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Manchmal sagt ein alter Slogan mehr über ein neues Album aus als jede Pressemitteilung. «R.I.P. 2 my Youth» – dieser Spruch, der die Era von «Wiped Out!» begleitet hat, steht für eine Zeit, in der The Neighbourhood gefährlich, innovativ, launisch und unverkennbar einzigartig klangen.
Für langjährige Fans wie meine Tochter und mich – eine der wenigen Bands, bei der wir gemeinsam an Konzerte gehen (die andere sind die Arctic Monkeys) – fühlt sich das heute fast wie ein leiser Warnruf aus der Vergangenheit an: Die «alten» Neighbourhood drohen zu verblassen.
Und doch hat die Band gerade etwas Aussergewöhnliches erreicht: Innerhalb weniger Tage war das Hallenstadion in Zürich für 2026 ausverkauft. Wenn man zufällige Passanten über 20 fragt, wer The Neighbourhood sind, schauen die meisten nur verständnislos. Aber ihre meist junge Fangemeinde? Engagiert. Global. Laut. Bereit. Das macht «(((((ultraSOUND))))))» umso rätselhafter.
Denn das ist nicht unbedingt die Band, die wir auf «Wiped Out!» kennen- und lieben- gelernt haben, einem Album, das vor Noir-Pop-Sinnlichkeit nur so triefte, mit gewagter Produktion und Melodien, die unter die Haut gingen. Dieses Album wirkte cineastisch, riskant und süchtig machend. «(((((ultraSOUND))))))»» ... sicher. Nicht schlecht, aber auch seltsam vorsichtig für eine Band, die einst den Sound des melancholischen cool Indie-Pop geprägt hat.
Die Songs sind kurz, ordentlich und direkt auf den Algorithmus ausgerichtet. Die unerwarteten Akkordwechsel, die atmosphärische Tiefe und die charakteristische Schwere, die frühere Werke so verführerisch machten, sind passé. Die neuen Tracks sind zwar angenehm, überraschen aber selten. Die Ecken und Kanten wurden abgeschliffen, die Schmutzigkeit und Spannung durch einen glatten, radiofreundlichen Überzug ersetzt. Dennoch gibt es auch Lichtblicke. «Rabbit» ist der erste Moment, in dem der Puls der alten Neighbourhood durchbricht: düster, hypnotisch, leicht gefährlich.
«Daisy Chan» hat eine Selbstsicherheit und coolness, die dem Rest des Albums fehlt. «Zombie» verdient seinen Platz mit einem eingängigen, melancholischen Charme, der an vergangene Eleganz erinnert. Und dann ist da noch «Stupid Boy», der letzte Track. In den letzten zehn atemberaubenden Sekunden taucht Jesses Stimme in eine Intensität und Zerbrechlichkeit ein, die uns schmerzlich daran erinnert, warum wir uns in diese Band verliebt haben. Es ist roh. Es ist echt. Es ist das, was hätte sein können.
Vielleicht ist die Veränderung beabsichtigt. Vielleicht machen Rutherford und Co. nun Musik für ein jüngeres Publikum, das mit TikTok aufgewachsen ist, und nicht mehr für diejenigen, die mit «Wiped Out!» und «I Love You» gross geworden sind. Meine Tochter würde das Album mit 6/10 bewertet, und ehrlich gesagt finde ich das angemessen, gebe aber noch eine 0.5 obendrauf.
«(((((ultraSOUND))))))» ist geschmeidig, angenehm und leicht zu streamen, aber von einer Band, die einst so innovativ, so atmosphärisch und so mutig emotional war, fühlt es sich eher wie ein Seitenschritt als wie ein Schritt nach vorne an. The Neighbourhood haben ihr Talent nicht verloren. Mit diesem Album haben sie aber vielleicht etwas von ihrer Kühnheit eingebüsst. Das Live Konzert wieder aber trotzdem sicherlich ‘ultra’ super!
Lukas R.