rauskam. Da kann man sehen, was für Kapeiken da arbeiteten. Es wird eine Truppe dazu genötigt in diese Richtung zu gehen, die Band sagt zu, weil sie der Meinung des Managements entsprechen will und spielt als Business Partner mit. Dann aber auf der ganzen Linie zu versagen und es in den USA nicht zum richtigen Zeitpunkt zu veröffentlichen, hat mir gezeigt, dass Weiki mit seinem Warnhinweis von Beginn weg komplett recht hatte und dass ich besser auf meinen Freund gehört hätte.
Weiki ist so ein Trüffelschwein und hat immer den richtigen Riecher (lacht). Der riecht die Scheisse auf zwanzig Kilometer Entfernung. Er hat auch damals recht behalten (grinst). Das nächste Mal hörte ich mehr auf ihn und auch auf mein inneres Ich. Damals war dies für uns eine kleine Vergewaltigung, diese Titel so zu schreiben. Darum, was sich als Band immer komisch anfühlen lässt, lasst es uns nicht tun. Das ist für mich der rote Faden, dass ich dann nicht Interviews geben und sagen muss, damals war es Scheisse (lautes Lachen). Wenn es mein eigener Dreck ist den ich verbocke, dann ist es cool.
MF: Gab es für dich noch andere Momente, in denen ihr auf die Plattenfirma gehört habt und es nicht nach Plan lief?
Andi: Da gab es garantiert einiges, aber nichts so Gravierendes wie das mit «The Dark Ride». Es gab komische oder witzige Geschichten. Witzig in Anführungszeichen, da es für uns superärgerlich war. Bei der «Master Of The Rings» wurde «Perfect Gentleman» als Single veröffentlicht. Innerhalb von einer Woche war die komplette Auflage verkauft. "Geil Alter, leg mal nach!"- "Nö, wir haben ja alles verkauft!" Castle Communications hiess damals die Plattenfirma, und wir stritten uns deswegen. "Seid ihr bescheuert?". "Wieso, es geht hier nur ums finanzielle Soll, und das ist absolut übertroffen worden!". Stell dir dies vor, es geht nur um dieses Soll. Keine normale Plattenfirma geht so vor. Mit der Produktion stürzen sie sich in Unkosten und wenn alles verkauft ist, haben sie viel verdient und alles ist gut. Wäre ich eine Plattenfirma und wir verkaufen die Auflage innerhalb einer Woche aus, dann lass ich nachlegen. So war ich dies von der Sony gewöhnt. Wir waren mit der Single als Metal Band auf Platz #14 in den Charts. Das war schon krass. Um die Musik ging es da definitiv nicht, sondern um Zahlen. Was willst du machen?!
MF: Ihr seid alles Songschreiber, wie schwer fällt es euch, den jeweiligen Beitrag mit dem Bewusstsein zu leisten, dass die Idee womöglich abgelehnt wird, ohne dass sich da jemand gekränkt fühlt? Ist dies heute noch ein Thema oder stehen die Egos mittlerweile dermassen im Hintergrund, dass man die andere und nicht die eigene Idee besser findet?
Andi: Ja und ja (lautes Lachen). Ja zu allem (grinst). Bastele ich an einem Titel ein oder zwei Wochen herum und bekomme beim einen oder anderen Part ein bisschen Gänsehaut, dann erwarte ich unterbewusst, obschon ich mir dies verbieten sollte und mit meiner Erfahrung die ich habe, dass die Jungs ausflippen müssen, weil es geil ist. Findet dies nicht statt, ist man klar enttäuscht. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass ich beginne zu kämpfen. Das habe ich gelernt und keiner in dieser Band würde meinen Song nicht wollen, nur weil er von mir kommt. Sondern er wird dann nicht gewählt, weil er tatsächlich nicht so gut ist. Dieses Vertrauen habe ich, auch wenn ich dies bei anderen Bands verlernt hatte. Wenn giftige Pfeile geschossen wurden und man sich gegenseitig die Tracks schlechtredete. Das muss ich bei Helloween nicht befürchten. Es ist eine sehr offene Kiste, und jeder weiss, das tut weh wenn dein Baby, dass du liebst, nicht so auf Gegenliebe stösst (grinst). Das muss man akzeptieren.
