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Nach neun Jahren Pause kehren Skunk Anansie nicht zurück, um alte Flammen wieder zu entfachen, sondern um neue zu entzünden. «The Painful Truth» ist kein nostalgischer Rückgriff, sondern eine kreative Abrechnung.
Unter der Leitung von Produzent David Sitek (TV on the Radio, Yeah Yeah Yeahs) legt die Band ihre vertraute Rüstung aus schweren Gitarrenriffs und Nu-Metal-Bombast ab und setzt stattdessen auf einen schlankeren, agileren und frischeren Sound. Das ist keine Neuerfindung, sondern eine Neukalibrierung.
Mit dem kraftvollen Spoken-Word-Manifest «An Artist Is An Artist» eröffnet Skin das Album und fordert mit bissigem Witz und rhythmischer Dringlichkeit die künstlerische Autonomie zurück. Elektronische Texturen, kantige Gitarren und ein Post-Punk-Spirit pulsieren durch das Album, besonders in «This Is Not Your Life» und «Cheers», wobei letzterer die Wut der mittleren Lebensjahre in eine tanzbare Hymne mit euphorischem Refrain kanalisiert. Bei «Cheers» hört man auch ein wenig Blondie raus.
Aber es ist nicht alles Feuer. Bei «Shame» handelt es sich um eine schöne Ballade: verwundet, intim, an den Übersong «Hedonism» erinnernd, aber weitläufiger und moderner, als würde Miley Cyrus um die Ecke schauen. Darauf folgt der überraschende ‘Sommerhit’ «Lost and Found» mit Sailor Klimperpiano. Mit Tracks wie «Shoulda Been You» flirten mit Dub und Ska (Madness lassen mittanzen), bevor sie in Punkrock münden. «Fylgja» und «Animal» erkunden dagegen mit synthielastiger Selbstsicherheit die dunklen Ecken der Identität. Durchweg ist Skins Stimme sehr präsent oftmals bekannt rau und eckig («Cheers») dann aber auch neu perlend frisch («Lost and Found»), mal auch theatralisch fordernd («Animal»), dann wieder super sanft («Meltdown»).
Textlich ist das Album persönlich, politisch und schmerzlich ehrlich. Altern, Scham, Queerness, Überleben – nichts ist tabu. Skunk Anansie leben seit langem von der Spannung zwischen Verletzlichkeit und Aggression. Hier ist diese Spannung fokussierter denn je. «The Painful Truth» zielt nicht auf die Dominanz im Radio ab, es verlangt Aufmerksamkeit – nicht als Comeback, sondern als Bekräftigung seiner Relevanz. Das ist kein Skunk-Karaoke. Das sind Skunk Anansie, wie sie jetzt sind: vernarbt, geschärft und kreativ befreit. Eine mutige und willkommene Rückkehr.
Lukas R.