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Metal Factory since 1999
Wie wir bei Metal Factory bereits bei Erscheinen der ersten Single geschrieben haben, gibt es eine Art Zeitlosigkeit, die nur Yawning Man hervorrufen kann. «Pavement Ends» ist nicht nur ein weiteres Album, sondern eine spirituelle Topografie, eine Zeremonie unter dem unendlichen Wüstenhimmel, wo Klang zu Staub und Erinnerung zerfliesst.
Nur wenige Bands in der Rockgeschichte waren so untrennbar mit ihrer Landschaft verbunden wie Yawning Man. Die Band beweist weiterhin, dass die Mojave-Wüste nicht nur ihre Kulisse ist, sondern ihr Lebenselixier. Mit der Wiedervereinigung des Gründertrios Gary Arce, Mario Lalli und Bill Stinson treten die ursprünglichen Architekten der Wüste erneut in die Fata Morgana. Hier trifft Improvisation auf Absicht: Schimmernde Tremolo-Gitarren strecken sich zum Horizont, Basslinien pulsieren wie vergrabene Flüsse unter trockenem Sand und Stinsons Schlagzeug hallt wie fernes Donnergrollen über Schluchten wider. Das Ergebnis ist sowohl zerbrechlich als auch gewaltig - Musik, die atmet, wartet und zurückkehrt wie der Wind selbst.
Der Titeltrack «Pavement Ends» fängt den Kern ihrer Vision ein: diesen Übergangsmoment, in dem die Zivilisation der Wildnis weicht und die Strasse in Hitze und Stille verschwindet. Hier berührt das Album etwas, das älter ist als Rock, älter als Worte: eine Ehrfurcht, die sich tief mit der Kosmologie der amerikanischen Ureinwohner verbunden anfühlt. Yawning Man imitieren keine indigenen Motive, sie vermitteln das Gefühl der Kontinuität, den ewigen Dialog zwischen Mensch, Land und Geist. Jedes Stück entfaltet sich wie ein Gesang aus Staub und Himmel und trägt die unausgesprochene Erkenntnis, dass sich die Wüste an alles erinnert.
Während des gesamten Albums bewegt sich die Band fliessend zwischen Licht und Schatten. «Bomba Negra» brodelt mit ritueller Schwere, «Dust Suppression» beginnt wie ein langsamer Sonnenaufgang und leuchtet in minimalistischen Schichten, bis es eine reine Schwebe erreicht. Der dynamische Bereich - von geflüsterter Melancholie bis zu bergiger Schwere - ist atemberaubend und stellt eine Meisterklasse in emotionaler Kontrolle dar. Aufgenommen in den Gatos Trail Studios und koproduziert von Mike Shear, behält der Sound die Wärme analoger Erde: ungeschliffen und doch zutiefst cineastisch.
Vier Jahrzehnte nachdem sie die ersten Umrisse des Desert Rock geprägt haben, kehren Yawning Man nicht als Veteranen, sondern als Schamanen des Klangs zurück. «Pavement Ends» fühlt sich an wie eine Rückkehr zur heiligen Quelle – der Moment vor der Morgendämmerung, in dem die Stille lauter summt als jeder Verstärker.
Ein eindringliches, elementares Meisterwerk. Yawning Man erinnern uns einmal mehr daran, dass, wenn der Asphalt wirklich endet, die wahre Reise beginnt. Yawning Man kommen am 09. Dezember 2025, zusammen mit Softsun, in die Sunset Bar nach Martigny.
Lukas R.