Da ich voller Vertrauen bin, weiss ich, dass meine Nummer nicht abgelehnt wird, weil Andi ein Arschloch ist und darum der Track rausgeschmissen wird. Den Scheiss braucht keiner, da sind wir alle zu alt dafür. Ich würde den Teufel tun, selbst wenn ich ein komplettes Werk allein geschrieben hätte, würde ich diese Macht nicht ausnutzen (lacht) und meine Mitkollegen erpressen (lacht noch immer). Was wir da schon alles erlebt haben, früher, das ist unfassbar. Bei Helloween fühle ich mich sauwohl und vertraue jedem. Ja, zurück zur Frage, tut weh, wenn die eigene Nummer abgelehnt wird, aber so ist das Leben. Da kommt meine Album Nummer #1 Theorie immer wieder zum Tragen. Von allen Nummer# 1 Werken, seit den Siebzigern, gefallen mir nur acht Prozent. Bei über neunzig Prozent gefallen mir die Titel nicht.
Ergo, was habe ich zu entscheiden, dass meine Titel, die ich geschrieben habe, auch zum Hit werden? Wenn ich einen Song supergeil finde, kann es durchaus sein, dass da draussen viele Leute sagen: "Da hat der Andi recht". Aber nicht genügend, damit er ein Hit wird (lacht). Da kann ein Lied von Weiki bedeutend besser sein und die Leute mehr ansprechen. Da muss ich vertrauen. Was ich auch gelernt habe, es ist nicht der letzte Titel, den ich geschrieben habe (lacht). Da werden hoffentlich noch ein paar folgen. Vielleicht passt er auch nicht zur Mischung und findet später seinen Platz, wie «Mass Pollution», der beim letzten Album verwendet wurde. Bei den anderen Scheiben war er ein zu grosser Fremdkörper.
Weisst du, mir geht das Herz auf, wenn ich von Kai eine Whats App Nachricht bekomme und er schreibt, wie geil er meine Idee findet. Das ist das Schöne an dieser Band und da brauche ich auch nicht den Erfolg von Metallica, sondern spiele lieber zwei Etagen weiter unten, weil die Chemie bei Helloween dermassen geil ist. Dieses Vertrauen und diese Wertschätzung zu bekommen, da nehme ich auch als Dank einfach mal meine Jungs in den Arm. Das tut verdammt gut (grinst zufrieden), bedeutet mir mehr, als Millionen zu verdienen und wir haben Zoff in der Band. Das war nicht immer so bei meinen Truppen, hätte aber immer so sein können.
"...Du kannst gar nichts ändern, sondern aus dem Herzen schreiben..."
MF: Bist du noch nervös vor einem Release?
Andi: Egal ist dir das nie. Der Zahn der Zeit kann sich in bestimmten Ländern geändert haben. Nimm als Beispiel «Forever And One (Neverland)». Die Nummer hat Jahre gebraucht, um diesen Kult-Status zu erlangen. In Korea war die Nummer innerhalb von zwei Wochen Nummer #1. Das hätte ich nie erwartet. Langsam zog Japan nach und der Rest der Welt hat den Titel dann auch geliebt. Plötzlich siehst du ihn bei "Deutschland sucht den Superstar" oder in der Ukraine in einer TV-Show. Diese Nummer wurde Kult, ohne jemals Nummer #1 gewesen zu sein, ausser in Korea. Die Zeiten ändern sich, Ländern ändern sich. Es schreit kein Hahn danach und plötzlich hast du Erfolg mit einem Song, obschon er schon lange auf dem Markt ist. Bin ich darum nervös? Ja, ein bisschen, aber nicht im Sinne von wir werden jetzt abkacken. Nicht nervös, sondern neugierig und gespannt. Du kannst gar nichts ändern, sondern einfach aus dem Herzen schreiben und mit deinen Jungs eine geile Mischung finden.
