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Rock mit retromässigem Tiefgang und schmissiger Energie muss nicht zwingend aus Skandinavien stammen, denn unser nördlich gelegener Nachbar hat zum Beispiel mit den wiederbelebten Zodiac, Radio Haze oder den Kraftrockern The New Roses genug heisse Eisen im Feuer. Female fronted erwachst nun aber heftige Konkurrenz durch die Osnabrücker Combo Jail Job Eve, die schon 2018 mit dem bärenstarken Vorgänger «The Mission» aufhorchen liess.
Quasi auf der letzten Rille wurde ich über einen Kollegen und schliesslich doch noch bei Facebook auf den aktuellen Stand bei Jail Job Eve gebracht! Bereits im Juni ging es nämlich los mit der ersten Single «Lost», und anfangs Juli stand das definitive Cover ebenso schon fest. Warum mich hier die Algorithmen trotz abonnierter Band infomässig eigentlich lange aussen vor liessen, wissen nur die Götter (oder ein gewisser Mark Z.) - Ist jetzt aber alles völlig egal, denn nun liegt «Wildfire» vor, und hört man sich den unfassbar geilen Opener «Down The Rabbit Hole» an, wo Bassist Tim Beckers einem gewissen Billy Sheehan alle Ehre zuteil kommen lässt, traut man als Rock-Fan seinen Ohren nicht. Das ist schlicht kompletter Wahnsinn und haut einen glatt aus den Latschen! Das liegt nicht nur an der genialen Instrumentierung durch Benedikt Schlereth (g), Jens Niemann (Hammond Organ), Tim Beckers (b) und Josef Röhner (d), sondern entfaltet seine ganze Pracht zusammen mit der brillanten Frontfrau Vicoria "Toya" Semel, dessen hammermässige Gesangsstimme alles zwischen Flüstern, glasklaren Clean-Vocals und distortionierten Screams abdeckt. Die offensichtlichen Parallelen zu Heidi Solheim von der norwegischen Band Pristine, und zwar stimmlich wie musikalisch, finde ich dabei ungemein bereichernd. Das groovige und funkige «Mid-Flight» markiert nach dem unerwartet grandiosen Opener mitunter den "typischen JJE-Sound", wo sich Miss Semel bereits etwas biestiger als sonst zeigt.
Gleiches gilt für «Hit Me With A Lightning», einer herrlich fluffigen Rock-Nummer mit Hammond-Flair von Deep Purple, die wiederum durch kraftvolle Vocals und geilem Gitarrenspiel veredelt wird. Der über siebenminütige Titeltrack und der nachfolgende Song «Lost» verströmen derweil klare Vibes der ebenso tollen Pristine, die dabei noch The Blues Pills mit im Schlepptau dabei haben. Worum es dann bei «Flying V» textlich geht, dürfte klar sein. Gitarrist Benedikt lässt sich dabei nicht lumpen und zettelt hier mit Tastenmann Jens eine kurze, aber kultige Guitar-Hammond Battle à la Lord/Blackmore an, die auf der Bühne viel Raum für wilde Improvisationen bieten wird. «Keep It Quite» wandelt derweil auf den Spuren von «Closer To The Rain», das auf dem Vorgänger «The Mission» meinen Favoriten markierte. Bandmässig sind das bekanntlich Purple, und die dienten bei «No Means No» wiederum als Inspiration, obwohl textlich weniger heiter. Während «Neither Man Nor Machine» mit bluesiger Note locker auch auf ein Album von Heidi & Co. passen würde, zückt Victoria bei «Riot» ein kleines Megaphon und verleiht ihrem eh schon sehr variablen Gesang eine weitere Note. Als Ganzes ist «Wildfire», übrigens komplett live eingespielt (!), gesanglich aggressiver, von der Spielzeit her getrimmt und kommt somit mehr auf den Punkt. Jetzt fehlen nur noch zwei Dinge. Erstens das Vinyl, das leider noch eine Weile auf sich warten lässt und zweitens das sehnlichst erwartete Live-Debüt in der Schweiz!
Rockslave