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Es ist für Unsereins schlicht faszinierend wie erschreckend zugleich, nach wie vor auf vermeintlich "neue Bands" zu stossen, nur um danach bei der Recherche erstaunt festzustellen, dass die schwedischen Power Doomster Memory Garden erstens schon seit 1992 existieren und zweitens «1349» das mittlerweile sechste Studio-Album markiert. Ein Fall von Ignoranz? Eher nicht, denn schliesslich war die Truppe acht lange Jahre weg vom Fenster.
Mir ist nicht bekannt, warum nach dem Vorgänger «Doomain» (2013) der Faden riss, aber Fakt ist, dass nun das komplett gleiche Line-up mit Stefan Berglund (vocals, backing vocals), Tom Björn (drums, piano, backing vocals), Simon Johansson (lead guitar), Johan Wängdahl (bass, backing vocals) und Andreas Mäkelä (guitars, rhythm, melodic and acoustic, backing vocals) offenbar wieder Blut geleckt hat. Geht man zurück bis zum Debüt «Tides» (1996), taucht allerdings nur der Frontmann noch auf, was aber für die grundsätzliche Identität aller Alben nicht unerheblich ist. Für die Rückkehr ins musikalische Geschehen wurde ein Konzept-Album komponiert, dem eine Pandemie zugrunde liegt. Wer nun denkt "aha..!" verfehlt das Ziel, wenn auch nicht ganz. Wie der Titel «1349» bereits andeutet, befinden wir uns lyrisch im 14. Jahrhundert, wo vom Thema her natürlich die (schwarze) Pest gemeint ist. In den Songs wird Geschichtliches teils chronologisch wiedergegeben und mit fiktiven Elementen angereichert.
Das mag vielleicht interessieren, aber gerade in der Neuzeit und der aktuellen Lage rückt eher die Musik in den Vordergrund, und die hat es wahrlich in sich. Während der knackige Opener «Shallow Waters» die genannte Stilschublade Power Doom vorzüglich bedient, fallen nebst dem töften Leadgesang von Stefan umgehend auch die kongenialen Backing Vocals der Kollegen auf. Die unerwartet einsetzende und getragene Bridge sorgt derweil gleich für einen Farbtupfer, dem wir in dieser Art und Weise noch mehrmals begegnen werden. Die Parallelen zu Candlemass kann man mitunter an «Pariah» festmachen, wobei Memory Garden mit deutlich mehr Power als Doom unterwegs sind und die Chose dadurch einen satten Groove verpasst kriegt. Doch auch hier glänzen erneut ruhigere Momente, kombiniert mit solistischen Einlagen der Gitarren. «Distrust» offenbart dann sogar Doublebass Drum-Parts. Trotzdem gehen die doomigen Vibes dabei nicht flöten, und die Backing Vocals wie der Gesang generell sind einfach nur grossartig.
Mit Josefin Bäck, die bereits auf dem Song «Marion» vom 93er-Demo zu hören war, werden auch female vocals eingebracht, die das Ganze spürbar bereichern. Spätestens bei «The Flagellants» wird dann audiomässig Gewahr, dass die Schweden ihrer Mucke keine Grenzen setzen und von stilgerechtem Gepolter einmal mehr fliessend in die nächste ruhige Bridge flutschen, dabei gesanglich abermals voll abliefern und es hinten raus, inklusive geilen Guitar-Solos, wieder bollern lassen. Zudem wird hierbei auch die Handschrift von Dan Swanö hörbar, der für das Mastering und den wuchtigen Mix verantwortlich zeichnet. Bei «The Messenger» kehrt Josefin zu akustischen Gitarrenklängen (!) zurück, und dass ich jetzt gar die UK-Progger von The Reasoning heraus höre, verleiht «1349» eine weitere bemerkenswerte Note. Memory Garden sorgen mit diesem sackstarken Comeback für ein weiteres Highlight des eh schon ziemlich ergiebigen Jahres 2021. Veredelt mit einem megageilen Cover-Artwork ein absolutes Must für Doom Lunatics ohne Scheuklappen und Metal-Gourmets im Speziellen!
Rockslave