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Eigentlich bin ich kein grosser Fan von harter Musik mit weiblichem Gesang, aber mit Evanescence wurde ich eines Besseren belehrt. «Morus», das neue Album von EUPHROSYNE aus Griechenland, ist ein ähnlich eindringliches Meisterwerk, das gekonnt Emotionen mit der rohen Intensität des Post Blackened Doom Metal und einer weiblichen Stimme verbindet.
Das Album ist sehr gut abgemischt wie gemastert und nimmt uns mit auf eine tiefe, eindringliche Reise durch Trauer, Schönheit und Zerstörung. Es beginnt mit dem Titeltrack «Morus», der eine sanfte, fast meditative Einleitung darstellt. Der gesampelte Gesang und die beruhigenden Melodien weichen allmählich einer grossen, emotionalen Tiefe, die sich im Laufe des Albums immer weiter entfaltet. Es folgt «July 21st», das den Hörer mit zarten Piano-Klängen und dem ätherischen Gesang von Efi Eva in seine melancholische Umarmung zieht, bevor es sich langsam zu einem Ausbruch roher Kraft aufbaut. Die eindringliche Violine, die das Stück begleitet, fügt eine weitere Ebene der Traurigkeit hinzu und macht schliesslich Platz für ein tiefes Weinen, das über die Musik hinausgeht und eine tiefe, persönliche Katharsis auslöst.
Dieser Track ist ein Beweis für die Fähigkeit der Band, Schönheit mit Dunkelheit zu verweben und eine Dynamik aus Schmerz und Befreiung zu schaffen, die tief beeindruckt. Der nächste Track, «Valley Of White», wechselt mit seinem unerbittlichen Tempo die Gangart und zeigt, wie gut die Band dynamische Wechsel beherrscht. Das Nebeneinander von Black Metal Riffs und orchestralen Elementen beschwört Bilder von mächtigen Winden herauf, die durch eine unbarmherzige Landschaft wirbeln. Die Kontraste des Stücks, heisst Momente der Ruhe, gefolgt von explosiver Intensität, spiegeln das emotionale Tauziehen zwischen Verlust und Erinnerung wider. «Eulogy», eines der emotionalsten Stücke des Albums, verschiebt die Grenzen des Stimm-Umfangs und der Interpretation.
Efis Gesang wechselt von giftigen, fast wilden Schreien hin zu schwebenden, engelsgleichen Melodien, die das Chaos der Trauer und die zerbrechliche Schönheit, die daraus entsteht, einfangen. Dieser Song ist dann auch mit klarer Refenz an Amy Lee gesungen. Er bietet die perfekte Überleitung zu den nachdenklicheren Momenten des Albums, wie zum Beispiel «Mitera», das auf Griechisch gesungen wird und eine raue und intime Verbindung zur persönlichen Geschichte der Band herstellt. Jede Note, jedes Wort hat eine tiefe Bedeutung, so dass es fast unmöglich ist, sich für ein Lieblingsstück zu entscheiden, denn sie glänzen alle auf ihre Weise. Im weiteren Verlauf zeigen Stücke wie «Funeral Rites» und «Mitera», dass die Band in der Lage ist, Aggression mit zarten Momenten der Nachdenklichkeit zu verbinden.
Diese Stücke werden härter, ohne jedoch die melancholische Schönheit zu verlieren, was die Musik auszeichnet. Die letzten Momente, insbesondere der Schlusstrack «Lilac Ward», nehmen den Zuhörer mit auf eine Reise durch alle Emotionen, die das Album hervorgerufen hat, mit instrumentalen Passagen, die auch ohne Text Bände sprechen. Der letzte Teil, in dem die Musik in ihrer Komplexität anschwillt, hüllt einen in eine transzendente Erfahrung. Ein Beweis für die tiefe emotionale und musikalische Reife des Werkes. Das handwerkliche Können von Euphrosyne zeigt sich in jedem Aspekt von «Morus». Das Wechselspiel zwischen schweren, überwältigenden Riffs und ruhigen, melodischen Gitarren-Linien schafft eine Scheibe, das gleichzeitig grandios und intim, dunkel und schön ist.
Die Tempo-Wechsel und die instrumentale Vielfalt sorgen dafür, dass das Ganze von Anfang bis Ende spannend bleibt und nie seine Fähigkeit verliert, zu überraschen oder zu fesseln. Jedes Bandmitglied leistet einen tadellosen Beitrag und führt die Chose, die aus einer Tragödie geboren wurde, zu einem Triumph der Kunst und der emotionalen Tiefe. «Morus» ist eine kraftvolle, emotionale Reise, und es ist offensichtlich, dass Euphrosyne ihre Seele in jede Note gelegt haben. Dieses Werk ist nicht nur eine Sammlung von Liedern, es ist eine Erzählung, eine lebendige, atmende Einheit, die Trauer, Verlust und die zerbrechliche Schönheit dazwischen vereint. «Morus» ist ein wahrhaft aussergewöhnliches Opus, das einen bleibenden Eindruck hinterlässt und der Band für die Zukunft noch Grösseres verspricht.
Lukas R.