MF: Auf dem Cover hat der Gigant keinen Kopf, sondern hält den Kürbiskopf in seinen Händen. Wieso?
Andi: Da gibt es die verschiedensten Interpretationen (lacht). Ich sagte immer: "Cool, dann haben wir endlich einen kopflosen Giganten" (lacht). Darum geht es auch bei «Giants On The Run». Dieser Track nimmt das Thema auf. Wir leiden ein bisschen an einer Amnesie. Wir waren einmal Giganten, und eigentlich weiss dies auch jeder in seinem Innern. Dabei geht es nicht ums Ego oder das Angeben. Tief im Herzen fühlen wir uns grösser, als wir sein dürfen. Das ist wichtig zu wissen, wir sind, waren mal und könnten wieder Giganten werden. Gläubige Menschen könnten dies in der Bibel nachlesen, auch in der Archäologie. Es scheint so, dass wir viel, viel grösser waren in der Vergangenheit, als wir heute denken. Wir haben völlig vergessen, dass wir Giganten sind und vielleicht kommen wir da auch wieder hin?
Im Moment sind wir kopflos, so zu sagen unterm Schuh gehaltene Giganten (grinst). Solche, die grundsätzlich gegen diese Monster ankämpfen, die im eigenen Kopf stattfinden oder mit wahren Menschen manifestiert werden. Alter, das ist ein Monster und das macht mich kaputt. Es sind viele Monster und manche werden sagen, dass sie bei sich selbst zu finden sind und sich dabei selbst im Weg stehen. Oder ich besitze Zweifel, diese Monster überwinden zu können. Dies alles kostet verdammt viel Energie. Dieser Selbstglaube, den haben wir grossteilig verloren. Keiner merkt das, weil wir immer mehr fremdgesteuert werden. Viele geben unbewusst auf und lassen sich fremdsteuern. Fertig! Das ist bequem. Das ist das, was in «Giants On The Run» abgeht und spiegelt sich künstlerisch im Cover wider.
MF: Als ich das Cover zum ersten Mal sah, dachte ich, das hätte ein geiles Bild in einer Kirche gegeben. Die Farben haben schon einen Verweis hin zu christlichen Werken.
Andi: Gut, da hättest du den Pumpkin austauschen müssen (lacht). Giganten wandelten auf Erden. Der eine oder andere kann sagen, das waren Ausserirdische (grinst). Vielleicht waren es solche, aber vielleicht auch wir (lacht)? Wie haben die damals Tonnen von Gesteinen hin und her geschleppt? Kein Mensch kann das gemacht haben. Ja, aber vielleicht waren wir dies damals? Nur weil wir es heute nicht können, muss das nicht bedeuten, dass wir es nie konnten, wie zum Beispiel bei den Monolithen. Vielleicht haben wir nur vergessen wie es ging!?
"...Wir alle sind ein Teil von Gott und sind auch Gott..."
MF: Stichwort «We Can Be Gods», um was geht es da?
Andi: Ähnlich wie bei «Giants On The Run», nur dass der Text ein bisschen höher greift. Wir sind die Giganten aus der Bibel. Kai geht noch ein Stückchen weiter und sagt, wir alle sind ein Teil von Gott und sind auch Gott. Wir vergassen, dass wir ein Teil von ihm sind. Klar du und ich als einzelnes sind nicht Gott, aber viele zusammen sind gottgleich. Für mich geht es um die Gemeinschaft, etwas zu erreichen. Dass wir Götter spielen können, auch mit den technischen Sachen die uns zur Verfügung stehen, wissen wir alle (grinst). Ob wir die kontrollieren können, das ist eine ganz andere Geschichte. Ein echter Gott würde auch kontrollieren was er tut. Insofern sind wir noch lange keine Götter, aber wir könnten es mal sein.
MF: Danke für deine Sichtweisen, es war mir, wie immer, ein grosses Vergnügen mit dir zu plaudern.
Andi: Martin hau rein…, wie immer…, es war super, und du meldest dich einfach. Sehen wir uns in Zürich?