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Wie geht man ein neues Album von Legenden an? Drei Jahrzehnte nach ihrem Debüt sind DEFTONES nach wie vor eine der wenigen Bands, die einen Raum zum Beben und im nächsten Moment zum Schweigen bringen können.
«Private Music» jagt weder früheren Erfolgen hinterher noch springt es auf Trends auf. Vielmehr wirkt die Band wie erfahrene Musiker, die sich ganz auf das konzentrieren, was sie am besten können: Druck und Gewicht. Sie machen ihr Ding mit der Ruhe eines Künstlers, der den ganzen Bullshit durchschaut und genau weiss, wo der Widerstand startet. Die Produktion von Nick Raskulinecz verleiht dem Album eine lebendige Körperlichkeit. Die Gitarren kommen mit granitener Schärfe daher, doch der Mix lässt viel Raum für hauchdünne Texturen und geisterhafte Keyboard-Klänge.
Mit guten Kopfhörern kann man jede einzelne Note und jeden Nachhall verfolgen, nichts ist überladen oder überflüssig. «My Mind Is A Mountain» eröffnet das Set mit kompakter Dringlichkeit und erinnert daran, dass Deftones effizient sein können, ohne ihre Mystik zu verlieren. Von dort aus spielt die Band mit Perspektiven. «Infinite Source» schwebt auf einem Shoegaze-Schimmer, glasig und schwerelos, bis der Boden plötzlich nachgibt. «cXz» ist ein Vorschlag-Hammer: straff, perkussiv und gemacht für Körper in Bewegung.
Er wird ausbalanciert durch die schmerzliche Zurückhaltung von «I Think About You All The Time», bei dem die Melodie die schwere Arbeit leistet und die Stimmung noch lange nach der letzten Zeile nachhallt. «Ecdysis» verwebt neonbeleuchtete Post-Punk-Impulse in seine Legierung, während «Milk Of The Madonna» wie eine Sturmfront aufwühlt, voller Turbulenzen und Aufbruch. «Cut Hands» schnappt in einen schlauen, kopfnickenden Groove, bevor es in Dissonanzen kippt. Wenn schliesslich «Metal Dream» in das abschliessende «Departing The Body» ausatmet, fühlt sich der Bogen bewusst an: Kontraktion, Entspannung, Reflexion.
Chino Morenos Stimme bleibt dabei der Kompass, sprich Atem, Gesang, Wehklagen, predigend, nie auffällig, immer entschlossen. Stephen Carpenters Riffs wirken eher geschnitzt als geschrieben, heisst sie sind greifbar genug, um zu fesseln. Abe Cunninghams Schlagzeug-Spiel ist der geheime Swing des Albums: elastisch, entschlossen und mit einem Gespür für negative Räume. Der tiefe Klang und die atmosphärischen Klänge von Frank Delgado verbinden alles miteinander zu klanglichen Räumen.
Mit seiner knappen Spielzeit von knapp 42 Minuten ist «Private Music» weniger eine Neuerfindung als eine Meisterklasse in Sachen Verfeinerung. Es reiht sich nahtlos in die beliebtesten Kapitel der Band ein, ohne deren Sätze zu wiederholen, und unterstreicht eine einfache Wahrheit: Die Deftones haben nicht nur ihre eigene Ära überdauert, sondern sie auch definiert. Dieses Werk ist der Sound dieses Erbes, geschliffen bis zur Perfektion, kurz es ist seinen Namen wert. Das gute Teil wächst beim wiederholten Anhören immer mehr, ich bin bei Runde sechs.
Lukas R.